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MELDUNG/873: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 29.11.15 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Laborstudie: Kölner Forscher sondieren neuen Ansatz gegen Epilepsie bei Neugeborenen
→  Zellerneuerung und zelluläre Qualitätskontrolle besser verstehen
→  Medizinpremiere in Thüringen: Kabelloser Mini-Herzschrittmacher am UKJ implantiert
→  Beeinträchtigte Wahrnehmung - Gemeinsames Forschungsprojekt von UKE und Universität Hamburg
→  Epigenetische Ansätze zur Tumortherapie


Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) - 23.11.2015

Laborstudie: Kölner Forscher sondieren neuen Ansatz gegen Epilepsie bei Neugeborenen

Bestimmte Formen der Epilepsie können bereits in den ersten Lebenswochen auftreten. Eine Laborstudie zeigt nun, dass eine vorbeugende Therapie erfolgreich sein kann, sofern sie innerhalb eines für die Hirnentwicklung kritischen Zeitfensters durchgeführt wird. Das berichtet ein deutsch-französisches Forscherteam um Prof. Dirk Isbrandt vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Universität zu Köln im Fachjournal "Nature Medicine".

Bei neugeborenen Mäusen gelang es den Wissenschaftlern mit Hilfe des Wirkstoffs "Bumetanid" die Auswirkungen der Erkrankung so zu begrenzen, dass sich die Tiere weitgehend normal entwickelten. Langfristig könnten diese Forschungsergebnisse den Weg für neue Behandlungsoptionen beim Menschen bereiten.

Isbrandt und seine Kollegen untersuchten Mäuse mit einem Gendefekt, der in ähnlicher Weise auch beim Menschen vorkommt und schon bei Neugeborenen eine Epilepsie auslösen kann. Denn diese Mutation führt dazu, dass in der Hülle der Nervenzellen winzige Schleusen nicht richtig funktionieren und die Kommunikation zwischen den Zellen gestört wird. Mögliche Symptome sind krampfartige oder zuckende Bewegungen, aber auch weitaus subtilere Verhaltensstörungen können auftreten. Zwar gibt es milde Verlaufsformen, doch häufig entwickelt sich ein Krankheitsbild mit schweren Schäden der geistigen Fähigkeiten.

"Dieser Gendefekt wirkt sich auf einen sogenannten Ionenkanal in der Zellmembran aus, der Kv7-Kanal oder auch M-Kanal genannt wird. Durch diesen Defekt gerät das Ionengleichgewicht durcheinander. Das beeinflusst die Erregbarkeit der Nervenzellen", erläutert Isbrandt, der für das DZNE und als Professor für Experimentelle Neurophysiologie auch an der Universität zu Köln forscht. "Epilepsien bei Neugeborenen können unter anderem durch Sauerstoffmangel, Hirnblutungen oder Infektionen ausgelöst werden. Gibt es kein Geburtstrauma, dann sind häufig Mutationen des Kv7-Kanals oder eines anderen Ionenkanals die Ursache. Die Anfälle dieser Patienten sind bisher therapeutisch kaum in den Griff zu bekommen."

Studien an Mäusen

Aus einer vorherigen Studie an Mäusen wussten die Wissenschaftler, dass der Kv7-Kanal für die frühe Entwicklung des Gehirns besonders wichtig ist. Isbrandt: "Entscheidend sind die ersten beiden Wochen nach der Geburt der Maus. Im Erwachsenenalter hat sich die Physiologie des Gehirns dann so weit verändert, dass dieser Kanal eine weniger wichtige Rolle spielt."

Hier setzten die Forscher jetzt an: Sie behandelten Mäuse mit einer Mutation des Kv7-Kanals während der ersten beiden Lebenswochen mit "Bumetanid". Dieser Wirkstoff kann Nervenzellen helfen, ihr Ionengleichgewicht zu bewahren. Das war bereits bekannt. Doch in diesem Fall entpuppte sich Bumetanid als noch wirkungsvoller als erwartet: Die Fehlfunktion des Kv7-Ionenkanals wurde nahezu vollständig kompensiert.

