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GERIATRIE/226: Alternsforschung - Altern in Gesundheit und Autonomie (Uni Erlangen)


uni.kurier.magazin - 110/September 2009
Wissenschaftsmagazin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Altern in Gesundheit und Autonomie

Das Interdisziplinäre Zentrum für Gerontologie

Von Frieder R. Lang, Roland Rupprecht, A. Susanne Esslinger, Jörn Thielecke, Cornel C. Sieber


Die Alternsforschung an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat eine lange Tradition: Bereits im Jahr 1966 wurde auf Initiative des Nürnberger Internisten René Schubert die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie in Nürnberg gegründet. Im Jahr 1973 wurde an der Universität Erlangen-Nürnberg der erste deutsche Lehrstuhl für Geriatrie eingerichtet sowie im Jahr 1980 das erste deutsche Institut für Gerontologie.

Das Interdisziplinäre Zentrum für Gerontologie (IZG) der Uni Erlangen-Nürnberg entstand im Jahr 2003 als Zusammenschluss des Instituts für Biomedizin des Alterns, des Instituts für Psychogerontologie und anderer in der Alternsforschung tätiger Lehrstühle. Zum IZG gehören eine Vielzahl von Lehrstühlen aus vier Fakultäten sowie wichtige gerontologische Einrichtungen der Region Nürnberg (Diakonie Neuendettelsau, Martha-Maria Krankenhaus Nürnberg, AOK Mittelfranken). Im Jahr 2007 wurde der interdisziplinäre Master-of-Science-Studiengang Gerontologie eingeführt.

Aufgabe und Zielsetzung des Interdisziplinären Zentrums für Gerontologie ist die Koordination der Forschungsaktivitäten zu Themen des Alterns und des demografischen Wandels. Darüber hinaus bietet das IZG eine Infrastruktur für die Vernetzung der Forschung zu Fragen des Alterns an der Universität, auch für viele angrenzende Fachgebiete. Das IZG ist in der biologischen, medizinischen, psychiatrischen, psychologischen, bewegungs-, sozial-, geistes-, und wirtschaftswissenschaftlichen sowie der medizintechnischen Alternsforschung tätig. Ein Ziel ist die Zusammenführung, Koordination und Ausweitung der gerontologischen Forschung an der Universität. Darüber hinaus unterhält das Interdisziplinäre Zentrum für Gerontologie intensive Kooperationen mit zahlreichen gerontologischen Einrichtungen in Deutschland und weltweit (z. B. EU, USA und China).


Schwerpunkte in der Forschung und Leitmodell

Die Forschung des Interdisziplinären Zentrums für Gerontologie ist primär auf gesundheitliche Prävention und Intervention in den Themenfeldern Ernährung, Bewegung und soziale Einbindung ausgerichtet. Einen wichtigen Ausgangspunkt für die wissenschaftliche Arbeit des IZG bildeten frühe präventions- und interventionsgerontologische Studien zur Selbstständigkeit im Alter. Diese trugen zu einer breiten Verankerung der Gerontologie an der Universität Erlangen-Nürnberg bei. So arbeitet das IZG darauf hin, die Erkenntnisse der medizinischen, psychologischen, ernährungs-, bewegungs- und sozialwissenschaftlichen Alternsforschung zusammenzuführen und in integrierte Präventions- und Interventionsprogramme für mehr Gesundheit und Autonomie im Alter zu übertragen.

Ausgehend vom Leitmodell einer lebenslaufbezogenen Prävention und Intervention beschäftigen sich die Arbeitsgruppen des IZG mit den Bedingungen, die ein gesundes, selbstständiges und eigenverantwortliches Altern ermöglichen, fördern und wiederherstellen können. Die Forschung des IZG ist auf Gesundheit, Krankheitsbewältigung, Selbständigkeit und Eigenverantwortung im Alter ausgerichtet. Dabei geht es um biologische, physische, kognitive und psychische Alternsprozesse sowie die umweltbezogenen Rahmenbedingungen, welche die Wirkungen von Präventions- und Interventionsprogrammen im Alter begrenzen oder fördern.

