Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → ASTRONOMIE

PLANET/524: Mondwasser stammt vermutlich von der Protoerde (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 8/13 - August 2013
Zeitschrift für Astronomie

Nachrichten
Mondwasser stammt vermutlich von der Protoerde

Von Georg Neulinger



Wasser im Inneren des Mondes könnte denselben Ursprung wie jenes auf der Erde haben - dies behauptet ein Forscherteam um Alberto Saal von der Brown University. Demnach erbte der Mond seine geringen Wasservorkommen zum Teil von der Protoerde, aus der sich der Erdtrabant einst nach einer gigantischen kosmischen Kollision mit einem marsgroßen Planeten, genannt »Theia«, formte.

Der vermeintlich staubtrockene Erdmond enthält tatsächlich geringe Mengen Wasser: Es findet sich als Wassereis auf seiner Oberfläche in tiefen Kratern am Südpol, zudem aber auch gebunden in der Kristallstruktur des Gesteins. Die Herkunft des Wassers ist allerdings umstritten: Theorien sehen Kometeneinschläge oder die Urerde als Quelle.

Alberto Saal und seine Koautoren untersuchten das in vulkanischen Mondgesteinen gebundene Wasser mittels Isotopenanalysen. Dabei machten sie sich den Umstand zu Nutze, dass das Verhältnis von schwerem Wasserstoff Deuterium zu gewöhnlichem Wasserstoff Hinweise auf die Herkunft des Wassers gibt: Ist der Deuterium-Anteil besonders hoch, stammt es höchstwahrscheinlich vom Rand des Sonnensystems - etwa von Kometen. Ein geringer Anteil des Isotops deutet hingegen auf einen Ursprung im inneren Bereich unseres Sonnensystems hin. Genau letzteres scheint der Fall zu sein: Das Mondwasser weist dasselbe Isotopenverhältnis auf wie bestimmte Meteoriten aus dem Asteroidengürtel, die so genannten kohligen Chondrite. Auch das Wasser auf der Erde zeigt diese Isotopensignatur. »Die einfachste Erklärung für unsere Entdeckung ist, dass Wasser bereits auf der Proto-Erde vorkam, als es zu der gewaltigen Kollision kam«, meint Saal daher.

Der Astrophysiker James Greenwood hatte zuvor nach einer Analyse des Isotopenverhältnisses im Mineral Apatit Kometen als Wasserquelle ausgemacht. Saal gibt jedoch zu bedenken, dass Apatite während der Bildung des Mondes erst sehr spät aus dem lunaren Magmaozean auskristallisierten, was durch Entgasung zu einer deutlich erhöhten Deuterium-Konzentration führen kann. Dies könnte die Ergebnisse von Greenwood erklären. Die vulkanischen Schmelzen, die Saal und seine Kollegen in ihrer Studie verwendeten, sind hingegen als Magmaeinschlüsse vor Entgasung geschützt und liefern daher keine verfälschten Ergebnisse.

Wenn das Wasser auf dem Mond von der Erde stammt, wirft dies jedoch eine heikle Frage auf: Während der Kollision der Protoerde mit Theia müssten flüchtige Elemente wie Wasser bei Temperaturen von 5000 bis 7000 Kelvin sofort verdampft sein. Eine mögliche Lösung des Problems deutet Saal an: »Wenn geschmolzenes und verdampftes Silikat um die Erde und die protolunare Scheibe eine Hülle bildete, könnte dies als eine Art Puffer den Verlust des gesamten Wassers verhindert haben.«

Aus: Science 10.1126/science.1235142, 2013

*

w i s - wissenschaft in die schulen

Didaktische Materialien zu diesem Beitrag

Was ist WIS?
Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« wendet sich an Lehrerinnen und Lehrer, die ihren naturwissenschaftlichen Unterricht mit aktuellen und praktischen Bezügen anschaulich und abwechslungsreich gestalten wollen - und an Schülerinnen und Schüler, die sich für Vorgänge in der Natur begeistern und ein tieferes Verständnis des Universums gewinnen möchten.

Um diese Brücke von der Wissenschaft in die Schulen zu schlagen, stellt WIS didaktische Materialien als PDF-Dokumente zur Verfügung (kostenloser Download von unserer Internetseite www.wissenschaft-schulen.de).

Mit Hilfe der ID-Nummer sind diese auf der Seite www.wissenschaft-schulen.de/artikel/ID-Nummer als Download unter dem Link »Zentrales WiS!-Dokument« zugänglich.

WiS in Sterne und Weltraum

»Wie aus kleinen Unterschieden bedeutende Erkenntnisse gewonnen werden« bezieht sich auf den Artikel »Mondwasser stammt vermutlich von der Protoerde«: Einige Isotope der Elemente bilden nur einen sehr geringen Anteil an der Gesamtmenge eines Stoffs. Die beispielhafte Auswertung dieser geringen Isotopenverhältnisse im Mondwasser zeigen Schülern sehr anschaulich, welche faszinierenden Erkenntnisse aus sehr genauen Messungen kleiner Größen gewonnen werden können.
(ID-Nummer: 1156160)


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Kurz nach ihrer Entstehung kollidierte die Urerde wahrscheinlich mit einem etwa marsgroßen Himmelskörper.

*

Quelle:
Sterne und Weltraum 8/13 - August 2013, Seite 12 - 13
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/528 150, Fax: 06221/528 377
Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Slevogtstraße 3-5, 69117 Heidelberg
Tel.: 06221/9126 600, Fax: 06221/9126 751
Internet: www.astronomie-heute.de
 
Sterne und Weltraum erscheint monatlich (12 Hefte pro Jahr).
Das Einzelheft kostet 7,90 Euro, das Abonnement 85,20 Euro pro Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2014