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KASSEN/817: Kurznachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 29.06.2011 (KBV)


KBV-Kompakt - Kurznachrichten aus der KBV vom 29. Juni 2011


→  Pläne zur spezialärztlichen Versorgung in der Kritik
→  KV Berlin warnt vor Absenkung bei Richtgrößen
→  KV Bayerns kritisiert leichtere Bedingungen für Ärzte aus dem Ausland
→  KV Hessen testet Online-Abrechnung erfolgreich auf Barrierefreiheit
→  GBA erlaubt Stimulantien für Erwachsene mit ADHS
→  BÄK befürwortet begrenzte Zulassung der PID
→  NAV: Länder sollen nicht bei Medizinerausbildung sparen
→  Krankenkasse fordert flexiblere Bedarfsplanung für Psychotherapeuten
→  Medizinstudenten begrüßen Änderung der Approbationsordnung

Raute

___Aus KBV und KVen___

Pläne zur spezialärztlichen Versorgung in der Kritik

Die KBV und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) in Hamburg und Thüringen lehnen die spezialärztlichen Versorgung, wie sie im Entwurf des Versorgungsgesetzes vorgesehen ist, ab. "Ziel war ursprünglich, gleiche Wettbewerbschancen für Vertragsärzte und Krankenhäuser herzustellen. Dies ist jedoch im jetzigen Stand des Entwurfs nicht der Fall", erklärte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Köhler. Er kritisierte unter anderem, dass bei der Abrechnung der Leistungen die ambulante Vergütung bereinigt werden soll. "Es kann nicht sein, dass die Gesamtvergütung auch für diejenigen Ärzte sinkt, die gar keine spezialärztlichen Leistungen erbringen werden. Die DRG-Erlösbudgets der Krankenhäuser werden dagegen nicht bereinigt. Das sind keine fairen Wettbewerbsbedingungen", sagte Köhler. Er forderte zudem, dass Krankenhäuser spezialärztliche Leistungen nur mit Überweisung durch einen Vertragsarzt und nur bei bestehenden Kooperationsverträgen mit Niedergelassenen erbringen dürfen. Diese Forderung kritisierte der Vorsitzende des Marburger Bundes (MB) Rudolf Henke: "Wir brauchen keine neuen Grenzziehungen, sondern mehr Kooperation und Integration der ärztlichen Leistung in Praxis und Krankenhaus", betonte er. Die KV Thüringen warnte in einer Resolution, dass die geplante spezialärztliche Versorgungsebene die Existenz der niedergelassenen Fachärzte im Wettbewerb mit institutionellen Anbietern gefährden würde. Die KV Hamburg hält die Versorgungsebene im Freistaat generell für überflüssig. "Die hochqualifizierten Facharztleistungen werden im ambulanten Bereich von niedergelassenen Ärzten bereits heute erbracht", heißt es in der Hamburger Resolution. Ziel der Politiker sollte vielmehr sein, die bewährten Strukturen finanziell zu stärken.

(KBV-Pressemitteilung, 29. Juni, Pressemitteilung des MB, 29. Juni, Pressemitteilung der KV Thüringen, 22. Juni, Pressemitteilung der KV Hamburg, 23. Juni)


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KV Berlin warnt vor Absenkung bei Richtgrößen

Das Landesschiedsamt Berlin hat niedrigere Richtgrößen bei der Arzneimittelverordnung für das zweite Halbjahr 2011 festgelegt. Nachdem Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin gescheitet sind, hat das Landesschiedsamt für fast alle 22 Facharztgruppen die Richtgrößen gesenkt.

Nach den neuen Regelungen darf ein HNO-Arzt beispielsweise für einen Rentner im Quartal durchschnittlich Medikamente in Höhe von 9,58 Euro verschreiben, vor der Absenkung waren es 16,77 Euro.

Die KV Berlin erwartet nun, dass Ärzte zurückhaltender verordnen werden. Besonders betroffen seien hiervon teure und innovative Präparate. "Dieser Schiedsamtentscheid zieht echte Versorgungsprobleme nach sich. Jeder Griff zum Rezeptblock bedeutet für einen Vertragsarzt in Berlin künftig eine konkrete Regressgefahr", sagte die Vorsitzende der KV Berlin, Dr. Angelika Prehn. Die KV hatte zuvor gefordert, dass die Richtgrößen angehoben werden sollen. Die neue Regelung tritt zum 1. Juli in Kraft.

