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ONKOLOGIE/1122: Krebsbehandlung ohne Bestrahlung verringert Spätfolgen beim Non-Hodgkin-Lymphom (idw)


Deutsche Krebshilfe e. V. - Bonn, 21. Oktober 2010

Krebsbehandlung ohne Bestrahlung

Spätfolgen der Therapie gegen Non-Hodgkin-Lymphom verringern


Zürich/Berlin (gb) - Das Non-Hodgkin-Lymphom, eine bösartige Erkrankung des Lymphsystems, wird oftmals mit einer Kombination von Chemo- und Strahlentherapie behandelt. Die Bestrahlung des Gehirns kann allerdings zu schwerwiegenden Spätfolgen führen, wie Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen. Die Deutsche Studiengruppe für primäre Lymphome des Gehirns unter Leitung von Professor Dr. Eckhard Thiel und Professor Dr. Michael Weller hat in einer groß angelegten Studie den Stellenwert der Gehirnbestrahlung untersucht. Mit überraschendem Ergebnis: Die Überlebenszeit von Patienten, die mit Chemo- und Strahlentherapie behandelt wurden, und denen, die sich nur einer Chemotherapie unterzogen, unterschied sich nicht. Daher raten die Wissenschaftler dazu, die Bestrahlung bei der Therapie des Non-Hodgkin-Lymphoms des zentralen Nervensystems neu zu bewerten. Die Deutsche Krebshilfe hat das weltweit einzigartige Projekt mit insgesamt 383.000 Euro gefördert.

Die Bestrahlung des Gehirns ist derzeit Teil der Standardbehandlung des Non-Hodgkin-Lymphoms, wenn dieser schnell wachsende und aggressive Tumor das Zentralnervensystem befallen hat. Zusätzlich hat sich die Gabe hoher Dosen des Krebsmedikaments Methotrexat im Rahmen einer Chemotherapie als erfolgreiche Maßnahme erwiesen: Die durchschnittliche Überlebenszeit der Betroffenen konnte dadurch von 12 bis 18 Monaten auf 33 bis 43 Monate gesteigert werden. Die Bestrahlung des Gehirns kann jedoch zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen, wie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie bei hohen Dosierungen bis hin zur Demenz, führen.

Die Wissenschaftler um Eckhard Thiel von der Medizinischen Klinik der Charité in Berlin und Michael Weller, bis 2005 Neurologische Klinik der Universitätsklinik Tübingen, jetzt Klinik für Neurobiologie am Universitätsspital Zürich, untersuchten in ihrer so genannten G-PCNSL-SG-1-Studie, an der sich insgesamt 75 Krebszentren beteiligten, ob es möglich ist, bei der Therapie des Non-Hodgkin-Lymphoms des Gehirns auf die Bestrahlung zu verzichten. In dieser multizentrischen, randomisierten Studie mit 551 Betroffenen erhielt eine Gruppe von Patienten eine alleinige Chemotherapie mit hochdosiertem Methotrexat. Eine zweite Gruppe unterzog sich zusätzlich zur Chemotherapie einer Ganzhirnbestrahlung. Anschließend wurden die Patienten in regelmäßigen Abständen untersucht.

Nach den Ergebnissen der Studie hat die Bestrahlung zusätzlich zur Chemotherapie keinen Einfluss auf die Überlebenszeit der Betroffenen. Die Zeit bis zum Rückfall war zwar länger, aber um den Preis des erhöhten Risikos unerwünschter Therapiefolgen. Deshalb sprechen sich die Forscher dafür aus, die Schädelbestrahlung im Rahmen der Therapie des Non-Hodgkin-Lymphons neu zu bewerten: "Aufgrund der Ergebnisse unserer Studie raten wir von der Ganzhirnbestrahlung als Standardtherapie beim Non-Hodgkin-Lymphom des Gehirns ab", erläutert Weller. Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, betont: "Ziel der von uns geförderten Forschungsprojekte ist es auch, zukünftig die möglichen Spätfolgen einer Krebs-Therapie zu vermeiden, um die Lebensqualität der Betroffenen nach der Behandlung zu erhöhen." Die von der Deutschen Krebshilfe geförderte Studie, deren Ergebnisse die Wissenschaftler in dem renommierten Fachmagazin "Lancet Oncology" veröffentlichten, ist die weltweit erste ihrer Art.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.krebshilfe.de

Publikation:
"High-Dose methotrexate with or without whole brain radiotherapy for primary CNS-lymphoma (G-PCNSL-SG-1): a phase 3, randomized, non-inferiority trial"
erschienen am 18. Oktober 2010 in "Lancet Oncology"


Hintergrund-Info:

Non-Hodgkin-Lymphone
Non-Hodgkin-Lymphome stellen eine uneinheitliche Gruppe verschiedener Lymphom-Typen dar, die aus entarteten Zellen des Lymphsystems entstehen. Grund für diese Heterogenität ist die große Anzahl verschiedener Lymphom-und Abwehrzellen im Körper, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihrer Entwicklung entarten und zu einer Krebserkrankung führen können. Die Behandlung maligner Lymphome ist für die verschiedenen Erkrankungsformen und -stadien unterschiedlich. Wichtig für eine optimal angepasste Therapie ist die Einteilung der Lymphome nach Krankheitsstadien, ihren feingeweblichen und molekularbiologischen Charakteristika sowie ihrer Bösartigkeit. Häufig werden verschiedene Therapieformen miteinander kombiniert. Dazu zählen vor allem die Strahlen- und Chemotherapie, die durch eine Immuntherapie oder Stammzelltransplantation ergänzt werden können.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution500


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Krebshilfe e. V., Dr. med. Eva M. Kalbheim, 21.10.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2010