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MELDUNG/241: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 23.11.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Immunzellen reagieren auf ihre unmittelbare Umgebung
→  Photonen im Dienst der Medizin
      An der Universität Jena wird ein Zentrum für Medizinische Optik und Photonik gegründet
→  Von Epilepsie bis Schlaganfall
      Großporiger Ionenkanal reguliert die Erregung von Nervenzellen

Raute

Universitätsklinikum Heidelberg - 22.11.2010

Immunzellen reagieren auf ihre unmittelbare Umgebung

Neuer Sonderforschungsbereich untersucht Entstehung chronisch entzündlicher Erkrankungen / Wissenschaftler der Universität Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums werden mit 10 Millionen Euro gefördert

Warum werden Immunzellen hyperaktiv und lösen Krankheiten aus? Möglicherweise liegt es vor allem an ihrer unmittelbaren Umgebung, ihrem Milieu, dass sie die Kontrolle verlieren und chronische Entzündungen im betroffenen Organ entfachen.

Diese Hypothese untersucht der neue Sonderforschungsbereich SFB 938 "Milieuspezifische Kontrolle immunologischer Reaktivität", der jetzt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligt worden ist, unter Federführung von Professor Dr. Stefan Meuer, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Immunologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Rund 10 Millionen Euro werden in den nächsten vier Jahren für 15 Forschungsprojekte zur Verfügung stehen, die von Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums DKFZ geleitet werden.

Erkrankungen, die auf Fehlern des Immunsystems beruhen wie Multiple Sklerose, Rheuma, Kolitis und Schuppenflechte nehmen zu. Doch es mangelt an effektiven Therapiekonzepten. "Bislang behandeln wir nur die Symptome, haben aber keine Ansatzpunkte für eine Heilung", erklärt Professor Meuer.

Bereits zweiter Sonderforschungsbereich zu Immunologie in Heidelberg

Das Immunsystem ist das einzige mobile Organ; die Immunzellen patroullieren ständig im ganzen Körper und nehmen mit ihren Oberflächenrezeptoren ihre Umgebung wahr. Die sehr unterschiedlichen Milieus lösen bei den Immunzellen bestimmte Handlungsmuster aus. Dabei spielt auch eine Rolle, ob chemische Stoffe oder Antikörper in einer hohen Konzentration vorhanden sind. Mit dem neu gewonnenen Wissen über die Wechselwirkung zwischen Immunzellen und Milieu möchten die Wissenschaftler innovative Ansätze finden, die Immunprozesse gezielt und individuell zu beeinflussen.

Der neue SFB ist bereits der zweite Sonderforschungsbereich zum Thema Immunologie in Heidelberg: Bis 2009 wurde der sehr erfolgreiche SFB "Immuntoleranz und ihre Störungen" - Sprecher ebenfalls Professor Meuer - über die maximale Förderzeit von zwölf Jahren von der DFG finanziert. Die Attraktivität des SFBs ermöglichte die Neuberufung namhafter Immunologen in Grundlagenforschung und in klinischen Fächern wie der Dermatologie, Onkologie und Rheumatologie, die auch in dem neuen SFB eine wichtige Rolle spielen.

Weitere Informationen über das Institut für Immunologie:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Immunologie.106593.0.html

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Stefan Meuer
Geschäftsführender Direktor des Instituts für Immunologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 305
69120 Heidelberg
E-Mail: immunologie@uni-hd.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Immunologie.106593.0.html

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/pages/de/attachment5925
Allgemeine Angaben zum Sonderforschungsbereich

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.600 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.400 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution665

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 22.11.2010

Raute

Friedrich-Schiller-Universität Jena - 22.11.2010

Photonen im Dienst der Medizin

An der Universität Jena wird ein Zentrum für Medizinische Optik und Photonik gegründet

Nach einem Briefwechsel 1878 erhielt Robert Koch von Carl Zeiss ein Mikroskop mit Öl-Immersions-System, ein von Ernst Abbe entdecktes Verfahren zur Verbesserung der Abbildungseigenschaften von Mikroskopen. Mit einem solchen Mikroskop entdeckte Robert Koch wenige Jahre später den Tuberkulose-Erreger. Heute arbeiten Physikochemiker und Intensivmediziner der Jenaer Universität an neuen spektroskopischen Verfahren für die Infektionsdiagnostik. Am 25. November wird an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) ein "Zentrum für Medizinische Optik und Photonik" gegründet, das die traditionell sehr gute Zusammenarbeit der Wissenschaftler auf diesem Gebiet weiter befördern will.

