Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → ASTRONOMIE

INSTRUMENTE/290: First Light für SOFIA (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 8/10 - August 2010
Zeitschrift für Astronomie

First Light für SOFIA

Von Dörte Mehlert


Am 26. Mai 2010 hat die Flugzeugsternwarte SOFIA, das deutsch-amerikanische Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie, erfolgreich ihren »First Light Flight«, den Beobachtungserstflug, absolviert.


Nach mehr als 25 Jahren Entwicklungszeit steht die Flugzeugsternwarte SOFIA nun kurz vor der Aufnahme der regulären astronomischen Beobachtungsflüge. Die stark modifizierte Boeing 747 SP, die mit einem unter DLR-Leitung in Deutschland gebauten 2,7-Meter-Spiegelteleskop mit kurzer Brennweite ausgestattet ist, startete am 25. Mai 2010 um 21:44 Uhr Ortszeit von ihrer Heimatbasis, der NASA Dryden Aircraft Operations Facility in Palmdale, Kalifornien. Während des achtstündigen Flugs in einer Höhe von bis zu elf Kilometern testete die zehnköpfige Besatzung, bestehend aus Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern, erstmals die Leistungsfähigkeit des Teleskops.

Das Teleskop selbst wurde hierbei allen Erwartungen mehr als gerecht. Die nur durch sehr aufwändige Regelungstechnik erreichbare Bildstabilität und Präzision der Teleskopausrichtung erfüllten alle Vorgaben voll oder übertrafen sie sogar. Es ist eine außerordentliche Ingenieursleistung, wenn man bedenkt, dass diese astronomischen Beobachtungen mit einem Großteleskop aus einem Flugzeug mit geöffneter Luke heraus bei rund 800 Kilometern pro Stunde erfolgten. »Ein erster Blick auf die 'First-Light'-Daten zeigt, dass die Aufnahmen in der Tat scharf genug sind, um damit Astronomie an der vordersten Forschungsfront betreiben zu können. Jetzt geht es endlich los«, sagte Alfred Krabbe nach dem erfolgreichen Flug freudig. Er ist der Direktor und wissenschaftliche Leiter des Deutschen SOFIA-Instituts (DSI) der Universität Stuttgart, das den Betrieb auf der deutschen Seite organisiert.


Erste Beobachtungen: Jupiter und die Galaxie M 82

Als krönenden Abschluss der Nacht lichtete das amerikanische Instrument FORCAST (Faint Object Infrared-Camera for the SOFIA Telescope) unter der Leitung von Terry Herter von der Cornell University in Ithaca, New York, die Galaxie Messier 82 und den Planeten Jupiter bei mehreren Infrarotwellenlängen ab. Für erdgebundene Teleskope sowie für die gegenwärtig betriebenen Weltraumteleskope sind diese Spektralbereiche überwiegend unzugänglich. Das Dreifarbenbild von Jupiter zeigt die Wärmestrahlung, die durch Lücken in seiner Wolkendecke entweicht. Mit den Aufnahmen von Messier 82 späht FORCAST in die interstellaren Staubwolken hinein und enthüllt mehrere Knoten, in denen jeweils Zehntausende von Sternen entstehen (siehe Bilder).

Nach dem Erreichen dieses Meilensteins ist SOFIA nun startklar für die Übergabe an die Astronomen. Sie wollen Ende 2010 mit der so genannten Short Science beginnen. Hierbei werden zunächst drei wissenschaftliche Beobachtungsflüge wiederum mit dem Instrument FORCAST durchgeführt. Wenn alles glatt läuft, wird Rolf Güsten vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn anschließend mit seinen Kollegen zum ersten Mal das deutsche Instrument GREAT (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies - die Frequenz Terahertz entspricht der Wellenlänge 300 Mikrometer) ebenfalls bei drei wissenschaftlichen Flügen an Bord von SOFIA für astronomische Aufnahmen einsetzen. Ab Sommer 2011 ist dann die so genannte Basic Science Phase geplant, für die sich amerikanische und deutsche Wissenschaftler derzeit bewerben. Auch das zweite deutsche Instrument FIFI-LS (Field Imaging Far-Infrared Line Spectrometer), das am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik entwickelt und gebaut wurde, soll dann erstmals astronomische Objekte im fernen Infraroten untersuchen.

