Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN

AUSLAND/2022: Afrika - Medikamentenunverträglichkeit als Herausforderung der HIV/Aids-Bekämpfung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Dezember 2013

Afrika: Medikamentenunverträglichkeit als weitere Herausforderung der HIV/Aids-Bekämpfung

von Ignatius Banda


Bild: © Jennifer Mckellar/IPS

Ein CD4-Testgerät. Der an der Universität von Simbabwe entwickelte Apparat zeigt, dass weibliche Patienten mit hohen CD4-Werten eine Toxizität gegenüber Nevirapin entwickelt haben
Bild: © Jennifer Mckellar/IPS

Kapstadt, Südafrika, 10. Dezember (IPS) - Jüngste Forschungen haben ergeben, dass einige Aids-Patienten an einer Medikamentenunverträglichkeit leiden. Die Nebenwirkungen könnten den Umstieg der Betroffenen auf eine neuere und teurere Antiretroviraltherapie (ART) erforderlich machen.

Wissenschaftler aus Simbabwe, Uganda, Nigeria und Malawi hatten bei Patienten, die auf Nevirapin und Efavirenz (EFZ) gesetzt waren, Unverträglichkeitssymptome festgestellt. Wie Daniel Sibanda, Wissenschaftler an der Universität von Simbabwe, erklärte, wirken die ARVs bei einigen Patienten toxisch.

"Wir konnten beobachten, dass gerade Patientinnen mit einer hohen CD4-Zellzahl eine Toxizität gegenüber Nevirapin entwickelt haben", erklärte Sibanda auf der 17. Internationalen Konferenz zu Aids und sexuell übertragbaren Krankheiten in Afrika vom 7. bis 11. Dezember im südafrikanischen Kapstadt. "Das könnte heißen, dass sie auf andere, teurere Medikamente umgestellt werden müssen."


Finanzielle Belastung

Die neuen Erkenntnisse treffen mit neuen Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen. Da Infizierte länger leben, wenn sie frühzeitig mit einer ART beginnen, sehen die Richtlinien bereits eine Therapie bei einem CD4-Wert von unter 500 Immunzellen je Mikroliter Blut vor. Zuvor lag der Grenzwert noch bei 350 Immunzellen. Dadurch wächst die Zahl der Simbabwer, die auf ARV angewiesen sind, von 800.000 auf mehr als 1,2 Millionen Menschen, wie aus dem Gesundheitsministerium zu erfahren war. Diese finanzielle Mehrbelastung könnte nun durch die Medikamentenunverträglichkeit einiger Patienten steigen.

"Nevirapin ist ein Medikament der ersten Generation. Wenn Patienten auf andere Arzneien umgestellt werden müssen, könnte dies für ein Land wie Simbabwe problematisch werden, weil diese Medikamente teuer und nicht so leicht zugänglich sind wie die freien ARV", sagte Sibanda gegenüber IPS.

"In Malawi, das zu den Ländern mit den meisten HIV/Aids-Infizierten zählt, waren bei einigen Patienten nach Erkenntnissen des UN-HIV/Aids-Programms (UNAIDS) Nebenwirkungen wie Schwindel, Schlaflosigkeit, Psychosen, Verwirrungszustände, Ausschläge und abnormes Gehverhalten festgestellt worden", erläuterte Colin Speight vom Kamuzu-Zentralkrankenhaus in Lilongwe. "EFZ war in Malawi als neues Wundermittel angepriesen worden. Auch wenn die meisten Patienten von Nebenwirkungen verschont blieben, zeigen einige leichte Nebenwirkungen auf."

Auch wenn die Zahl der Betroffenen gering sei, gebe es für sie nur eine begrenzte Zahl von Alternativmedikamenten. "In Malawi suchen wir nun nach alternativen Therapien, die für möglichst viele Patienten in Frage kommen", so Speight. "Ein Medikament, das alle vertragen, gibt es nicht." In diesem Jahr war es in Malawi zu einem Aufruhr unter Aids-Patienten und Aktivisten gekommen. Diese forderten die Regierung auf, alternative Medikamente zu finanzieren.

Eine Option, die Toxizität von ARV zu verringern, wäre eine Verringerung der Dosen, wie Jackson Mukonzo, ein ugandischer Wissenschaftler der Makerere-Universität in Kampala, auf der Konferenz erklärte.


Eine Abwägungsfrage

Doch Tandakha Dieye von der Immunologie-Abteilung der Universität von Dakar zufolge gilt es, die Toxizität von Medikamenten gegen die Fähigkeit, Leben zu verlängern, abzuwägen. "Die Toxizität stellt sich nicht unbedingt unmittelbar nach der Einnahme des Medikaments ein, sondern kann durchaus 20 Jahre später in Erscheinung treten", sagte Dieye gegenüber IPS. "Der Nutzen ist höher als das Risiko. Wir müssen eine Balance zwischen Toxizität und Wirkungsweise der Medikamente finden."

Auf einem Kontinent, auf dem viele HIV-positive Menschen keinen Zugang zu den lebensverlängernden ARV haben, ist die Medikamentenunverträglichkeit eine Gefahr für wirksame Maßnahmen, die Aids-Epidemie zu kontrollieren. Die Ursachen und das Ausmaß der Medikamentenunverträglichkeit bedürfen der weiteren Forschung. Erst dann können Wissenschaftler, Ärzte und Regierungsvertreter Pläne entwickeln, um HIV/Aids zu besiegen. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.unaids.org/en/
http://www.icasa2013southafrica.org/
http://www.ipsnews.net/2013/12/arv-intolerance-growing-problem-aids-treatment-africa/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 10. Dezember 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Dezember 2013