(Pressemitteilung der KV Berlin, 23. Juni)


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KV Bayerns kritisiert leichtere Bedingungen für Ärzte aus dem Ausland

Nachwuchsförderung im eigenen Land ist der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bayerns zufolge das beste Mittel gegen den Ärztemangel. Das Bundeskabinett hatte in der vergangenen Woche Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel beschlossen. So soll es unter anderem ausländischen Ärzten erleichtert werden, im deutschen Gesundheitswesen zu arbeiten. "Offensichtlich zieht die Politik im freien Fall in Richtung Ärztemangel nun die Reißleine. Doch indem man Ärzten aus dem Ausland den Berufseinstieg in Deutschland schmackhafter gestaltet, erreicht man lediglich eine geographische Verschiebung des Ärztemangels", sagte Dr. Wolfgang Krombholz, Vorstandsvorsitzender der KV Bayerns. Ausländische Ärzte, die in Deutschland arbeiteten, würden letztlich im Gesundheitswesen ihres Heimatlandes fehlen. Lehrstühle für Allgemeinmedizin, abgestimmte Konzepte für die haus- und fachärztliche Weiterbildung, vernünftige Arbeitszeitmodelle, weniger Bürokratie und angemessene Honorare seien einige der wichtigsten Ansatzpunkte, um dem drohenden Ärztemangel effektiv zu begegnen, betonte die KV.

(Pressemitteilung der KV Bayerns, 28. Juni)


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KV Hessen testet Online-Abrechnung erfolgreich auf Barrierefreiheit

Die Online-Abrechnung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen funktioniert auch für sehbehinderte oder blinde Ärzte und Psychotherapeuten barrierefrei. Das haben Tests ergeben, die die KV Hessen gemeinsam mit einer sehbehinderten Ärztin durchgeführt hat. "Uns ist es wichtig, dass unsere Online-Abrechnung wirklich allen Mitgliedern der KV Hessen uneingeschränkt zur Verfügung steht. Schnelle und effiziente Kommunikationswege müssen für Behinderte und Nichtbehinderte gleichermaßen nutzbar sein. Unsere Online-Abrechnung ist ein gutes Beispiel dafür, wie dieser Ansatz praktisch umgesetzt werden kann", sagten die Vorstandsvorsitzenden der KV, Frank-Rüdiger Zimmeck und Dr. Gerd W. Zimmermann

Seit dem 1. Januar 2011 besteht für alle Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland die gesetzliche Pflicht, online abzurechnen.

(Pressemitteilung der KV Hessen, 27. Juni)

Raute

___Aus den Verbänden___

GBA erlaubt Stimulantien für Erwachsene mit ADHS

Künftig sollen auch gesetzlich krankenversicherte Erwachsene mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) einen Anspruch auf methylphenidat-haltige Arzneimittel, sogenannte Stimulantien, haben. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) beschlossen und damit den grundsätzlichen Verordnungsausschluss dieser Medikamente von der vertragsärztlichen Versorgung weiter gelockert. Bislang durften Stimulantien ausnahmsweise nur Kindern und Jugendlichen mit ADHS verordnet werden, da sie nur für diese Altersgruppe arzneimittelrechtlich zugelassen waren. Inzwischen hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Zulassung von Stimulantien auf die Behandlung von Erwachsenen erweitert, was einen neuen Beschluss des GBA erforderte. Den Beschluss muss das Bundesgesundheitsministerium noch genehmigen.

(Pressemitteilung des GBA, 23. Juni)


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BÄK befürwortet begrenzte Zulassung der PID

Die Bundesärztekammer (BÄK) befürwortet eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) "unter kontrollierten Bedingungen und nur bei vorheriger fachkundiger Beratung", heißt es in einem aktuellen Memorandum. Das Papier enthält medizinische, ethische und rechtliche Argumente für eine begrenzte Zulassung der PID, etwa dass diese in bestimmten Fällen ethisch weniger problematisch sei als eine Pränataldiagnostik mit nachfolgendem Schwangerschaftsabbruch. Allerdings dürften eine Geschlechtsbestimmung ohne Krankheitsbezug, das Alter der Eltern und Maßnahmen der assistierten Reproduktion keine Indikationen für eine PID sein, schränkte die BÄK ein. Dem Memorandum zufolge soll die BÄK in einer Richtlinie zur Durchführung der PID Regelungen zum Indikationsspektrum, zur personellen und apparativen Ausstattung sowie zur medizinischen und psychosozialen Beratung treffen.

