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Universität Bielefeld - 28.03.2013

Ins Innere von Nano-Medikamenten spähen

Deutsche Forschungsgemeinschaft und Land Nordrhein-Westfalen fördern Röntgenanlage für Universität Bielefeld

Mit mehr als 600.000 Euro unterstützen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Wissenschaftsministerium Nordrhein-Westfalen die Anschaffung einer neuen Röntgenanlage für die naturwissenschaftlichen Fakultäten der Universität Bielefeld. Die Forscherinnen und Forscher analysieren mit dem Gerät künftig Materialien, die tausend Mal kleiner sind als ein typisches Bakterium. Präzise heißt das Gerät Röntgenkleinwinkeldiffraktometer. Mit seiner Hilfe wollen die Wissenschaftler Nano-Materialien entwickelten, um beispielsweise Medikamente treffsicherer zu machen und Giftstoffe zu neutralisieren.

"Röntgentechniken spielen eine große Rolle in der Erforschung von Nano-Materialien - zum Beispiel bei der Entwicklung intelligenter Trägermaterialien für Medikamente", sagt Professor Dr. Thomas Hellweg von der Fakultät für Chemie. Er war federführend für den DFG-Antrag zuständig, den er erfolgreich zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus den Fakultäten für Physik, Biologie und Chemie gestellt hat. "Wir wollen das Gerät unter anderem für die Untersuchung von intelligenten Mikrogelen einsetzen. Mit ihnen lassen sich Medikamente in den Körper transportieren, um genau dort freigesetzt zu werden, wo sie wirken sollen." Mit dem Röntgenmikroskop wollen Hellweg und sein Team künftig untersuchen, wie verschiedene Mikrogele aufgebaut sind. Im nächsten Schritt schleusen sie Medikamente und Nanopartikel in das Mikrogel ein. "Die Nanopartikel können unter anderem magnetisch und temperaturempfindlich sein", sagt Hellweg. Die Idee: Nimmt ein Patient das Mikrogel ein, kann der Arzt es von außen mit Magneten an die Stelle - zum Beispiel die Leber - lenken, an der das Medikament ausgeschüttet werden soll. Durch magnetische Wechselfelder bringt der Arzt die Nano-Partikel von außen zum Erhitzen. Die Wärme führt dazu, dass das Mikrogel den Wirkstoff freisetzt. "Drug Delivery" nennt sich diese treffsichere Ausschüttung von Medikamenten.

Darüber hinaus will Hellwegs Arbeitsgruppe "Physikalische und Biophysikalische Chemie" die neue Röntgenanlage auch für die Erforschung von Mikroemulsionen einsetzen. Mikroemulsionen sind Gemische aus Wasser und Öl, die mit Tensiden (Seifen) stabilisiert sind. "Wir können Mikroemulsionen herstellen, mit denen sich gefährliche chemische Stoffe wie Pflanzenschutzmittel neutralisieren lassen", sagt Hellweg. Möglich ist das, weil Mikroemulsionen Enzyme aufnehmen und transportieren können. Diese Proteine zersetzen dann den giftigen Stoff.

Neben Mikrogelen und Mikroemulsionen untersuchen Bielefelder Forscherteams mit dem Gerät in Zukunft auch die Bildung von Eiskristallen in Wolken, Enzymen in Lösung sowie Halbleiterstrukturen in Nano-Größe. Die Ausschreibung für die Röntgenanlage ist jetzt angelaufen. Voraussichtlich in fünf Monaten soll sie erstmals für Analysen genutzt werden.

Die neue Röntgenanlage wird in dem Profilschwerpunkt Molekular- und Nanowissenschaften der Universität Bielefeld eingesetzt. In diesem breiten Feld hat sich die Universität mit einem fokussierten Profil an den Schnittstellen zwischen Physik, Chemie, Biologie und Bioinformatik national und international deutlich sichtbar positioniert. Die aktuellen Forschungsschwerpunkte reichen von Nanoschichten und Einzelmolekülprozessen bis hin zu bakteriellen, pflanzlichen und tierischen Zellen.

Kontakt:

Prof. Dr. Thomas Hellweg, Universität Bielefeld
Fakultät für Chemie / Physikalische Chemie III
E-Mail: thomas.hellweg@uni-bielefeld.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-bielefeld.de/chemie/arbeitsbereiche/pc3-hellweg

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

http://idw-online.de/de/image198693
Professor Thomas Hellweg injiziert eine Probe mit Mikrogelen in die bisherige Röntgenanlageder Fakultät für Chemie. Im Vordergrund ist eine Flasche mit Mikrogelen zu sehen, die in Wassergelöst sind.

http://idw-online.de/de/image198694
Typische Mikrogelteilchen, hier eine Aufnahme aus dem Rastermikroskop, sind 250 Nanometer klein - das sind 0,00025 Millimeter. Künftig werden Messungen mit der neuen Röntgenanlage das Bild ergänzen: Das Gerät liefert mathematische Werte.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution56