Im Mittelpunkt stehen dabei Kooperationen, die auf die Entwicklung optischer und photonischer Verfahren zur Beantwortung medizinischer Fragestellungen zielen. "Immer wenn wir Photonen, Lichtquanten, auf Zellen oder Gewebe treffen lassen, sei es zur therapeutischen Beeinflussung oder zum Informationsgewinn für Forschung oder Diagnostik, sprechen wir von medizinischer Photonik", so Prof. Dr. Klaus Benndorf, Dekan der Medizinischen Fakultät, die gemeinsam mit der Physikalisch-Astronomischen und der Chemisch-Geowissenschaftlichen Fakultät der FSU das Zentrum trägt.

In einer Auftaktveranstaltung stellten Arbeitsgruppen dieser Fakultäten ihre Forschungsthemen und Methoden vor, bis jetzt bekundeten etwa 30 Wissenschaftler ihr Interesse an der Mitgliedschaft. Vor dem formellen Gründungsakt laden sie zu öffentlichen Fachvorträgen über aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der Mikroskopie ein. Weitere Veranstaltungen zum Themenschwerpunkt, zum Beispiel der Ophthalmologie, sind geplant. Dabei zielt das Zentrum nicht nur auf die Vernetzung in der Forschung. "Wir wollen fakultätsübergreifend auch Lehrveranstaltungen für dieses zukunftsträchtige Fachgebiet anbieten", betont der Dekan der Chemisch-Geowissenschaftlichen Fakultät Prof. Dr. Reinhard Gaupp.

Mit Ausrichtung auf das Zentrum sind im vergangenen Jahr Forschungsprofessuren an den Fakultäten besetzt worden. Zwei weitere Professuren für angewandte Mikroskopie und für Ophthalmologie wurden neu eingerichtet, die Berufungen laufen noch. "Bei der Ausstattung dieser Arbeitsgruppen unterstützen uns die Carl Zeiss MicroImaging GmbH und die Carl Zeiss Meditec AG", freut sich Prof. Dr. Richard Kowarschik, Dekan der Physikalisch-Astronomischen Fakultät. "Die regionale Industrie ist für uns ein wichtiger Partner, um Ergebnisse und Entwicklungen mit dem notwendigen Potenzial bis zur Marktreife weiterverfolgen zu können."

Von der Infrarot-Spektroskopie zur Diagnose von Knorpelschäden über den Einsatz der Zwei-Photonen-Mikroskopie, um Vernetzungsprozesse im Gehirn sichtbar zu machen, bis zur Korrektur von Alterssichtigkeit durch ultrakurze Laserpulse reichen die Forschungsthemen, an denen die Wissenschaftler zurzeit arbeiten. Von ihren Forschungsergebnissen und Entwicklungen werden letzten Endes die Menschen, die Patienten profitieren. "Das Zentrum wird zur Stärkung der interdisziplinären Forschung an der Friedrich-Schiller-Universität beitragen", ist sich Prof. Dr. Herbert Witte, Prorektor für Forschung der Jenaer Universität sicher. "Und es wird die erfolgreiche Jenaer Tradition der Entwicklung optischer Technologien für die Medizinforschung fortsetzen."

