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NOTFALL/252: Tauchunfall - Druckkammer verhindert dauerhafte Hirnschäden (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Donnerstag, 1. März 2012

Tauchunfall - Druckkammer verhindert dauerhafte Hirnschäden


fzm - Wie beim raschen Öffnen einer Seltersflasche können sich im Blut von Tauchern plötzlich Gasblasen bilden, wenn sie zu schnell an die Oberfläche zurückkehren. Eine Folge dieser Dekompressionskrankheit sind Lähmungen wie bei einem Schlaganfall. Nach einer rechtzeitigen Behandlung in einer Überdruckkammer können die Taucher wieder vollständig gesunden, wie ein Fallbericht in der 00Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2012) zeigt. Ersthelfer sollten sie bis dahin mit reinem Sauerstoff beatmen.

Die 33-jährige Frau, eine erfahrene Taucherin, verunglückte im Urlaub in Indonesien, als sie nach 39 Minuten in bis zu 24 Metern ihren Tauchgang beenden wollte. Beim Auftauchen in sieben Meter Tiefe erlitt sie starke Kopfschmerzen. In vier Metern traten zusätzlich eine Gefühllosigkeit der rechten Hand und Schmerzen in der Brust auf, berichtet Simon Leschka vom Neurozentrum der Universitätsklinik Freiburg: Bei der Bergung war sie an Armen und Beinen gelähmt, ihr Bewusstsein war getrübt und sie konnte nicht mehr sprechen.

Die Frau hat eine Dekompressionskrankheit vom Typ II erlitten, erläutert der Neurologe. Beim Auftauchen lagerten sich infolge des raschen Druckabfalls, der Dekompression, Stickstoffblasen im Gehirn ab. Sie haben dadurch den Blutfluss in den Hirngefäßen und damit die Sauerstoffzufuhr unterbrochen. Dies erklärt die Lähmungen und die Bewusstseinsstörung. Beim Typ I der Erkrankung bilden sich die Blasen in Muskeln, Gelenken, Haut oder Knochen. Die Patienten leiden unter Druckempfindlichkeit der Muskeln, Juckreiz, den sogenannten Taucherflöhen, sowie unter Bewegungseinschränkungen und Gelenkschmerzen.

Die Ersthelfer in Indonesien hatten alles richtig gemacht: Nach der Sicherung der Lebensfunktionen wie Atmung und Kreislauf wurde die Frau mit reinem Sauerstoff beatmet und schließlich in eine Klinik geflogen, die über eine Druckkammer verfügt.

Die Mediziner begannen eine hyperbare Sauerstofftherapie. Dabei werden die Patienten in einer Druckkammer eingeschlossen. Sie simuliert den Überdruck, der auch beim Tauchen auf den Körper einwirkt. Die Bläschen, die sich im Blut gebildet haben, verkleinern sich. Das Gewebe wird wieder durchblutet. Danach wird der Druck in der Kammer langsam gesenkt.

Die Taucherin war, als sie 14 Tage später an der Universitätsklinik Freiburg untersucht wurde, beschwerdefrei. Die Dekompressionskrankheit ist ein lebensgefährlicher Tauchunfall. Beim geringsten Verdacht sollte der Patient so schnell wie möglich in ein Zentrum mit Druckkammer eingeliefert werden, rät Leschka. Bis zum Erreichen des Zentrums sollten die Patienten mit reinem Sauerstoff beatmet werden. Eine Liste der Zentren mit Druckkammer findet sich beispielsweise auf den Seiten der Deutschen Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin e.V. Welche Gesundheitsrisiken beim Tauchen bestehen und wie Taucher diese minimieren können, ist auch Thema der Pressekonferenz des CRM Centrum für Reisemedizin am 9. März anlässlich des 13. Forums Reisen und Gesundheit im Rahmen der Internationalen Tourismus Börse ITB 2012 in Berlin.


S. C. Leschka, M. Schumacher:
Schwere, reversible zerebrale Ischämie nach Tauchunfall.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2012: 137 (09): S. 425-428


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Quelle:
FZMedNews - Donnerstag, 1. März 2012
Georg Thieme Verlag KG
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2012