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JUSTIZ/8342: Kriminalität und Rechtsprechung - 19.12.2019 (SB)


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Rechtsstaatversagen im Fall Julian Assange

Der Uno-Sonderberichterstatter Nils Melzer wirft Großbritannien im Fall des inhaftierten Wikileaks-Mitbegründers Julian Assange Versagen als Rechtsstaat vor. Der Schweizer Völkerrechtsprofessor äußerte sich dazu in einem Interview des Senders Bayern 2. Melzer selbst hatte Assange im Mai in Begleitung von zwei Ärzten im Londoner Gefängnis aufgesucht. Laut Melzer zeigte der gebürtige Australier Symptome wie extreme Angst- und Streßzustände, die typisch sind für eine Person, die psychischer Folter ausgesetzt ist. Melzer machte dafür monatelangen internationalen Druck verantwortlich. Ein kumulativer Effekt verschiedener Faktoren, die von diverse Staaten kreiert worden seien, habe dieselben Effekte hervorgerufen wie systematische Folter, erklärte Melzer. Assange bekomme keinen Zugang zu seinen Akten und könne seine Verteidigung nicht vorbereiten. In dem Fall funktioniere der Rechtsstaat nicht. Das politische Interesse, das dahinter stecke, sei einfach zu übermächtig.

Assange hatte rund sieben Jahre in der Londoner Botschaft Ecuadors im politischen Asyl verbracht, bevor er wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen von britischer Polizei dort herausgeholt und für knapp ein Jahr inhaftiert wurde. Anschließend wird er eventuell in die USA abgeschoben werden, wo ihm unter anderem wegen Veröffentlichung geheimer Dokumente und Verstößen gegen das Anti-Spionage-Gesetz bis zu 175 Jahre Haft drohen. Eine Anhörung zur Auslieferung Assanges sollte am Donnerstag stattfinden.

19. Dezember 2019


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