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MELDUNG/645: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 20.12.12 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Europäisches Konsortium CASyM
      entwickelt Roadmap zur Implementierung der Systemmedizin in Europa
→  Verband der Krankenhausdirektoren (VKD) ermöglicht Zustiftung für die Hochschule Osnabrück
→  Proteine auf der Streckbank



Projektträger Jülich - 19.12.2012

Europäisches Konsortium CASyM entwickelt Roadmap zur Implementierung der Systemmedizin in Europa

Unter dem Titel CASyM (Coordinating Action Systems Medicine) entwickelt ein europäisches Konsortium seit November 2012 eine strategische Roadmap zur Implementierung der Systemmedizin in Europa. Gefördert wird das Vorhaben von der Europäischen Kommission im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm. Mit 22 Partnern aus elf europäischen Ländern vereinigt CASyM umfassende Expertise aus Wissenschaftsorganisationen und Hochschulen, Industrie und Pharmafirmen sowie Förderorganisationen und Projektträgern. Koordinator des Konsortiums ist der Projektträger Jülich (PtJ).

Vom Konzept der Systemtheorie des frühen 20. Jahrhunderts bis hin zur heutigen Systembiologie hat ein bedeutender Entwicklungsprozess stattgefunden. Systembiologische Forschungsansätze tragen heute in hohem Maße dazu bei, die Ursachen von Erkrankungen zu erkennen und eröffnen neue Perspektiven zur Vermeidung und Heilung. Ganzheitliche Ansätze, die Erkenntnisse moderner "Omics"-Technologien sowie mathematische Modellierung und Simulation integrieren, ermöglichen neue effektive und maßgeschneiderte Behandlungskonzepte, eine spezifische Früherkennung und Prävention oder eine rationale Medikamentenentwicklung.

Diese Forschungsansätze bilden die Grundlage der Systemmedizin, die den Patienten in den Mittelpunkt stellt. Daneben berücksichtigt sie verschiedene krankheitsrelevante Faktoren. Die moderne Systemmedizin gilt daher auch als 4P-Medizin (personalisiert, präventiv, prädiktiv und partizipierend).

In den kommenden vier Jahren will CASyM die methodische und technologische Basis für eine europaweite Umsetzung der Systemmedizin ausloten und ein strategisches Implementierungskonzept erarbeiten. Im Netzwerk sind alle relevanten Akteure für die Entwicklung eines integrativen Gesamtkonzeptes der europäischen Systemmedizin vertreten. Die entwickelten Strategien und Konzepte sollen schließlich dazu beitragen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sichern und eine Führungsrolle bei der Implementierung dieser zukunftsweisenden Forschungsdisziplin zu übernehmen.

Die Auftaktkonferenz findet im März 2013 im Rahmen des "Biovision World Forums of Life Sciences" in Lyon statt.

Weitere Informationen können ab Januar 2013 abgerufen werden unter
www.casym.eu

Kontakt:
Dr. Marc Kirschner
Projektträger Jülich (PtJ)
Molekulare Lebenswissenschaften (BIO5)
Forschungszentrum Jülich GmbH
52425 Jülich
m.kirschner@fz-juelich.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1662

Quelle: Projektträger Jülich, Anne Nikodemus, 19.12.2012

Raute

Hochschule Osnabrück - 19.12.2012

Verband der Krankenhausdirektoren (VKD) ermöglicht Zustiftung für die Hochschule Osnabrück
"Stiftung für Angewandte Wissenschaften Osnabrück" erhält 150.000 Euro

Besonderer Tag an der Hochschule Osnabrück: Nach Auflösung der Akademie für Krankenhaus- und Gesundheitsmanagement (AKM) e.V. ist aus dem Restvermögen die Summe von 150.000 EUR für die "Stiftung für Angewandte Wissenschaften Osnabrück" freigegeben worden. Heinz Kölking, ehemaliger Präsident des VKD, überreichte den symbolischen Scheck an Hochschulpräsident Prof. Dr. Andreas Bertram. "Mit dieser bisher größten Zustiftung an die Stiftung für Angewandte Wissenschaften Osnabrück investieren sie nachhaltig in einen starken und zukunftsträchtigen Bereich an unserer Hochschule", freute sich Bertram. Mit der zweckgebundenen Zustiftung sollen Leistungen gefördert werden, die thematisch im Bereich Management und Internationalisierung im Gesundheitswesen angesiedelt sind und von Studierenden des Bachelorprogramms "Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen (BIG)" erbracht werden. Durch diese Projekte sollen die Studierenden noch besser und intensiver auf die Managementanforderungen im Krankenhausbereich vorbereitet werden. Heinz Kölking ist sich dabei sicher, "dass man für den qualifizierten Nachwuchs sich am besten im eigenen Umfeld bedient."

