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MELDUNG/177: Forschungsreise in die US-Prärie - Suche nach der "Durchwachsenen Silphie" (idw)


Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf - 16.08.2016

Forschungsreise in die US-Prärie

Suche nach der "Durchwachsenen Silphie"


16.08.2016 - Christian Wever, Biologe an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), beginnt im September eine sechswöchige Forschungsreise quer durch die USA. Er will vor allem in der Prärie Samen von unterschiedlichen Standorten Silphium perfoliatum L., der "Durchwachsenen Silphie" sammeln. Sie ist eine vielversprechende Nutzpflanze der Zukunft. Von der Reise berichtet er in seinem Blog [1].


Die beiden Wissenschaftler werden von den gelbblühenden Pflanzen überragt - Foto: © Christian Wever / HHU

Lukas Becker (links) und Christian Wever bereiten sich im Versuchsfeld des Botanischen Gartens der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf auf ihre Forschungsreise in die USA vor.
Foto: © Christian Wever / HHU

Am 5. September 2016 startet Christian Wever vom Institut für Entwicklungs- und Molekularbiologie der Pflanzen zusammen mit dem Masterstudenten Lukas Becker zu einer Forschungsexpedition in die USA. Mit Mietwagen und Zelt ausgerüstet, bereisen die beiden Wissenschaftler bis zum 17. Oktober rund 25 Standorte. Finanziert werden die Reisekosten über das SPREAD-Projekt aus Fördermitteln des Bioeconomy Science Center.

Ihr Ziel: Vorkommen von Wildformen der "Durchwachsenen Silphie" finden. Sind sie erfolgreich, werden sie Samen sammeln und die genauen Standorte der gefundenen Silphien inklusive ihrer Nachbarpflanzen und die Bodenbeschaffenheit beschreiben. Die aus den Samen anschließend in Deutschland gezogenen Pflanzen sollen Aufschluss über die Herkunft des in Europa vorhandenen Materials liefern und in ein Zuchtprogramm einfließen.

Start der Reise ist der Botanische Garten in Chicago, der auch bei den rechtlichen Formalitäten zur Ausfuhr von Samen in die EU helfen wird. Von dort aus bereisen Wever und Becker ein großes Gebiet von den Großen Seen im Norden bis nach Mississippi im Süden, New York im Osten und Kansas im Westen. Sie werden dabei auch Indianerreservate besuchen. Doch wie stellen die jungen Wissenschaftler ihre Route zusammen? "Es gibt eine sehr gute, online abrufbare Quellenlage in Form von Herbarbelegen", erläutert Wever. Die Fundorte dieser meist in Botanischen Gärten archivierten getrockneten Pflanzen sind in Online-Datenbanken recherchierbar und teilweise sogar schon mit Google-Maps verknüpft.

Wenn die Wissenschaftler erst vor Ort sind, müssen sie die Augen offen halten und insbesondere in feuchteren Habitaten suchen. Die Silphien sind dann nicht schwer zu finden, denn sie machen ihrem amerikanischen Spitznamen 'Giraffen der Prärie' durch ihren Wuchs alle Ehre. "Der September und Oktober sind zudem ideale Reisemonate", so Christian Wever, "denn dann sind die Silphien ausgewachsen und haben ihre Samen gebildet, die wir nur noch einsammeln müssen".

Über seine Reiseerlebnisse, die besuchten Orte und die Funde wird Christian Wever unterwegs in einem Blog berichten. Er hofft: "Vielleicht werden wir auch Bisons sehen. Oder sogar Indianer treffen, die die Silphien als Medizinpflanze einsetzen und so mehr erfahren über die Tradition der indianischen Heilkunst."

Der Blick in den Blog lohnt sich:
www.silphiumsammelreise.blogspot.de


Die "Durchwachsene Silphie"

Silphium perfoliatum L., die "Durchwachsenen Silphie" oder "Becherpflanze", ist eine mit den Sonnenblumen verwandte Blütenpflanze. Sie war schon bei den nordamerikanischen Prärieindianern eine geschätzte Heilpflanze, unter anderem als heilende Wundauflage. Gerade in der ehemaligen DDR war sie bei Imkern sehr beliebt, weil sie robust ist und eine lange Blütephase hat. Dennoch fristete diese Pflanze lange Zeit ein Nischendasein.


