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AUSLAND/1536: Weltweit - Müttersterblichkeit offensichtlich stärker gesunken als bisher angenommen (DSW)


DSW [news] - April 2010
Deutsche Stiftung Weltbevölkerung

Müttersterblichkeit offensichtlich stärker gesunken als bisher angenommen

Neue Methodik und genauere Schätzungen belegen, dass Investitionen
in die reproduktive Gesundheit das Leben von Schwangeren schützen.


Müttersterblichkeit ist und bleibt eine der größten gesundheits- und entwicklungspolitischen Herausforderungen der Gegenwart. Dass man dem fünften Millennium-Entwicklungsziel - einer 75-prozentigen Verminderung der Müttersterblichkeit zwischen 1990 und 2015 - jedoch ein ganzes Stück näher ist, als bisher angenommen, legt eine neue Studie nahe, die die angesehene britische medizinische Fachzeitschrift The Lancet am 12. April veröffentlicht hat. Für die Studie, die von der Bill & Melinda Gates Stiftung finanziert wurde, wurden Daten aus 181 Ländern herangezogen und neu bewertet.

Bisher war man davon ausgegangen, dass weltweit jedes Jahr mindestens 530.000 Mütter im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Geburt sterben. Nach den neuen Untersuchungen sind es aber zwischen 302.000 und 394.000 Frauen. Für 1990 geben sie die weltweite durchschnittliche Müttersterblichkeit mit 272 bis 388 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten an und mit 221 bis 289 für 2008.


Mehr als die Hälfte aller Mütter sterben in sechs Ländern

Auf der Suche nach den Gründen für die hohe Müttersterblichkeit - und gleichzeitig zur Überprüfung ihrer Ergebnisse - zogen die Wissenschaftler unter anderem die Gesamtfruchtbarkeitsrate, das Bruttonationaleinkommen (BNE) pro Kopf, die HIV-Prävalenz und die Säuglingssterblichkeit heran. Nach einer Reihe von Tests entschlossen sie sich jedoch, auf die Referenzgröße "Zahl der von ausgebildetem Gesundheitspersonal betreuten Geburten" zu verzichten. Das liegt nicht daran, dass die Qualität der Gesundheitsversorgung keinen Einfluss auf die Müttersterblichkeit hätte. Doch korrelierte diese Messgröße so stark mit anderen Variablen (Säuglingssterblichkeit, BNE pro Kopf, Bildungsstand) dass sie das Modell nicht mehr präzisieren helfen konnte.

Auf folgende Ergebnisse legen die Autoren besonderen Wert: Mehr als die Hälfte aller Mütter sterben in sechs Ländern - in Indien, Nigeria, Pakistan, Afghanistan, Äthiopien und in der DR Kongo. Und ohne die vergleichsweise erfolgreiche Bekämpfung von HIV/Aids würden noch mehr Mütter (zwischen 243.000 und 327.000) sterben. Den stärksten Einfluss auf die Müttersterblichkeit haben die Gesamtfruchtbarkeitsrate und das Pro-Kopf-Einkommen in einem Land. Das heißt: Je ärmer die Menschen in einem Land sind und je mehr Kinder sie bekommen, umso mehr Todesfälle unter Müttern sind zu erwarten. Die Autoren meinen, dass die Senkung der Fruchtbarkeitsraten, erhöhte Einkommen, gezielte Investitionen und eine integrierte Gesundheitsfürsorge mit gutem Zugang zu fachkundiger Betreuung vor und bei der Geburt die besten Waffen im Kampf gegen Müttersterblichkeit sind. Doch befinden sich derzeit weltweit nur 23 Länder auf dem Weg, das 5. MDG zu erreichen. Selbst in einigen Industrieländern - darunter auch in den USA - steigt die Müttersterblichkeit sogar wieder an. Am höchsten sind die Müttersterblichkeitsraten jedoch nach wie vor in Afrika südlich der Sahara.


UN-Aktionsplan zur Verbesserung der reproduktiven Gesundheit und der Gesundheit von Müttern und Säuglingen

"Die Ergebnisse sind ebenso überraschend wie erfreulich", kommentierte Renate Bähr, Geschäftsführerin der DSW, die Untersuchung. "Ich wünsche mir sehr, dass diese Zahlen auch bei zukünftigen Studien bestätigt werden können." Doch betonte Bähr, dass diese guten Nachrichten nicht zur der Annahme verleiten dürfen, man könne sich auf dem Erreichten ausruhen: "Die Zahlen aus Lancet beweisen, dass die Erreichung des 5. MDGs in weiter Ferne liegt."

Deshalb begrüßt die DSW ausdrücklich den Aktionsplan zur Verbesserung der reproduktiven Gesundheit und der Gesundheit von Müttern und Säuglingen, die UN-Generalsekretär Ban Ki Moon Mitte April ins Leben gerufen hat. "Wir wissen", sagte Ban zu diesem Anlass, "dass Frauen Fortschritt vorantreiben. Wenn wir etwas für Frauen tun, können wir die Welt zum Besseren verändern." Das Ziel der Initiative von Ban ist es, Maßnahmen zu planen, die auf dem MDG-Gipfel im September dieses Jahres verabschiedet werden können.


Weitere Informationen:

Die gesamte Studie kann in englischer Sprache bei The Lancet unter
www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736%2810%2960518-1/fulltext
kostenlos heruntergeladen werden (Anmeldung erforderlich).

Quellen: The Lancet, 12. April 2010; Inter Press Service, 15. April 2010.



Die DSW [news] werden im Rahmen der europäischen Öffentlichkeitskampagne "Reproductive Health For All" herausgegeben. Die Kampagne wird von der Europäischen Union finanziell gefördert. Für den Inhalt der DSW [news] ist allein die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung verantwortlich; der Inhalt kann in keiner Weise als Standpunkt der Europäischen Union angesehen werden.

Internet: www.weltbevoelkerung.de/DSW_news/pdfs/DSW__news__April_2010.pdf


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Quelle:
DSW [news] - April 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2010