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DIABETES/1498: Fragen und Antworten - Im Ramadan fasten - auch mit Diabetes möglich? (diabetesDE)


diabetesDE - 28.07.2011

Chat-Protokoll zum Thema
"Im Ramadan fasten - auch mit Diabetes möglich?"

Auszüge aus dem diabetesDE-Experten-Chat vom 28. Juli 2011
mit der Expertin: Dilek Öz


Protokoll der Sprechstunde

Henrike J. fragt:

Sehr geehrte Frau Öz, mein Mann ist Diabetiker Typ 2. Die Diagnose kam erst vor einem halben Jahr. Jetzt steht Ramadan an und er ist fest entschlossen den wie immer auch einzuhalten. Typisch Mann - total beratungsresistent. Haben Sie viel Erfahrung mit türkischen Patienten, die die Fastenzeit gesund durchstehen?

mfg Henrike J.


Öz:

Sehr geehrte Frau Joost, vielen Dank für Ihre E-Mail. Sowohl aus religiöser als auch aus medizinischer Sicht rate ich Diabetes-Patienten vom Fasten ab. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang darf weder getrunken noch gegessen werden, weder Tabletten eingenommen noch Insulin gespritzt werden. Die Religion besagt, das kranke Menschen NICHT fasten sollen. Da der Diabetes eine chronische Erkrankung ist und der muslimische Diabetiker seine Fastentage später nicht nachholen kann, soll er einem armen Menschen Geld spenden, wenn er finanziell in der Lage ist. Medizinisch gesehen bergen sich folgende Gefahren: Unterzuckerung, Überzuckerung, Stoffwechselentgleisung, Wassermangel des Körpers und Thrombose. Ich würde Ihnen vorschlagen, sich mit Ihrem Mann einerseits beim Hausarzt oder Diabetologen und andererseits beim Hoca Ihrer Gemeinde vorzustellen. So denke ich, wird Ihr Mann die richtige Entscheidung treffen. Ich habe beobachtet, das alle Patienten die Fastenzeit bislang durchgestanden haben, aber wie "gesund" sie waren, kann ich nicht beschreiben, weil viele im Ramadan kein Arzt aufsuchen und die Probleme wie Unterzuckerung etc. vorenthalten.

Mit freundlichen Grüßen
Dilek Öz


*


Nadine fragt:

Macht es einen Unterschied, ob ein Typ 1 Diabetiker fasten möchte oder ein Typ2er? Mir ist der Unterschied nicht so klar. Mein Mann hat Typ 2 Diabetes.


Öz:

Hallo Frau S.,

beim Typ 1 Diabetes besteht ein absoluter Insulinmangel, d.h. das ein Mensch mit Typ 1 Diabetes auf die regelmäßige Insulininjektion angewiesen ist. Beim Typ 2 Diabetes liegt eine verminderte Insulinproduktion mit Insulinresistenz vor, d.h. ein Mensch mit Typ 2 Diabetes kann diätetisch, mit Tabletten und/oder mit Insulin behandelt werden. Laut dem Islam ist jedoch das Fasten generell für chronisch kranke Menschen nicht erlaubt. Statt Fasten soll der Muslim spenden, um einem armen Menschen zu helfen. Medizinisch gesehen wird vom Fasten auch abgeraten, da folgende Risiken vermieden werden: Unterzuckerung, Überzuckerung, Stoffwechselentgleisung, Wassermangel des Körpers und Thrombose. Bitte stellen Sie sich mit Ihrem Mann auch beim Hausarzt oder Diabetologen vor, um dieses Thema zu erörtern.

Viele Grüße
Dilek Öz


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Cicek B. fragt:

Hallo, eigentlich sollte es doch kein Problem darstellen trotz Diabetes zu fasten. Bei mir hat jedenfalls im letzten Jahr gut funktioniert. Einfach den Spritzrythmus umstellen auf abends. Jetzt habe ich allerdings eine Pumpe und die müsste ich nun umprogrammieren. Oder besser ablegen und für die Zeit spritzen?

VG Cicek


Öz:

Hallo Frau B.,

vielen Dank für Ihre E-Mail. Wenn nur die Umstellung der Therapie das Problem wäre, haben Sie recht. Der Diabetiker kann seine Tabletten oder sein Insulin auf die Morgenmahlzeit (Sahur) vor Sonnenaufgang und auf die Abendmahlzeit (Iftar) nach dem Sonnenuntergang verlegen. Die Insulinpumpe müßte man ablegen, weil das Spritzen während der Fastenperiode nicht erlaubt ist. Jedoch spricht sowohl der Islam als auch die Medizin gegen das Fasten von chronisch kranken Menschen. Ein muslimischer Diabetiker soll eine Spende entrichten, um einem armen Menschen zu helfen. Hierzu kann der Hoca (türkisch für Hodscha) Ihrer Gemeinde eine genaue Auskunft geben. Medizinisch gesehen ist die Unterzuckerung ein bekanntes Risiko. Je häufiger Sie unterzuckern, um so mehr richtet der Diabetes ein Schaden an. Nebst dessen möchte ich Ihnen auch noch folgende Risiken nennen: Überzuckerung, Stoffwechselentgleisung, Wassermangel des Körpers und Thrombose. Bitte stellen Sie sich zum Thema Fasten Ihrem Hausarzt oder Diabetologen vor.

Viele Grüße
Dilek Öz




zum kompletten Chat-Protokoll:
http://tinyurl.com/3focfo8

Der Diabetes-Chat steht allen Internet-Nutzern kostenfrei auf www.diabetesde.org zur Verfügung.
Protokolle der letzten Sprechstunden können Sie abrufen unter:
www.diabetesde.org/experten_chat

Eine weitere wichtige Anlaufstelle ist das Diabetes Gesundheitstelefon.
Unter der Nummer 0180 250 5205 (6 Cent/Anruf aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 42 Cent/Minute) stehen täglich 24 Stunden Experten bereit.


diabetesDE ist eine gemeinnützige Organisation, die alle Menschen mit Diabetes und alle Berufsgruppen wie Ärzte, Diabetesberater und Forscher vereint, um sich für eine bessere Prävention, Versorgung und Forschung im Kampf gegen Diabetes einzusetzen. An oberster Stelle steht die Interessenvertretung für die Menschen, die von dieser Volkskrankheit betroffen sind, die sich in großem Tempo in vielen Ländern der Erde, so auch in Deutschland ausbreitet. Gegründet wurde diabetesDE von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) und dem Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD).


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Quelle:
diabetesDE, Pressestelle
diabetesDE-Experten-Chat vom 28. Juli 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2011