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-jena.de

Kontakt:
Prof. Dr. Klaus Benndorf
Medizinische Fakultät, Universitätsklinikum Jena
Bachstr. 18, 07743 Jena
E-Mail: dekanat[at]med.uni-jena.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/pages/de/attachment5919
Poster zur Gründungsveranstaltung des neuen Zentrums.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution23

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Uta von der Gönna, 22.11.2010

Raute

Ruhr-Universität Bochum / Pressemitteilung Nr. 386 - 18.11.2010

RUB-Forscherin ergründet die Funktion von Pannexin-1

Heinemann-Förderpreis: 15.000 Euro für einen neuen Messplatz

Der Pannexin-1-Kanal ist ein vergleichsweise riesiger Einlass für positiv geladene Ionen ins Innere von Zellen, unter anderem im Gehirn. Seine Rolle wird in der Forschung viel diskutiert - so scheint der Kanal am Untergang von Zellen nach Sauerstoffmangel beteiligt zu sein, aber auch eine wichtige Funktion bei der Vermeidung von epileptischen Zuständen zu haben. Was es mit Pannexin-1 genau auf sich hat, ergründet Dr. Nora Prochnow in der Abteilung für Neuroanatomie und Molekulare Hirnforschung der Ruhr-Universität (Prof. Dr. Rolf Dermietzel). Für ihre Forschungsarbeiten erhielt sie den diesjährigen Förderpreis der von der Commerzbank AG betreuten Bochumer Sophia und Fritz Heinemann Stiftung. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert.

Balance von Erregung und Hemmung

Der Pannexin-1-Kanal kommt überall dort im Körper vor, wo die es auf die Leitung elektrischer Erregung ankommt, z.B. im Gehirn, aber auch im Auge und im Herzen. Aufgrund seiner Größe lässt der Kanal, wenn er geöffnet ist, sehr schnell sehr viele positive Ionen ins Zellinnere, so dass die Erregung der Zelle rapide steigt. Sie kann dann zur Öffnung anderer Kanäle beitragen oder die Freisetzung von Botenstoffen erleichten und so eine Rolle in verschiedenen Signalwegen spielen. Bisherige Untersuchungen haben ergeben, dass Pannexin-1 bei Sauerstoffmangel im Gewebe, etwa durch einen Schlaganfall, außer Kontrolle gerät und zur Übererregung und somit elektrischen Überlastung der Zelle beiträgt. Andererseits deuten Ergebnisse darauf hin, dass der Kanal eine bedeutende Rolle bei der Vermeidung von epileptischen Zuständen spielt. "Wir vermuten, dass Pannexin-1 zur Aktivierung von Zellen beiträgt, die im Gehirn eine hemmende Funktion haben", erklärt Nora Prochnow. "Diese hemmenden Zellen balancieren normalerweise die Erregung im Gehirn insgesamt aus und sorgen dafür, dass es keine epileptischen Erregungsmuster geben kann."

Effekt von Wirkstoffen, Rolle beim synaptischen Lernen

Um die Rolle von Pannexin-1 näher zu untersuchen, will die Biologin mit ihrem Team weitere Messungen an Gehirnnervenzellen machen und dabei auch die Effekte verschiedener Wirkstoffe testen. Was passiert zum Beispiel unter dem Einfluss von Antiepileptika? Wie reagiert der Kanal bei Zellen von Individuen, die von Epilepsie betroffen sind? Außerdem interessiert die Forscherin, welchen Einfluss der Kanal auf das sog. synaptische Lernen hat, also die Anpassung der Verschaltungen zwischen Gehirnnervenzellen an veränderliche Herausforderungen.

Neuer Messplatz mit mehr Elektroden

Mit dem Preisgeld wird Nora Prochnow für ihre Arbeitsgruppe einen zweiten Messplatz einrichten. "Unser bisher einziger Platz ist so gut wie rund um die Uhr in Betrieb", sagt sie, "und man kann nur mit je einer Erregungs- und Messelektrode arbeiten." Der neue Platz wird dank mehr Messelektroden die Messung mehrerer synaptischer Ebenen erlauben und somit Experimente, die nähere Rückschlüsse auf den Zustand der Zellen im lebenden Organismus zulassen.

Weitere Informationen
Dr. Nora Prochnow
Abteilung für Neuroanatomie und Molekulare Hirnforschung
Ruhr-Universität Bochum
44780 Bochum
E-Mail: nora.prochnow@rub.de

Redaktion:
Meike Drießen
Ruhr-Universität Bochum
Pressestelle

Quelle: Ruhr-Universität Bochum, Dr. Nora Prochnow, 18.11.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2010