»Für mich persönlich geht ein Traum in Erfüllung, auf den ich nun seit nahezu 25 Jahre gewartet habe«, war von Hans-Peter Röser zu hören, Direktor des Instituts für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart, an dem das Deutsche SOFIA-Institut angesiedelt ist, und der seinerseits ab 1985 die deutsch-amerikanische Kooperation zu SOFIA mit in die Wege leitete.


w i s - wissenschaft in die schulen!

Zu diesem Beitrag stehen Ihnen auf unserer Internetseite www.wissenschaft-schulen.de kostenlos didaktische Materialien zur Verfügung. Anhand einfacher Experimente wird die aktuelle astronomische Forschung im Zusammenhang mit entsprechenden Alltagsanwendungen der Infrarotstrahlung dargestellt. Unser Schulprojekt führen wir in Zusammenarbeit mit dem Haus der Astronomie in Heidelberg und der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Bad Wildbad durch.


*


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 20 oben:
Das Flugzeugobservatorium SOFIA absolvierte im November 2009 letzte Testflüge. Bei geöffneter Tür geht der Blick auf den abgedeckten Spiegelkörper vor dem Hintergrund der kalifornischen Sierra Nevada.

Abb. S. 20 unten:
Astronomen und Techniker sitzen direkt vor dem gegen den geringen Außendruck in Flughöhe abgedichteten Teleskopraum. Die Elevationsachse des Teleskops mündet im Zentrum der blauen Montierung im Hintergrund.

Abb. S. 21 oben:
Das Farbkomposit dreier Infrarotaufnahmen von Jupiter bei Wellenlängen von 5,4 (blau), 24 (grün) und 37 Mikrometern (rot) entstand aus Aufnahmen, die SOFIA während des »First Light Flights« mit der Kamera FORCAST am 26. Mai 2010 ablichtete. Das optische Bild (links) nahm der australische Amateurastronom Anthony Wesley annähernd zur gleichen Zeit auf. Es zeigt daher den gleichen Anblick Jupiters. Der weiße Streifen im rechten Bild rührt her von Infrarotstrahlung aus tieferen Atmosphärenschichten, die durch ein vergleichsweise transparentes Wolkenband tritt.

Abb. S. 21 unten:
Das Farbkomposit zeigt den zentralen Bereich der Galaxie Messier 82. Es besteht aus Aufnahmen bei den Wellenlängen 19 (blau), 31 (grün) und 37 Mikrometer (rot) mit der FORCAST-Kamera von SOFIA während des »First Light Flights«, des ersten Beobachtungsflugs. Das Bild unten links dokumentiert den gleichen Bereich bei optischen Wellenlängen. Es ist ein Ausschnitt der Aufnahme von Wolfgang Klöhr und Ralf Mündlein mit ihrem Zehnzöller von Meade (oben). Mit den infraroten Aufnahmen sehen Astronomen durch und hinter die Staubwolken - die im optischen Bild deutlich zu erkennen sind - direkt in das Herz der Sternentstehung von Messier 82.


© 2010 Dörte Mehlert, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


*


Quelle:
Sterne und Weltraum 8/10 - August 2010, Seite 20 - 21
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/52 80, Fax: 06221/52 82 46
Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Slevogtstraße 3-5, 69126 Heidelberg
Tel.: 06221/912 66 00, Fax: 06221/912 67 51
Internet: www.astronomie-heute.de

Sterne und Weltraum erscheint monatlich (12 Hefte pro Jahr).
Das Einzelheft kostet 7,90 Euro, das Abonnement 85,20 Euro pro Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. September 2010