Goethe-Universität Frankfurt am Main - 05.09.2017
Effizientere Rohstoffnutzung mit Hilfe von "molekularen Fließbändern"
Wertvolle Produkte wie Treib- und Kunststoffe oder Pharmazeutika aus nachwachsenden Rohstoffen zu gewinnen, ist bisher nicht effizient genug, weil die verwendeten Mikroorganismen den Rohstoff nur langsam verwerten und neben gewünschten Substanzen auch noch viele Nebenprodukte herstellen. Biotechnologen der Goethe-Universität ist es jetzt gelungen, die Zuckerverwertung in Bäckerhefe zu optimieren.
FRANKFURT. Mikroorganismen wie die Bäckerhefe kann man sich wie eine
Miniaturfabrik vorstellen: Die Rohstoffe (in der Regel Zucker) werden
durch Pforten (Transporter-Proteine) aufgenommen und in einem mehrstufigen
Prozess mithilfe von Enzymen umgebaut. Anders als in einer
menschengemachten Fabrik werden aber in Mikroben nicht nur die
technologisch interessanten Produkte hergestellt, sondern auch viele
Nebenprodukte. Das liegt daran, dass verschiedene Enzyme um den Zucker
konkurrieren, so dass verschiedene für das Überleben der Zelle wichtige
Bausteine entstehen.
Thomas Thomik und Dr. Mislav Oreb vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Goethe-Universität ist es nun gelungen, den Stoffwechsel von Bäckerhefe so zu kanalisieren, dass die Rohstoff-Zucker produktiver genutzt werden. In der aktuellen Ausgabe der angesehenen Zeitschrift Nature Chemical Biology stellen die Frankfurter Forscher einen neuen Mechanismus vor, mit dem die Rohstoffe von Transporter-Proteinen direkt an die erwünschten Enzyme geliefert werden.
In der Bäckerhefe konkurrieren verschiedene Enzyme um
Zuckermoleküle, die durch Transporter-Proteine in die Zelle aufgenommen
werden. Damit der Zucker nur von Enzymen umgesetzt wird, die
biotechnologisch gewünschte Produkte liefern (grüne Ovale), verknüpft
man sie über eine Andock-Station direkt mit dem Transporter (rechtes Bild).
Abbildung: © Mislav Oreb, Goethe-Universität
"Wir haben ein "Scaffold-Protein" konstruiert, das an das Transporter-Protein bindet und anschließend als eine Andockstation für die gewünschten Enzyme dient. Erkennungscodes, mit dem die Enzyme versehen sind, ermöglichen das Andocken. So entsteht eine Ansammlung von erwünschten Enzymen in der Nähe des Transporters. Dadurch kann die Zelle den Rohstoff wie am Fließband bearbeiten, ohne dass die konkurrierenden Enzyme die Gelegenheit bekommen, ihn umzusetzen", erklärt Mislav Oreb das Prinzip.
In ihrer Arbeit zeigen die Frankfurter Biotechnologen, dass der Zucker Xylose durch solche "molekularen Fließbänder" (Transport-Metabolons) effizienter in Ethanol umgewandelt wird, indem die Produktion des unerwünschten Nebenproduktes Xylitol minimiert wird.
"Das zugrundeliegende Prinzip könnte angewandt werden, um aus verschiedenen Zuckern beliebige Produkte wie Biotreibstoffe, Kunststoffe oder Pharmazeutika herzustellen. Das Konzept hat das Potential, die biotechnologischen Prozesse generell ökologisch und wirtschaftlich nachhaltiger zu gestalten, da eine effiziente Zuckerverwertung eine grundlegende Voraussetzung hierfür ist", erklärt Mislav Oreb die Bedeutung des neuen Verfahrens.
Publikation
Thomas Thomik, Ilka Wittig, Jun-yong Choe, Eckhard Boles und Mislav
Oreb: An artificial transport metabolon facilitates improved substrate
utilization in yeast, in Nature Chemical Biology
Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der
europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 mit privaten Mitteln
überwiegend jüdischer Stifter gegründet, hat sie seitdem Pionierleistungen
erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und
Wirtschaftswissenschaften, Medizin, Quantenphysik, Hirnforschung und
Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren
historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein hohes Maß an
Selbstverantwortung. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten
und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in
Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geistes- und Sozialwissenschaften.
Zusammen mit der Technischen Universität Darmstadt und der Universität
Mainz ist sie Partner der länderübergreifenden strategischen
Universitätsallianz Rhein-Main.
www.uni-frankfurt.de
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution131
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Dr. Anne Hardy, 05.09.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2017
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang