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ETHIK/1198: Kinder sind keine iPhones (ALfA LebensForum)


ALfA LebensForum Nr. 114 - 2. Quartal 2015
Zeitschrift der Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA)

Kinder sind keine iPhones

Von Dr. med. vet. Edith Breburda


In vielen westlichen Ländern steht das Thema "Leihmutterschaft" ganz oben auf der biopolitischen Agenda. Homosexuelle Paare, aber auch heterosexuelle, die sich erst nach Ablauf der eigenen biologischen Uhr für ein Kind entscheiden und keines adoptieren wollen, sowie Hollywoodstars oder andere Reiche, die nicht neun Monate pausieren wollen, treiben die Nachfrage. So auch in Schweden, wo Feministen nun allerdings gegen eine Liberalisierung des Verbots mobil machen.


Schwedens Feministinnen sind außer sich. Frauen seien keine Handelsware und ihre Kinder erst recht nicht. Eine schwedische Feministen-Organisation verurteilt das Geschäft mit der Leihmutterschaft. Sie verlangt von der Regierung, diese Praktiken abzuschaffen. Sverites Kvinnolobby, eine schwedische Lobbyistin, ist der Meinung, eine Leihmutterschaft beute die Körper von Frauen und ihre produktiven Organe aus. Dies Verletze Menschenrechte. Vor allem die armer Frauen aus Drittländern, wie Indien.

"Feministinnen widerstrebt die Auffassung, dass man Frauen als eine Art Schwangerschafts-Container benutzen kann, deren Fortpflanzungsfähigkeit käuflich ist. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit kann man nicht durch Verträge oder Verhandlungen beschneiden.

"Durch Leihmutterschaft werden Kinder zum Handelsgut"

Auch wenn besonders Vorteilhafte oder attraktive Bedingungen einen Leihmutterschaftsvertrag ausmachen, sollte das Recht der Frau und der Kinder in dieser Debatte ausschlaggebend sein und nicht das Interesse der 'Käufer'", heißt es in dem Grundsatzprogramm der Organisation.

Leihmutterschaft ist in Schweden verboten. Die Regierung untersucht trotzdem, ob man sie legalisieren soll. Zu viele Bürger haben eine Leihmutterschaft im Ausland in Anspruch genommen und die Kinder zurück nach Schweden gebracht. Ein Unterfangen, das mit vielen Schwierigkeiten verbunden ist.

Die Gruppe "Feminist not to surrogacy motherhood" (Feministinnen gegen Leihmutterschaft) ist strikt gegen eine Freigabe. "Wenn die Türen dafür geöffnet werden, egal wie streng die Auflagen auch sein sollten, werden Kinder zum Handelsgut."

Im April 2011 hat das Europäische Parlament die kommerzielle und eigennützige Leihmutterschaft verurteilt, weil es dabei um Menschenhandel gehe. Mit ihrer Kampagne bieten Feministinnen Alternativen an. Sie sind auf die körperliche Integrität gerichtet und nicht auf das Recht eheloser Paare auf ein Kind, auf Kosten der grundlegendsten Menschenrechte der Frau.

"In den meisten Fällen werden Frauen aus armen Ländern ausgebeutet. Reiche westliche Länder kommerzialisieren Leihmütter aus Entwicklungsländern. So entsteht ein Ungleichgewicht der Machtverhältnisse zwischen den Auftraggebern und den Leihmüttern. Westliche Länder nutzen die vulnerable ökonomische Situation der Frauen in Entwicklungsländern aus. In ihren Bemühungen, ein biologisches Kind zu bekommen, werden Wege eingeschlagen, die Frauen zwingen, ihren Körper zu verkaufen. Die fundamentalen Menschenrechte sollten arme Frauen davor beschützen, ihre Reproduktionsorgane als Ware anbieten zu müssen. Es wird immer mehr zum Trend, Grundrechte einzureißen zu Gunsten von Paaren, die ihre eigennützigen Pläne verwirklichen wollen, um ein Kind zu haben. Immer öfter argumentiert man mit den 'Reproduktiven Rechten'. Kinderlose Eltern bestehen auf einem Recht auf Kinder, wobei allerdings die Menschenrechte der Leihmütter nicht angesprochen werden", beschweren sich schwedische Feministinnen.