Das korrekte Timing

Denn die vorübergehende Behandlung normalisierte die Hirnaktivität der Mäuse und weitgehend auch deren Verhalten. Im Erwachsenenalter blieben epileptische Anfälle aus, obwohl der Gendefekt weiterhin vorlag. "Die zweiwöchige Therapie konnte die Auswirkungen der gestörten Kv7-Funktion nahezu komplett verhindern, weil wir präventiv und zum richtigen Zeitpunkt in die Entwicklung des Gehirns eingegriffen haben", resümiert der Forscher.

Dagegen entwickelten nicht behandelte Artgenossen mit dem gleichen Genfehler eine dauerhafte Epilepsie: Ihre Hirnaktivität war gestört, die Hirnstruktur verändert. Die erkrankten Tiere zeigten Hyperaktivität und andere Verhaltensauffälligkeiten.

Anknüpfungspunkte für die Therapie beim Menschen

Bumetanid ist bei erwachsenen Menschen zur Therapie von Nieren- und Herzerkrankungen zugelassen. Außerdem gibt es Studien zur Behandlung epileptischer Anfälle bei Neugeborenen. Diese zielen allerdings nicht auf Vorbeugung, sondern darauf, die akuten Symptome zu mildern.

"Wir wollten herausfinden, wie Prävention prinzipiell funktionieren kann. Unsere Studie belegt, dass es auf das Timing ankommt", so Isbrandt. "Diese Ergebnisse bekräftigen daher einen strategischen Ansatz. Es geht darum, die kritische Phase der Hirnentwicklung zu identifizieren, in der eine Behandlung den maximalen Erfolg bringt. Erkenntnisse darüber könnten auch für die Therapie beim Menschen hilfreich sein."

Möglicherweise müsste die Behandlung aber früher ansetzen als bei Mäusen, was an der unterschiedlichen Geschwindigkeit der Hirnentwicklung liegt. "Die ersten beiden Wochen nach der Geburt einer Maus entsprechen beim Menschen ungefähr dem letzten Schwangerschaftsdrittel", so Isbrandt. "Insofern müsste eine Therapie beim Menschen vermutlich schon im Mutterleib beginnen. Das ist aus heutiger Sicht noch sehr weit hergeholt. Naheliegender wäre es, Frühgeborene mit einem hohen Epilepsie-Risiko zu behandeln. Ob sich dieser Gedanke praktisch umsetzen lässt, muss sich aber erst noch herausstellen."

• Diese Forschungsarbeiten wurden unter anderem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Förderschwerpunkts "NGFN-Plus" und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Originalveröffentlichung
"Treatment during a vulnerable developmental period rescues a genetic epilepsy", Stephan Lawrence Marguet, Vu Thao Quyen Le-Schulte, Andrea Merseburg, Axel Neu, Ronny Eichler, Igor Jakovcevski, Anton Ivanov, Ileana Livia Hanganu-Opatz, Christophe Bernard, Fabio Morellini, Dirk Isbrandt, Nature Medicine, DOI: 10.1038/nm.3987

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dzne.de/ueber-uns/presse/meldungen/2015/pressemitteilung-nr-19.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1369

Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE), Dr. Marcus Neitzert, 23.11.2015

Raute

Goethe-Universität Frankfurt am Main - 24.11.2015

Zellerneuerung und zelluläre Qualitätskontrolle besser verstehen

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert in den kommenden vier Jahren einen neuen Sonderforschungsbereich (SFB) zur selektiven Autophagie unter Federführung der Goethe-Universität mit insgesamt 11 Millionen Euro. Die selektive Autophagie ist ein zellulärer Abbauprozess, der unter anderem vor Krankheiten schützt. Ziel des SFBs ist, die Prozesse auf molekularer und zellulärer Ebene besser zu verstehen und langfristig Erkrankungen gezielter therapieren zu können.

FRANKFURT. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert in den kommenden vier Jahren einen neuen Sonderforschungsbereich (SFB) zur selektiven Autophagie unter Federführung der Goethe-Universität mit insgesamt 11 Mio. Euro. Die selektive Autophagie ist ein wichtiger Abbauprozess, mit dem Zellen schädlichen Ballast und andere überflüssige Bestandteile entsorgen. Er trägt zur regelmäßigen Zellerneuerung und zur Qualitätskontrolle bei und schützt so vor Erkrankungen. Fehler in diesem System können die Entstehung von Krebs, Morbus Parkinson, Infektionskrankheiten und Entzündungsreaktionen befördern. Ziel des SFBs ist, die Autophagie auf molekularer und zellulärer Ebene besser zu verstehen. Die Forscher hoffen, diese Prozesse künftig gezielt mit Wirkstoffen beeinflussen zu können, um die Therapie von Erkrankungen zu verbessern.