In der kommenden Woche will der Bundestag abschließend über den künftigen Umgang mit der PID entscheiden. Insgesamt liegen drei Gesetzentwürfe von fraktionsübergreifenden Parlamentariergruppen vor.

(Pressemitteilung der BÄK, 24. Juni; Heute im Bundestag, 29. Juni)


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NAV - Länder sollen nicht bei Medizinerausbildung sparen

Einsparmaßnahmen beim Medizinstudium konterkarieren die Absicht des Gesetzgebers, die Attraktivität des Arztberufes zu fördern, kritisierte der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich. "In einigen Bundesländern wird bei den medizinischen Fakultäten trotz aller Warnungen massiv der Rotstift angesetzt", sagte er und nannte als Beispiel die saarländischen Universitäten. Diesen hätte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geraten, Studienplätze abzubauen. Der NAV-Bundesvorsitzende befürwortete eine Konsolidierung der Landeshaushalte, forderte aber, diese nicht auf Kosten der Medizinerausbildung vorzunehmen. Gefragt seien intelligentere Lösungen, da sonst mittelfristig vor allem im Bereich der Allgemeinmedizin eine massive Unterversorgung auftreten würde. Notfalls müsse der Bund finanziell einspringen.

(Pressemitteilung des NAV-Bundes, 28. Juni)


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Krankenkasse fordert flexiblere Bedarfsplanung für Psychotherapeuten

Die Barmer GEK bemängelt Ungleichgewichte in der psychotherapeutischen Versorgung und fordert eine flexiblere Bedarfsplanung. "Wir brauchen weniger Psychotherapeuten in den Städten und mehr auf dem Land", sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende, Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, zum Auftakt eines mit dem Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen ausgerichteten Medizinkongresses der Barmer GEK in Berlin. Er verwies darauf, dass in Universitätsstädten wie Tübingen, Freiburg und Göttingen das Bedarfssoll bis zu 300 Prozent und in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen bis zu 150 Prozent überschritten sei. Dagegen herrsche in ländlichen Gebieten und in Ostdeutschland ein Mangel an Spezialisten, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Schlenker zufolge orientiere sich die psychotherapeutische Bedarfsplanung noch immer an klassischen Vollzeitstellen und individuellen Langzeittherapien: "Hier müssen wir unbedingt flexibler werden. Kurzzeit- und Gruppentherapien sowie schnelle Kriseninterventionen sind oftmals weitaus geeigneter." Auf diese Weise ließen sich Kapazitätsengpässe überbrücken und Wartezeiten verringern.

(Pressemitteilung der Barmer GEK, 28. Juni)


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Medizinstudenten begrüßen Änderung der Approbationsordnung

Der Vorsitzende des Ausschusses der Medizinstudierenden im Hartmannbund, Kristian Otte, begrüßt Pläne von Bundesgesundheitsminister Dr. Daniel Bahr (FDP) zur Änderung der Approbationsordnung. "Mit der angekündigten Abschaffung des sogenannten Hammerexamens und der Einführung größerer Mobilität im Praktischen Jahr erfüllt die Politik unsere langjährigen Forderungen zur Verbesserung der Attraktivität des Medizinstudiums", sagte Otte. Zugleich hofft er, dass die Politik weitere Forderungen, etwa eine dringend notwendige Neustrukturierung des Krankenpflegepraktikums, ebenfalls berücksichtige. An die Länder appellierte Otte, der geplanten Änderung der Approbationsordnung im Bundesrat zuzustimmen.

(Pressemitteilung des Hartmannbundes, 28. Juni)


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Quelle:
Newsletter KBV-Kompakt vom 29. Juni 2011
Herausgeber: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Impressum: http://www.kbv.de/8.html
Redaktion: Dezernat Kommunikation der KBV
Telefon: 030 / 4005 - 2203, Fax: 030 / 4005 - 27 2203
E-Mail: info@kbv.de
Internet: www.kbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2011