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PLANET/610: Zwergplanet Ceres - Eine dunkle Welt aus Eis (MaxPlanckForschung)


MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft 1/2016

Eine dunkle Welt aus Eis

von Thorsten Dambeck


Erstmals erreichte eine Raumsonde die Ceres. Mit den beiden Kameras an Bord erkunden die Wissenschaftler aus dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen die dunkle Oberfläche des Zwergplaneten. Wassereis haben sie schon entdeckt. Aber ruht tief unter den Kratern auch noch ein Ozean?


Auch unter Asteroiden gilt: Einiges ist relativ. Nehmen wir etwa Ceres, welche die Internationale Astronomische Union seit dem Jahr 2006 in der Kategorie Zwergplanet führt. Der "Zwerg", der nach der römischen Göttin für Landwirtschaft und Fruchtbarkeit benannt wurde, ist gleichzeitig der größte unter den zahllosen kleinen Körpern, die zwischen Mars und Jupiter um die Sonne kreisen.

Geometrisch beschreibt man Ceres' Gestalt als Ellipsoid. Auf den ersten Blick ähnelt sie jedoch einer Kugel mit einem mittleren Durchmesser von 946 Kilometern. Natürlich ist ihr planetarer Körper nicht perfekt, der Ellipsoidform ist ein Gelände aufgeprägt, das sich bis 7,5 Kilometer tief absenkt und andernorts um bis zu vier Kilometer aufragt. Mit 3,2 Prozent zeigt diese Variation eine deutlich größere Spanne als beim Erdmond (ein Prozent). Verglichen mit ihrer Schwester im Asteroidengürtel, Vesta, deren Wert bei 15 Prozent liegt, variiert Ceres' Topografie jedoch nur moderat - relativ betrachtet.

Ceres und Vesta, beide Miniplaneten hat die NASA-Sonde Dawn angesteuert, nachdem sie im Jahr 2007 ihre Reise antrat. Dawn erreichte im Sommer 2011 zunächst Vesta. Rund 14 Monate lang erforschte der irdische Späher aus der Umlaufbahn diese Welt. Dann zündete die Sonde erneut ihr elektrisches Ionentriebwerk und brach zu Ceres auf, wo sie schließlich im März 2015 eintraf. Auch Ceres wird seitdem auf unterschiedlich engen Bahnen umkreist.


Komplexe Geologie fasziniert die Forscher

Unter den Bordexperimenten von Dawn sticht das wissenschaftliche Kamerasystem hervor. Es stammt vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen. Die zwei sogenannten framing cameras sind gleichsam Dawns Augen, für die Erkundung der beiden Himmelskörper spielen sie eine zentrale Rolle (siehe Kasten auf Seite 56). Nun ist ihr Blick auf Ceres gerichtet. Deren Oberfläche ist überwiegend so dunkel wie frischer Asphalt, nur neun Prozent des einfallenden Lichtes werden durchschnittlich reflektiert. Gleichwohl sind die Forscher fasziniert: Der Planetenzwerg ist eine Welt mit einer komplexen Geologie. Zwar ist vieles, was die Bilderflut nun offenbart, noch nicht ausgewertet, doch bereits die ersten Analysen haben Unerwartetes ans Tageslicht gebracht.

Dawn ist der erste Besucher bei Ceres, bis zum vergangenen Jahr hatte es keine Raumsonde je dorthin geschafft. Obwohl bereits vor mehr als zwei Jahrhunderten vom italienischen Astronomen Giuseppe Piazzi entdeckt, war Ceres noch kaum erforscht. Ihre Entdeckungsgeschichte ist ein kosmischer Krimi: Schon im ausgehenden 18. Jahrhundert war unter Wissenschaftlern die Skepsis verbreitet, ob die auffällige Lücke zwischen Mars und Jupiter wirklich leer sei. Könnte dort ein unentdeckter Planet sein Unwesen treiben?