Universitätspräsidentin Prof. Birgitta Wolff gratulierte: "Glückwunsch an Ivan Dikic und sein Team für diesen wichtigen Erfolg! Grundlagenforschung dieser Gruppe bildet eine vielversprechende Basis für die Entwicklung neuer, wirksamerer Therapien. Besonders freuen wir uns, dass wir diesen SFB auch in Zusammenarbeit mit der Uni Mainz, dem Mainzer Institut für Molekulare Biologie und dem Georg-Speyer Haus realisieren - ein weiteres Zeichen für die Vitalität unserer regionalen Kooperation."

Die Autophagie findet sich in einfachen Organismen wie der Hefezelle bis hin zu komplexen Lebewesen wie dem Menschen. Über diesen Prozess werden beispielsweise verklumpte Proteine vernichtet, die zu schweren Schäden in Zellen und zum Zelluntergang führen können. Das ist bei zahlreichen neurodegenerativen Erkrankungen zu beobachten. Sogar ganze Zellorganellen können mit Hilfe der Autophagie abgebaut werden. Ebenso werden auf diesem Weg in die Zelle eingedrungene Viren oder Bakterien unschädlich gemacht. Die dabei zurück gewonnenen Bausteine kann die Zelle als Rohstoffe wieder verwerten, weshalb Autophagie auch eine Strategie ist, in Zeiten mangelnder Energiezufuhr zu überleben.

Die Autophagie ist ein hoch komplizierter, sehr exakt regulierter Prozess, der die konzertierte Aktion zahlreicher Mitspieler erfordert: Das abzubauende Substrat wird zunächst spezifisch erkannt und in Membranen zum sogenannten Autophagosom verpackt. Dieses fusioniert mit größeren Zellorganellen, den mit Verdaungsenzymen gefüllten Lysosomen, die dann die Ladung in die einzelnen Bausteine zerlegen.

"Erst in den vergangenen 10 Jahren wurde die enorme Bedeutung der Autophagie für die Gesundheit erkannt. Daraufhin sind die Forschungsaktivitäten zu diesem Thema weltweit rasant angestiegen", erklärt Prof. Ivan Dikic, Sprecher des SFBs und Direktor des Instituts für Biochemie II an der Goethe-Universität. "Durch die Rekrutierung neuer Gruppenleiter ist es uns gelungen, Frankfurt zu einem Zentrum für Autophagie-Forschung auszubauen. Das ermöglicht uns nun, die vielen offenen Fragen anzugehen: Wodurch wird Autophagie ausgelöst? Woher "weiß" die Zelle, welche Bestandteile sie abbauen soll? Wie funktioniert die Abstimmung mit anderen zellulären Mechanismen?"

Bekannt ist mittlerweile, dass die Rolle der Autophagie stark vom zellulären Kontext abhängt: In gesunden Zellen verhindert sie die Entstehung von Krebszellen. Gleichzeitig nutzen Krebszellen jedoch die Autophagie zu ihren eigenen Gunsten aus, um Nährstoff-Engpässe, die durch schnelles Tumorwachstum entstehen, zu überstehen. Diesem komplexen Zusammenspiel sind die Wissenschaftler auf der Spur. Wenig erforscht ist auch die Wechselwirkung der Autophagie mit anderen Mechanismen wie dem zellulären Membrantransport (Endozytose), dem programmierten Zelltod (Apoptose) und dem Ubiquitin-System, das Proteine für den Abbau im Proteasom markiert.

In dem neuen SFB wollen die Forscher die Autophagie auf der Ebene von Molekülen, Zellen und Modell-Organismen studieren. Er ist das erste großangelegte Verbundprojekt zu dieser Thematik innerhalb Deutschlands und ermöglicht es den Frankfurter und Mainzer Forschern, sich in einem international sehr kompetitiven Feld zu positionieren. Erforderlich hierfür ist eine breite Aufstellung über viele Disziplinen, und so sind innerhalb des Netzwerkes Strukturbiologen ebenso vertreten wie Biochemiker, Zellbiologen und Mediziner aus der Klinik. Die gewonnenen Erkenntnisse zu den molekularen Mechanismen sollen direkt in Modellsystemen für menschliche Erkrankungen verwertet werden.

