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INFEKTION/1579: Grippeähnliche Viren von Fledermäusen können menschliche Zellen infizieren (idw)


Universitätsklinikum Freiburg - 25.10.2016

Grippeähnliche Viren von Fledermäusen können menschliche Zellen infizieren

Nachweis gelingt Forschern des Universitätsklinikums Freiburg durch Nachbau der Viren im Labor / Studie am 24.10.2016 vorab in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht


Alle bislang bekannten Grippeviren vom Typ Influenza A haben ihren Ursprung in Wasservögeln. Es war unklar, ob auch andere Tiere eine Quelle für Influenza-Viren darstellen. Nun zeigt erstmals ein Forscherteam des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Freiburg gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Schweiz und den USA, dass Influenza-ähnliche Viren auch in gewissen Fledermäusen aus Mittel- und Südamerika vorkommen. Den Forschern ist es gelungen, die Viren im Labor nachzubauen. Bisherige Anstrengungen, die Viren aus dem Blut und Gewebe der Tiere zu isolieren, waren hingegen gescheitert. Mit den nachgebauten Viren ließen sich nicht nur Zellen von Fledermäusen, sondern auch Zellen von Hunden und Menschen infizieren. Ob eine tatsächliche Infektion von Tier zu Mensch möglich ist, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Die Studie wurde am 24. Oktober 2016 vorab in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) veröffentlicht.

Dass menschliche Zellen mit dem neu identifizierten Fledermausvirus infiziert werden können, ist ein Hinweis darauf, dass die Viren möglicherweise auf den Menschen übertragbar sind. "Noch ist es zu früh für eine eindeutige Aussage, ob die Viren Artgrenzen überschreiten und den Menschen infizieren können. Aber unsere Erkenntnisse sollten ein Weckruf dafür sein, dieses Risiko genauer zu untersuchen", sagt Prof. Dr. Martin Schwemmle, Forschungsgruppenleiter am Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg und Leiter der Studie.

Rekonstruktion der neu entdeckten Viren entscheidend für Risiko-Bewertung

Im Jahr 2012 wurde erstmals virales Erbgut in Fledermäusen aus Mittel- und Südamerika nachgewiesen, welches Ähnlichkeit zu Influenzaviren besitzt. Doch bislang war es nicht gelungen funktionsfähige Viren aus dem Gewebe der Tiere zu isolieren. Daher konnten die Viren auch nicht im Labor erforscht werden. Die einzige Information, die den Wissenschaftlern zu Verfügung stand, war das Erbgut der Viren.

Um vom Erbgut zum funktionsfähigen Virus zu gelangen, gingen die Freiburger Forscher in zwei Schritten vor. Zellen haben auf ihrer Oberfläche bestimmte Rezeptoren. Besitzen die Viren das passende Ankermolekül, können sie an der Zelle anhaften und dann eindringen. Die Bauanleitung für dieses Ankermolekül schleusten die Forscher in ein anderes Virus ein, das vesikuläre Stomatitis-Virus (VSV). Auf diese Weise identifizierten sie aus über 30 Zelltypen unterschiedlicher Tierarten und des Menschen diejenigen, die für eine Infektion mit den Viren anfällig sind. In Zellen, die besonders leicht von dem veränderten VSV infiziert wurden, brachten sie anschließend das gesamte Erbgut aus Gewebe von bekanntermaßen infizierten Fledermäusen ein. "Auf diese Weise haben wir voll funktionsfähige Viren erhalten, die wir nun weiter erforschen können", sagt Prof. Schwemmle.

Fledermäuse sind eine bekannte Quelle für mehrere gefährliche Viren. Tödliche Krankheiten wie Ebola und Tollwut wurden in der Vergangenheit wiederholt von Fledermäusen auf den Menschen übertragen. "Fledermäuse gehören wie der Mensch zu den Säugetieren. Deshalb ist es besonders wichtig herauszufinden, ob eine Gefahr von den Viren ausgeht", sagt Prof. Schwemmle.


Original-Titel der Publikation:
Synthetically derived bat influenza A-like viruses reveal a cell type - but not species-specific tropism
DOI: 10.1073/pnas.1608821113

Kontakt:

Prof. Dr. Martin Schwemmle
Forschungsgruppenleiter
Institut für Virologie
Universitätsklinikum Freiburg
martin.schwemmle@uniklinik-freiburg.de

Johannes Faber
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Freiburg
johannes.faber@uniklinik-freiburg.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.pnas.org/content/early/2016/10/20/1608821113.abstract
Link zur Publikation

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1401

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsklinikum Freiburg, Benjamin Waschow, 25.10.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Oktober 2016

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