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ENTWICKLUNG/1446: Projekt BioSensing - Krankheitserreger mit Hilfe der Quantentechnologie erkennen (idw)


Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC - 06.05.2019

Projekt BioSensing - Krankheitserreger mit Hilfe der Quantentechnologie erkennen


Krankheiten sicher diagnostizieren, multiresistente Keime identifizieren, beginnende Epidemien frühzeitig erkennen oder Gifte und Krankheitserreger im Trinkwasser und Lebensmitteln schon in geringsten Konzentrationen nachweisen - das sind große Herausforderungen und Ziele aktueller Forschung. Eines der aussichtsreichsten Werkzeuge für diese Aufgaben sind neuartige und stark verbesserte Biosensoren. Das Projekt »BioSensing« der Fraunhofer-Institute für Silicatforschung ISC, und für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME sowie des Instituts für Physik der Universität Leiden will die Grenzen moderner Biosensoren mit Hilfe der Quantentechnologie überwinden.

Mit Biosensoren sollen noch sicherere und effizientere Diagnosen im Bereich der Medizin ermöglicht werden. Doch die Forschung steht vor großen Herausforderungen. Die Sensoren sollen empfindlich genug sein, um schon kleinste Mengen an Krankheitserregern im Blut oder anderen biologischen Flüssigkeiten zu entdecken. Gleichzeitig sollen sie spezifisch und in Echtzeit selbst schwer zu diagnostizierende Krankheiten erkennen, damit wirksame Therapieverfahren frühzeitig greifen können.

Im Projekt »BioSensing« - gefördert im Rahmen des Fraunhofer-Programms »ICON« - sollen diese Aufgaben mit neuartigen, auf Quanteneffekten basierenden Biosensoren bewältigt werden. Im Zentrum des Projekts steht eine neuartige Klasse biologischer Nanomaterialien, sogenannte DNA-stabilisierte Metall-Quanten-Cluster (QC-DNA), die als »Quanten-Biosensoren« eingesetzt werden. In ihrer einfachsten Form bestehen diese Biosensoren aus einer kurzen DNA-Sequenz, die eine Gruppe von sechs bis 15 Metallatomen, Metall-Cluster genannt, umschließt. Die Wahl der DNA-Sequenz bestimmt die Sensoreigenschaften und legt fest welche Krankheit detektiert wird. Die Grundstruktur eines Quanten-Biosensors kann um weitere, spezifische Biomoleküle erweitert und somit gezielt für die Erkennung ausgewählter Biomarker angewendet werden.

Doch wie erkennen Forscher, dass ein Quanten-Biosensor eine bestimmte Krankheit detektiert hat? Dazu nutzen sie die Fluoreszenzeigenschaften des Metall-Clusters. Hat eine erfolgreiche Detektion stattgefunden, ändert sich die Wellenlänge des von den Metall-Clustern ausgesendeten Lichts. Sie eignen sich für die Entwicklung von hochempfindlichen Sensoren in biologischen Systemen und ermöglichen eine fortschrittliche, intelligente und bezahlbare Therapie.

Aber solch ein Quanten-Biosensor reagiert nicht nur auf Krankheiten (verursacht durch Keime oder auch Mutationen im Genom), sondern auch auf wechselnde Umgebungsbedingungen, beispielsweise eine Erhöhung von Salzkonzentrationen. Hieraus ergeben sich weitere Anwendungsmöglichkeiten, wie etwa das Monitoring von Nahrungs- und Futtermitteln oder die Nutzung in der Umweltanalytik. Ein erheblicher Vorteil ist dabei die kostengünstige Herstellung der Quanten-Biosensoren.

Bisherige Tests waren auf das Labor beschränkt. Die Partner von »BioSensing« vom Fraunhofer ISC, IME und der Universität Leiden in den Niederlanden haben sich zum Ziel gesetzt, verschiedene Quanten-Biosensoren zu designen und für den Einsatz auf Pilotmaßstab hochzuskalieren und für Machbarkeitsstudien in Universitätskliniken vorzubereiten.

Langfristig gesehen planen die Partner in Folgeprojekten ein tragbares Auslesegerät zu entwickeln, um vor Ort kostengünstig, hochempfindlich, schnell und zuverlässig verschiedene Krankheitserreger, Giftstoffe oder Krebszellen erkennen zu können.


Weitere Informationen

Das Fraunhofer-Programm »ICON - International Cooperation and Networking« unterstützt bilaterale Forschungskooperationen mit internationalen Exzellenzzentren, zum Beispiel Universitäten, und schafft Möglichkeiten, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Praxis zu transferieren.

Für das Projekt »BioSensing« wurde eine Kooperation mit dem Institut für Physik der Universität Leiden aufgebaut, das von Prof. Dr. Dirk Bouwmeester als einer der weltweit anerkannten Forscher auf dem Gebiet der Quantenphysik geleitet wird. Der Forschungsschwerpunkt von Prof. Bouwmeester ist die Quantenoptik und die Quanteninformation mit einem starken Interesse an DNA-gestützten Metall-Quanten-Clustern. Durch die grundlagenorientierte Erforschung der Eigenschaften der QC-DNA können völlig neue Erkenntnisse quantenphysikalischer Zusammenhänge dieser Materialien gewonnen werden, die für die Entwicklung hocheffizienter Biosensoren notwendig sind.

Das Fraunhofer ISC wird seine langjährigen Erfahrungen in der chemischen Materialsynthese und -charakterisierung sowie in der Entwicklung von Biomaterialien für das Design und die Herstellung von Quanten-Biosensoren einsetzen. Dafür untersucht die 3D-NanoCell-Gruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Doris Heinrich die Abhängigkeit der Quanten-Biosensor-Synthese von den Ausgangsmaterialien und den Syntheseprozessbedingungen. Zusätzlich werden mikrofluidische Lab-on-Chip-Systeme für die Diagnose entwickelt.

Das Fraunhofer IME mit der Arbeitsgruppe von Dr. Greta Nölke verfügt über eine langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der rekombinanten Protein- und Antikörpertechnologien, der Funktionalisierung von Biomolekülen sowie der Entwicklung von Detektionstechnologien und Assays zum Nachweis von Pathogenen und Giftstoffen. Weitere Arbeiten umfassen zellbasierte Assays für die Hochdurchsatzmikroskopie an biologischen Markern und für die Bewertung der Toxizität von z. B. Nanomaterialien.

Originalpublikation:
https://www.isc.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/projekt-biosensing-krankheitserreger-mit-quantentechnologie-erkennen.html

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.isc.fraunhofer.de
http://www.3dnanocell.fraunhofer.de
http://www.ime.fraunhofer.de
http://www.universiteitleiden.nl/en/science/physics

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution647

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC - 06.05.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2019

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