Die Arbeiten und Forschungsprojekte des IZG sind schwerpunktmäßig einem von drei Forschungsfeldern zugeordnet: Ernährung - Bewegung - Beziehungen. Jedes der drei Themenfelder hat sich in der gerontologischen Forschung während der vergangenen Jahrzehnte als Grundlage eines selbstständigen und gelingenden Alterns herausgestellt: Der Beitrag der gesunden Ernährung, eines ausgewogenen Bewegungsprofils oder positiver, aktivierender Sozialkontakte für ein gelingendes Altern wird mittlerweile in der Alternsforschung von wissenschaftlicher Seite nicht bezweifelt. Allerdings ist dabei ungeklärt, in welcher Weise die Ernährung, die Bewegung und die Sozialbeziehungen zusammenwirken und im Konzert durch Interventionen beeinflusst werden. Ernährung, Bewegung und Beziehungsumwelten bedingen einander und sind in ihren Wirkungen unmittelbar voneinander abhängig (z. B. im Hinblick auf Mahlzeiteneinnahme, soziale Kontrolle, Stoffwechsel, Immunsystem etc.). Dabei gilt es zu klären, wie a) auf individueller Ebene biologische, physische und psychische Prozesse und b) gesellschaftliche Rahmenbedingungen ein möglichst wirksames und nachhaltiges Zusammenspiel von gesundheits- und autonomiefördernden Wirkungen ermöglichen.

Die anwendungsorientierte und klinische Ausrichtung des Interdisziplinären Zentrums für Gerontologie zielt in besonderer Weise ab auf die Entwicklung und Erforschung evidenzbasierter, ökonomischer und ökologischer Präventions- und Interventionsprogramme auch im Hinblick auf die Entwicklung alltagstauglicher, vitalitätsfördernder Produkte und Dienstleistungen ("Fit4Age" - Bayerischer Forschungsverbund, Querschnittsprojekt im IZG).

Allein im Zeitraum von 2006 bis 2009 haben die verschiedenen am Interdisziplinären Zentrum zusammengeschlossenen Arbeitsgruppen insgesamt Drittmittelprojekte im Umfang von ca. 4,1 Millionen Euro eingeworben. So hat sich im Hinblick auf die spezifischen Forschungsfelder Ernährung, Bewegung und Beziehungen eine produktive Forschungsinfrastruktur entwickelt, mit zahlreichen Einzel- und Verbundprojekten, in denen Fragestellungen der Gesundheits- und Autonomieförderung im Alter erforscht werden.


Studiengang und Graduiertenschule in der Gerontologie

Die Mitglieder des Interdisziplinären Zentrums für Gerontologie beteiligen sich aktiv an einem Master-Studiengang Gerontologie, in der geriatrischen Zusatzausbildung des Medizinstudiums (Q7) sowie einer Graduiertenschule Gerontologie.

Der Master-of-Science-Studiengang Gerontologie zählt zu den wenigen universitären Studienangeboten im Fach Gerontologie, die eine multidisziplinäre Ausbildung in medizinischen, psychologischen, sozial-, sport- verhaltens- und wirtschaftswissenschaftlichen wie klinischen Grundlagen der Alternsforschung mit einer Anwendungsorientierung verknüpfen. Der Studiengang Gerontologie ging aus dem seit 1986 bestehenden Aufbaustudium Psychogerontologie hervor und hat 80 Studienplätze, wobei die Nachfrage nach dem Studiengang stetig wächst. Der Studiengang bietet

• ein Studium, das sowohl in Vollzeit als auch in Teilzeit
(berufsbegleitend) absolviert werden kann

• ein interdisziplinäres Fächerspektrum mit Geriatrie, Gerontopsychiatrie, Psychologie, Interventionsgerontologie und Angewandter Gerontologie

• eine evidenzbasierte und auf Methodenvielfalt setzende Ausbildung in den Bereichen der gerontologischen Forschung, Beratung, Diagnostik und Intervention

• Qualifizierung der Absolventen für ein breites Spektrum von Tätigkeitsfeldern in der angewandten und klinischen Gerontologie wie auch in der Altenarbeit.

Im Rahmen des Studiums der Humanmedizin wird die Vorlesungsreihe Q7 - Medizin des Alterns unter der Mitwirkung von Mitgliedern des IZG angeboten. Hier werden Inhalte der Altersmedizin und der Ethik vermittelt. Neben den Besonderheiten medizinischer Krankheitsbilder im Alter werden grundlegende Inhalte der Gerontologie dargeboten. Schließlich unterhalten die Mitglieder des IZG eine gemeinsame Graduiertenschule für Gerontologie, die ein vielfältiges Angebot für Doktoranden bietet.

Das IZG pflegt zahlreiche Kontakte zu mittelständischen und internationalen Unternehmen der Metropolregion Nürnberg, die Produkte und Dienstleistungen im Segment Medizintechnik und Gesundheit entwickeln und anbieten. Das IZG beteiligt sich an vernetzten Aktivitäten zur Entwicklung von Strategien im Umgang mit den Herausforderungen des demografischen Wandels.


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Bewegung

Von Ellen Freiberger, Roland Rupprecht, Karl-Günther Gassmann, Michael Drey, Cornel C. Sieber, Frieder R. Lang, Klaus Pfeifer


Bewegungsmangel ist bei Senioren ein häufiges Phänomen. Gezielte Bewegungsförderung kann die Leistungsfähigkeit älterer Menschen erheblich verbessern und positiv den Erhalt der Selbständigkeit unterstützen. Die Forschung beschäftigt sich dabei mit Strategien der Implementierung und mit den Bedingungen eines verbesserten Angebots, auch mittels intersektoraler Ansätze. Des Weiteren spielt Bewegung eine große Rolle in der Behandlung und Bewältigung von kognitiven Einschränkungen. Unbestritten in der internationalen Literatur ist der Einfluss eines bewegungsbezogenen Interventionsprogramms zur Reduzierung der Sturzanzahl und -häufigkeit, aber auch zur Stärkung physischer Funktionsparameter wie z.B. Kraft und Gleichgewicht. Bewegungsinterventionen sind hierfür nicht nur ein preiswerter und einfacher, sondern darüber hinaus auch ein sehr wirksamer Ansatz, mit Reduktionen des Sturzrisikos von bis zu 50 Prozent. Empfohlen wird in der Regel ein multifaktorieller Ansatz, um mehrere Risikofaktoren angreifen zu können. Bislang nur wenig erforscht ist der Transfer und die Implementierung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis.

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt hat sich eine eigens dafür gegründete Arbeitsgruppe intensiv mit dem Thema der Stürze im Alter beschäftigt. Stürze gelten als hauptsächliches Eintrittsereignis der Gebrechlichkeit und Unselbstständigkeit im Alter. Aufgrund physiologischer und krankheitsspezifischer Prozesse steigt das Risiko zu stürzen mit zunehmendem Alter an. So stürzen 50 Prozent der selbständig lebenden Menschen über 80 Jahre mindestens einmal im Jahr. Ein Sturz kann bedeuten, sein bisheriges Leben umstellen zu müssen, möglicherweise seine Selbständigkeit einzubüßen, Lebensqualität zu verlieren. Ein erster wesentlicher Schritt zur Vermeidung dieser Kette ist die Identifizierung von sturzgefährdeten älteren Menschen. Neben diesen Folgen für den Einzelnen entstehen darüber hinaus hohe Kosten für das Gesundheitssystem. Der demographische Wandel führt dazu, dass immer mehr Menschen betroffen sind. Bei Stürzen handelt es sich jedoch nicht um ein simples Unfallgeschehen, auf das kein Einfluss zu nehmen ist, sondern um die komplexe Interaktion verschiedener Faktoren, deren Zusammenspiel in verschiedenen Projekten des Interdisziplinären Zentrums für Gerontologie erforscht wird.


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Ernährung

Von Jürgen Bauer, Rebecca Kaiser, Mathias Kaiser, Dorothee Volkert, Frieder R. Lang, Cornel C. Sieber


In Kenntnis der besonderen Gefährdung älterer Menschen für das Auftreten einer Mangelernährung und deren Konsequenzen für Lebensqualität, Morbidität und Mortalität wurden im Bereich von Akutgeriatrie und Altenheim Analysen zur Wertigkeit verschiedener Screening-Verfahren zur Beurteilung des Ernährungszustandes durchgeführt. Hier zeigte sich, dass deren Einsatz setting-spezifisch erfolgen sollte. Während das Nutritional Risk Screening Vorteile im Krankenhausbereich aufweist, ist das Mini Nutritional Assessment für den Altenheimbereich zu bevorzugen. Für Letzteres zeigte sich ferner, dass die Komplettierung des Fragebogens durch das Pflegepersonal gegenüber dem Bewohnerinterview zuverlässigere Ergebnisse liefert.

Eine einjährige Longitudinalstudie in einer Altenheimpopulation zeigte ein deutlich verbessertes Überleben der adipösen Bewohner (> 30 kg/m²) gegenüber solchen mit niedrigem Body Mass Index (< 20 kg/m²) und solchen mit Normalgewicht. Weitere Analysen in diesem Kollektiv zum Zusammenhang zwischen Körperzusammensetzung (insbesondere viszerale Adipositas und Sarkopenie) und Funktionalität werden gegenwärtig vorgenommen.

Die besondere Disposition älterer Menschen für die Entstehung einer Mangelernährung scheint unter anderem in altersassoziierten Veränderungen der Appetitregulation begründet zu sein, wobei sich insbesondere auch hormonelle Einflüsse (z.B. Ghrelin) als bedeutsam für ein verändertes Hunger- und Sättigungsgefühl im Alter erweisen.


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Soziale Beziehungen

Von Margund K. Rohr, Sabine Engel, Elmar Gräßel, Cornel C. Sieber, Frieder R. Lang


In der Gerontologie ist unbestritten, dass ein gut funktionierendes soziales Umfeld maßgeblich die Gesundheit im Alter fördert. Wer gute soziale Kontakte unterhält, lebt nicht nur länger, sondern bleibt auch länger selbständig und kann seinen Alltag im eigenen Haushalt meistern. Studien zeigen beispielsweise, dass ein intaktes und funktionierendes Netzwerk das Risiko einer dementiellen Erkrankung im Alter deutlich reduziert. Zudem weisen Befunde darauf hin, dass Bereiche wie Bewegung und Ernährung, welche wichtig für die Gesundheit und die Autonomie im Alter sind, durch eine gute soziale und familiale Einbettung im hohen Maße gefördert werden. Dabei bleibt aber weitgehend offen, welche spezifischen Mechanismen der Beziehungsgestaltung auf das Ernährungs- und Bewegungsverhalten wirken und wie diese in entsprechenden Interventionen umgesetzt werden können. Von Interesse sind dabei besonders die biomedizinischen (hormonellen, immunologischen), psychischen und kognitiven Prozesse sowie deren Zusammenspiel, die sich in den Sozialbeziehungen und Sozialkontakten älterer Menschen manifestieren.

Ein besonderer Stellenwert kommt hierbei der Situation der Angehörigen älterer Menschen zu, vor allem in Hinblick auf eine mögliche Pflegebedürftigkeit und den daraus resultierenden Veränderungen. Daher wird in verschiedenen Studien des IZG untersucht, welche Herausforderungen und Belastungen, aber auch Chancen, sich für den Einzelnen und das Miteinander stellen. Neben Projekten, die sich mit der Rolle von Angehörigen pflegebedürftiger älterer Menschen beschäftigen, bildet die Situation und Lebensqualität der in stationären Einrichtungen lebenden älteren Menschen einen weiteren inhaltlichen Themenschwerpunkt. Hierbei fokussiert die Forschung in besonderer Weise auf die Rolle der sozialen Einbettung bei der Prävention und Intervention bei dementiellen Erkrankungen oder im Kontext der "Frailty" (Alters-Gebrechlichkeit).


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Kinderlosigkeit

Von Jenny Wagner, Frieder R. Lang


Etwa jeder siebte Bundesbürger über 70 hat - freiwillig oder unfreiwillig - keine Kinder. Wer sind diese kinderlosen Personen und wie gestalten sie ihr Leben und ihre sozialen Beziehungen? Wie steht es mit der weit verbreiteten Annahme, dass kinderlose Senioren einsamer und unzufriedener sind als ihre Altersgenossen mit Nachkommen?

Eine Studie in sieben Ländern konnte aufzeigen, dass Kinderlosigkeit international durch ein ähnliches Bild geprägt ist: Im Vergleich zu ihren Altersgenossen leben kinderlose Personen häufiger allein oder in Institutionen, sind weniger häufig verheiratet, und kinderlose Frauen haben häufiger einen höheren Bildungsabschluss als die Vergleichsgruppe von Müttern.

Unterschiedliche Studien konnten die generelle Annahme, dass Kinderlosigkeit mit Einsamkeit und Depression assoziiert ist, nicht bestätigen. Jedoch zeigen sich in diesem Kontext deutliche Geschlechtsunterschiede. Kinderlose Männer, die entweder geschieden oder verwitwet sind bzw. niemals verheiratet waren, sind substantiell weniger zufrieden und stärker isoliert als kinderlose Frauen.

Vermutet wird, dass kinderlose Personen mehr Engagement in ihre sozialen Beziehungen legen und damit eine bessere Einbindung in Beziehungsnetzwerke aufzeigen. Unterschiedliche Forschungsprojekte konnten diese Annahme jedoch nicht bestätigen. Neue Daten aus unserer eigenen Forschergruppe belegen, dass insbesondere langjährig verheiratete kinderlose Paare substantiell weniger Kontaktpersonen nennen, wobei hauptsächlich weniger Beziehungen zu biologischen Verwandten gepflegt werden. Alleinstehende Kinderlose unterschieden sich demgegenüber nicht von Eltern ihrer Alterskohorte. Sie berichten häufiger als verheiratete kinderlose Paare von Beziehungen zu Geschwistern, nahen Verwandten, aber auch zu Bekannten aus Sportvereinen und der Nachbarschaft.

Strukturen potentieller Helfer stehen häufig im Zentrum des Interesses, da insbesondere die erwachsenen Kinder eine primäre Rolle in der Unterstützung von alten Eltern spielen. Ergebnisse der Berliner Altersstudie konnten hier verdeutlichen, dass Eltern wesentlich mehr Hilfe durch sogenannte informelle Helfer, wie beispielsweise Kinder, erhalten. Das Unterstützungsnetzwerk kinderloser Personen ist ebenfalls stark durch informelle Helfer gekennzeichnet, zeigt insgesamt jedoch einen größeren Anteil an formellen Helfern auf.


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Technologie

Von Bettina Williger, Frieder R. Lang


Der demographische Wandel führt zu einer verstärkten Nachfrage nach solchen Produkten und Dienstleistungen, die den Menschen eine hohe Lebensqualität, Autonomie und Selbstbestimmung in der zweiten Hälfte des Lebens ermöglichen. Forschung und Industrie investieren daher vermehrt in die Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen, die auch im Alter noch ein gesundes und gutes Leben gewährleisten und den Umgang mit den Belastungen des Alters erleichtern. Für die Akzeptanz und Nutzung innovativer technischer Lösungen ist entscheidend, inwieweit diese den Lebensumständen, Bedürfnissen und Wünschen älterer Menschen tatsächlich gerecht werden. Die Einbindung von Seniorinnen und Senioren in die Konzeption, Evaluation und Optimierung altersgerechter Produkte und Dienstleistung erfordert den Einsatz neuer psychologischer und gerontologischer Verfahren, mit denen die Kompetenzen, Bedürfnisse und Präferenzen älterer Menschen aufbereitet, systematisiert und weitergegeben werden können. Dabei kommt es entscheidend darauf an, die Erkenntnisse für die in der Produktentwicklung arbeitenden Ingenieure und Informatiker nutzbar und umsetzbar werden zu lassen, so dass die Weiterentwicklung technischer Innovationen davon profitiert.

