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AUSLAND/1900: Bangladesch - Exporte von Generika im Aufwind, Gewinne fördern Entwicklung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. November 2012

Bangladesch: Exporte von Generika im Aufwind - Gewinne fördern Entwicklung

von Naimul Haq


Bangladesch ist auf dem Weg zum Großexporteur von Generika - Foto: © Naimul Haq/IPS

Bangladesch ist auf dem Weg zum Großexporteur von Generika
Foto: © Naimul Haq/IPS

Dhaka, 19. November (IPS) - Bangladesch, eines der ärmsten Länder der Welt, ist auf dem besten Weg, sich zu einem Großexporteur für preisgünstige Nachahmerpräparate von Markenmedikamenten zu entwickeln. Seit letztem Jahr hat das südasiatische Land Generika im Wert von etwa 50 Millionen US-Dollar ausgeführt. Das ist zwar nur ein Bruchteil des 170 Milliarden US-Dollar umfassenden globalen Geschäfts. Doch jüngste Trends deuten darauf hin, dass sich Bangladesch bald ein deutlich größeres Stück vom Kuchen abschneiden wird.

Der Wettbewerb in der Herstellung qualitativ hochwertiger Generika begann 1982, als die Arzneikontrollverordnung des 150 Millionen Einwohner zählenden Landes die Ausweitung der Inlandsproduktion begünstigte. Nach dem Ausstieg der großen multinationalen Konzerne haben Firmen in Bangladesch rasch Richtlinien zur guten Herstellungspraxis ('Good Manufacturing Practices GMP) eingeführt. Lokale Investoren wurden ermutigt, sich am boomenden Geschäft zu beteiligen.

Schon nach kurzer Zeit tauchten Pharma-Giganten wie 'Square', 'Incepta Pharmaceuticals' und 'Beximco' auf der Bildfläche auf. Nach Angaben von Abdul Muktadir, Generalsekretär der Bangladeschischen Vereinigung der Pharmaindustriebetriebe (BAPI) und geschäftsführender Direktor des zweitgrößten Produzenten 'Incepta Pharmaceuticals', ist die Branche stetig gewachsen.


Exporterfolge durch hohe Qualität

"Medikamente aus Bangladesch werden inzwischen in viele asiatische, afrikanische und südamerikanische Länder ausgeführt. Der Grund für diese globale Expansion ist Qualität", sagte er. "Dies hat es uns auch ermöglicht, auf den Markt der Europäischen Union vorzudringen. Und bald könnten wir auch die Genehmigung für Exporte in die USA erhalten."

Noch sei der Anteil der Ausfuhren viel zu gering, meint BAPI-Vizepräsident Momenul Haq. Die Entwicklung des Wachstums lasse aber erwarten, dass die Medikamente bald andere große Exportartikel wie Kleidung, Jute und Tee überholen würden. Die günstigen Preise machten die in Bangladesch produzierten Arzneien attraktiv.

Von den etwa 200 aktiven Pharmaproduzenten in Bangladesch exportieren die führenden 20 Unternehmen seit Mitte der neunziger Jahre den Löwenanteil von 85 Prozent. In die internationalen Geschäfte kam allerdings erst 2005 Bewegung, als die Arzneikontrollverordnung von 1982 geändert wurde.

Die neuen Richtlinien erkannten an, dass die Produktion bereits 97 Prozent der Nachfrage im Inland deckte, und gaben fortan den Exporten höchste Priorität. In den folgenden Jahren hat das Wachstum stark angezogen. 2001 waren erst Generika im Wert von 3,7 Millionen Dollar in 17 Nachbarstaaten ausgeführt worden. Inzwischen gehen mehr als 300 verschiedene Präparate in 87 Länder. Die Einnahmen überstiegen im vergangenen Jahr die Marke von 50,4 Millionen Dollar.

Nach Angaben des Büros für Exportförderung gehörten Hersteller wie 'Novartis Bangladesh' 2011 zu den größten Nutznießern. Das Unternehmen exportierte demnach Generika im Wert von 10,8 Millionen Dollar. 'Beximco' folgte mit 9,6 Millionen Dollar vor 'Square' mit 7,8 Millionen Dollar.

