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FORSCHUNG/1240: Potenzielle neue Wirkstoffe aus bisher unbekanntem Tropen-Pilz (idw)


Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung - 24.04.2018

Potenzielle neue Wirkstoffe aus bisher unbekanntem Tropen-Pilz

Neue Substanzen zeigen Reaktionen gegen Fadenwürmer und Keime


Pilze gelten in der Wirkstoffforschung als natürliche Quelle für antimikrobielle Substanzen. Bisher wenig erforscht ist die pilzliche Vielfalt in tropischen Regionen, die eine Fülle neuer chemischer Stoffe mit antibiotischer Aktivität verspricht. Eine internationale Forschungsgruppe um Prof. Marc Stadler vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) hat neue Stoffwechselprodukte isoliert, die antimikrobielle und nematizide Reaktionen zeigen. Diese Substanzen werden von einer bislang unbekannten Pilzgattung gebildet, die das Team bei einer Studie im Regenwald von Thailand entdeckte. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Fachjournal MycoKeys.

Bei der Suche nach neuen Wirkstoffen spielen Pilze eine entscheidende Rolle: Als reicher Fundus für Stoffwechselprodukte mit selektiver biologischer Aktivität eignen sie sich für die Entwicklung neuer Medikamente. Großes Potenzial bietet die sogenannte Mykobiota tropischer Länder - die Pilze in einem Habitat mit großer, noch wenig erschlossener Biodiversität. In den vergangenen Jahren wurden viele neue Wirkstoffe mit antimikrobiellen, zytotoxischen und antioxidativen Effekten aus tropischen Pilzen isoliert. Darüber hinaus können diese Stoffe auch eine tödliche Wirkung auf Nematoden, also Fadenwürmer haben.

2015 nahm eine internationale Forschungsgruppe um Marc Stadler, Leiter der HZI-Abteilung "Mikrobielle Wirkstoffe" und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), Pilzproben im Regenwald von Thailand. Die Arbeiten wurden im Rahmen des Projekts "GoMyTri" (Golden Mycological Triangle) von der EU gefördert. Die Forscher isolierten im Labor die einzelnen Pilzstämme und charakterisierten sie zunächst über Sequenzierungen - sogenanntes genetisches Barcoding; Vertreter bekannter Gattungen wurden aussortiert. Zeljka Rupcic und Clara Chepkirui, Doktorandinnen in Stadlers Team, analysierten zusammen mit Forscherinnen aus den Niederlanden und Thailand die isolierten Stämme morphologisch und phylogenetisch und stießen so auf eine neue Pilzgattung, deren lebende Kultur durch antagonistische Reaktionen aufgefallen war. Der neue Pilz erhielt den Namen Pseudobambusicola thailandica. Die Forscherinnen extrahierten und identifizierten acht Naturstoffe mit antibiotischen und nematiziden Wirkungen aus den Kulturen, von denen sechs der Wissenschaft zuvor nicht bekannt waren. Die biologische Aktivität dieser Stoffe ist nur moderat, sodass sie nicht für die Medikamentenentwicklung in Frage kommen. Allerdings untersuchen die Wissenschaftler derzeit, ob sich der neue Pilz zur biologischen Bekämpfung von pathogenen Nematoden und Pilzen in der Landwirtschaft eignen könnte.

Stadler fasst die Ziele des "GoMyTri"-Projekts so zusammen: "Wir suchen neue Arten und Gattungen von Pilzen, die sich für die Anwendung als biologische Schädlingsbekämpfungsmittel oder als Produzenten von neuen Wirkstoffen eignen."

"Dieses Projekt macht nur einen kleinen Schritt in der Wirkstoffforschung an Pilzen aus. Wir haben noch rund 30 weitere Pilzstämme in der Analyse", sagt Clara Chepkirui. Beteiligt an dem interdisziplinären Projekt sind junge Chemiker, Biologen und Ingenieure aus Ägypten, China, Kolumbien, Kamerun, Kroatien, Kenia, Thailand, den Philippinen, den Niederlanden und Deutschland.

Originalpublikation:

Zeljka Rupcic, Clara Chepkirui, Margarita Hernández-Restrepo, Pedro W. Crous, Janet Jennifer Luangsaard, Marc Stadler: New nematicidal and antimicrobial secondary metabolites from a new species in the new genus, Pseudobambusicola thailandica. MycoKeys 2018
DOI: 10.3897/mycokeys.33.23341

Förderer:

Dieses Projekt wurde gefördert vom EU-Programm Horizon 2020 im Rahmen der Marie Sk#322;odowska-Curie-Maßnahme "Research and Innovation Staff Exchange" (RISE; Nr. 645701, Projektakronym "GoMyTri"). Finanzielle Unterstützung erhielt das Projekt von dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und von der Nationalen Kommission für Wissenschaft und Technologie (NACOSTI) Kenia.

Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen Wissenschaftler die Mechanismen von Infektionen und ihrer Abwehr. Was Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern macht: Das zu verstehen soll den Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe liefern. Das HZI ist Mitglied im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF).
www.helmholtz-hzi.de

Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung:
Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) entwickeln bundesweit circa 500 Wissenschaftler aus 35 Institutionen gemeinsam neue Ansätze zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Infektionskrankheiten. Ziel ist die Translation: die schnelle, effektive Umsetzung von Forschungsergebnissen in die klinische Praxis. Damit bereitet das DZIF den Weg für die Entwicklung neuer Impfstoffe, Diagnostika und Medikamente gegen Infektionen. Weitere Informationen:
www.dzif.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution129

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, Susanne Thiele, 24.04.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2018

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