Im Rahmen des Forschungsverbunds FitForAge wurde am Institut für Psychogerontologie der "Seniorenbeirat für die Produktentwicklung" gegründet. Ziel dieses Beirats ist es, neue Verfahren der Nutzereinbindung in die Produktentwicklung zu testen und auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Dem Beirat gehören 140 Seniorinnen und Senioren im Alter zwischen 60 und 90 Jahren an. In kleineren Gruppen prüfen und bewerten die Mitglieder neue Produkt- und Dienstleistungsideen auf der Grundlage ihres Erfahrungs- und Alltagswissens. In regelmäßigen Sitzungen testen die Mitglieder des Seniorenbeirats prototypisch umgesetzte Entwicklungen, erarbeiten neue Vorschläge und bewerten die erzielten Lösungen in Bezug auf Funktionalität, Attraktivität und Bedienung. Erste Ergebnisse zeigen dabei, dass beide Seiten von der systematischen Auseinandersetzung mit technischen Innovationen profitieren. Zugleich lassen die Befunde erkennen, dass altersgerechte Lösungen mit einer erhöhten Nutzungsbereitschaft, Technikkompetenz und einer generell verringerten Technikskepsis einhergehen. Außerdem gewinnen Entwickler wichtige neue Erkenntnisse für die Umsetzung der Produkte und Dienstleistungen.


Alle Autoren gehören dem Interdisziplinären Zentrum für Gerontologie an bzw. sind an dessen Mitgliedsinstitutionen tätig. Dr. Jürgen Bauer ist Oberarzt in der Medizinischen Klinik 2 im Klinikum Nürnberg. Dr. Michael Drey ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Biomedizin des Alterns. Prof. Dr. Sabine Engel hat eine Professur für Psychogerontologische Intervention am Institut für Psychogerontologie inne. PD Dr. A. Susanne Esslinger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensführung. Dr. Ellen Freiberger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Bewegung und Gesundheit. Prof. Dr. Karl-Günther Gassmann leitet als Chefarzt die Klinik für Geriatrie und geriatrische Rehabilitation am Waldkrankenhaus St. Marien in Erlangen. Prof. Dr. Elmar Gräßel leitet die Abteilung Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik. Rebecca Kaiser ist Ernährungswissenschaftlerin am Institut für Biomedizin des Alterns. Dr. Matthias Kaiser ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Biomedizin des Alterns. Prof. Dr. Frieder R. Lang leitet das Institut für Psychogerontologie der Universität. Prof. Dr. Klaus Pfeifer hat den Lehrstuhl für Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Bewegung und Gesundheit inne. Margund K. Rohr ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychogerontologie. Dr. Roland Rupprecht lehrt und forscht als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Psychogerontologie. Prof. Dr. Cornel C. Sieber leitet das Institut für Biomedizin des Alterns der Universität sowie die Medizinische Klinik 2, Schwerpunkt Geriatrie am Klinikum Nürnberg. Prof. Dr. Jörn Thielecke ist Professor für Informationstechnik (Schwerpunkt Ortsbestimmung und Navigation). Prof. Dr. Dorothee Volkert hat die Theo und Friedl Schöller-Stiftungsprofessur für Klinische Ernährung im Alter inne. Jenny Wagner und Bettina Williger sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Psychogerontologie.


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Quelle:
uni.kurier.magazin Nr. 110/September 2009, S. 22-26
Informations-Magazin der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Herausgeber: Der Rektor
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Das Wissenschaftsmagazin der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg erscheint 1 x jährlich.
Es informiert seit 1975 über Aktivitäten und Vorhaben
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Hochschulpolitik.


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2010