• Von der Goethe-Universität ist neben den Fachbereichen Biowissenschaften, Biochemie, Chemie und Pharmazie sowie Medizin auch das Buchmann Institut für Molekulare Lebenswissenschaften beteiligt. Kooperationspartner sind das Institut für Pathobiochemie an der Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg Universität Mainz (Prof. Dr. Christian Behl ist Vizesprecher des SFBs), das Georg-Speyer-Haus in Frankfurt und das Institut für Molekulare Biologie gGmbH, Mainz.

Informationen:
Prof. Ivan Dikic, Institut für Biochemie II
Universitätsklinikum
Tel.: (069) 6301-5652, Ivan.Dikic@biochem2.de

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto "Wissenschaft für die Gesellschaft" in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften."

Herausgeber:
Die Präsidentin
Abteilung Marketing und Kommunikation
60629 Frankfurt am Main

Redaktion:
Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation
Theodor-W.-Adorno-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main
E-Mail hardy@pvw.uni-frankfurt.de
Internet: www.uni-frankfurt.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution131

Quelle: Goethe-Universität Frankfurt am Main, Dr. Anne Hardy, 24.11.2015

Raute

Universitätsklinikum Jena - 24.11.2015

Medizinpremiere in Thüringen: Kabelloser Mini-Herzschrittmacher am UKJ implantiert

Neues Gerät nur 18 Millimeter lang / Gerät wird über Venenkatheter im Herzen platziert

Erstmals in Thüringen haben Kardiologen des Universitätsklinikums Jena (UKJ) bei einem Patienten einen kabellosen Herzschrittmacher implantiert. Der kapselförmige Schrittmacher hat eine Länge von nur 18 Millimetern und erinnert optisch an ein kleines Zäpfchen. Der 83-jährige Patient konnte das UKJ bereits einem Tag nach der Implantation wieder verlassen.

"Ein großer Vorteil des neuen Schrittmachers ist es, dass er komplett ohne Kabel implantiert werden kann. Anders als bei anderen Schrittmachersystemen gibt es keine zusätzliche Sonde, die über die Schlüsselbeinvene eingeführt werden muss. Das senkt das Risiko für Komplikationen und Infektionen enorm und die Patienten sind schneller wieder mobil", erklärt Privatdozent Dr. Dirk Prochnau, Oberarzt der Klinik für Innere Medizin I (Kardiologie) am UKJ. Er hat die Implantation am 12. November gemeinsam mit Privatdozent Dr. Ralf Surber, dem leitenden Oberarzt der Klinik, durchgeführt. Der Eingriff dauerte knapp 30 Minuten, der Patient war währenddessen bei vollem Bewusstsein.

Der kapselförmige Schrittmacher wird minimalinvasiv über einen Venenkatheter unmittelbar in der rechten Herzkammer platziert. Durch vier integrierte kleine hakenförmige Titanarme wird er dann in der Herzwand befestigt und gibt die elektrischen Impulse ab. "Der Schrittmacher kann u.a. bei Patienten mit Vorkammerflimmern oder bei nur selten auftretenden langsamen Rhythmusstörungen eingesetzt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt eignet sich dieser kabellose Herzschrittmacher noch nicht für alle Patienten. Die Indikation zum Einsetzen dieses neuartigen Herzschrittmachers muss deshalb immer individuell geprüft werden", betont Dr. Prochnau. Die Funktionsdauer der im Schrittmacher integrierten Batterie liegt bei rund zehn Jahren, danach müsste ein neuer Schrittmacher implantiert werden. Die Herzexperten des UKJ waren die ersten Mediziner in Thüringen, die den neuen Schrittmacher eingesetzt haben. Auch bundesweit gibt es bislang nur sehr wenige Kliniken, die das System in der Patientenversorgung einsetzen können. Die Kardiologen des UKJ setzen jährlich bei rund bei 450 Patienten Herzschrittmacher ein.