Eine Gruppe deutscher Astronomen - die "Himmelspolizey" - fahndete systematisch im Tierkreis nach dem vermuteten Himmelskörper. Und tatsächlich: In der Neujahrsnacht 1801 wurde ein bis dato unbekanntes Objekt dingfest gemacht: Ceres. Jedoch gelang dies keinem Himmelspolizisten, vielmehr geschah der Fund an der Sternwarte von Palermo. Der neue "Wandelstern" hatte fast genau jene Distanz zur Sonne, welche die Titius-Bode-Reihe für den gesuchten Planeten vorhergesagt hatte. Diese nach den beiden Gelehrten Johann Titius und Johann Bode benannte empirische Formel hatte schon den Sonnenabstand des zwei Jahrzehnte zuvor entdeckten Uranus korrekt reproduziert. Ebenso wie Uranus wurde Ceres nun als Planet betrachtet.

Doch Ceres' Entdeckung war nur der Anfang, offenbar gab es eine ganze Bande unentdeckter Planeten hinter dem Mars: Bald schon gingen Pallas und Juno ins Netz, 1807 folgte Vesta. 1850 waren es schon so viele, dass sich die Bezeichnung Kleinplaneten durchsetzte. Und bis zur Wende zum 20. Jahrhundert waren 462 von Ceres' Artgenossen aufgespürt, ihr Status als Planet war da schon lange passé. Heute bevölkern fast eine halbe Million bekannter Exemplare den Asteroidenhauptgürtel zwischen Mars und Jupiter. Die allermeisten sind relativ klein, allein auf Ceres entfällt rund ein Drittel der Gesamtmasse des Gürtels.


Kamera mit Adlerblick studiert Einschlagkrater

Zurück zur Gegenwart: Mittlerweile haben Forscher des internationalen Dawn-Teams erste geologische Karten von Ceres präsentiert. Diese basieren allerdings auf Beobachtungen mit den framing cameras, die aus relativ großem Abstand (4424 Kilometer) ausgeführt wurden. Seit Januar sieht Dawn jedoch mit dem Blick eines Adlers auf die mit Kratern bedeckte Oberfläche. Auf ihrem neuen Orbit nähert sich die Sonde bis auf 385 Kilometer.

"Viele der Oberflächendetails, die wir seit der Ankunft von Dawn bei Ceres kennen, können wir jetzt mit wesentlich höherer Auflösung untersuchen", sagt Max-Planck-Forscher Andreas Nathues, der von Göttingen aus das Kameraexperiment leitet. Insbesondere studieren die Planetenforscher die verschiedenen Erscheinungsformen der Einschlagkrater auf Ceres.


Die Augen des Spähers

Die Augen der NASA-Sonde sind made in Germany: die beiden framing cameras. Neben der Kartierung der Oberfläche dienen sie der Navigation der Sonde. Jede Kamera wiegt 5,5 Kilogramm. Sie können Weißlicht- und Farbbilder aufnehmen und verfügen dafür über sieben Filter im Spektralbereich vom sichtbaren Licht bis zum nahen Infrarot. Das Kamerasystem ist ein Gemeinschaftsprojekt: Es wurde vom Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung gemeinsam mit dem DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze der TU Braunschweig entwickelt und gebaut.

Zusätzlich zu den hochauflösenden Fotos sind damit Ansichten der Oberfläche mit 3D-Effekt möglich, die sich auch zu virtuellen Überflügen montieren lassen. Drei weitere Bordexperimente komplettieren die wissenschaftliche Nutzlast: das Infrarotspektrometer aus Italien, mit dem die Forscher die Mineralzusammensetzung sowie die Temperaturverteilung auf der Oberfläche von Ceres analysieren; das Gamma- und Neutronenspektrometer aus den USA, das für die Bestimmung chemischer Elemente im Oberflächengestein zuständig ist; hinzu kommt ein Radiowellenexperiment, das vor allem zur Vermessung des Schwerefelds des Himmelskörpers und der Positionsbestimmung dient.

Ein kürzlich aufgenommenes Bild zeigt den rund 25 Kilometer großen Einschlagkrater Kupalo; er ist nach einer slawischen Fruchtbarkeitsgöttin benannt und liegt auf der südlichen Hemisphäre. An seinem inneren Kraterrand befinden sich auffällig helle Streifen, die in radialer Richtung verlaufen. Vermutlich sind sie durch Hangrutschungen entstanden. Kupalo hat keinen Zentralberg, wie sonst bei Einschlagkratern dieser Größe üblich.

