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KASSEN/1028: Patientenquittung - Patienten fragen Informationen über Kosten nur selten ab (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7/2014

Patientenquittung
Patienten fragen Informationen über Kosten nur selten ab

Von Dirk Schnack



Die AOK Nordwest hat die Patientenquittung vor drei Jahren online eingeführt. 28.518 Nutzer bislang - nun soll das Angebot stärker beworben werden.


Patienten sollten genau erfahren, was ein Arztbesuch oder eine Klinikbehandlung kostet. Dieser Meinung schlossen sich bei einer Umfrage des ARD-DeutschlandTrends im Februar 2010 immerhin 91 Prozent der befragten Erwachsenen an. Das grundsätzliche Interesse an diesem Thema ist also vorhanden. Die AOK Nordwest machte ein Jahr später als erste größere Krankenkasse in Deutschland Nägel mit Köpfen und führte die Patientenquittung online ein. Jeder Versicherte der Kasse in Schleswig-Holstein und Westfalen erhielt damit die Möglichkeit, sich über die Kosten zu informieren. Neben den Kosten für Kliniken, Praxisbesuche und Medikamente sind auch Informationen über Zahnarztbehandlungen, Heil- und Hilfsmittel, Zahnersatz und Kieferorthopädie einsehbar.

Doch das Verhalten der Versicherten entspricht bislang nicht der grundsätzlichen Haltung zu diesem Thema. Seit die Kasse das Projekt vor drei Jahren gestartet hat, verzeichnete sie insgesamt 28.518 Registrierungen. Die AOK Nordwest hat immerhin rund 2,75 Millionen Versicherte. Unter den Nutzern selbst, das zeigt eine am 25. Juni in Kiel vorgestellte Auswertung zum Thema, kommt das Angebot aber gut an. Laut der Befragung von 755 Teilnehmern nutzen besonders chronisch Kranke die Online-Quittung, finden die Informationen verständlich und die Angaben etwa zu den Kosten der von ihnen ausgelösten Behandlungen und der ihnen verordneten Medikamente interessant.

Für die Versicherten kommt es bei den dargestellten Kosten zum Teil zu Überraschungen: Bei der ambulanten ärztlichen Behandlung ist die Mehrzahl der Nutzer erstaunt, dass die Honorare nicht höher liegen, bei Klinikbehandlungen ist es umgekehrt. Martin Litsch, Chef der AOK Nordwest, interpretiert diese Angaben als hohe Wertschätzung der Patienten für die Arbeit der niedergelassenen Ärzte. Die KV Schleswig-Holstein ging dennoch hart ins Gericht mit der Patientenquittung und kritisierte sie als "Mogelpackung". Grund: Die dargestellten Honorare vermitteln nach ihrer Ansicht ein falsches Bild von der tatsächlich gezahlten Vergütung. Denn die dort aufgeführten Preise berücksichtigen nicht Budgets und Abstaffelungen. Auch die Arzneimittelkosten werden ohne Abzug der Rabattierung ausgewiesen.

Litsch will die Patientenquittung dennoch ausbauen und setzt auf wachsenden Zuspruch der Versicherten. Die Auswertung zeigt, dass die Resonanz immer dann nach oben geht, wenn die Krankenkasse die Öffentlichkeitsarbeit dafür intensiviert hat. Der Grund für sein Engagement: Neben Transparenz verspricht sich Litsch ein steigendes Kostenbewusstsein der Versicherten. Außerdem helfe das Instrument den Versicherten, das eigene Gesundheitsmanagement etwa zur Einhaltung von Impfterminen zu stärken, so Litsch in einem Pressegespräch in der Kieler AOK-Landesdirektion. Die Umfrage unter den Nutzern zeigte ferner, dass ein Drittel der Befragten überzeugt davon ist, dass die Patientenquittung bei ihnen auch zu einer Verhaltensänderung führt.

Die AOK kündigte einen Ausbau des Angebotes an. Geplant ist eine Erweiterung der Informationen um Fahrtkosten, Haushaltshilfen und häusliche Krankenpflege. Auch technische Erweiterungen sind in Vorbereitung. Mobile Anwendungen, die Vernetzung mit dem AOK-Arztnavigator und mit der Medikamentendatenbank von Stiftung Warentest strebt die Kasse an.

Bleibt die Frage, warum die Versicherten trotz des hohen geäußerten Interesses nicht häufiger auf die aufbereiteten Informationen zugreifen. Litsch erklärt dies mit der Priorität bei Erkrankungen: "Bei Patienten stehen Heilung und Behandlung im Vordergrund, nicht administrative Fragen."

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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 7/2014 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2014/201407/h14074a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
67. Jahrgang, Juli 2014, Seite 16
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz-Joseph Bartmann (V.i.S.d.P.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2014