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HERZ/449: Schlafstörungen als Herzrisiko (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Freitag, 5. Februar 2010

Schlafstörungen als Herzrisiko


fzm - Kardiologen, die Fachärzte für Herzkrankheiten, befassen sich immer häufiger mit den Schlafstörungen ihrer Patienten. Nach einer in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2010) veröffentlichten Umfrage verfügt jeder dritte Kardiologe über Geräte zur Schlafuntersuchung. An einigen kardiologischen Kliniken gibt es sogar Schlaflabors.

Schnarchen und häufige Atemaussetzer in der Nacht verhindern nicht nur einen erholsamen Schlaf. Sie sind auch ein wichtiger Risikofaktor für Herzkreislauferkrankungen, erläutert Privatdozent Olaf Oldenburg vom Herz- und Diabeteszentrum in Bad Oeynhausen: Bluthochdruck, Herzinfarkte, Herzrasen und Herzschwäche werden durch den wiederkehrenden nächtlichen Sauerstoffmangel im Gehirn begünstigt. Zu ihr kommt es immer dann, wenn im Schlaf die Wände des Rachenraums erschlaffen. Die Folge ist eine vorübergehende Verlegung der Atemwege mit Atemaussetzern. Die Leitlinien raten bei der sogenannten "obstruktiven Schlafapnoe" zu einer nächtlichen Maskenbeatmung. Sie bessert die Lebensqualität der Patienten und mindert das Risiko tödlicher Herzkrankheiten, schreibt Dr. Oldenburg.

Kardiologen sind deshalb aufgefordert, ihre Patienten auf Schlafstörungen hin zu untersuchen. Dies geschieht zumeist mit der Polygrafie, die mehrere Parameter gleichzeitig erfasst. Der Patient trägt dabei über Nacht ein kleines Gerät, das mit Gurten am Brustkorb befestigt wird. Es misst den Luftstrom an Mund und Nase und nimmt über ein Mikrofon die Schnarchgeräusche auf. Ein Clip am Finger bestimmt Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz. Dehnungsstreifen in den Gurten registrieren die Atembewegungen, Bewegungssensoren erkennen die Körperlage. Die Ergebnisse werden kontinuierlich von einem kleinen Messgerät erfasst und für die spätere Auswertung gespeichert.

Die Krankenkassen vergüten seit 2004 die Polygrafie, und viele Kardiologen verfügen mittlerweile über die notwendige Ausrüstung, berichtet Privatdozent Ingo Fietze, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums an der Berliner Charité. Zusammen mit einer Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie hat der Schlafmediziner niedergelassene Fachärzte, Kliniken und Reha-Einrichtungen nach ihrer diagnostischen Routine befragt. Ergebnis: Fast alle Kardiologen sind über das Krankheitsbild informiert und fragen die Patienten systematisch nach den Symptomen, was laut Dr. Fietze am besten mit Fragebögen erfolgten sollte. Immerhin 39 Prozent der niedergelassenen Ärzte führt ein Schlafmonitoring mit Polygrafie bei seinen Patienten durch. Diese Untersuchung könne jedoch die Ursache der Schlafapnoe nicht immer erkennen, fügt der Experte einschränkend hinzu.

Einige Patienten müssen deshalb eine Nacht im Schlaflabor verbringen, über das mittlerweile 22,3 Prozent der kardiologischen Fachkliniken verfügen. Dort ist zu 77 Prozent auch eine nächtliche Überdruckbeatmung möglich, die sogenannte CPAP-Beatmung, welche die Patienten später zuhause fortsetzen müssen. Dr. Fietze ist mit dem Versorgungsgrad insgesamt zufrieden: "Man kann davon ausgehen, dass nur wenige Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe bei niedergelassenen Kardiologen oder in kardiologischen Einrichtungen nicht erkannt werden." Angesichts der Verbreitung der Erkrankung, an der drei bis sieben Prozent der Männer und zwei bis fünf Prozent der Frauen leiden, könnte die Versorgung jedoch verbessert werden. Versorgungslücken sieht der Experte in den Rehabilitations-Kliniken, an denen es bisher erst wenige Schlaflabore gibt. Das Interesse an der Schlafmedizin sei in Reha-Kliniken gering, weil es bisher keine angemessene Vergütung gebe, bedauert der Experte.


O. Oldenburg:
Schlafbezogene Atmungsstörungen bei kardiologischen Patienten - ein ungelöstes Problem.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2010; 135 (5): S. 177

I. Fietze et al.:
Versorgung von Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe in kardiologischen Praxen und Kliniken.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2010; 135 (5): S. 178-183


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Quelle:
FZMedNews - Freitag, 5. Februar 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2010