Schattenblick → INFOPOOL → NATURWISSENSCHAFTEN → ASTRONOMIE


GALAXIS/287: Astronomen entdecken ungewöhnliche spindelförmige Galaxien (idw)


Max-Planck-Institut für Astronomie - 12.10.2017

Astronomen entdecken ungewöhnliche spindelförmige Galaxien


Galaxien als majestätische, rotierende Sternscheiben? Nicht bei den spindelförmigen Galaxien, die von Athanasia Tsatsi (Max-Planck-Institut für Astronomie) und ihren Kollegen untersucht wurden. Mit Hilfe der CALIFA-Umfrage fanden die Astronomen heraus, dass diese schlanken Galaxien, die sich um ihre Längsachse drehen, weitaus häufiger sind als bisher angenommen. Mit den neuen Daten konnten die Astronomen außerdem ein Modell dafür entwickeln, wie die spindelförmigen Galaxien aus einer speziellen Art von Verschmelzung zweier Spiralgalaxien entstehen. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.


Bild: © J. Chang, PMO / T. Müller, HdA

Kosmische Spindel. Diese elliptische Galaxie ist zigarrenförmig, und ähnlich wie bei einer Spindel rotiert sie im Mittel um ihre Längsachse. Das Hintergrundbild ist ein Schnappschuss einer Simulation
Bild: © J. Chang, PMO / T. Müller, HdA

Wenn die meisten Menschen an Galaxien denken, dürften sie an majestätische Spiralgalaxien wie die unserer Heimatgalaxie denken, der Milchstraße: Milliarden von Sternen, die sich in einer flachen Scheibe drehen, ähnlich wie ein Rad sich um seine Achse dreht. Aber es gibt noch eine ganz andere Art von Galaxienrotation, die man bislang für sehr selten hielt: zigarrenförmige Galaxien, die sich wie kosmische Spindeln um ihre Längsachse drehen ("prolate rotators").

Jetzt hat eine Gruppe von Astronomen unter der Leitung von Athanasia Tsatsi vom Max-Planck-Institut für Astronomie eine gründliche Studie solcher kosmischen Spindeln abgeschlossen. Anhand von Daten aus der CALIFA-Durchmusterung, einer systematischen Studie, welche die Geschwindigkeitsstruktur von mehr als 600 Galaxien untersuchte, entdeckten die Astronomen acht bis dahin unbekannte kosmische Spindeln. Die Anzahl der bekannten Beispiele verdoppelte sich dadurch fast. Kosmische Spindeln sind wesentlich häufiger, als die Astronomen gedacht hatten!

Die genauen Daten ermöglichten es den Astronomen sogar, eine plausible Erklärung für die Entstehung dieser kosmischen Spindeln vorzuschlagen. Im Allgemeinen wachsen Galaxien, wenn sie mit anderen Galaxien verschmelzen. Eine Reihe von Verschmelzungen mit kleineren Galaxien haben unsere eigene Milchstraße über Milliarden Jahre hinweg zu einer stattlichen Sternenscheibe gemacht. Um eine kosmische Spindel zu erzeugen, müssen zwei große Scheibengalaxien rechtwinklig aufeinander prallen, wie in der unten verlinkten Animation gezeigt.

Während die Galaxien über Gravitationsanziehung zu interagieren beginnen, bildet eine von ihnen einen Balken: eine langgestreckte Struktur in der Nähe des Zentrums. Dieser Balken wird zur zigarrenartigen Form der resultierenden größeren Galaxie, während die umlaufenden Sterne der zweiten Galaxie der entstehenden Galaxie ihren Drehsinn aufprägen.

Dieses Entstehungsszenario könnte den ungewöhnlichen, aber nicht allzu seltenen Galaxietyp der kosmischen Spindeln erklären. Nachdem Tsatsis Forscherteam alle Informationen aus den CALIFA-Daten genutzt hat, sind nun wieder die beobachtenden Astronomen am Zug: Aus den Verschmelzungs-Simulationen ergeben sich noch weitere Vorhersagen für die detaillierten Eigenschaften der kosmischen Spindeln. Diese lassen sich anhand der aktuellen Beobachtungen nicht überprüfen, sollten aber mit Instrumenten wie MUSE, dem Multi Unit Spectral Explorer am Very Large Telescope der ESO, einem 8-Meter-Teleskop am Paranal Observatorium in Chile, nachweisbar sein.


Weitere Informationen unter:

http://www.mpia.de/aktuelles/wissenschaft/2017-11-kosmische-spindeln
- Online-Version der Pressemitteilung mit Hintergrundinformationen und Bildmaterial

- https://doi.org/10.1051/0004-6361/201630218
- Fachartikel

https://youtu.be/G7Iml_QHe-0
- Animation der Entstehung einer kosmischen Spindel-Galaxie

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1413

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Astronomie, Dr. Markus Pössel, 12.10.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang