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AUSLAND/2048: Sri Lanka - Anstieg der HIV-Neuinfektionen, Experten schlagen Alarm (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. Februar 2014

Sri Lanka:
Anstieg der HIV-Neuinfektionen - Experten schlagen Alarm

von Amantha Perera


Bild: © Amantha Perera/IPS

In Sri Lanka fehlt es an HIV/Aids-Aufklärungsprogrammen für junge Leute
Bild: © Amantha Perera/IPS

Colombo, 4. Februar (IPS) - Im 20 Millionen Einwohner zählenden Sri Lanka sind etwa 4.000 Menschen mit HIV infiziert. Die Zahl mag auf den ersten Blick niedrig erscheinen, doch Gesundheitsexperten sind beunruhigt. Sie warnen, dass die Kriminalisierung der Hauptrisikogruppen Präventions- und Aufklärungsprogramme verhindert.

Sri Lanka gilt als Land mit geringer HIV-Prävalenz. Die jüngsten Zahlen des Nationalen Programms zur Aids-Prävention verzeichnen knapp 1.800 HIV-Positive. Die meisten - 1.080 - sind Männer. Programmdirektor Susantha Liyanage geht inklusive Dunkelziffer von etwa 4.000 Fällen aus. Er befürchtet allerdings, dass sich hinter den niedrigen Zahlen das Risiko einer Epidemie innerhalb der hochgefährdeten Gruppen verbirgt. "Wir erkennen bereits, dass die Ansteckungsraten ansteigen."

Eine ähnliche Warnung gab im vergangenen Jahr der Nationale HIV-Strategieplan für den Zeitraum 2013 bis 2017 aus. "Bestimmte sozio-ökonomische und verhaltensbedingte Faktoren, die in dem Land erkannt worden sind, könnten in der Zukunft eine Epidemie auslösen", warnt Liyanage. Besonders gefährdet sind Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualpartnern, Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren, Drogenabhängige sowie Kinder von HIV-positiven Eltern.


Schwule und Drogenabhängige gelten als Straftäter

Nach Einschätzung der Experten sind sich inzwischen viele Srilanker der HIV-Risiken bewusst, doch rechtliche und soziale Hürden erschweren die Vorbeugung. "Nach srilankischem Recht sind Homosexualität und Drogenkonsum Straftaten. Es ist extrem schwierig, offen mit diesen Gruppen zu arbeiten", sagt Milinda Rajapaksha, Chef des Nationalrats für Jugendhilfe.

Liyanage sieht Prostituierte in einer ähnlich schwierigen Situation. "Mit all diesen Gruppen muss man diskret umgehen und Organisationen als Vermittler einsetzen, um die Sensibilisierungsprogramme voranzutreiben." 80 Prozent der bekannten Infektionen gehen auf ungeschützten Geschlechtsverkehr zurück. In 4,4 Prozent der Fälle haben Kinder das Immunschwächevirus über ihre Eltern aufgenommen.

Obwohl das Gesundheitsministerium werdenden Müttern in Sri Lanka kostenlose Geburtsvorsorgeuntersuchungen anbietet, sind HIV-Kontrollen selten. Laut dem Nationalen HIV-Strategieplan wurden 2011 lediglich drei Prozent aller Schwangeren auf das Virus getestet, obwohl 95 Prozent der Frauen Zugang zu einer pränatalen Gesundheitsversorgung haben.

Erstaunlich ist, dass 20 Prozent aller statistisch erfassten Infizierten im Alter von 15 bis 25 Jahren sind. Noch vor etwa fünf Jahren waren weniger als sechs Prozent der Angehörigen dieser Altersgruppe betroffen. Liyanage zufolge ist diese Entwicklung besorgniserregend, "denn sie zeigt, dass die Aufklärungsprogramme die jungen Leute nicht erreicht".

Ein im vergangenen November gebildeter Ausschuss mit Vertretern mehrerer Ministerien, in dem Liyanage den Vorsitz führt, soll nun Empfehlungen ausarbeiten, mit deren Hilfe die Verbreitung der Infektionen eingedämmt werden könnte.

In Sri Lanka gibt es keinen Sexualkundeunterricht in Schulen, obwohl Jugendliche immer früher sexuell aktiv werden. Von der Gesundheitspolitik werden sie jedoch nicht als Risikogruppe eingestuft, wie Rajapaksha kritisiert. Somit sei es schwierig, gezielt auf spezifische Gesundheitsrisiken junger Menschen einzugehen.


Aufklärung vor allem in ländlichen Gebieten schwierig

Ein Problem stellt auch die gesellschaftliche Diskriminierung homosexueller Männer dar. In den Städten, vor allem in der Westlichen Provinz, erhalten sie Hilfe von Aktivisten und Organisationen. In den ländlichen Regionen hingegen sehen sich Hilfsgruppen mit zahlreichen Hürden konfrontiert.

Untersuchungen zeigen, dass in Sri Lanka etwa 30.000 bis 40.000 Männer gleichgeschlechtliche Partner haben. HIV-Infektionen in dieser Gruppe sind in den vergangenen fünf Jahren stetig gestiegen. 2009, ein Jahr nach Beginn einer Studie, waren 0,48 Prozent dieser Homosexuellen HIV-positiv. 2011 lag die Rate bei 0,9 Prozent und beträgt derzeit 12,3 Prozent. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/02/hiv-dangerous-threshhold-sri-lanka/

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IPS-Tagesdienst vom 4. Februar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Februar 2014