Stattdessen befindet sich in seiner Mitte eine Bergkette, die sich über eine Länge von mehr als sieben Kilometern erstreckt. Mehrere ähnliche Bergketten wiederholen sich nah am Kraterrand, der außerdem auffällig von der Kreisform abweicht. Kupalos Kraterboden ist ansonsten weitgehend flach und ohne später entstandene kleinere Krater - ein Hinweis auf ein vergleichsweise geringes Alter. Im Innern gibt es mehrere helle Flecken, doch dazu später mehr.

Auch der Krater Messor (Durchmesser: 42 Kilometer) fällt wegen seiner sehr ungewöhnlichen Gestalt auf. Sein Rand ist, wie der von Kupalo, unregelmäßig geformt, und auch ihm fehlt ein Zentralberg. Außerdem zeigt der Kraterboden deutlich wellenförmige Muster. Messor ist einem älteren Krater überlagert, dessen Relikte noch erkennbar sind. Offenbar ist Messor ein älteres Exemplar, denn die Häufigkeit kleinerer Einschlagkrater in seinem Innern ist nur unwesentlich geringer als außerhalb des Kraters.

Ein weiterer, rund 30 Kilometer großer und bisher noch namenloser Krater besitzt einen ausgeprägten Zentralberg sowie auffällige Terrassen, die sich über den gesamten Kraterboden erstrecken. Auch diese Strukturen deuten darauf hin, dass hier ein Asteroid in Material eingeschlagen ist, das direkt danach eine hohe Mobilität hatte. Ein Hinweis auf Wassereis im Boden?


Äussere Schichten bestehen nicht aus hartem Gestein

Ein anderer Krater, der 125 Kilometer große Dantu, erscheint auf den Bildern auffällig flach und besitzt ein Netzwerk aus Brüchen, wie sie in ähnlicher Form auch bei Mondkratern bekannt sind, etwa bei dem jungen Krater Tycho. "Bei ihrer Entstehung ist wahrscheinlich entscheidend, dass die äußeren Schichten von Ceres nicht aus hartem Gestein bestehen. Beim Einschlag des Asteroiden wurde wahrscheinlich Wassereis unter der Oberfläche zumindest teilweise geschmolzen. Kühlt es sich anschließend ab, kann es sich stark zusammenziehen und viele Risse bilden", sagt Max-Planck-Wissenschaftler Martin Hoffmann.

Anders als auf unserem Mond hat Wassereis bei der Ausbildung der Strukturen eine wichtige Rolle gespielt. Dass Ceres auch Eis enthält, war bereits vor der Dawn-Mission erwartet worden. "Anders als mit einem hohen Wassereisanteil ist die geringe mittlere Dichte von 2,16 Gramm pro Kubikzentimeter nicht zu erklären", erläutert Andreas Nathues. Auch der Vergleich mit dem stark eishaltigen Saturnmond Rhea deutet auf Wassereis in Ceres' Oberflächenmaterial hin.

"Die unregelmäßige Gestalt von Ceres' Kratern erinnert an Rhea", erklärt Carol Raymond vom Dawn-Team. Denn die Ceres-Krater seien anders als jene auf Vesta, dem vorherigen Studienobjekt der Sonde. "Die Ceres-Krater unterscheiden sich stark von den wie Schüsseln geformten Exemplaren Vestas", so die Forscherin vom kalifornischen Jet Propulsion Laboratory.

Mit dem Saturnmond Rhea teilt Ceres auch die fast identische Oberflächenschwerkraft - sie differiert zwischen beiden Himmelskörpern nur um vier Prozent. Noch sind es indirekte Hinweise, etwa die Morphologie der Einschlagkrater, die vom Eis auf Ceres erzählen. Direkte Messungen, etwa mit dem Infrarotspektrometer an Bord, stehen noch aus. Trotzdem sind Hoffmann und Nathues überzeugt, dass Wassereis in der Geologie eine entscheidende Rolle spielte: Durch die Hitze des Einschlags geschmolzen, entstanden beim anschließenden Erstarren viele Strukturen, die sich bei Impakten in festem Gestein wesentlich schwächer ausprägen oder sogar ganz fehlen. "Auch wenn diese Prozesse im Detail noch nicht verstanden sind, könnten sie die Bruchlinien, die Terrassen, das Fehlen einfacher Zentralberge und die unregelmäßigen Kraterränder erklären", meint Andreas Nathues.

