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GESCHICHTE/085: Vom Einsteinturm an den Bosporus (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 11/13 - November 2013
Zeitschrift für Astronomie

Vom Einsteinturm an den Bosporus
Exilanten gründeten die Sternwarte Istanbul

Von Volker Witt



Die NS-Diktatur zwang viele bedeutende Wissenschaftler zur Emigration, darunter auch Astronomen. Zwei von ihnen beteiligten sich ab dem Jahr 1933 maßgeblich am Aufbau der ersten modernen Sternwarte in der Türkei.


Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 bedeutete für viele Gelehrte jüdischer oder zumindest »nichtarischer« Abstammung, dass sie ihre Stellungen an den Universitäten verloren und in die Emigration gezwungen wurden. Die rechtliche Grundlage für diese folgenreiche Entwicklung schuf die NS-Regierung durch den Erlass des Gesetzes »zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« (BBG), das am 7. April 1933 verkündet wurde. Hierin heißt es unter anderem wörtlich: »... Beamte, die nicht arischer Abstammung sind, sind in den Ruhestand ­... zu versetzen ...«, und in einem weiteren Paragrafen wird hinzugefügt: »Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten, können aus dem Dienst entlassen werden.«

Von einer solch rigiden Gesetzgebung waren viele Hochschullehrer betroffen, die wegen ihrer Abstammung aus dem Dienst entfernt wurden. Beispielsweise verlor das Fach Physik in Deutschland etwa ein Viertel seiner Professorenschaft, darunter etliche Nobelpreisträger. Aber auch die astronomischen Hochschulinstitute und Observatorien hatten einen schmerzlichen Aderlass zu beklagen.


Die Folgen der NS-Rassenpolitik für die Wissenschaft
Ein prominentes Opfer dieser Rassenpolitik war Albert Einstein (1879 - 1955), der wegen Hitlers Machtübernahme im Januar 1933 von einem Aufenthalt in den Vereinigten Staaten nicht mehr nach Deutschland zurückkehrte.

Einstein war Professor ohne Lehrverpflichtung an der Humboldt-Universität in Berlin und zugleich Direktor des im Jahr 1917 dort gegründeten Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik. Als ersten wissenschaftlichen Mitarbeiter berief er den Astronomen Erwin Freundlich (1885 - 1964) an das Institut, der früher an der Berliner Sternwarte hauptsächlich auf dem Gebiet der Positionsastronomie arbeitete. Die persönliche Bekanntschaft zwischen Einstein und Freundlich geht auf das Jahr 1911 zurück, als Einsteins legendärer Artikel »Über den Einfluß der Schwerkraft auf die Ausbreitung des Lichtes« erschienen war. Seitdem bestimmten die astronomischen Konsequenzen der Relativitätstheorie - nämlich die Rotverschiebung von Spektrallinien und die Lichtablenkung im Gravitationsfeld großer Massen - Erwin Freundlichs Forschungsinteressen. Im Jahr 1920 gründete Freundlich die Einstein-Stiftung mit dem Ziel, durch das Einwerben von Spendengeldern bei Privatleuten und industriellen Verbänden die Errichtung eines Turmteleskops für die Sonnenforschung zu finanzieren. Im Dezember 1924 konnte schließlich der Bau unter dem Namen »Einsteinturm« auf dem Potsdamer Telegrafenberg seiner Bestimmung übergeben werden. Er setzte nicht nur durch seine revolutionäre, expressionistische Architektur des Architekten Erich Mendelsohn (1887 - 1953), sondern auch durch seine besondere wissenschaftliche Zielsetzung, die dem Nachweis der Gravitationsrotverschiebung galt, neue Maßstäbe.

Offiziell war der Einsteinturm unter der Bezeichnung »Einstein-Institut« eine Unterabteilung des Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, dessen Direktor Hans Ludendorff (1873 - 1941) war, der jüngere Bruder des Generals Erich Ludendorff. Zwischen dem streng deutschnational eingestellten Observatoriumsdirektor Ludendorff und Erwin Freundlich als Leiter des Einsteinturms kam es bald zu Spannungen und Querelen. Diese resultierten teilweise aus der zunehmend ablehnenden Haltung, die viele antisemitisch eingestellte Wissenschaftler der einsteinschen Relativitätstheorie entgegenbrachten, aber auch aus fachlichen und persönlichen Differenzen zwischen Ludendorff und Freundlich und nicht zuletzt aus Freundlichs jüdischer Abstammung. Um den zuletzt genannten Punkt zu entkräften, übernahm Erwin Freundlich den Namen seiner aus England stammenden Mutter und nannte sich später Finlay-Freundlich.

