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GESCHICHTE/566: Die Pest - Forscher enthüllen Ursache für eine der verheerendsten Pandemien der Geschichte (idw)


Australisch-Neuseeländischer Hochschulverbund / Institut Ranke-Heinemann - 06.03.2014

Forscher enthüllen Ursache für eine der verheerendsten Pandemien der Geschichte



Die moderne Wissenschaft hat einen historisch ungeklärten Fall gelöst, indem sie gezeigt hat, dass zwei der schlimmsten Pandemien der Menschheitsgeschichte, die als "schwarzer Tod" bekannte Pestseuche und die sogenannte Justinianische Pest von verschiedenen Formen des gleichen Erregers Yersinia pestis ausgelöst wurden. Beiden Pandemien fiel jeweils etwa die Hälfte der damaligen europäischen Bevölkerung zum Opfer.

Ein Forschungsteam aus internationalen Wissenschaftlern, darunter auch Forscher der University of Sydney, bediente sich kleinster DNA-Fragmente von 1.500 Jahre alten Zähne zweier Opfern der Justinianischen Pest, und reproduzierte daraus die ältesten je gewonnenen krankheitserregenden Humangenome. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass auch in Zukunft neue Pandemien ausbrechen könnten.

"Wir haben festgestellt, dass das für die Justinianische Pest verantwortliche Bakterium, das durch Ratten auf den Menschen übertragen wurde, von alleine verschwunden ist", so Professor Edward Holmes von der biologischen Fakultät der University of Sydney. Professor Holmes war als einer der führenden Forscher an der Studie beteiligt, die in der medizinischen Fachzeitschrift Lancet Infectious Disease erschienen ist. Die Erkenntnisse eröffnen nicht nur eine neue geschichtliche Perspektive, sondern könnten auch zu einem besseren Verständnis zur Entwicklung moderner Infektionskrankheiten beitragen.

Die Erkenntnisse sind bedeutsam, da bisher sehr wenig über die Ursache der rätselhaften Justinianischen Pest bekannt war, die zum Ende des Römischen Reiches beigetragen hat, indem sie nahezu die Hälfte der Weltbevölkerung auslöschte, als sie sich über Asien, Nordafrika, den Nahen Osten und Europa verbreitete.

Die Stichproben stammten von Opfern der Pest, die auf einem kleinen Friedhof im oberbayrischen Aschheim begraben sind. Man geht davon aus, dass sie der Pest zum Opfer fielen, als diese zwischen 541 und 543 den Süden Bayerns erreichte.

Für die Studie rekonstruierten Forscher das älteste je reproduzierte krankheitserregende Genom und glichen dieses mit einer Datenbank von über hundert heutigen Stämmen des Yersinia pestis Genoms ab.

Dabei fanden sie heraus, dass der Ausbruch der Justinianischen Pest evolutionär gesehen eine Sackgasse war und sich von den Krankheitserregern der anderen Pest-Pandemien unterschied. Eine dritte Pandemie, die sehr wahrscheinlich durch einen Nachfolger des Pest-Krankheitserregers ausgelöst wurde, brach 1855 im chinesischen Yunnan aus und verbreitete sich weltweit. Dabei starben allein in China und Indien 12 Millionen Menschen.

Dave Wagner, Professor am Zentrum für Mikrobielle Genetik und Genomforschung der Northern Arizona University meint: "Wir wissen, dass das Bakterium Y. pestis im Laufe der Geschichte immer wieder von Nagetieren auf den Menschen übertragen wurde und es auch heute noch weltweit einzelne mit dem Pesterreger infizierte Nagetiere gibt. Zum Glück haben wir aber Antibiotika zur Bekämpfung der Seuche, was die Gefahr für einen erneuten Ausbruch einer weitreichenden menschlichen Pandemie minimiert.

Zwei Fragen bleiben jedoch offen: warum war die Justinianische Pest so extrem ansteckend und was hat zu ihrem Ende geführt?

"Die Studie wirft die faszinierende Frage auf, warum ein Krankheitserreger, der zugleich so erfolgreich und so tödlich war, ausgestorben ist. Eine zu prüfende Theorie wäre, dass die menschliche Bevölkerung im Laufe der Entwicklung weniger anfällig für den Erreger geworden ist", so Professor Holmes.

Hendrik Poinar, Professor und Direktor des McMaster Ancient DNA Centre und Prüfer am Michael G. DeGroote Institute for Infectious Disease Research ist Co-Autor der Studie.

Die Studie wurde in Teilen finanziert vom Social Sciences and Humanities Research Council of Canada, dem Canada Research Chairs Program, dem US Department of Homeland Security, den US National Institutes of Health sowie vom Australian National Health and Medical Research Council.


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Quelle:
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Australisch-Neuseeländischer Hochschulverbund / Institut Ranke-Heinemann
Sabine Ranke-Heinemann, 06.03.2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2014