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ALTERNATIVMEDIZIN/204: Essstörungen - Essen? Nein danke! (Homöopathie)


Homöopathie - Winter 2010
Zeitschrift des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte

Essstörungen


Essen? - Nein danke!

Eine gute Ernährung gehört zu den Grundlagen unserer Gesundheit. Essen sollte aber nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch ein Genuss sein. Störungen des Essverhaltens betreffen die existenzielle Grundlage des Menschen, haben komplexe Ursachen und werden immer häufiger diagnostiziert.


Von Magersucht (Anorexie), Essbrechsucht (Bulimie) oder Fresssucht (binge eating) Betroffene benötigen eine frühzeitige und kompetente ärztliche Betreuung - denn je länger die Störung besteht, desto schwieriger gestaltet sich der Heilungsprozess. Die unterschiedlichen Essstörungen lassen sich nur theoretisch klar voneinander abgrenzen, in der Realität können sie ineinander übergehen oder sich in ihren Erscheinungsformen mischen. In fast allen Fällen beginnt eine Erkrankung bereits in der Pubertät. Im Rahmen einer Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) des Robert Koch Instituts (RKI) wurden rund 7.500 Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren zu ihrem Essverhalten befragt. Das Ergebnis: Jeder fünfte Jugendliche (22 Prozent) weist laut RKI Symptome einer Essstörung auf. Am häufigsten sind mit 35 Prozent Mädchen im 16. Lebensjahr betroffen, Jungen weisen dagegen insgesamt nur halb so oft Merkmale einer Essstörung auf wie Mädchen. Die Fachliteratur zum Thema zeigt jedoch, dass das Risiko für die Entwicklung einer Essstörung bei jungen Männern nach dem 20. Lebensjahr wieder ansteigt. Verdichten sich erste Symptome einer Essstörung zu einer Erkrankung, entwickelt sich ein dramatisches Geschehen, das nicht nur den Kranken belastet, sondern Eltern, Familie und Freunde massiv mit betrifft und sie in Hilflosigkeit, Sorge und Ratlosigkeit stürzt. Auch wenn Essstörungen, die bereits lange bestehen, in den meisten Fällen zu bewältigen sind, können sie in extremen Fällen auch zum Tod führen. Laut Statistischem Bundesamt gab es in Deutschland im Jahr 2008 hundert Todesfälle durch Essstörungen - gegenüber 1998 (33 Todesfälle) ist das ein Anstieg von zweihundert Prozent.

Bei Essstörungen gibt es keine allgemeingültigen Ursachen und Verläufe. Es lässt sich jedoch ein Mechanismus zur Entstehung seelischer Krankheiten erkennen. Die Ursachen innerer Konflikte, die zu Essstörungen führen, sind immer individuell, meist kommen mehrere Faktoren zusammen, die zu einer fehlverstandenen Konfliktlösung führen. Beispielsweise können Mobbing, mangelhafte soziale Integration, Schulstress, aber auch (Liebes-)Kummer, familiäre Probleme oder traumatische Ereignisse Auslöser einer Essstörung sein.

Weitere Informationen
zu Magersucht (Anorexie), Essbrechsucht (Bulimie) oder Fresssucht (binge eating)
finden Sie im Internet-Dossier unter
www.welt-der-homoeopathie. de→ Informationen → Dossiers
oder im Schattenblick unter:
Medizin -> Fachmedizin -> ALTERNATIVMEDIZIN/203: Formen von Essstörungen (DZVhÄ)


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Fallbeispiel

"Wenn ich ans Essen denke, bekomme ich irgendwie Panik"

Judith, eine musikalische und sportliche Gymnasiastin, steht vor dem Abitur. Überraschend offenbart sie ihrem homöopathischen Arzt eine massive Essstörung. "Schon wenn ich ans Essen denke, bekomme ich irgendwie Panik", erzählt die Schülerin. Zu diesem Zeitpunkt nimmt sie seit einem knappen Jahr täglich über 50 Abführtabletten. Es ist ihr vor allem nicht mehr möglich, in Gemeinschaft mit anderen zu essen, was auch ihr Familienleben belastet. Dieser Prozess beginnt zunächst schleichend und weitet sich dann immer stärker aus. Obwohl sie darunter leidet, ist Judith nicht in der Lage, ihr Verhalten zu verändern. Die negativen Gefühle, die bei dem Gedanken an Essen in ihr aufsteigen, beherrschen sie. Den Gewichtsverlust, auf den sie zunächst stolz ist, kann sie gegenüber ihrer Umgebung durch weite Kleidung kaschieren. Sie vermeidet Situationen, in denen man sie spärlich bekleidet oder nackt sehen könnte. Alle Situationen, in denen sie sich beobachtet fühlt, werden unerträglich.