Zurück zu den ungewöhnlich hellen Ablagerungen, die etwa bei Dantu gefunden wurden. Ähnliches hatten die Max-Planck-Forscher schon früher an anderen Oberflächenstellen entdeckt, bereits im Anflug waren die Kameras von hellen Flecken auf der Oberfläche geblendet worden. Auf den Fotos traten sie zunächst als überbelichtete Stellen hervor. Laut Martin Hoffmann eine völlig überraschende Beobachtung. Im vergangenen Dezember berichtete nun ein Team, angeführt von Nathues und Hoffmann, im Wissenschaftsmagazin NATURE, dass die auffälligen Flecken keineswegs selten sind, 130 konnten auf Ceres bereits identifiziert werden.


Im Wasser gelöstes Salz bleibt zurück

Mit Messungen in Labors in Kanada und den USA haben die Forscher versucht, das mit den framing cameras aufgenommene Farbsignal dieser Flecken nachzustellen. Das Ergebnis: Das helle Oberflächenmaterial ist Salz. Vermutlich besteht es aus wasserhaltigem Magnesiumsulfat oder aus anderen hellen Salzen, wie sie auch in irdischen Salzseen vorkommen, etwa in Torrevieja und La Mata an der spanischen Costa Blanca. Nathues geht deshalb davon aus, dass es unter der Oberfläche von Ceres nicht nur Eis gibt, sondern dass dieses teilweise mit Salz vermischt ist.

Sobald diese Mixtur durch Asteroideneinschläge freigelegt oder durch innere Kräfte zur Oberfläche befördert wird, kann sie allmählich sublimieren, also übergangslos vom festen in den gasförmigen Zustand übergehen. Das ursprünglich im Wasser gelöste Salz bleibt zurück. "Die Untersuchung dieser hellen Ablagerungen auf der Oberfläche von Ceres wird eines der Hauptziele für die Dawn-Mission in den nächsten Monaten sein", sagt Martin Hoffmann voraus.


Dunst hängt vom Stand der Sonne ab

Doch manche der hellen Gebiete haben noch mehr zu bieten, beispielsweise der relativ junge Krater Occator auf der Nordhemisphäre mit einem Alter von rund 80 Millionen Jahren und einem Durchmesser von mehr als 90 Kilometern. Im Innern seiner bis zu vier Kilometer tiefen Kraterwälle haben die framing cameras sogar die hellsten Stellen der gesamten Oberfläche ausgemacht. Und: Die Fotos zeigen, dass sich nach Sonnenaufgang am Kraterboden Dunst bilden kann. Sichtbar wird dieser Dunst allerdings nur, wenn Occator unter einem sehr flachen Winkel fotografiert wird. Im Tagesrhythmus lichten sich die Schwaden immer dann, wenn die Sonne nahe am oder schon unter dem Horizont steht.

Auch dieser Befund stützt die Hypothese vom Wassereis unter der Oberfläche. Die genaue Entstehung des Dunstes sei aber noch unklar. Vermutlich geschieht dies durch Öffnungen im Boden, wenn Wassereis ins Weltraumvakuum sublimiert, so Andreas Nathues. Weil dabei auch Staubpartikel mitgerissen werden, ähnele der Prozess den Ausgasungen bei Kometen.

Auch die zweithellste Struktur auf der Ceres-Oberfläche, der acht Kilometer große Oxo-Krater, ist vergleichsweise jung. Auch dort zeigen die Fotos helle Flecken und Dunst. Sollten sich die Anzeichen für Bodeneis erhärten, so wären mit den framing cameras erstmals im Asteroidengürtel Eisvorkommen aus der Nähe nachgewiesen worden. Offensichtlich kann Eis in dieser eigentlich zu warmen Region des Sonnensystems über lange Zeiträume stabil sein, wenn es von einer Gesteinsschicht an der Oberfläche vor dem Verdampfen geschützt ist.

