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MELDUNG/083: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 19.03.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Bundesministerium fördert die Suche nach neuen Antibiotika
→  Studie: Wer soll für künstliche Befruchtung zahlen?
→  Leibniz-Senat verabschiedet Förderempfehlungen zu Leibniz-Einrichtungen

Raute

Eberhard Karls Universität Tübingen - 18.03.2010

Bundesministerium fördert die Suche nach neuen Antibiotika

Tübinger Forscher erhalten 1,2 Millionen Euro im Verbundprojekt GenBioCom

In dem Verbundprojekt GenBioCom sollen mit neuesten Verfahren aus der Genforschung, der Bioinformatik und der Biotechnologie Methoden etabliert und eingesetzt werden, die zum Auffinden neuer und zur Verbesserung bekannter Wirkstoffe für die Medizin führen sollen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt für das Projekt in den kommenden drei Jahren mehr als drei Millionen Euro zur Verfügung, wovon 1,2 Millionen Euro an Tübinger Forscher gehen. Koordiniert wird der deutschlandweite BMBF-Verbund von Prof. Dr. Wolfgang Wohlleben vom Interfakultären Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin (IMIT) der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Infektionskrankheiten sind weltweit die Todesursache Nummer eins. Dies ist nicht nur in der Dritten Welt ein Problem. Auch in den Industrienationen sind Infektionen auf dem Vormarsch, die vielfach durch multiresistente Erreger verursacht werden und kaum mit verfügbaren Antibiotika therapiert werden können. Deshalb besteht ein großer Bedarf an neuen und optimierten Medikamenten. Die meisten Antibiotika im klinischen Einsatz stammen von Naturstoffen ab, die von Lebewesen produziert werden. Besonders Mikroorganismen haben sich in der Vergangenheit als wichtige Hersteller für bioaktive Naturstoffe bewährt. Tübinger Wissenschaftler um Prof. Wolfgang Wohlleben vom Lehrstuhl für Mikrobiologie/Biotechnologie nutzen das Erbgut von Bodenbakterien, um darin die Herstellungsanleitungen für neue Wirkstoffe, insbesondere Antibiotika, zu identifizieren. Mit Hilfe neuer Sequenziertechnologien ist es nun erstmals möglich, jeweils das gesamte Erbgut einer Vielzahl von Bakterienstämmen auf die Fähigkeit zur Herstellung derartiger Substanzen zu untersuchen. Die Forscher können außerdem durch genetische Veränderung der Mikroorganismen bewirken, dass diese auch neue, veränderte Substanzen und damit potenziell geeignete Wirkstoffe produzieren. Dies wäre über eine chemische Herstellung häufig nicht möglich oder zumindest unwirtschaftlich.

Neben der Arbeitsgruppe von Prof. Wohlleben sind am Projekt GenBioCom die Tübinger Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Stephanie Grond aus der Organischen Chemie, von Prof. Dr. Lutz Heide aus der Pharmazie sowie von Dr. Tilmann Weber aus der Mikrobiologie beteiligt. Der Verbund umfasst darüber hinaus Forscher der Universitäten Bielefeld, Bonn, Freiburg sowie der Hochschule Esslingen, dem Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung Jena sowie der Industrieunternehmen Insilico Biotechnology AG, Stuttgart und Bioviotica GmbH, Dransfeld.

Kontakt und weitere Informationen:
Prof. Dr. Wolfgang Wohlleben
Interfakultäres Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin (IMIT)
Lehrstuhl für Mikrobiologie/Biotechnologie
Auf der Morgenstelle 28, 72076 Tübingen
E-Mail wolfgang.wohlleben[at]biotech.uni-tuebingen.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution81

Quelle: Eberhard Karls Universität Tübingen, Michael Seifert, 18.03.2010

Raute

Ruhr-Universität Bochum - 18.03.2010

Wer soll für künstliche Befruchtung zahlen?
RUB-Studie - Experten und Bevölkerung befürworten geringeren Eigenanteil der Ehepaare

BMBF-Nachwuchsgruppe "Gerechtigkeit in der modernen Medizin"

Sollen Kinderwunschbehandlungen von den Krankenkassen bezahlt werden? Diese Frage wird politisch kontrovers diskutiert. Nach Meinung der Bevölkerung und verschiedener Expertengruppen sollten sich die betroffenen Paare weiterhin an den Kosten beteiligen, jedoch in geringerem Umfang. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bochumer Nachwuchsgruppe "Gerechtigkeit in der modernen Medizin" (Leitung: Dr. Oliver Rauprich) des Instituts für Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der Ruhr-Universität Bochum (Institutsleitung: Prof. Dr. Dr. Jochen Vollmann).

Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Nachwuchsgruppe hat betroffene Paare, die Bevölkerung und verschiedene Expertengruppen befragt. Die zentralen Ergebnisse wurden nun in der international führenden Fachzeitschrift "Human Reproduction" veröffentlicht.