Im März 1933, als Einstein gerade seine Mitgliedschaft bei der Preußischen Akademie der Wissenschaften aufgekündigt hatte, verfügte ein Ministerialrat des Preußischen Kultusministeriums wörtlich: »Der Name >Einsteinturm< muß verschwinden.« Gemäß der herrschenden NS-Doktrin sollte damit jede Erwähnung des berühmten Namens vermieden werden. Der Einsteinturm hieß seitdem »Institut für Sonnenphysik«.

Am 18. Juli 1933 schickten Mitarbeiter des Observatoriums Potsdam ein denunzierendes Schreiben an die NS-Beamtenabteilung des Gaus Kurmark der NSDAP in Berlin, worin sie ihren Kollegen Freundlich mit folgenden Worten anprangern: »... hat die nationalsozialistische Fachschaft der Observatorien die Überzeugung gewonnen, daß Prof. Freundlich sich infolge seiner gegenvölkischen Einstellung nicht zum Beamten im neuen Reiche und am allerwenigsten zum Beamten in leitender Stellung eignet ­...« und weiter: »... hält die Fachschaft eine Entlassung aus dem Dienste oder zum mindesten eine Entfernung aus einer leitenden Stellung für notwendig, da er durchaus keine Gewähr dafür bietet, daß er jeder Zeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintritt«. Der letzte Halbsatz wurde dabei wörtlich aus dem oben zitierten BBG übernommen. Bald darauf verließ Erwin Freundlich Deutschland.


Wissenschaftler-Exodus
Ein ähnliches Schicksal widerfuhr vielen politisch missliebig gewordenen Wissenschaftlern und Hochschullehrern. In Zürich entstand durch Initiative des ebenfalls vom Dienst suspendierten Frankfurter Mediziners Philipp Schwartz die »Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland«, die als Anlaufstelle der in Not geratenen Emigranten diente. Schon bald - nämlich im Mai 1933 - kam es zu einem ersten Kontakt zwischen der »Notgemeinschaft« und dem Schweizer Albert Malche in Istanbul. Der ursprünglich in Genf lehrende Pädagogikprofessor Malche war im Jahr 1931 von der türkischen Regierung beauftragt worden, in Istanbul nach westlichem Muster eine Reform der Hochschule zu organisieren, was praktisch deren Neugründung gleichkam. Da dort nun ein großer Bedarf an qualifizierten Hochschullehrern bestand, konnte die Notgemeinschaft eine Vielzahl der emigrierten Professoren in die Türkei vermitteln.

Die Verhandlung mit dem türkischen Unterrichtsministerium, bei der die Berufung der Emigranten auf die verschiedenen Lehrstühle der neuen »Istanbul Üniversitesi« erfolgte, fand am 6. Juli 1933 in Ankara statt. Im Verhandlungsprotokoll, das in französischer Sprache abgefasst war, findet sich bei der Aufzählung der neu zu besetzenden Lehrstühle der Eintrag: »Météorologie et astronomie - Prof. Erwin Freundlich, Potsdam«.

Damit fiel Erwin Freundlich jetzt die spannende, aber auch schwierige Aufgabe zu, praktisch aus dem Nichts in dem fremden Land ein astronomisches Institut mit Sternwarte aufzubauen. Welche Probleme und Schwierigkeiten damit verbunden waren, erfahren wir aus erster Hand in einem Beitrag, den Wolfgang Gleißberg (1903 - 1986) in SuW 12/1967, S. 275, veröffentlichte. Gleißberg war seit dem Jahr 1927 als Astronom an der Sternwarte Breslau tätig und wurde im August 1933 aus dem Staatsdienst entlassen, weil er einen jüdischen Großvater hatte. Im Jahresbericht der Sternwarte Breslau, der in der Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft (69. Jahrgang, 1934) nachzulesen ist, heißt es dazu lakonisch: »Die Tätigkeit der Sternwarte hat im Jahre 1933 durch personelle Veränderungen verschiedene Störungen erfahren. Zum 1. August wurde Dr. W. Gleißberg vom Ministerium seines Postens enthoben.«