Die Beobachtungen Dawns untermauern Messungen des europäischen Weltraumteleskops Herschel, das im Infrarotlicht des Zwergplaneten bereits die spektrale Signatur von Wasserdampf entdeckt hatte. Eine der beiden möglichen von Herschel gefundenen Dampfquellen fällt nämlich mit der Position des Occator-Kraters zusammen. Dort sind den Analysen des Nathues-Teams zufolge sogenannte hydrierte Magnesiumsulfate ein wesentlicher Bestandteil des hellen Bodenmaterials, also wasserstoffhaltige Mineralsalze. Viele der anderen hellen Gebiete auf Ceres bestehen dagegen wahrscheinlich aus ausgetrockneten Salzen. Die Aktivität, die am Occator-Krater noch andauert, ist dort offenbar schon länger versiegt.

Eine weitere aktuelle Studie widmet sich ebenfalls Ceres' Oberflächenmineralien. Mit dem Infrarotspektrometer Dawns maßen die Forscher die spektrale Verteilung des reflektierten Lichts bei Wellenlängen zwischen 0,4 und 5 Mikrometern. Cristina De Sanctis vom römischen Istituto di Astrofisica e Planetologia Spaziali (IAPS) liest aus den Messungen, dass ammoniumhaltige Schichtsilikate auf Ceres weitverbreitet sind. Diese Substanzen seien womöglich durch Reaktionen mit organischem Material oder Ammoniakeis in der Frühzeit von Ceres entstanden.


Wanderte der Zwergplanet in den Asteroidengürtel ein?

Letzteres ist aber nur bei den sehr niedrigen Temperaturen im äußeren Sonnensystem stabil, was wiederum darauf hindeuten würde, dass kieselgroße Objekte aus sonnenfernen Regionen in den Asteroidengürtel gedriftet sind und dort von den Körpern aufgenommen wurden. Oder wanderte Ceres einst aus der Nähe der Neptunbahn in den heutigen Asteroidengürtel ein, wie es De Sanctis zur Debatte stellt? Die Göttinger Forscher sind da noch zurückhaltender. Die Auswertung der Messungen dauere an, erst danach lasse sich Ceres' Abstammung beurteilen.

Und noch eine wichtige Frage führt die To-do-Liste der Dawn-Forscher an: Existiert unter Ceres' fester Kruste ein Meer, wie es die Planetologen bei Europa entdeckt haben? Zwar ist Ceres viel kleiner als dieser Trabant Jupiters, verglichen mit dem noch kleineren Enceladus, der Saturn umkreist und ebenfalls einen solchen Ozean besitzt, ist der Zwergplanet jedoch relativ groß. Aktuelle Simulationsrechnungen, die allerdings Dawns Beobachtungen noch nicht berücksichtigen, lassen es auch für Ceres möglich erscheinen.

Demnach könnte fünf bis 33 Kilometer unter der Oberfläche eine Zone beginnen, in der das Eis geschmolzen ist; die Unsicherheit in dieser Angabe resultiert aus der Bandbreite von Annahmen, die für die Rechnung getroffen wurden. Sollte das hypothetische Meer stark salzig sein, könnte es sogar unter einer noch dünneren Deckschicht existieren. Bis Anfang 2017 haben Dawns Augen und die anderen Instrumente an Bord noch die Gelegenheit, Antworten zu finden. Danach wird der Sonde der Treibstoff ausgegangen sein.


Auf den Punkt gebracht

• Der Zwergplanet Ceres wird seit März 2015 von der Raumsonde Dawn umlaufen.

• Ceres ist eine Welt mit einer komplexen Geologie. Manche Krater weisen interessante Strukturen auf, Wassereis hat bei ihrer Entstehung offenbar eine große Rolle gespielt.

• Überall auf der Oberfläche erscheinen weiße Flecken - Salz. Vermutlich besteht es aus wasserhaltigem Magnesiumsulfat oder aus anderen hellen Salzen, wie sie auch in irdischen Salzseen vorkommen.

• Simulationsrechnungen lassen es möglich erscheinen, dass sich unter Ceres' Oberfläche ein Ozean erstreckt.

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Der Artikel mit Abbildung ist aufrufbar unter:
https://www.mpg.de/10445524/W004_Physik_Astronomie_056-061.pdf

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Quelle:
MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftmagazin der Max-Planck-Gesellschaft
Ausgabe 1/2016, Seite 56-61
Herausgeber: Wissenschafts- und Unternehmenskommunikation der
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2016

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