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RATGEBER/211: Wellness garantiert für Güte nicht (SB)


SCHLUSS MIT DEM GERÜCHT ...

daß Wellness-Getränke gut für Leib und Seele sind

Verbraucherzentralen warnen jetzt vor Sorglosigkeit


Wellness wurde aus dem kleinen angelsächsischen Wort "well" ("to do oneself well" oder "to live well" = gut leben, es sich gut sein lassen) gebildet. Ob das kleine Adjektiv wie viele Anglizismen (Handy, Smoking usw.) erst hierzulande als Hauptwort eine neue Bedeutung erhielt und dann aber auch noch seinen Weg zurück ins Englische fand oder ob es sich um einen internationalen Ausdruck handelt, läßt sich schwer nachvollziehen. In der Ursprungssprache bedeutet es allerdings nur das eine: Wohlbefinden durch Entspannungsübungen oder leichte sportliche Betätigung zu erreichen.

Hierzulande hat es offenbar den Begriff "Wohlbefinden" ganz abgelöst, zumindest aber jenen lukrativen Teil des Wohlbefindens, mit dem sich Geld verdienen läßt. So gibt es Wellness-Hotels, Wellness-Diäten, Wellness-Drinks und Wellness-Wasser. Das kleine Wörtchen Wellness bereitet den Konsumenten darauf vor, daß das begehrte Produkt etwas mehr kosten wird, als das herkömmliche (ohne Wellness davor). Dafür, so glaubt zumindest der Kunde, wird ihm Wohlbefinden bzw. Wellness (Entspannung bei leichter, unbelastender Magen-Darm-Peristaltik) garantiert. Daß aber Wellness-Wasser oder Wellness-Drinks nur deshalb so heißen, weil man nach der Wellness-Gymnastik (das sind jene leichten, kaum schweißtreibenden Übungen zur Entspannung) durchaus zur Ergänzung des körpereigenen Haushalts etwas trinken sollte, damit sich die Wellness auch ganzkörperlich einstellen kann, wird dabei meist vergessen.

Daß man dabei angeblich mit gewöhnlichem Wasser besser fährt, als mit vermeintlichen Wellness-Produkten, ist seit kurzem amtlich.

So schrieb Global Press am 15. August:

Vor dem sorglosen Griff zu so genannten Wellness-Wässern warnt jetzt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Diese Getränke werben mit "harmonisierender" oder "belebender" Wirkung. Doch häufig handelt es sich bei dem zwischen 40 Cent und zwei Euro teureren "Mineralwasser" um mit Zusatzstoffen aufgepepptes Trinkwasser. Es fehlt ihnen daher überwiegend an Mineralstoffen wie Kalzium oder Magnesium. Exotische Pflanzenextrakte und Heilkräuterzusätze in den Wellness-Wässern suggerieren gesunde Inhaltsstoffe. Laut der Verbraucherzentrale sind die zugesetzten Mengen jedoch so gering, dass ihre Wirkung nicht messbar ist.
(Global Press, 15. August 2007)

Und auf den Rest, der den Getränken dann noch zugesetzt wird, damit sie sich von herkömmlichem stillen- oder Leitungswasser unterscheiden und lieber als das getrunken werden, könnte man wohl besser verzichten:

So wird der fruchtige Geschmack, der den Eindruck der Exotik unterstützen soll, in erster Linie von meist künstlichen, wenn auch durchaus laut Lebensmittelgesetz erlaubten, Aromastoffen erzeugt. Auch der Kaloriengehalt einiger Produkte sei beachtlich und zumindest diätetisch nicht das, was man von einem Gesundheitswasser erwarten würde. Durchschnittlich liegt er bei den Wellness-Wässern zwischen 130 und 250 Kilokalorien pro Liter (zum Vergleich: als kalorienarm gelten Getränke unter einem Gehalt von 200 Kalorien je Liter). Wellness- Getränke können somit schlank machen, müssen es aber auch nicht.

