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GEWALT/191: Weltfrauentag - Bessere Versorgung für Opfer sexueller Gewalt gefordert (ÄoG)


Ärzte ohne Grenzen - Donnerstag, 5. März 2009

Weltfrauentag: Ärzte ohne Grenzen fordert bessere Versorgung für Opfer sexueller Gewalt


Johannesburg/Berlin, 5. März 2009. Anlässlich des Weltfrauentages am 8. März hat Ärzte ohne Grenzen heute mit einem Bericht auf die Folgen sexueller Gewalt aufmerksam gemacht. Der Bericht "Shattered Lives; Immediate medical care vital for sexual violence victims" basiert auf der Arbeit der internationalen Hilfsorganisation u.a. in Liberia, Burundi, der Demokratischen Republik Kongo, Südafrika sowie Kolumbien und betont die Notwendigkeit medizinischer Nothilfe für Vergewaltigungsopfer. Betroffene müssen umgehend Zugang zu Hilfe haben, und es müssen ihnen Vertraulichkeit sowie eine umfassende Behandlung garantiert werden.

"Im Jahr 2007 haben unsere Teams weltweit mehr als 12.000 Opfer sexueller Gewalt sowohl in Konfliktgebieten als auch in stabileren Kontexten behandelt", sagte Meinie Nicolai, Programmverantwortliche in Brüssel. "Das sind rund 35 Menschen täglich - allein in Projekten von Ärzte ohne Grenzen. Alle erzählen eine Geschichte voller Schrecken, Schmerz und Erniedrigung - oft zugefügt von Soldaten oder Menschen, die eigentlich Schutz bieten sollten wie Väter, Onkel und Nachbarn. Bei allen besteht die Gefahr ernster langfristiger Gesundheitsschäden."

Ein wichtiger Teil der medizinischen Versorgung nach einer Vergewaltigung ist die Prophylaxe zur Vermeidung einer HIV-Infektion. Dabei muss die Medikamenteneinnahme so schnell wie möglich und in jedem Fall innerhalb von 72 Stunden beginnen, um wirksam zu sein. Behandelt werden müssen aber auch andere sexuell übertragbare Krankheiten wie Hepatitis B. Jene Opfer, die bei dem Übergriff körperlich verletzt wurden, benötigen Tetanus-Impfungen. Bis zu fünf Tage nach dem erzwungenen Geschlechtsverkehr ist nachträgliche Empfängnisverhütung möglich, um eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern.

"Wir müssen aber immer wieder feststellen, dass spezielle Nothilfe für Vergewaltigungsopfer in jenen Ländern, in denen wir arbeiten, entweder kaum oder gar nicht vorhanden ist", sagte Thilde Knudsen, medizinische Beraterin und Expertin für sexuelle Gewalt bei Ärzte ohne Grenzen. "Die Schädigung kann nicht ganz rückgängig gemacht werden, und gewisse psychische Folgen werden wahrscheinlich ein Leben lang bleiben. Aber mit der richtigen Kombination aus rechtzeitiger medizinischer Betreuung, Traumabehandlung und sozialer und rechtlicher Unterstützung kann die Schädigung begrenzt und dem Menschen beim Leben danach geholfen werden."

Ärzte ohne Grenzen beschreibt in dem Bericht auch Schwierigkeiten, Hilfe zu leisten. So ist es nicht einfach, zu gewährleisten, dass die betroffenen Menschen überhaupt Hilfe suchen und schnell genug zu entsprechenden Anlaufstellen kommen. Wird die medizinische Versorgung für Opfer sexueller Gewalt in allgemeine Gesundheitszentren integriert, kann dies gegen Stigmatisierung helfen. Doch selbst dann ist nach Erfahrung der Organisation noch eine intensive Sensibilisierungskampagne nötig, um soziale Tabus zu brechen und die Menschen dazu zu bewegen, Hilfe aufzusuchen.

Den vollständigen Bericht "Shattered Lives; Immediate medical care vital for sexual violence victims" finden Sie unter www.aerzte-ohne-grenzen.de. Interviews mit MitarbeiterInnen u.a. in Liberia und Kolumbien können vermittelt und Bildmaterial bereit gestellt werden.


Weitere Informationen:
www.aerzte-ohne-grenzen.de
Pressestelle: Christiane Winje, Svenja Kühnel, Tel.: 030/22 33 77 00


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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Pressestelle: Tel.: 030/22 33 77 00
E-Mail: office@berlin.msf.org
Internet: www.aerzte-ohne-grenzen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2009