Klinikdirektor Prof. Dr. Christian Schulze: "Wir freuen uns, dass wir als erstes Zentrum im Freistaat dieses neue und innovative Schrittmachersystem für unsere Patienten nutzen können. Das belegt unsere hohe Innovationskompetenz auf dem Gebiet der Herzrhythmusstörungen. Auch die sehr gute Zusammenarbeit mit unserer Klinikverwaltung hat dazu beigetragen, dass wir nun zu den ersten Kliniken in Deutschland zählen, in der dieses System verfügbar ist."

Patient Gerhard Litzbarski hofft vor allem, dass er nun seine frühere Leistungsfähigkeit wieder erlangen kann: "Ich fühlte mich vorher sehr schlapp, mir wurde oft schwindelig. Schließlich wurde bei mir eine Rhythmusstörung diagnostiziert. So kam ich in die Uniklinik Jena. Vielleicht kann ich jetzt bald auch wieder Rad fahren", wünscht sich der 83-Jährige aus der Nähe von Gera.

• Kontakt

Prof. Dr. P. Christian Schulze
Universitätsklinikum Jena
Klinik für Innere Medizin I
Erlanger Allee 101
07747 Jena

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uniklinikum-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1461

Quelle: Universitätsklinikum Jena, Stefan Dreising, 24.11.2015

Raute

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf - 25.11.2015

Beeinträchtigte Wahrnehmung - Gemeinsames Forschungsprojekt von UKE und Universität Hamburg

Das ungestörte Zusammenspiel aller Sinne ermöglicht Menschen eine zusammenhängende und effiziente Wahrnehmung - so gehören zum Beispiel Sehen und Fühlen ganz eng zusammen. Fehlt einer dieser Sinne in einer frühen Lebensphase, wirkt sich dies später negativ auf die gesamte Wahrnehmung aus. Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und der Universität Hamburg ist es gelungen, die zugrundeliegenden Hirnprozesse zu identifizieren. Die Ergebnisse sind jetzt in der renommierten Fachzeitschrift PLOS Biology veröffentlicht worden.

Sinneseindrücke wie Sehen, Hören, Tasten und Riechen steuern unser tägliches Leben. Um zielgerichtet handeln zu können, müssen diese Eindrücke integriert werden, wenn sie vom gleichen Ereignis stammen. Die Wahrnehmung sensorischer Informationen war für die Evolution von Lebewesen unabdingbar, so dass sich spezialisierte Sinnesorgane mit individuellen neuronalen Systemen im Gehirn ausbildeten. "Alle einzelnen Sinnesmodalitäten sind für spezifische Situationen von großem Nutzen. Jedoch kommt es erst durch das Zusammenspiel verschiedener sensorischer Modalitäten zu einer optimalen Wahrnehmung", erläutert Prof. Dr. Ileana Hanganu-Opatz, Leiterin der Gruppe Entwicklungsneurophysiologie am Institut für Neuroanatomie des UKE.

Da diese multisensorische Wahrnehmung keine angeborene Eigenschaft ist, stellt sich den Wissenschaftlern die Frage, wie sich die Fähigkeit, sensorische Reize verschiedener Modalitäten miteinander zu kombinieren, entwickelt. Mit Hilfe elektrophysiologischer Messungen, anatomischer Untersuchungen und Verhaltensstudien im Labor konnte das Forscherteam um Prof. Hanganu-Opatz zusammen mit Prof. Dr. Brigitte Röder, Institut für Biologische Psychologie und Neuropsychologie der Universität Hamburg, erstmals die Reifung multisensorischer Fähigkeiten mechanistisch aufklären. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass Sinneserfahrungen einer sensorischen Modalität in bestimmten Entwicklungsphasen für die Reifung multisensorischer Fähigkeiten unabdingbar sind und ihre auch nur kurzfristige Abwesenheit zu permanenten Beeinträchtigungen multisensorischer Verarbeitung in kortiko-kortikalen Netzwerken und des Verhaltens führt.

Die Arbeiten des Projekts wurden durch die Exzellenzinitiative der Stadt Hamburg ("neurodapt"), aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie durch Finanzierungen des Sonderforschungsbereichs SFB 936 und des Schwerpunktprogramms SPP 1665 der DFG gefördert. Die Arbeitsgruppe von Prof. Hanganu-Opatz, die am Zentrum für Molekulare Neurobiologie Hamburg (ZMNH) angesiedelt ist, erforscht die Entwicklung kognitiver und multisensorischer Fähigkeiten in neuronalen Netzwerken (www.zmnh.uni-hamburg.de/zmnh/groups/hanganu).