Haq, der auch Eigentümer von 'General Pharmaceutics' ist, kritisiert die zögerlichen Registrierungsverfahren, insbesondere in Empfängerländern mit moderat regulierten Märkten wie Südkorea, Italien, Deutschland, Belgien, Spanien und Singapur, als Exporthemmnisse. Dennoch habe sich Bangladesch als erfolgreicher Exporteur durchsetzen können und expandiere weiter.

Von den etwa 1.800 lokal hergestellten Generika werden etwa 300 Varietäten ausgeführt. In den meisten Fällen handelt es sich um Antibiotika, Schmerzmittel, Verhütungsmittel, Aufputschmittel, Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel, nicht-konventionelle Pflanzenheilmittel und Ayurveda-Medikamente. Sie werden unter anderem an Saudi-Arabien, in den Jemen, an Kenia, Malaysia, Bhutan, Aserbaidschan, Honduras und Mexiko geliefert.


Großteil der Gewinne kommt dem Staat Bangladesch zugute

Strenge Steuergesetze sorgen dafür, dass ein erheblicher Teil der Gewinne in die lokale Wirtschaft zurückströmt. Damit werden die Bemühungen des Staates Bangladesch unterstützt, sich von einem der ärmsten Länder der Welt (LDCs) zu einem Land mit mittlerem Einkommen zu entwickeln. Die Abhängigkeit von Auslandskrediten hat sich seit Anfang der achtziger Jahre bereits von 85 Prozent auf etwa zwei Prozent 2012 verringert. Das Pro-Kopf-Einkommen stieg von 400 Dollar 2001 auf 650 Dollar 2010.

Nach Ansicht von Experten könnten gutgehende Geschäfte mit Generika das Wachstum im Land noch weiter vorantreiben. Im Inland wurden 2010 Medikamente im Wert von etwa 958,8 Millionen Dollar abgesetzt. Ein weiterer Anstieg von jährlich mindestens zehn Prozent wird erwartet, da sich die Qualität der Gesundheitsdienstleistungen verbessert und die Kaufkraft der Bevölkerung zunimmt.

Der Weg dorthin ist allerdings nicht frei von Hürden. Der Pharma-Stratege Zafrullah Chowdhury, der die Verordnung von 1982 mit ausgearbeitet hat, drängt darauf, dass Bangladesch selbst seltene Bestandteile der Medikamente herstellt. Wenn nämlich ab 2016 die von der Welthandelsorganisation WTO anerkannten Patentausnahmen nicht mehr gelten, könnte Bangladesch nicht mehr so einfach Generika produzieren wie bisher, warnte er.

Laut dem WTO-Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) sind Bangladesch und andere LDC bis 2016 nicht an Patentvorschriften gebunden. In vier Jahren könnten diese Regelungen dem Industriezweig einen fatalen Rückschlag bringen.


Probleme durch Patentschutz auf neue Medikamente
befürchtet

Im Januar 2016 werde der Pharmasektor in Bangladesch Schwierigkeiten bekommen, vor allem bei Medikamenten, die nach 1996 entwickelt worden seien, sagt Sayedur Rahman, der Pharmakologie an der Medizinischen Universität Sheikh Mujib in Dhaka lehrt. "Momentan fallen etwa 150 Medikamente in diese Kategorie. Ihre Preise werden wahrscheinlich durch die Lizenzgebühren steigen, die die Patentinhaber verlangen können", berichtet er.

"Anfangs werden solche Forderungen eventuell noch nicht gestellt. Spätestens nach ein paar Jahren wollen die Patentbesitzer aber sicherlich Zugang zu unserem Markt gewinnen und ihre Erzeugnisse verkaufen, den Vertrieb organisieren und Lizenzgebühren von lokalen Produzenten fordern", so Rahman. Sollten Verhandlungen mit ihnen scheitern, drohen die Medikamente in Bangladesch vom Markt zu verschwinden, und die Einführung neuer Präparate könnte sich verzögern. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.wto.org/english/tratop_e/trips_e/trips_e.htm
http://www.wto.org/english/thewto_e/whatis_e/tif_e/agrm7_e.htm
http://www.bapibd.com/
http://www.ipsnews.net/2012/11/bangladesh-eyes-drug-export-market/

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IPS-Tagesdienst vom 19. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. November 2012