Dazu kommt, daß es sich bei den verwendeten Süßungsmitteln nicht um Süßstoffe handelt. Statt dessen wird meist Fruchtzucker (Fruktose) verwendet, ein sogenannter Zuckeraustausch- oder Zuckerersatzstoff. Das ist ein Kohlenhydrat, das im Stoffwechsel des menschlichen Organismus abgebaut werden kann, was anregend wirkt und wach macht. Da aber kein Traubenzucker (keine Glukose) enthalten ist, gelten die Getränke als für Diabetiker geeignet und können als Diätgetränke angeboten werden. Letzteres wird dann vom Verbraucher oft mit kalorienarmen oder schlankmachenden Erzeugnissen verwechselt. Und das ist fatal, da gerade Fruktose als Süßungsmittel in Verdacht steht, Übergewicht stärker zu fördern als jeder andere Zucker.

Eine ganz besonders exotische, weil aus der gleichnamigen indischen Gesundheitslehre abgeleiteten Form von Wellness-Produkten, ist hierzulande unter dem Begriff Ayurveda bekannt und gilt qualitativ als besonders bedenklich.

In ayurvedischen Produkten wurden schon häufiger Schwermetalle wie Blei, Quecksilber und Arsen gefunden. Der Agrarwissenschaftliche Informationsdienst "aid" riet daher schon im April 2005 dazu, nur qualitativ hochwertige Präparate zu verwenden, die den europäischen Sicherheitsstandards entsprechen. Denn für die Importfirmen sind die im Lebensmittelgesetz festgelegten Grenzwerte für Schwermetalle verbindlich. Wer sich vor dem Kauf über Herkunft und Herstellung der Produkte informiert, kann eine sichere Wahl treffen, betont die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Spezielle ayurvedische Artikel wie Nahrungsergänzungsmittel, Getränke, Tees und Gewürze sollen das innere Gleichgewicht fördern. Sie sind in Naturkostläden, Reformhäusern und im Internet erhältlich. Die Präparate werden aus pflanzlichen, tierischen oder auch mineralischen Rohstoffen hergestellt. Durch die starke Umweltverschmutzung in den südasiatischen Herstellerländern sind oft schon die Rohstoffe mit Schwermetallen belastet. Zum Teil gehören aber auch Metalle zur Rezeptur der Wellness-Produkte. Sie sollen jedoch nur dann auch toxisch sein, wenn die Anleitungen zur Aufbereitung nicht eingehalten werden. Der aid rät denjenigen, die ayurvedische Produkte einnehmen und an Symptomen einer Vergiftung wie Übelkeit und körperliche Schwäche leiden, unbedingt sofort den Arzt aufzusuchen.

Wer tatsächlich etwas trinken will, das sein Wohlbehagen sichtlich fördert, der sollte sich selbst einen Obstsaft pressen und frisch genießen oder diesen bestenfalls mit einem schlichten Mineralwasser (oder Leitungswasser) verdünnen. Ansonsten läßt sich (selbst in deklarierten Mineralbrunnen) fast in allen Getränken das berühmte Haar in der Suppe bzw. der Schadstoff im Wasser finden. Und davon kann der Mensch zum Glück aufgrund seiner körpereigenen Stoffwechselfunktionen eine ganze Menge verarbeiten.

Die Frage bleibt: Ist es wirklich etwas anderes, ob man Wasser im vollen Bewußtsein seiner chemischen Unvollkommenheit trinkt oder es sich bei einen sogenannten Wellness-Getränk auch wirklich wohlsein läßt, obwohl dem diese Ehre gar nicht zukommt, weil es hinterrücks mit einem leckeren Geschmack und angenehmer Süße versehen wurde? Oder anders gefragt, was spricht dagegen, sich ganz einfach wohl zu befinden, indem man das trinkt, was einem schmeckt, den Durst löscht und einem gut tut, selbst wenn es nur ein schlichtes Mineralwasser ist?

Zum Wohl sein!

20. August 2007