Quelle: Universität Bielefeld, Ingo Lohuis, 28.03.2013

Raute

Friedrich-Schiller-Universität Jena - 28.03.2013

Was der Leber zu schaffen macht

Prof. Dr. Ina Bergheim von der Universität Jena betreibt molekulare Ernährungsforschung

"Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren" - ein Glas Wein zum guten Essen und ein Bier nach Feierabend gehören für die meisten Deutschen einfach dazu. Über 80 Prozent der Deutschen trinken Alkohol. Pro Jahr nimmt jeder Erwachsene mehr als 130 Liter an alkoholischen Getränken zu sich. "Gegen das gelegentliche Gläschen in Ehren ist meistens nichts einzuwenden", sagt Prof. Dr. Ina Bergheim von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Doch übermäßiger Alkoholkonsum führe definitiv zu Gesundheitsschäden, so die neue Professorin für Modellsysteme molekularer Ernährungsforschung weiter.

"Dazu gehören in erster Linie Lebererkrankungen", weiß die Ernährungswissenschaftlerin, die von der Universität Hohenheim nach Jena wechselte. Bleibt der Alkoholkonsum weiter hoch, entwickelt sich eine Fettleberentzündung. Schlimmstenfalls kann es zu Leberzirrhose kommen, so Bergheim, die sich als eine von wenigen Forschern in Deutschland mit ernährungsphysiologischen Aspekten des Alkoholkonsums auf die Leber befasst.

Doch nicht nur übermäßiger Alkoholgenuss macht der Leber zu schaffen. "Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass die Zahl der nicht-alkoholbedingten Lebererkrankungen in den vergangenen 30 Jahren deutlich angestiegen ist." Eine Ursache dafür sieht Prof. Bergheim im steigenden Verzehr von Zucker. Denn den konsumieren wir längst nicht mehr nur in Form von Süßigkeiten oder Kuchen. "Zucker ist in vielen Nahrungsmitteln versteckt", so die 39-Jährige. Ketchup, Joghurt und Getränke enthalten große Mengen davon. "Chronischer Zuckerkonsum kann zumindest im Tiermodell zu ähnlichen Schäden an der Leber führen wie chronischer Alkoholkonsum", warnt Bergheim.

Die aus dem rheinland-pfälzischen Oberwesel stammende Wissenschaftlerin setzt einen ihrer Forschungsschwerpunkte in der Prävention von Lebererkrankungen durch die Ernährung. "Voraussetzung dafür ist, dass wir die molekularen Mechanismen verstehen, die zur alkohol- bzw. nicht-alkoholbedingten Fettlebererkrankung beitragen." Ina Bergheim beschäftigte sich bereits in ihrer Diplomarbeit an der Uni Gießen mit alkoholbedingten Organschäden: Zunächst mit dem Einfluss, den chronischer Alkoholkonsum auf das Kleinhirn hat, "später ging es weiter über den Dickdarm und die Speiseröhre hin zur Leber." In Zellkultur- und Tiermodellen aber auch in Probandenstudien geht sie seither der gesundheitsschädigenden Wirkung von Alkohol und Zucker nach.

Nach dem Studium wechselte sie an die Uni Hohenheim und hat in ihrer Promotion, die sie 2002 abschloss, die Rolle von Alkohol bei der Entstehung von Darm- und Speiseröhrenkrebs untersucht. Es folgten Forschungsaufenthalte am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart und der University of Louisville im US-Bundestaat Kentucky. Wieder zurück an der Uni Hohenheim hat Ina Bergheim eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Nachwuchsforschergruppe aufgebaut. 2010 habilitierte sie sich dort mit einer Arbeit über die molekularen Mechanismen alkohol- und nicht-alkoholbedingter Fettlebererkrankungen.

Ein weiteres Standbein hat die Ernährungswissenschaftlerin in der Erforschung von Risikofaktoren, die Stoffwechselerkrankungen im Kindesalter bedingen und fördern. "Auch dabei spielt die Ernährung eine zentrale Rolle", sagt Bergheim, die selbst Mutter zweier Kinder ist. Wie eine ihrer jüngst abgeschlossenen Studien an über- und normalgewichtigen Kindern belegt, sind übergewichtige Kinder trotz der höheren Energie- und Nährstoffaufnahme teilweise nicht ausreichend mit Mikronährstoffen versorgt. Normal- und übergewichtige Kinder unterscheiden sich hauptsächlich in ihrem Bewegungs- und weniger in ihrem Ernährungsverhalten. Außerdem zeige bereits ein Großteil der übergewichtigen Kinder im Alter von 5 bis 9 Jahren Symptome des sogenannten metabolischen Syndroms: Störungen des Fettstoffwechsels, Bluthochdruck, Insulinresistenz.

Kontakt:
Prof. Dr. Ina Bergheim
Institut für Ernährungswissenschaften
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Dornburger Str. 29, 07743 Jena
E-Mail: ina.bergheim[at]uni-jena.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution23

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Dr. Ute Schönfelder, 28.03.2013

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2013