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MELDUNG/668: EU-Flüchtlingspolitik - Ärzte ohne Grenzen kritisiert fehlende legale Fluchtwege nach Europa (ÄoG)


Ärzte ohne Grenzen - 24. Juni 2015

EU-Flüchtlingspolitik: Ärzte ohne Grenzen kritisiert fehlende legale Fluchtwege nach Europa und inakzeptable Aufnahmebedingungen in Griechenland

Zum EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel fordert Ärzte ohne Grenzen eine radikale Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik der europäischen Staaten.


"Die EU muss endlich den Schutz von Menschenleben statt von Grenzen in den Mittelpunkt ihrer Politik rücken. Deutschland als einflussreicher EU-Staat muss darauf dringen, dass Flüchtlinge legal nach Europa fliehen können", erklärt Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland. "Während Menschen auf der Flucht nach Europa gezwungen sind, das Mittelmeer auf überfüllten Booten zu überqueren und dabei ihr Leben zu riskieren, lassen die Staats- und Regierungschefs Zäune bauen und schließen Grenzen. Das ist beschämend."

Ärzte ohne Grenzen ist mit medizinischen Teams auf drei Rettungsschiffen im Mittelmeer unterwegs. Seit Anfang Mai haben die Teams mehr als 4.000 Menschen aus Seenot gerettet. Außerdem arbeiten medizinische und psychologische Teams an Häfen und auf Inseln in Italien und Griechenland, in denen viele Bootsflüchtlinge ankommen, sowie an den Grenzen zwischen Griechenland und Mazedonien sowie Serbien und Ungarn. Ärzte ohne Grenzen fordert die EU-Staaten dringend auf, Griechenland und Italien zu unterstützen, Flüchtlinge menschenwürdig aufzunehmen.

Auf der griechischen Insel Kos werden Bootsflüchtlinge beispielsweise in einem ehemaligen Hotel alleine gelassen, das fünffach überbelegt ist. Angesichts fehlender Hilfe hat ein Team von Ärzte ohne Grenzen das Hotel gesäubert, Toiletten und Duschen installiert und das stehende Wasser aus dem Swimmingpool abgelassen, das eine Gefahr für kleine Kinder darstellte. Ein medizinisches Team und ein Psychologe betreuen die Bewohner.

"Ich habe schon in vielen Flüchtlingslagern gearbeitet, im Jemen, in Malawi und Angola. Aber hier auf Kos erlebe ich zum ersten Mal, dass Menschen komplett alleingelassen werden", sagt Stathis Kyroussis, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Griechenland. "Die Behörden haben ein ehemaliges Hotel als Unterkunft ausgewählt, weil es weit vom Stadtzentrum entfernt ist. Sie haben die ankommenden Menschen einfach hineingepfercht - ohne jegliche Informationen, ohne Hilfe, ohne alles. Was wir dort Tag für Tag sehen, ist völlig inakzeptabel. Sich um diese Menschen zu kümmern, ist die Aufgabe des Staates. Aber weil es keinerlei nennenswerte Hilfe gibt, haben wir uns entschlossen, zu handeln, um die Gesundheit und die Würde dieser Menschen zu schützen. Man bekommt das Gefühl, dass die EU Flüchtlinge und Migranten als Feinde betrachtet. Sie bauen Zäune, entsenden Soldaten und verweigern Hilfe."

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2015

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