Halbierte Kassenleistung seit 2004

Seit 2004 sind die Leistungen der Krankenkassen für künstliche Befruchtungen (in-vitro-Fertilisation, IVF) auf die Hälfte der Kosten von höchstens drei Behandlungsversuchen begrenzt. Die Paare müssen seitdem einen Eigenanteil von ca. 1.500 bis 1.800 Euro pro Versuch zahlen. Um die reduzierten Leistungen zu erhalten, müssen sie verheiratet und zwischen 25 und 40 (Frauen) bzw. 50 Jahre (Männer) alt sein. Durch die neue Regelung ist die Zahl der künstlichen Befruchtungen deutlich zurückgegangen, ebenso die Zahl der mit ihrer Hilfe geborenen Kinder. Der Bundesrat hat im Sommer 2008 die Bundesregierung aufgefordert, wieder zur vollen Kostenübernahme zurückzukehren. Die Bundesregierung hingegen argumentierte, künstliche Befruchtungen seien versicherungsfremde Leistungen. Sachsen zahlt seit 2009 Zuschüsse zu den Behandlungen.

Umfrage unter der Bevölkerung, Experten und Paaren

Die Bochumer Nachwuchsgruppe "Gerechtigkeit in der modernen Medizin" befragte die Bevölkerung, Expertengruppen (Reproduktionsmediziner, psychosoziale Berater, Medizinethiker, Sozialrechtler, Gesundheitspolitiker) und betroffene Paare zu diesem Thema. Zwar finden die Mehrheit der Bevölkerung und der Experten und immerhin ein Drittel aller Paare eine Eigenbeteiligung grundsätzlich angemessen, aber statt 50% sollte sie nach Ansicht der Befragten bei 15 bis 25% der Kosten liegen. Zur Finanzierung von Kinderwunschbehandlungen wurde teilweise einer Erhöhung der Versicherungsbeiträge und teilweise einer Verwendung von Steuergeldern zugestimmt. "Im Ergebnis stimmt das Meinungsbild recht gut mit der Regelung in Österreich überein, wo die Behandlungskosten zwischen den Paaren, der Krankenversicherung und einen IVF-Fonds aufgeteilt werden", berichtet Dr. Oliver Rauprich, Leiter der Nachwuchsgruppe.

Moralische Überzeugungen

Ein Einsparpotenzial bei Kinderwunschbehandlungen wurde von den Experten nicht gesehen. Auch wurde es abgelehnt, Frauen die Finanzierung ihrer Behandlung durch eine Eizellenspende zu ermöglichen. Jedoch würden es die Befragten mehrheitlich begrüßen, wenn die Erfolgsraten der einzelnen IVF-Zentren offen gelegt würden, um deren Behandlungsqualität vergleichen zu können. In der Studie wurde zudem untersucht, auf welchen normativen Überzeugungen die Befürwortung einer Kostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen beruht: Sie war stark korreliert mit den Überzeugungen, Unfruchtbarkeit sei eine Krankheit, unfruchtbare Paare mit unerfülltem Kinderwunsch seien behandlungsbedürftig und Kinder bekommen zu können gehöre zu den grundlegenden Möglichkeiten, die jeder Mensch in seinem Leben haben sollte.

Weitere Informationen
Dr. Oliver Rauprich
Institut für Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin
Ruhr-Universität Bochum
Markstr. 258a, 44799 Bochum
E-Mail: Oliver.Rauprich@rub.de

Weitere Informationen finden Sie unter
- http://humrep.oxfordjournals.org/cgi/content/abstract/deq056
   Link zur Publikation
- http://www.rub.de/malakow    Homepage der Arbeitsgruppe

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution2

Quelle: Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef König, 18.03.2010

Raute

Leibniz-Gemeinschaft - 18.03.2010

Leibniz-Senat verabschiedet Förderempfehlungen zu Leibniz-Einrichtungen

Am gestrigen Mittwoch, 17. März, hat der Leibniz-Senat getagt und Förderempfehlungen zu zwei Leibniz-Einrichtungen im Saarland (Schloss Dagstuhl) und in Hamburg (Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie und Immunologie) verabschiedet.

Berlin. Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hat am Mittwoch, 17. März 2010, die weitere Förderung von zwei Leibniz-Einrichtungen empfohlen. Beiden Instituten bescheinigt er überregionale Bedeutung und stellt fest, dass Bund und Länder ein gesamtstaatliches wissenschaftspolitisches Interesse an der Arbeit der Einrichtungen haben.

Mit herausragendem Erfolg kommt "Schloss Dagstuhl", das Leibniz-Zentrum für Informatik (LZI) in Wadern im Saarland, seinen Aufgaben nach. Diese positive Beurteilung hält der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme zum Zentrum fest und empfiehlt daher Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung fortzuführen.

Das Zentrum bietet Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt an, im Rahmen verschiedener Förderprogramme Workshops und Gastaufenthalte auf Schloss Dagstuhl zu beantragen. Die Leitung und das Wissenschaftliche Direktorium wählen aus den Bewerbungen die besten Anträge aus. Leitung und Mitarbeiter des Zentrums unterstützen die Organisatoren der ausgewählten Veranstaltungen dann intensiv bei der Gestaltung und Durchführung eines Workshops.

