Karlsruher Institut für Technologie - 16.09.2016
Wie Pflanzen mit Pilzen Freundschaft schließen
Viele Pilze schädigen Pflanzen und töten sie. Aber es gibt auch
pflanzenfreundliche Pilze: Die meisten Landpflanzen leben in einer engen
Gemeinschaft mit arbuskulären Mykorrhiza-Pilzen (AM-Pilzen), die ihr
Wachstum fördern. Wie diese Symbiose zustande kommt, untersuchen Forscher
der Gruppe "Molecular Phytopathology" am Karlsruher Institut für
Technologie (KIT). Die Wissenschaftler haben nun ein Gen identifiziert,
das von den AM-Pilzen gezielt aktiviert wird und die Entwicklung der
Pflanzenwurzel beeinflusst: Der GRAS-Transkriptionsfaktor MIG1 sorgt
dafür, dass mehr und größere Wurzelrindenzellen entstehen.
Darüber berichten die Forscher in der Zeitschrift Current Biology
(DOI: 10.1016/j.cub.2016.07.059).
Unter dem Mikroskop (konfokalmikroskopische Aufnahme): Der AM-Pilz (grün) erreicht
die innere Wurzelrinde und bildet dort die namensgebenden Arbuskeln (s. Pfeil;
baumartige Struktur, Latein arbor = Baum).
Abbildung: © Carolin Heck/KIT
Die meisten Landpflanzen leben in einer Symbiose mit AM-Pilzen - in einer
engen Beziehung, von der beide Seiten profitieren: Die AM-Pilze helfen den
Pflanzen, Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphat sowie Wasser aus dem
Boden zu ziehen, schützen sie vor Schädlingen und fördern darüber hinaus
das Pflanzenwachstum, indem sie die Wurzelentwicklung beeinflussen. Als
Gegenleistung versorgen die Pflanzen die AM-Pilze mit Kohlehydraten, die
sie durch Photosynthese erzeugen. Die Symbiose verbessert Wachstum und
Gesundheit der Pflanzen auch unter schwierigen Bedingungen, wie
nährstoffarme Böden und Stress. Kontrolliert kultiviert, könnten
Gemeinschaften von Kulturpflanzen mit arbuskulären Mykorrhiza-Pilzen
helfen, Dünger und Pestizide einzusparen, und somit zu einer nachhaltigen
Landwirtschaft beitragen.
Doch wie kommt die freundschaftliche Beziehung zwischen Pflanze und Pilz überhaupt zustande? Dieser Frage gehen Wissenschaftler der Gruppe "Molecular Phytopathology" unter Leitung von Professorin Natalia Requena am Botanischen Institut des KIT nach. In grundlegenden Forschungsarbeiten untersuchen sie die molekularen Prozesse bei der Ausbildung der Symbiose. Was die Förderung des Pflanzenwachstums über die Wurzelentwicklung betrifft, haben die Wissenschaftler nun ein Pflanzengen identifiziert, das von den AM-Pilzen gezielt aktiviert wird - den GRAS-Transkriptionsfaktor MIG1, der die Größe der Wurzelrindenzellen bestimmt. Anhand von Medicago truncatula, einer Pflanzenart aus der Gattung der Schneckenklees, haben die Karlsruher Forscher die Rolle von MIG1 untersucht. Darüber berichten sie in der Zeitschrift Current Biology.
"Die Ausbildung einer Symbiose mit arbuskulären Mykorrhiza-Pilzen verlangt von Pflanzen eine außergewöhnliche und genau gesteuerte Anpassung", erklärt Professorin Natalia Requena. "Die Pflanze aktiviert ihre genetischen Programme für eine solche Symbiose noch vor dem ersten physischen Kontakt mit dem Pilz, sobald sie einen von diesem abgesonderten Signalstoff empfängt." Im Folgenden liegt die Kontrolle der Ausbildung der Symbiose vorwiegend bei der Pflanze. Die Besiedlung von Pflanzenwurzeln durch AM-Pilze ist auf das Abschlussgewebe und die Rinde beschränkt. Dabei dringen die Hyphen (Zellfäden) des Pilzes tief in die Wurzelrinde ein und bilden weitverzweigte Strukturen, sogenannte Arbuskeln. Die Pflanze umhüllt die Arbuskeln mit einer eigens synthetisierten periarbuskulären Membran (PAM).
Bei der Regulierung der Wurzelkolonisation und der Bildung von Arbuskeln übernehmen bestimmte Proteine, die einer pflanzenspezifischen Familie von Proteinen - der GRAS-Protein-Familie - angehören, wesentliche Funktionen. Sie wirken als Transkriptionsfaktoren, welche die Aktivität anderer Gene steuern, das heißt sie an- oder ausschalten. Beispielsweise ermöglicht das Protein RAM1 die Verzweigung der Arbuskeln, RAD1 ihre Erhaltung, und NSP1, NSP2 und DIP1 kontrollieren den allgemeinen Kolonisationsvorgang. Die Forscherinnen und Forscher um Professorin Natalia Requena identifizierten nun den Transkriptionsfaktor MIG1 (Mycorrhiza Induced GRAS 1). Dessen stärkste Expression ist in Zellen zu beobachten, die Arbuskeln enthalten. MIG1 verändert die Wurzelrindenentwicklung wesentlich, indem es dafür sorgt, dass mehr und größere Wurzelrindenzellen entstehen, sodass der Durchmesser der Wurzeln insgesamt deutlich zunimmt. Umgekehrt führt eine Herunterregulierung von MIG1 zu missgebildeten Arbuskeln.
Carolin Heck, Hannah Kuhn, Sven Heidt, Stefanie Walter, Nina Rieger and
Natalia Requena:
Symbiotic fungi control plant root cortex development through the novel
GRAS transcription factor MIG1.
Current Biology, 2016.
DOI: 10.1016/j.cub.2016.07.059
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verbindet seine drei
Kernaufgaben Forschung, Lehre und Innovation zu einer Mission. Mit rund 9
300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 25 000 Studierenden ist das
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Karlsruher Institut für Technologie, Monika Landgraf, 16.09.2016
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E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2016
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