Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → REDAKTION

REZENSION/020: Mo Asumang - Road to Rainbow. Willkommen in Südafrika (ZDF) (SB)


Road to Rainbow - Willkommen in Südafrika


Mit der in Szene gesetzten Erregung einer Touristin - hier die Filmautorin selbst - , die ein Flugzeug nach Südafrika besteigt, Bilder von großen Tieren und weiten, wilden Landschaften vor Augen und die Versprechen von Freiheit und Abenteuer im Ohr, beginnt der neue Film von Mo Asumang, den das ZDF in der Reihe 'Das kleine Fernsehspiel' am 30. Juni zu später Stunde um 23:15 Uhr erstmals ausstrahlt: Road to Rainbow - Willkommen in Südafrika. Whow!

Auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, ob 16 Jahre nach dem offiziellen Ende der Apartheid ein Zusammenleben der Menschen verschiedener Hautfarben gelungen ist, welchen bleibenden Schaden die Menschen durch den Rassismus genommen haben und wo die Vision einer Regenbogennation, wie zuerst Bischof Desmond Tutu den Traum von einem friedlichen Vielvölkerstaat Südafrika genannt hat, heute zu finden ist, macht sich die Regisseurin auf die Reise durch das Land, das in diesem Sommer in ganz besonderer Weise die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf sich zieht. Sie reist in einem Kleinbus, wie die Afrikaner selbst, um möglichst nahe an den Menschen zu sein und wird begleitet von zwei Einheimischen, die ihr manchen Zugang erleichtern, dem Comedian Kagiso Lediga und Mister Sigidi als Fahrer.

Was sie sucht, findet sie nicht, denn Südafrika ist nach wie vor und deutlich sichtbar getrennt in schwarz und weiß, mehr aber noch in arm und reich. Der Kontrast zwischen den Blechhütten und den engen, staubigen Wegen in den Townships und den Vierteln reicher Südafrikaner, schwarzer und weißer, mit Luxusvillen und teuren Limousinen auf breiten Boulevards, ist in seiner Krassheit fast obszön. Wie in zwei Welten, bewegt sich die Filmemacherin einmal hier und einmal da.

Auf ihre Frage, was aus der Vision einer Regenbogennation geworden ist, erhält sie vielfältige Antworten, die vom Sarkasmus schwarzer Townshipbewohner, positiven Beschwichtigungsformeln von Regierungsmitgliedern über das schon Erreichte, kritischen Anmerkungen von Oppositionsvertretern und Anti-Apartheids-Aktivisten bis hin zu Aussagen weißer Bewohner eines Johannesburger Altersheimes reichen, für die es Apartheid eigentlich gar nicht gab.

Leider rekrutiert sich die Mehrheit der Gesprächspartner aus der Minderheit der Bevölkerung - die meisten der teils verabredeten, teils scheinbar zufälligen Begegnungen finden in Gegenden der Wohlsituierten statt, ein Gang durch ein Township zusammen mit Kagiso Lediga bleibt merkwürdig begegnungs- und kommunkationslos. - Fehlende oder verpaßte Chance?

Zu den Interviewten gehören der Friedensnobelpreisträger von 1984 Erzbischof Desmond Tutu, für den die Unterschiede in einer Gesellschaft Reichtum und Anlaß zum Feiern, nicht zur Trennung bedeuten, der Ex-Präsident Frederik de Klerk, ebenfalls Friedensnobelpreisträger (1993 zusammen mit Nelson Mandela), der die Apartheid als Verbrechen heute noch leugnet, weil sie ohne Vorsatz, d.h. ohne die Absicht, die Interessen anderer zu verletzen, betrieben worden sei. Oder der Politikberater Henry Bailey, der den Begriff der Regenbogennation auf den Boden südafrikanischer Realitäten bringt: Der Regenbogen, so sagt er, enthielte alle Farben - außer schwarz. Und wenn man sie alle zusammenmische, bekäme man weiß, reines Weiß. Während anderswo mit dem Erreichen der Unabhängigkeit die Kolonialherren gegangen seien, wären sie in Südafrika nicht nur geblieben, sondern man habe die Besitzverhältnisse sogar akzeptiert. Dabei sei ein System, wo die Mehrheit der Bevölkerung arm und ohne Bildung sei, unmöglich haltbar.

Die Regenbogennation, so Desmond Tutu, findest du bei den armen Menschen, die großzügig sind. Mit anderen Worten, die Reichen sind es nicht. Aber das wußten wir doch schon, oder?

Nicht von ungefähr widmet die Filmemacherin dem Problem der Sicherheit in Südafrika einen großen Raum. Es gebe heute mehr private Sicherheitsleute am Kap als Polizisten oder Soldaten. Die Sicherheitssysteme an den Villen der Reichen von Elektrozäunen bis zu Videoanlagen läßt sie sich ausführlich erklären und vorführen.

Die Struktur des Films ist eher lose und scheint der Intuition seiner Macherin und den Möglichkeiten vor Ort zu folgen, zur Reisegeschichte gesellt sich die des Jungen Inganathi, der aids-geschwächt und arm von einer Karriere als Fußballer und Anwalt träumt und der den Zuschauer auf einen Gang durch seine Heimatstadt Kapstadt mitnimmt, auch zu jenen Orten, wie den Fußballstadien oder Einkaufszentren, zu denen er keinen Zutritt hat.

Sie habe, so äußerte Mo Asumang in einem Interview mit dem ZDF, ihre Erfahrungen kritisch überbringen, gleichzeitig aber auch mit ihrem Film unterhalten und die Zuschauer "nicht vom schönen Gefühl und der (derzeitigen) Euphorie für Südafrika" abbringen wollen. Einiges kommt, weil in diesem Sinne inszeniert, etwas gewollt und klischeehaft daher, so die Unterhaltung mit den Reisebegleitern auf einer Straßenbrücke mitten in Kapstadt, die plötzlich abbricht und als Symbol für den südafrikanischen Entwicklungsprozeß bemüht wird. Oder die Begegnungen mit Inganathi, der sich filmtricktechnisch aus einer Blechdose zu Wort meldet, die den Jungen im Township als Fußballersatz dient.

Am Ende steht für die Filmemacherin die Erkenntnis, jetzt habe sie die Ubuntu-Weisheit wohl erst verstanden, die Desmond Tutu ihr mit auf den Weg gab, daß nämlich alles mit allem zusammenhängt. Ob schwarz oder weiß, jung oder alt, die Armen in den Townships oder die Reichen in den Villen, alle hängen voneinander ab.

Hier mag - Absicht oder nicht - beim geneigten Zuschauer der wundersame Eindruck bleiben, daß in Südafrika im Großen und Ganzen doch alles im Lot und irgendwie in Ordnung sei. Man muß es nur erkennen wollen. Whow!

Kein Zufall also, daß der Film vom Auswärtigen Amt, vom Goethe-Institut und vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EZEF) gefördert wurde?


24. Juni 2010


Road to Rainbow - Willkommen in Südafrika
Dokumentarfilm von Mo Asumang
mit Kagiso Lediga, Inganathi und Mo Asumang
Musik: Johannes Malfatti
Kamera: Felix Leiberg
Deutschland 2010, ZDF, 90 Min.
TV-Erstausstrahlung am Mittwoch, 30. Juni 2010, 23:15 Uhr
in der ZDF Reihe: Das kleine Fernsehspiel