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AUSLAND/1604: Weltbevölkerungsbericht - Traumata als Entwicklungshindernis in Konfliktregionen (DSW)


DSW [news] - Oktober 2010
Deutsche Stiftung Weltbevölkerung

In Konfliktregionen stellen Traumata ein Entwicklungshindernis dar


In bewaffneten Konflikten wird geschlechtsspezifische Gewalt einschließlich Vergewaltigung immer häufiger als Instrument der Kriegsführung eingesetzt. Diese Form der Gewalt steht im Mittelpunkt des diesjährigen UNFPA-Weltbevölkerungsberichts "Krise, Frieden, Wiederaufbau: Gesellschaften im Wandel".


Anlass für den Themenschwerpunkt ist der zehnte Jahrestag der UN-Resolution 1325. Mit der Resolution hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im Jahr 2000 erstmals alle Parteien bewaffneter Konflikte aufgefordert, Frauen und Mädchen vor sexueller Gewalt besser zu schützen und sie stärker bei Friedensvereinbarungen mit einzubeziehen. Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) stellt den Bericht am heutigen 20. Oktober gemeinsam mit UNFPA, dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Berlin der Presse vor.

Sexuelle Gewalt kann Gesellschaften destabilisieren

"Eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren UN-Resolution 1325 zeigt die Dringlichkeit, sich mit dem Thema zu befassen", erklärt UNFPA-Vertreterin Bettina Maas. Der aktuelle Weltbevölkerungsbericht macht deutlich, wie die durch Vergewaltigungen erlittenen Traumata weit über das Kriegsende hinaus nachwirken und ganze Gesellschaften destabilisieren können. "Damit die Betroffenen wieder ins normale Leben zurückkehren können, ist gesellschaftliche Unterstützung entscheidend: beispielsweise durch die Familie und Freunde, aber auch durch Nichtregierungsorganisationen und internationale Helfer, die etwa mit psychosozialer und juristischer Betreuung helfen", so Bettina Maas weiter. Der Bericht untersucht Länder, in denen es Konflikte oder Naturkatastrophen gab und die sich auf dem Weg der Stabilisierung befinden: Bosnien-Herzegowina, Liberia, Uganda, Osttimor, die Palästinensischen Autonomiegebiete, Jordanien und Haiti.

Zugang zu reproduktiver Gesundheit: Fortschritte haben sich verlangsamt

Der neue Bericht weist auch auf die mangelnde reproduktive Gesundheitsfürsorge in Regionen hin, die von bewaffneten Konflikten oder Naturkatastrophen betroffen sind: Hier fehlt es an Verhütungsmitteln, Schwangerenbetreuung und Geburtshilfe. Das Risiko, bei der Geburt zu sterben, ist daher für Frauen hier besonders hoch. Weltweit ereignen sich über 60 Prozent aller Fälle von Müttersterblichkeit in nur zehn Ländern, neun davon befinden sich entweder in einem Krieg oder im Wiederaufbau. Im Rahmen der Millennium-Entwicklungsziele hat sich die internationale Staatengemeinschaft das Ziel gesetzt bis 2015 jedem Menschen den Zugang zu reproduktiver Gesundheitsfürsorge zu verschaffen. Weltweit hat sich der Fortschritt bei der Verwirklichung dieses Ziels verlangsamt. Wie aus dem Weltbevölkerungsbericht hervorgeht, gibt es einen starken Zusammenhang zwischen dem Zugang zu reproduktiver Gesundheit und soziodemographischen Faktoren: Besonders benachteiligt sind arme Frauen mit einem niedrigen Bildungsgrad in Entwicklungsländern. Sie haben beispielsweise einen deutlich schlechteren Zugang zu Verhütungsmitteln und werden häufiger im Teenageralter schwanger als sozial höher gestellte Frauen. "Mit reproduktiver Gesundheitsfürsorge lassen sich Tausende von Todesfällen vermeiden. Hier müssen die Investitionen deutlich erhöht werden. Noch immer sterben jeden Tag 1.000 Frauen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder Geburt. Hätten alle Frauen Zugang zu Verhütungsmitteln und Familienplanung, ließe sich die Müttersterblichkeit um 30 Prozent senken", erklärt Renate Bähr, Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung.

"Wir wissen, dass Familienplanung eine der wirksamsten Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit von Frauen und Müttern ist", betont Gudrun Kopp, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. "Darum wird Deutschland in den kommenden Jahren der selbstbestimmten Familienplanung höchste politische Priorität einräumen und die Finanzmittel in diesem Bereich ab 2011 auf jährlich 80 Millionen Euro verdoppeln."

Gleichberechtigung von Frauen entscheidend

Auch zehn Jahre nach Verabschiedung der Resolution 1325 leiden Mädchen und Frauen noch immer besonders unter den Folgen von Konflikten. "Die Diskriminierung von Mädchen und Frauen muss endlich ein Ende haben", fordert Bettina Maas. "Wenn sie als gleichberechtigt wahrgenommen werden, werden sie seltener Opfer von Vergewaltigungen und können besser zu Friedensprozessen beitragen."

Quelle: DSW-Pressemitteilung, 20. Oktober 2010.


Die deutsche Kurzfassung des aktuellen Weltbevölkerungsberichts "Krise, Frieden, Wiederaufbau: Gesellschaften im Wandel", der sich unter anderem mit geschlechtsspezifischer Gewalt in Konfliktregionen beschäftigt, können Sie hier kostenlos herunterladen:
http://www.weltbevoelkerung.de/publikationen/weltbevoelkerungsbericht2010.shtml?navanchor=1010051

oder in gedruckter Form bestellen:
http://www.weltbevoelkerung.de/publikationen/bestellformular.php

Eine Zusammenfassung des Weltbevölkerungsberichts finden Sie hier:
http://www.weltbevoelkerung.de/pdf/Zusammenfassungwbb2010.pdf

Ein Infoblatt zu den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates zu Frauen, Frieden und Sicherheit finden Sie hier:
http://www.weltbevoelkerung.de/pdf/Infoblatt_Resolutionen_Weltsicherheitsrat.pdf

Infoblätter zu weiteren Themen des Weltbevölkerungsberichts finden Sie hier
http://www.weltbevoelkerung.de/pdf/Grafiken_und_Infos_2010_final.pdf


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Die DSW [news] werden im Rahmen der europäischen Öffentlichkeitskampagne "Reproductive Health For All" herausgegeben. Die Kampagne wird von der Europäischen Union finanziell gefördert. Für den Inhalt der DSW [news] ist allein die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung verantwortlich; der Inhalt kann in keiner Weise als Standpunkt der Europäischen Union angesehen werden.

Internet: www.weltbevoelkerung.de/DSW_news/pdfs/DSW__news__Oktober_2010.pdf


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Quelle:
DSW [news] - Oktober 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2010