Zwischendurch übermannt sie der Hunger und sie plündert nachts den Kühlschrank. Danach ist sie verzweifelt: "Ich fühle mich dann fett, vollgestopft und ekle mich vor mir selbst." Sie hat das Gefühl, wieder versagt zu haben, kann das Essen aber kaum steuern. Ihre enorme innere Anspannung versucht sie durch eine ständig steigernde Menge von Abführmitteln abzubauen. Dabei hat sie Glück im Unglück: Die von ihr gewählten Tabletten wirken über ein Verdauungsenzym im Darm. Nach einer Menge von zwei Tabletten lässt sich die Wirkung nicht mehr physiologisch steigern, eine "Überdosis" ist damit nicht möglich. Hätte sie andere Tabletten gewählt, wäre sie schnell in eine lebensbedrohliche Situation geraten. Insgesamt sind bei Judith Anteile sowohl einer Anorexie als auch einer Bulimie massiv vorhanden.

Therapie

Bei der Anamnese entsteht der Eindruck, dass es ein Zusammenwirken zahlreicher Faktoren ist, die bei Judith zur Entwicklung der Essstörung führten. Schwierigkeiten mit der Entwicklung zur Frau, innerer Leistungsdruck und zunehmende Angst vor den Anforderungen des späteren Lebens spielen dabei die zentrale Rolle. Aufgrund der Gesamtheit der Symptome erhält die Patientin die homöopathische Arznei Carcinosinum. Teil der Behandlung ist außerdem ein Medikations- und Ess-Vertrag. Dieser Vertrag, den Judith immer wieder mit sich selbst aushandelt, unterstützt ihren Heilungsprozess. Am Ende jeder Therapiesitzung vereinbart sie mit sich, auf wie viel sie die Abführmittelmenge bis zum nächsten Mal begrenzen will und welche Fortschritte im Essverhalten möglich sind. Es ist für Judith wichtig, das Tempo nicht von einer externen Instanz auferlegt zu bekommen. Die daraus resultierenden Erfahrungen "Ich kann es!" und "Ich schaffe es!" geben ihr Selbstvertrauen. So reduziert sie innerhalb von zwei Monaten die Menge der Tabletten von 50 auf 17 Stück. Auch mit dem regelmäßigen Essen gibt es erste Fortschritte. Nun beginnt Judith Vorstellungen von ihrem Leben nach dem Abitur durchzuspielen. Sie ist jetzt in der Lage, nicht permanent gedanklich um das Thema Essen zu kreisen. Gleichzeitig ist sie von Zweifeln geplagt, ob sie das Richtige vorhat. In der Phase ihrer Suche wird das homöopathische Grundmittel Carcinosinum durch die Gabe von Vanadium in der Potenz C200 ergänzt. Dieses Mittel wird ebenfalls oft bei Essstörungen erfolgreich eingesetzt und unterstützt in Phasen tiefer Unentschlossenheit. Anschließend reduziert Judith das Abführmittel weiter auf zwei Tabletten pro Tag. Außerdem übt sie gemeinsame Mahlzeiten mit Freunden, lädt erst zu sich ein, isst dann bei ihnen. Der soziale Rückzug klingt mit dem normalisierten Essverhalten schnell ab. Kurz danach verliebt sie sich in ihren ersten festen Freund.

Beurteilung

Es war vor allem wichtig, dass Judith ihren Weg in ihrem eigenen Tempo geht. Ihr Ziel, bis zu dem Beginn der Abiturarbeiten komplett von den Abführmitteln weg zu sein, erreicht sie. Mit Hilfe der Homöopathie hat sie schnell die Regulationskräfte mobilisieren können, die für eine Heilung notwendig sind und die zur Normalisierung des Essverhaltens geführt haben. Judith schafft es innerhalb von neun Monaten aus einer gefährlichen, lang dauernden Krankheit mit einem massiven Medikationsmissbrauch ohne die Unterstützung einer Klinik herauszukommen.



Weitere Informationen:
www.welt-der-homoeopathie.de
http://dzvhae-homoeopathie-blog.de/


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Quelle:
Homöopathie - Winter 2010
Zeitschrift des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Dezember 2010