• Literatur:
Sieben, K., Bieler, M., Röder, B., Hanganu-Opatz, I.L. (2015). Neonatal restriction of tactile inputs leads to long-lasting impairments of cross-modal processing. Plos Biology (2015), DOI: 10.1371/journal.pbio.1002304

Kontakt:
Prof. Dr. Ileana Hanganu-Opatz
Zentrum für Molekulare Neurobiologie Hamburg (ZMNH)
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Falkenried 94
20246 Hamburg
E-Mail: hangop@zmnh.uni-hamburg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution347

Quelle: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Saskia Lemm, 25.11.2015

Raute

Wilhelm Sander-Stiftung - 25.11.2015

Epigenetische Ansätze zur Tumortherapie

Die Funktion einer Zelle wird zum Einen von der Erbinformation bestimmt, dem Genom, zum Anderen von den Instruktionen, wie dieses Genom zu verwenden ist, z.B. ob bestimmte Gene an- oder abgeschaltet werden. Diese Instruktionen sind in chemischen Modifikationen der DNA und der DNA verpackenden Proteine kodiert, die man heute als epigenetisch bezeichnet.

Krebserkrankungen gehen in der Regel mit Änderungen im Genom der Tumorzellen einher (sog. Mutationen), außerdem kommt es aber auch zu umfassenden epigenetischen Änderungen. Hierbei werden dann z.B. die Zellteilung inhibierende Gene abgeschaltet oder das Ablesen von sog. Onkogenen wird stimuliert, deren Genprodukte die Zellteilung befördern. Interessanterweise, sind diese epigenetischen Änderungen (im Gegensatz zu den genetischen Mutationen) reversibel, was die Perspektive einer epigenetischen Tumorbehandlung eröffnet. Ziel dieses Projekts war es, DNA Methylierung als reprimierendes epigenetisches Signal gezielt neu zu etablieren und dadurch das Ablesen von Onkogenen abzuschalten. Dies sollte mit künstlich hergestellten Fusionsproteinen erfolgen, die einen Anteil haben, der gezielt an die regulatorischen Regionen eines Onkogens bindet, und einen zweiten Anteil, der dann dort DNA Methylierung einfügt und damit das Gen stilllegt. Diese Vorgehensweise wird als Epigenom Editierung bezeichnet, und sie hat weitreichende medizinische Anwendungsmöglichkeiten, die wesentlich über die Tumortherapie hinausgehen. Wir konnten experimentell zeigen, dass die gezielte Methylierung an zwei unterschiedlichen Genen erfolgreich etabliert werden konnte und dies, wie beabsichtigt, das Ablesen der entsprechenden Onkogene verhindert. In einem Fall konnten wir auch zeigen, dass diese Genrepression die Teilungsrate einer Tumorzelllinie in Zellkulturen verringert, womit das Potential einer epigenetischen Tumortherapie illustriert wird. Zukünftige Studien sollen nun zeigen, ob der tumorinhibierende Effekt der Methylierung von Onkogenen auch in lebenden Organismen beobachtet werden kann. In einer Kooperation mit Frau Dr. Thomas und Herrn Prof. Dr. Zanger vom Institut für Klinische Pharmakologie der Robert Bosch Klinik in Stuttgart, haben wir allerdings auch beobachtet, dass die epigenetischen Veränderungen, die von uns gezielt in das Genom eingebracht wurden, anders als vermutet, nicht stabil sind, sondern im Laufe der Zeit wieder verlorengehen. Weitere Grundlagenforschung wird nötig sein, um die Dynamik epigenetischer Regulationsnetzwerke besser zu verstehen, und auf der Basis dieses Wissens eine stabile epigenetische Regulation zu erreichen, die dann klinisch anwendbar sein könnte.

• Kontakt:
Prof. Dr. Albert Jeltsch
Lehrstuhl für Biochemie
Fakultät Chemie
Universität Stuttgart
Pfaffenwaldring 55
D-70569 Stuttgart
albert.jeltsch@ibc.uni-stuttgart.de
http://www.ibc.uni-stuttgart.de/

Die Wilhelm Sander-Stiftung förderte dieses Forschungsprojekt mit 208.000 Euro. Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 220 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist. Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution890

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung, Bernhard Knappe, 25.11.2015

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2015

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