Wolfgang Gleißberg kehrte der NS-Diktatur den Rücken. Er kam Ende Dezember 1933 als Emigrant in Istanbul an und nahm dort bereits kurze Zeit später seine Tätigkeit an der Universität als Mitarbeiter Erwin Freundlichs auf. Zunächst galt es, die Voraussetzungen zu schaffen, um astronomische Vorlesungen in türkischer Sprache zu halten. Das geschah anfangs mit Hilfe von Dolmetschern, die jeden Satz ins Türkische übersetzten, wie Wolfgang Gleißberg berichtet. Da er aber jeden Tag Sprachunterricht nahm, konnte er schon nach zehn Monaten alle seine Vorlesungen auf Türkisch halten. Dabei kreierte er auch zahlreiche Wortneuschöpfungen, weil viele astronomische Fachbegriffe bis dahin in der türkischen Sprache nicht existierten.


Die Gründung der Universitätssternwarte Istanbul
Zu Beginn des Jahres 1935 wurde im Park der Universität - im historischen Stadtviertel Beyazit - der Grundstein für die Sternwarte gelegt, deren Bau nach den Plänen des Architekten Arif H. Holtay rasch voranschritt. Im September des folgenden Jahrs traf nach einer über Triest verlaufenden Seereise der vierlinsige Astrograf, das Hauptinstrument des neuen Observatoriums, in Istanbul ein.

Das von der Firma Carl Zeiss in Jena gefertigte Instrument besitzt eine Brennweite von 150 Zentimetern bei einem Objektivdurchmesser von 300 Millimetern, was einem Öffnungsverhältnis von 1:5 entspricht. Zusätzlich trägt die englische Achsenmontierung noch zwei parallel zum Haupttubus angeordnete Refraktoren mit Öffnungen von 12 beziehungsweise 13 Zentimetern, die heute zur regelmäßigen Sonnenbeobachtung dienen. Auch die Kuppel der Sternwarte mit einem Durchmesser von 6,3 Metern wurde damals von Zeiss geliefert.

Erwin Freundlich blieb noch bis zum Jahr 1937 in Istanbul, um dann einem Ruf an die Deutsche Universität in Prag zu folgen. Zuvor aber erschien sein zusammen mit Wolfgang Gleißberg verfasstes Lehrbuch mit dem Titel »Astronomi«. Bei der Übersetzung dieses ersten modernen Unterrichtswerks für Astronomie in türkischer Sprache wirkte der Physikdozent Fahir E. Yeniçay mit.

Freundlichs Aufenthalt in Prag währte nur bis zum Jahr 1939, als auch dort die Verfolgung durch den Nationalsozialismus einsetzte. Er fand schließlich Zuflucht an der schottischen Universität St. Andrews, wo ihn die Aufgabe erwartete, schon wieder eine neue Sternwarte - es war mittlerweile seine dritte - aufzubauen.

Die durch den Weggang von Freundlich frei gewordene Direktorenstelle in Istanbul übernahm Hans Rosenberg, der seine Stelle als Professor an der Universität Kiel wegen seiner »nichtarischen« Herkunft aufgeben musste. Da Rosenberg im Juli 1940 überraschend starb, leitete ab 1942 der englische Astronom Thomas Royds für einige Jahre die Sternwarte. Im Jahr 1948 wurde Wolfgang Gleißberg zum Professor für Astronomie und damit auch zum Direktor des Istanbuler Observatoriums ernannt.

Die Beobachtungstätigkeit am Zeiss-Astrografen beschränkte sich anfangs auf die fotografische Positionsbestimmung von Kometen und Kleinplaneten. Solche Arbeiten eigneten sich auch gut für die Praktika der Studenten. Da aber die Sternwarte durch ihre zentrale Lage unter der zunehmenden Lichterfülle der Millionenstadt Istanbul zu leiden hatte, gingen die Forscher bald von der nächtlichen Himmelsbeobachtung zur Sonnenbeobachtung über. Beobachtungen der Photosphäre im Weißlicht erfolgten mit dem Leitrefraktor des Astrografen, der eine Brennweite von 200 Zentimetern hat.