"Die Hochschule Osnabrück war immer ein Markenzeichen für die AKM. An dieser Stelle wollen wir uns mit der Zustiftung auch für die jahrzehntelange hervorragende Zusammenarbeit mit dem Studienprogramm BIG bedanken", so Kölking weiter.

Beispielhaft für alle Gründerinnen und Gründer des Studienprogramms dankte er Professorin Dr. Barbara Schmidt-Rettig.

Schmidt-Rettig, die das Studienprogramm BIG in den 30 Jahren seines Bestehens entscheidend mit geprägt hat, zeigte sich erfreut über die Zustiftung. "Die AKM hat uns immer wieder geerdet", sagte sie während der Feierstunde. "Es ist wichtig für zukünftige Krankenhausmanagerinnen und Manager, dass im Studienprogramm immer die Theorie auf die Praxis traf", lobte Schmidt-Rettig die Besonderheiten des Studienprogrammes.

Der Vorsitzende des Kuratoriums der "Stiftung für Angewandte Wissenschaften Osnabrück", Prof. Dr. Erhard Mielenhausen, dankte dem VKD für die Zustiftung. " Eigentlich haben mir mit der langjährigen Zusammenarbeit den Gedanken der "Offenen Hochschule vorweggenommen", war sich Mielenhausen sicher. "Eine Zustiftung, die zweckgebunden ist, erleichtert den Stiftern die Entscheidung. Das unmittelbare Wissen, was mit dem gestifteten Geld passiert, ist hier hilfreich", so Mielenhausen weiter.

Über die Vergabe der Mittel wird der Stiftungsvorstand entscheiden. Die Beauftragten des Studienprogrammes BIG werden die Entscheidung fachlich begleiten und müssen dabei die Projekte bewerten.

Die Stiftung für Angewandte Wissenschaften Osnabrück wurde im Jahr 2009 von der Hochschule Osnabrück gegründet. Sie arbeitet mit dem Ziel der "Förderung von Studium, Lehre und Forschung der angewandten Wissenschaften an der Hochschule Osnabrück".

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution14

Quelle: Hochschule Osnabrück, Ralf Garten, 19.12.2012

Raute

Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 19.12.2012

Proteine auf der Streckbank

Wenn Proteine ihre Faltung verändern, kann dies fatale Folgen haben. In einem europaweiten Forschungsverbund suchen Wissenschaftler nach neuen Methoden, das Verhalten dieser Moleküle vorherzusagen und zu kontrollieren. Mit dabei sind Pharmazeuten der Uni Würzburg.

Alzheimer, Parkinson, die Amyotrophe Lateralsklerose - all diese Krankheiten haben eine gemeinsame Ursache: Falsch gefaltete Proteine ballen sich im Hirn der Betroffenen millionenfach zu unverdaulichen Klumpen zusammen und zerstören die Nervenzellen. Proteine, deren komplizierte dreidimensionale "Verwicklung" eine falsche Richtung einschlägt, stehen bei vielen weiteren Krankheiten als Auslöser im Verdacht - von Krebs über Diabetes bis zur Arterienverkalkung.

Gefährliche Strukturen

Gefährlich können solch fehlgebildete Strukturen für den Menschen allerdings auch aus einer Ecke werden, in der sie der Laie wohl nicht vermutet hätte - im Gegenteil. "Neue Wirkstoffe in der Medizin können sich im Körper des Patienten ebenfalls falsch falten und gefährliche Nebenwirkungen auslösen bis hin zu beispielsweise einer allergischen Reaktion, die tödlich verlaufen kann", erklärt Dr. Tessa Lühmann.