Der Senat hebt hervor, dass es dem nach dem Vorbild des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach 1990 gegründeten Zentrum gelingt, ein anspruchsvolles, aktuelles und qualitätsgesichertes Seminarprogramm für die internationale wissenschaftliche Informatik-Fachwelt anzubieten. Im Rahmen der verschiedenen Programme findet eine sehr effektive Nachwuchsförderung durch das Zentrum statt. Die Bemühungen zur Steigerung des Frauenanteils unter den Teilnehmenden werden vom Senat sehr begrüßt. Angesichts der nach wie vor zunehmenden Bedeutung der Informatik für Wissenschaft und Gesellschaft wird das Zentrum ermutigt, im Rahmen seiner schon jetzt erfolgreichen Bemühungen um die fachübergreifende Zusammenarbeit noch stärker auf die Nachfragen und Bedürfnisse anderer Wissenschaften nach Informatik-Lösungen einzugehen.

Das Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie und Immunologie an der Universität Hamburg (HPI) ist die einzige nicht universitäre Einrichtung in Deutschland, die sich auf die Virusforschung konzentriert. Der Senat bescheinigt den verschiedenen Abteilungen und Gruppen am Institut sehr gute, zum Teil hervorragende wissenschaftliche Arbeit. Die Empfehlung der vergangenen Evaluierung zur Profilbildung setzte das HPI um, indem es die Virologie stärkte. Der Senat anerkennt, dass diese Entscheidung im Grundsatz ermöglicht, die internationale Sichtbarkeit des Instituts zu erhöhen. Im Zentrum der experimentellen Grundlagenforschung des Instituts stehen, so erläutert der Senat, die Biologie humaner Virusarten (u. a. Hepatitis, Herpes, Leukämie, HIV), die Pathogenese der Viruserkrankungen und die damit zusammenhängenden Abwehrreaktionen des Organismus.

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt in seiner Stellungnahme Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung fortzuführen. Gleichzeitig schlägt der Senat vor, die nächste Evaluierung nicht erst dem regulären Turnus entsprechend in sieben, sondern bereits in vier Jahren vorzusehen. Denn es fehle ein klares und von allen Verantwortlichen gemeinsam getragenes mittelfristiges Forschungsleitbild, so der Senat. Ferner mangele es an einer kohärenten Führung des Instituts, die Leitungs- und Gremienstrukturen müssten reformiert werden. Der Senat sieht auch Verbesserungsbedarf bei der Förderung von Doktorandinnen und Doktoranden und in Bezug auf die Konkretisierung institutioneller Kooperationen. Das HPI bleibt außerdem aufgefordert, den Anteil der Drittmittel an seinem Budget zu erhöhen.

Der Senat begrüßt es, dass Leitung und Gremien des HPI bereits begonnen haben, sich mit den Empfehlungen der unabhängigen Begutachtung auseinanderzusetzen und Veränderungen zügig vorantreiben möchten. In vier Jahren, so der Senat, sollen die Umsetzung der Empfehlungen und das HPI insgesamt erneut bewertet werden.

Hintergrund
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft evaluiert in einem Zeitraum von maximal sieben Jahren die Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft. Auf der Grundlage der Senatsstellungnahmen überprüfen Bund und Länder in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK), ob die Voraussetzungen für die gemeinschaftliche Förderung der Leibniz-Einrichtungen weiterhin gegeben sind. Der Senat ist extern besetzt, das Evaluierungsverfahren strikt unabhängig. Zur Durchführung der Evaluierungen hat der Leibniz-Senat den Senatsausschuss Evaluierung (SAE) eingesetzt. Zur Evaluierung der einzelnen Institute bildet der SAE Bewertungsgruppen, die aus international renommierten und unabhängigen Wissenschaftlern zusammengesetzt sind. Die Bewertungsgruppen besuchen die Institute und bilden sich anschließend auf der Grundlage von Textmaterialien, Institutsdaten sowie Interviews und Diskussionen mit den Institutswissenschaftlern eine Meinung über die wissenschaftliche Qualität und Bedeutung der Einrichtung.

Die Leibniz-Gemeinschaft
Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 86 Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung sowie vier assoziierte Mitglieder. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesamtgesellschaftlich relevante Fragestellungen strategisch und themenorientiert. Dabei bedienen sie sich verschiedener Forschungstypen wie Grundlagen-, Groß- und anwendungsorientierter Forschung. Sie legen neben der Forschung großen Wert auf wissenschaftliche Dienstleistungen sowie Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Sie pflegen intensive Kooperationen mit Hochschulen, Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Das externe Begutachtungsverfahren der Leibniz-Gemeinschaft setzt Maßstäbe. Jedes Leibniz-Institut hat eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 14.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 6.400 Wissenschaftler, davon wiederum 2500 Nachwuchswissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,2 Mrd. Euro, die Drittmittel betragen etwa 244 Mio. Euro pro Jahr.

www.leibniz-gemeinschaft.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.leibniz-gemeinschaft.de/evaluierung
Die aktuellen Berichte finden Sie unter dem Stichwort Senatsstellungnahmen

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution390

Quelle: Leibniz-Gemeinschaft, Josef Zens, 18.03.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2010