Ab dem Jahr 1956 kam ein zweiter Refraktor mit einer Öffnung von zwölf Zentimetern und einer Brennweite von 145 Zentimetern dazu. Er war mit einem Linienfilter für die Beobachtung im H-alpha-Licht ausgestattet und diente zur Überwachung der Sonnenchromosphäre auf Eruptionen. Durch den langfristigen Einsatz dieser beiden Instrumente wurde unter Gleißberg die Beobachtung der aktiven Sonne in Istanbul zu einem Schwerpunkt der Forschung, was sich auch in wertvollen Beiträgen zur Flecken- und Eruptionsstatistik niederschlug. Aus der bis etwa in das Jahr 1750 zurückreichenden Analyse der Sonnenfleckentätigkeit konnte Wolfgang Gleißberg einen 80-jährigen Fleckenzyklus nachweisen, der den bekannten elfjährigen Zyklus überlagert und nun meist als Gleißberg-Zyklus bezeichnet wird. Im Detail beschreibt er diese Untersuchungen in seinem 1952 erschienenen Buch »Die Häufigkeit der Sonnenflecken«. Darüber hinaus veröffentlichte er mehr als 200 Artikel in astronomischen Fachzeitschriften und arbeitete als Herausgeber der »Publications of the Istanbul University Observatory«.

Gleißberg übergab 1958 ein wohlbestelltes astronomisches Institut seinen nachfolgenden türkischen Kollegen.

Als Gleißberg im Sommer 1958 nach Deutschland zurückkehrte, konnte er ein wohlbestelltes astronomisches Institut an die ihm nachfolgenden türkischen Kollegen übergeben. Welche Anerkennung Gleißbergs Verdienste um den Aufbau der astronomischen Lehre und Forschung in Istanbul fanden, zeigt sich in der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Istanbul. Zu seinen Ehren wurde im Jahr 2009 ein Raum der Sternwarte als »Gleißberg Salonu« eingerichtet, wo verschiedene Exponate an die Ära des deutschen Astronomen erinnern und zugleich die ihm entgegengebrachte Wertschätzung beweisen. Auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland entfaltete Gleißberg als Direktor des Astronomischen Instituts der Universität Frankfurt, das er bis zum Jahr 1977 leitete, eine rege wissenschaftliche Tätigkeit.

Die Sternwarte gehört heute zum Department für Astronomie und Weltraumwissenschaften in der Fakultät für Naturwissenschaft der Universität Istanbul. Immer noch spielt dort die Beschäftigung mit der Sonnenaktivität eine zentrale Rolle. Die dazu benötigten Daten stammen aus den Beobachtungen mit den eigenen Instrumenten oder werden in länderübergreifender Zusammenarbeit von anderen Sonnenobservatorien zur Verfügung gestellt.

Von der Sonne als unserem nächstliegenden Stern führt der Weg zur stellaren Astrophysik. Hier analysieren und modellieren die Istanbuler Astronomen beispielsweise die Atmosphären verschiedener Sterntypen. Ein weiteres wichtiges Arbeitsgebiet umfasst Aspekte der Bildung und Struktur von Galaxien und Galaxienhaufen bis hin zur Entwicklung der großräumigen Struktur des Universums. Bei all diesen vielfältigen wissenschaftlichen Projekten pflegen die türkischen Astronomen eine enge Zusammenarbeit mit renommierten Partnerinstituten und -observatorien in Europa und Übersee.

Was vor nunmehr 80 Jahren zwei aus ihrer Heimat vertriebene deutsche Gelehrte gleichsam aus dem Nichts heraus an den Ufern des Bosporus schufen, genießt heute als Institut mit einem Stab von mehr als 20 Wissenschaftlern eine angesehene Stellung in der weltweit vernetzten Gemeinde der Astronomen.


Volker Witt ist promovierter Physiker und war beruflich in der Ausbildung von Augenoptikern und Optometristen tätig. Seit etwa 25 Jahren ist er in der Amateurastronomie aktiv. Zu seinen bevorzugten Interessengebieten zählt die Geschichte der Astronomie.



