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SCHMERZ/799: Interaktive Schmerzmanagementsysteme - Aktive Therapiebeteiligung lässt Patienten weniger leiden (Thieme)


Thieme Verlag - FZMedNews - 16. Dezember 2019

Interaktive Schmerzmanagementsysteme: Aktive Therapiebeteiligung lässt Patienten weniger leiden


fzm, Stuttgart, Dezember 2019 - Musik, Virtual Reality-Programme und die Interaktion mit virtuellem Pflegepersonal können helfen, Schmerzen nach Verletzungen oder während der medizinischen Behandlung zu lindern. Forscher der University of Minnesota, USA, und der King Saud University, Riad, Saudi-Arabien, kommen zu dem Schluss, dass interaktive Schmerzmanagementsysteme in Kliniken einen positiven Einfluss auf das Schmerzempfinden der Patienten haben. In ihrer Übersichtsarbeit, die in der Zeitschrift "Applied Clinical Informatics" (Thieme, New York. 2019) veröffentlicht wurde, zeigten sie noch eine Reihe weiterer vorteilhafter Auswirkungen und zukünftige Anwendungen für solche Systeme auf.

Bei der Recherche in verschiedenen Forschungsdatenbanken identifizierten die Autoren 18 geeignete Studien aus dem Zeitraum zwischen Juni 2018 und Mai 2019, die sie in ihre qualitative Analyse einbezogen. Die Studien befassten sich mit zwei Varianten von interaktiven Systemen: Einzelanwendungen mit einer spezifischen Schmerzmanagementfunktion und interaktive Plattformen, die vielfältig genutzt werden können.

Die Einzelanwendungen verfügen über relativ einfache Funktionalitäten, die ablenken und unterhalten. So erhalten Brustkrebspatientinnen nach dem Eingriff beispielsweise eigene Kopfhörer und können Musik hören. Brandopfer erleben Virtual-Reality-Abenteuer, während ihre Wunden versorgt werden. Die multifunktionalen Plattformen beinhalten komplexere Kommunikations- und Bildungssysteme. Auf dem Tablet am Krankenbett können sich Patienten multimediale Präsentationen anschauen, die den postoperativen Genesungsprozess mit vertiefenden Informationen unterstützen sollen. Eine virtuelle Krankenschwester schenkt ihnen Aufmerksamkeit und sie dokumentieren ihr eigenes Schmerzniveau. Manche Anwendungen erlauben es dem Patienten sogar, einen Schmerzmittelspender eigenverantwortlich zu steuern. Von den 13 interaktiven Schmerzmanagementsystemen, bei denen der Patient sein eigenes Schmerzniveau dokumentiert, hatten zwölf einen positiven Einfluss auf das Schmerzempfinden.

Einige der Studien untersuchten zusätzlich die Auswirkungen dieser Systeme auf die allgemeine Patientenzufriedenheit, die auch aus Sicht der Klinik hinsichtlich Versorgung, Workflows und Dokumentation relevant ist. Es zeigte sich, dass diese Systeme sowohl die Kommunikation zwischen Patienten und Ärzten als auch die Patientenaufklärung unterstützen können. Weitere Studien seien erforderlich, gaben die Forscher zu bedenken, da die vorhandenen Daten keine Rückschlüsse darauf zuließen, welches System bei welchem Anwendungsfall am besten wirke. Besonders vielversprechend seien jedoch solche Schmerzmanagementsysteme, die in Verbindung mit der elektronischen Patientenakte eines Krankenhauses eingesetzt werden. Ärzte und Pflegepersonal könnten so jederzeit einsehen, wie der Patient seine Schmerzen selbst bewertet und darauf reagieren.

Schmerzen werden sehr unterschiedlich empfunden. Persönliche Einschätzungen, die über einige der Schmerzmanagementsysteme registriert werden können, werden in Zukunft auch für Gesundheitsdienstleister von großem Interesse sein, so die Autoren der Studie. Aus den Daten wird heute bereits deutlich, dass Patienten, die ihre Schmerzen selbst erfassen, weniger unter ihnen leiden.


Raniah Aldekhyyel et al.:
The Impact of Patient Interactive Systems on the Management of Pain in an Inpatient Hospital Setting:
A Systematic Review ACI-Applied Clinical Informatics 2019; 10; S. 580-596.

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Quelle:
FZMedNews - 16. Dezember 2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2019

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