Eine Blüte der Pflanze - Foto: © Christian Wever / HHU

Silphium perfoliatum ist ökologisch sehr wertvoll. Auch für Bienen und Hummeln. Darum war die Pflanze insbesondere bei Imkern in der früheren DDR sehr beliebt.
Foto: © Foto: © Christian Wever / HHU

Dies ändert sich nun, denn die Silphie wird als Energiepflanze und als Baustoff: Getrocknet ergeben die viereckigen Stängel ein leichtes, luftig-feinporiges Material, ideal als Wärmedämmstoff und faseriger Bauzusatzstoff. Darüber hinaus liefert der Blütenfarbstoff Flavonoiden, ein vielseitiger medizinischer Wirkstoff mit antioxidativen Eigenschaften. Ferner wurden antiallergische, entzündungshemmende, antibakterielle und krebshemmende Wirkungen nachgewiesen.

Ein weiterer Vorteil: Silphien sind sehr genügsam. Sie sind in gemäßigten Regionen beheimatet, wachsen auch auf ärmeren Böden und sind durch ihre mehrere Meter tief in die Erde reichenden Wurzeln vergleichsweise trockenheitsresistent. Darüber hinaus überstehen sie auch harte Winter mit Temperaturen von bis zu -30 °C. Aufgrund ihrer Mehrjährigkeit benötigen sie - im Vergleich zu einjährigen Pflanzen - wenig Dünger und bindet auch besser Nährstoffe im Boden. Auch aus diesem Grunde können Silphien dazu eingesetzt werden, ausgelaugte Böden zu regenerieren.

Die "Durchwachsene Silphie" stammt ursprünglich aus der US-amerikanischen Prärie, wo es heute noch eine große Zahl unterschiedlicher Wildformen gibt. In Europa gibt es nur sehr weniger Arten, so dass auch Kreuzungsmöglichkeiten - etwa zur Erhöhung der Biomasseproduktion - sehr begrenzt sind.


Das Projekt SPREAD

Wissenschaftler des SPREAD-Konsortiums (Evaluation and development of energy plant Silphium perfoliatum L. as a source of renewable raw materials), an dem neben der HHU auch die RWTH Aachen und die Universität Bonn mitwirken, befassen sich mit einer großen Bandbreite von Themen rund um die "Durchwachsene Silphie". Die Bonner Arbeitsgruppe befasst sich mit Feldversuchen und der stofflichen Nutzung der Pflanze, in Aachen konzentrieren sich Biotechnologen und die Gewinnung der Flavonoide und Nutzung der Biomasse u.a. zur Biomasseerzeugung. Bei den Düsseldorfer Wissenschaftler um Dr. Elena Pestsova und Christian Wever stehen die verschiedenen Ökotypen der Pflanze im Fokus. Ziel der Forschungsreise in die USA ist es, neue Wildtypen zu sammeln, die Samen nach Düsseldorf zu bringen, um hier die Eigenschaften der verschiedenen Typen molekularbiologisch zu untersuchen.

Das SPREAD-Projekt wird aus dem Bioeconomy Science Center (BioSC) mit rund 660.000 Euro gefördert. Der Forschungsverbund BioSC ist eine Kooperation der Universitäten in Aachen, Bonn und Düsseldorf mit dem Forschungszentrum Jülich. Es fördert interdisziplinäre gemeinsame Forschungsprojekte für eine nachhaltige Bioökonomie. BioSC wird vom NRW-Wissenschaftsministerium mit jährlich fast 6 Millionen Euro unterstützt.


Siehe aus: Magazin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Ausgabe 3-2015, S. 32 ff.
https://www.uni-duesseldorf.de/home/fileadmin/redaktion/ZUV/Abteilung_Kommunikation/Uni-Magazin/Uni-Magazin_2015_03.pdf

Weitere Informationen unter:
[1] http://www.silphiumsammelreise.blogspot.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution223

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Dr. rer. nat. Arne Claussen, 16.08.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. August 2016

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