Die Biochemikerin ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Universität Würzburg. In einem neuen, von der EU finanzierten Projekt, will sie in den kommenden drei Jahren Methoden entwickeln, mit denen sich das unerwünschte Verhalten vorhersagen und im Idealfall auch verhindern lässt. Daran beteiligt sind Wissenschaftler aus Zürich, Istanbul und Barcelona und Vertreter der Industrie.

Neue Wirkstoffe gesucht

Antikörper: Mit solchen Proteinen werden sich Tessa Lühmann und ihre Kollegen in den kommenden Jahren beschäftigen. Als Impfstoff oder als Mittel gegen Krebs und Autoimmunerkrankungen finden sie verstärkt in der Medizin Verwendung. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass diese Proteine stabil sind und nicht plötzlich ihre Faltung verändern. Das allerdings ist gar nicht so unwahrscheinlich: "Wenn sie beispielsweise beim Spritzen unter hohe Scherkräfte geraten, wenn sich der pH-Wert ihrer Umgebung ändert oder einfach, wenn sie mehrere Jahre lang gelagert werden, kann es passieren, dass sich die Proteine strukturell verändern", sagt Lühmann. Für den Hersteller solcher Wirkstoffe, der viel Geld in dessen Entwicklung gesteckt hat, sei das "aus unternehmerischer Sicht" äußerst ärgerlich.

Die Wissenschaftler wollen deshalb eine neue Technik entwickeln, die in sehr kurzer Zeit Aussagen über das Verhalten von Proteinen in speziellen Umgebungen und unter definierten Zuständen ermöglicht. Ihr Ansatz: Sie nehmen ein einzelnes Molekül, befestigen es in einem speziellen Aufbau und ziehen es dann in die Länge. Dabei variieren sie die jeweiligen Umgebungsbedingungen wie Temperatur oder pH-Wert. "Die Kraft, die zum Entfalten nötig ist, erlaubt Rückschlüsse auf die Stabilität dieser Moleküle in ihrer Umgebung", sagt die Biochemikerin. Die pharmazeutische Industrie erhalte so frühzeitig Aussagen darüber, ob und unter welchen Umständen ein Protein dazu tendiert, eine unerwünschte Form anzunehmen.

Magnetische Nanoröhrchen als Andockstelle

Magnetische Nanoröhrchen sind zentraler Bestandteil der neuen Technik. Nur wenige millionstel Millimeter groß, bieten sie den Proteinknäueln sehr gezielt Andockstellen. Da sie magnetisch sind, können die Wissenschaftler diese Stäbchen in einem Magnetfeld mit hoher Präzision bewegen und in die gewünschte Position manövrieren. Die Spitze eines Rasterkraftmikroskops liefert den zweiten Anknüpfpunkt für das Protein. So an zwei Stellen eingespannt, lässt sich das Protein entfalten und die dafür notwendige Kraft exakt bestimmen.

Für die Produktion der Nanoröhrchen ist die ETH Zürich zuständig; dort kennt man sich aus mit den winzigen Magnet-Stäbchen. Die Messungen selbst finden an der Universität Istanbul statt; dort sitzen die Experten für den technischen Teil der Arbeit. Lühmanns Doktorand Joel Wurzel wird dabei allerdings immer mit vor Ort sein.

Der Würzburger Beitrag

Und Würzburg? "Wir sind die biologisch ausgerichteten pharmazeutischen Technologen in dem Forschungsverbund", sagt Tessa Lühmann. In den Laborräumen am Hubland werden die jeweiligen Proteine ausgewählt und anschließend mit den Nanoröhrchen verbunden. Die Würzburger Wissenschaftler definieren auch die Bedingungen, unter denen die Messungen stattfinden werden.

Mit 2,7 Millionen Euro finanziert die Europäische Union das Projekt Manaqa - Magnetic Nano Actuators for Quantitative Analysis; 200.000 Euro gehen an die Universität Würzburg. Seine Laufzeit beträgt drei Jahre. "Der Bau der Nanoröhren ist komplex. Bis wir die Proteine ankoppeln können, wird wahrscheinlich ein Jahr vergehen", sagt Lühmann. Ende 2013 sollen die Messungen beginnen - wenn alles glatt verläuft.

Kontakt
Dr. Tessa Lühmann
E-Mail: t.luehmann@pharmazie.uni-wuerzburg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution99

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Gunnar Bartsch, 19.12.2012

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2012