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AIDS/1028: Emtricitabin/Rilpivirin/Tenofoviralafenamid bei HIV - Zusatznutzen nicht belegt (IQWiG)


Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) - 17.10.2016

Emtricitabin/Rilpivirin/Tenofoviralafenamid bei HIV: Zusatznutzen nicht belegt

Fragestellungen zu Jugendlichen nicht bearbeitet / Evidenz zu Komponenten nicht ohne Weiteres auf Kombination übertragbar


Die Wirkstoffkombination Emtricitabin/Rilpivirin/Tenofoviralafenamid (Handelsname Odefsey) ist zur Behandlung Erwachsener und Jugendlicher zugelassen, die mit dem humanen Immundefizienzvirus von Typ 1 (HIV-1) infiziert sind. In einer frühen Nutzenbewertung hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nun untersucht, ob diese Kombination Patientinnen und Patienten Vorteile gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien bietet. Ein solcher Zusatznutzen ist demnach nicht belegt: Für keine der vier Fragestellungen liegen aussagekräftige Daten vor. Dem Postulat des Herstellers, die Evidenz zu den Einzelwirkstoffen sei auf die Kombination übertragbar, folgt das IQWiG ebenso wenig wie der Annahme, für Jugendliche seien dieselben Vergleichstherapien zweckmäßig wie für Erwachsene.

Jugendliche nicht betrachtet

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat nach Behandlungsstatus und Alter zwischen vier Gruppen von Patientinnen und Patienten unterschieden. Für therapienaive Erwachsene, therapienaive Jugendliche sowie vorbehandelte Erwachsene oder Jugendliche hat er jeweils andere zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt.

Der Hersteller bearbeitet die beiden Fragestellungen für Jugendliche nicht und begründet dies damit, dass Jugendliche nur einen kleinen Teil der Zielpopulation ausmachten und die Leitlinienempfehlungen für Jugendliche und Erwachsene nicht grundsätzlich voneinander abwichen. Dieser Argumentation folgt das IQWiG nicht: Jugendliche sind von der Fachinformation für die Wirkstoffkombination erfasst und damit für die Nutzenbewertung relevant. Aus Leitlinienempfehlungen kann nicht geschlussfolgert werden, dass die zweckmäßige Vergleichstherapie für Erwachsene und Jugendliche identisch ist. Dies hat jedoch für die Nutzenbewertung keine Konsequenzen, da ohnehin keine relevanten Studien identifiziert wurden.

Evidenz zu Komponenten nicht ohne Weiteres auf Kombination übertragbar

Auch für vorbehandelte oder therapienaive Erwachsene wurden keine Studien identifiziert, in denen die neue Wirkstoffkombination gegen die jeweilige zweckmäßige Vergleichstherapie getestet wurde. Für therapienaive Erwachsene postuliert der Hersteller dennoch einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen, weil die klinische Evidenz zu Rilpivirin und zu Emtricitabin/Tenofoviralafenamid auf die Dreierkombination übertragbar sei. Diese Argumentation ist jedoch nicht durch geeignete klinische Daten gestützt und für die Ableitung eines Zusatznutzens nicht geeignet.

Damit ist ein Zusatznutzen der Wirkstoffkombination Emtricitabin/Rilpivirin/Tenofoviralafenamid gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien für keine der vier Fragestellungen belegt.

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G-BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.iqwig.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution906

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
Dr. Anna-Sabine Ernst, 17.10.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2016

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