Besuchen Sie die Sternwarte Istanbul

An der Universitätssternwarte Istanbul finden zweimal jährlich Informationstage für das allgemeine Publikum statt. Während der einwöchigen Veranstaltung werden Vorträge angeboten, und es besteht die Möglichkeit zur Beobachtung der Sonne sowie heller Objekte des Nachthimmels. Auskunft erhält man auf der Website oder durch das Sekretariat der Sternwarte.

Istanbul University, Faculty of Science, Department of Astronomy and Space Sciences, 34119, University / Istanbul. Tel. (Sekretariat): 0090 (0)212 4400000 / 10398, Fax: 0090 (0)212 4400370.
Web: www.istanbul.edu.tr/fen/en/ast/index.php



Literaturhinweise

Gleißberg, W.: Astronomie in der Türkei. In: Sterne und Weltraum 12/1967, S. 275 - 279

Hein, O.: Wolfgang Gleißberg(†): In: Sterne und Weltraum 12/1986, S. 632 - 633

Theis, C. et al.: Hans Rosenberg und Carl Wirtz - Zwei Kieler Astronomen in der NS-Zeit. In: Sterne und Weltraum 2/1999, S. 126 - 130

Widmann, H.: Exil und Bildungshilfe - Die deutschsprachige akademische Emigration in die Türkei nach 1933. Verlag Herbert Lang, Bern, Peter Lang, Frankfurt am Main, 1973

Weblinks zum Thema:
www.sterne-und-weltraum.de/artikel/1206359


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 87 oben:
Nach einer grundlegenden Reform entstand in Istanbul am 1. August 1933 die neue Hochschule unter dem Namen »Istanbul Üniversitesi«. An ihr fanden viele Professoren eine Anstellung, die wegen der nationalsozialistischen Rassenpolitik Deutschland verlassen mussten.

Abb. S. 87 unten:
Der »Einsteinturm«, ein Sonnenobservatorium auf dem Potsdamer Telegrafenberg, war Erwin Freundlichs Wirkungsstätte bis zum Jahr 1933, als der Astronom von den Nationalsozialisten seines Postens enthoben wurde. Um die Erwähnung von Einsteins Namen zu umgehen, benannte die NS-Kultusbehörde das Observatorium in »Institut für Sonnenphysik« um.

Abb. S. 88:
Erwin Freundlich leitete bis zu seinem Weggang nach Prag im Jahr 1937 die Universitätssternwarte Istanbul. Besonders in den ersten Jahren leistete er eine enorme Aufbauarbeit, die von der Organisation der Vorlesungen in türkischer Sprache bis zum Bau einer kompletten Sternwarte reichte.

Abb. S. 89 oben:
Auf dem Campus der »Istanbul Üniversitesitesi« im Stadtteil Beyazit entstand in den Jahren 1935/36 die neue Sternwarte.

Abb. S. 89 unten:
Die Universitätssternwarte Istanbul war die erste moderne Sternwarte der Türkei. Die Erinnerungstafel weist auf ihr Gründungsjahr 1933 hin. Unter der Sechs-Meter-Kuppel befindet sich der Zeiss-Astrograf.

Abb. S. 90 oben:
Der von der Firma Carl Zeiss in Jena gefertigte Astrograf - das Hauptinstrument der Sternwarte - besitzt ein vierlinsiges Objektiv von 300 Millimetern Durchmesser und wird von einer englischen Achsenmontierung getragen. Zwei parallel zum Haupttubus angebrachte Refraktoren dienen vorwiegend der Sonnenbeobachtung.

Abb. S. 90 unten links:
Erwin Freundlich und Wolfgang Gleißberg verfassten in Istanbul das erste türkische Lehrbuch für Astronomie.

Abb. S. 90 unten rechts:
Wolfgang Gleißberg (1903 - 1986) beteiligte sich in den Jahren 1934 bis 1958 maßgeblich am Aufbau der Universitätssternwarte Istanbul. Von 1948 bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1958 war er als Astronomieprofessor auch Direktor des Observatoriums.


© 2013 Volker Witt, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg

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Quelle:
Sterne und Weltraum 10/13 - November 2013, Seite 86 - 91
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie)
Redaktion Sterne und Weltraum:
Haus der Astronomie, MPIA-Campus
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Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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Internet: http://www.astronomie-heute.de
 
Sterne und Weltraum erscheint monatlich (12 Hefte pro Jahr).
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2014