"Renting wombs" - das Mieten der Gebärmutter - wird von vielen bereits als eine Art Neokolonialismus bezeichnet. Einst hieß es, die Sonne geht im Britischen Imperium nicht unter, weil England über Kolonien auf der ganzen Welt verfügte. Solche Tage sind längst Geschichte. Heute mietet man die Gebärmütter der Frauen aus exotischen Ländern, nur um dem Wunsch auf ein eigenes Kind nachzukommen.

Der Journalist Wesley J. Smith spricht von einem neuen, biologischen Kolonialismus. Gerade in Indien sind die Regulierungen für eine Leihmutterschaft minimal. Dort ist es nicht nur verheirateten Paaren erlaubt, eine Leihmutter anzuheuern, sondern auch Homosexuellen.

Smith berichtete im National Review Online über Johnathon Busher und seinen Partner Stephen Hill. 18 Jahre lebten die beiden Engländer aus West Midlands zusammen. Dann beschlossen sie eine Familie zu gründen. 2011 reisten sie nach Indien, um in New Delhi eine Klinik aufzusuchen. Stephen Hill spendete sein Sperma, während die Eizellen von einer ausgesuchten Eizellspenderin stammten. Der Rest war eine Angelegenheit der In-vitro-Technik.

Etwas verlegen fühlten sich Johnathon Busher und Stephen Hill nach der Geburt von Zwillingsmädchen. Die Leihmutter zögerte, die beiden Kinder zu übergeben. Der Ehemann der Leihmutter ging davon aus, dass die Kinder sein eigenes Fleisch und Blut seien. Die Leihmutter hing sehr an den Neugeborenen, erläuterte Johnathon Busher. "Wir waren froh, dass wir einen handfesten Vertrag hatten und die beiden Mädchen ohne weitere Schwierigkeiten mitnehmen durften", sagten die beiden Männer.

"Leihmutterschaft gilt Vielen als neue Form des Neokolonialismus"

Smith kommentierte: "Es handelte sich einfach um einen Vertrag. Man muss sich daran halten. Eine Leihmutter darf sich unter diesen Umständen nicht zu sehr an das Kind gewöhnen. Wenn jemand ein Kind auf diese Weise haben will, muss ihm das einfach gewährt werden. Schließlich bezahlt er ja dafür. So wie man ein Auto oder ein iPhone kauft."

Vor 200 Jahren nannte man das Sklavenhandel, heute bezeichnet man es als Elternschaft, wenn wir Menschen für unsere Zwecke kaufen, schreibt E. Hilton in ihrem Bericht "Renting wombs: The new 'biological colonialism'". Auch das neueste umstrittene Konzept, das Social Freezing, muss in diesem Zusammenhang genannt werden, weil es Frauen die Möglichkeit gibt, selbst zu bestimmen, wann sie schwanger werden wollen, ohne Berücksichtigung der physiologischen Möglichkeiten.

Keiner weiß, ob die Plazenta, die Knochen, der Stoffwechsel einer 50-Jährigen überhaupt in der Lage sind, eine Schwangerschaft aufrechtzuerhalten. Aber zu diesem Zweck gibt es ja Leihmütter. Letztlich arbeitet man aber darauf hin, eine Schwangerschaft im Labor auszutragen. Dann brauchte es keine Leihmütter mehr. So arbeiten Wissenschaftler in Japan mit Hochdruck an einer künstlichen Gebärmutter (artificial wombs).

In etwa 20 Jahren will man so weit sein. Dann sollen die als Benachteiligung von Frauen betrachtete Schwangerschaft Geschichte und die Gleichberechtigung der Frauen endlich gewährleistet und das Ziel der absoluten reproduktiven Freiheit erreicht sein. Auch sollen dann Männer leichter Kinder bekommen können.


Im Juni 2015 erschienen:
Edith Breburda
"Reproduktive Freiheit: free for what?" (Biotechnologien)
Scivias Verlag

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Quelle:
LEBENSFORUM Ausgabe Nr. 114, 2. Quartal 2015, S. 14 - 15
Zeitschrift der Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Dezember 2015

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