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PRESSE/159: Wer managt die deutschen Medien? (Agora - Uni Eichstätt-Ingolstadt)


Agora - Magazin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Ausgabe 2 - 2013

Wer managt die deutschen Medien?

Von Klaus-Dieter Altmeppen, Annika Franzetti und Regina Greck



Die Digitalisierung stellt die Medienbranche heute vor immer neue Herausforderungen. Alte Geschäftsmodelle lösen sich auf, neue müssen gefunden und erprobt werden. Eine Studie der Journalistik an der KU geht der Frage nach, wie die Medienmanager von heute dafür vorbereitet sind.


Hubert Burda und Heinz Bauer - gehören diese beiden Verlegergrößen einer aussterbenden Generation an? Nach Axel Springer und Rudolf Augstein gehören sie zu den letzten Verlegern, die die Geschäfte ihres Verlags noch persönlich führen, strategisch planen, organisieren und gleichzeitig noch der schreibenden Zunft angehören, in dem sie immer wieder Artikel in namhaften Blättern veröffentlichen. Einen solchen Typus "Universalverleger" scheint es heute nicht mehr zu geben. Medienunternehmen werden, so die Annahme, zunehmend von Geschäftsführern geleitet, wie man sie in anderen Branchen auch findet: akademisch gebildet und für unterschiedlichste Geschäfte vorbereitet. Schließlich ist auch für Medienfirmen am Ende nur eine Größe entscheidend: die Rendite. Das Geschäft mit den Zahlen hält immer mehr Einzug auch in die Redaktionen. Chefredakteure verantworten nicht mehr nur Inhalte, sondern auch die dafür notwendigen Budgets. Diese neue Art von Medienmanagern ist noch ein recht schemenhaftes Wesen. Mit ihrer Studie "Medienmanager: Wie sie wurden, was sie sind" haben Klaus-Dieter Altmeppen, Regina Greck und Annika Franzetti die Konturen dieses Typus geschärft. Rund 3.000 Medien- und Redaktionsmanager haben sie per E-Mail zu einer Online-Befragung eingeladen. Mit einem Rücklauf von etwa 25 Prozent (n=759) liegen fundierte Erkenntnisse darüber vor, wer in deutschen Medienhäusern über die Finanzen entscheidet - und das in allen Mediengattungen von Print bis Online.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Führungsriege der deutschen Medienunternehmen heute kaum mehr merklich von anderen Branchen unterscheidet. Frauen sind auch bei den Medien- und Redaktionsmanagern deutlich unterrepräsentiert: 77,6% Männer stehen 21,3% Frauen gegenüber. Knapp 48 Jahre sind die Befragten im Schnitt alt, wobei Männer im Mittel etwas älter sind (48 Jahre) als Frauen (45 Jahre). Durchschnittlich sind die Medienmanager allerdings fast ein Jahrzehnt jünger als Geschäftsführer in anderen Branchen.

Betrachtet man Medienunternehmen näher, so lassen sich zwei Ebenen der Verantwortung unterscheiden: Zum einen die der Geschäftsführung des Unternehmens (Medienmanagement), die sich um die Gesamtausrichtung der Firma und die entsprechenden Ressourcen und Finanzen kümmert. Zum anderen die Ebene der Redaktionsleitung (Redaktionsmanagement), die beispielsweise die Personalverantwortung in der Redaktion trägt. Die befragten Manager arbeiten hauptsächlich im ersten Bereich. Etwas über zwei Drittel (69,4%) verorten sich im Medienmanagement, während nur 27,4% redaktionelle Führungspositionen innehat. Legt man den Fokus auf die Medienmanager, zeigt sich, dass knapp drei Viertel (72,9%) an der Spitze eines ganzen Medienunternehmens stehen, 27,1% leiten eine Sparte eines integrierten Medienkonzerns (wie z.B. Bertelsmann) (n=527). Die Mehrheit der Befragten arbeitet für Unternehmen mittlerer Größe (51 bis 500 Mitarbeiter, 40,2%). Jeweils gut ein Zehntel arbeitet für deutlich größere Unternehmen: 12,3% für Unternehmen mit 501 bis 1000 Mitarbeiter; 10% beziffern die Größe auf 1001 bis 2500 Mitarbeiter; bis zu 5000 Mitarbeiter haben die Unternehmen von 11,7% der Befragten und 10,5% geben sogar an, für ein Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern zu arbeiten.

Vor ihrer aktuellen Positionen haben die befragten Manager im Durchschnitt auf 1,79 verantwortlichen Stellen gearbeitet. Auf die erste davon kamen sie mit im Mittel 33 Jahren und behielten sie 3,35 Jahre. Die befragten Manager haben angesichts der Internationalisierung des Medienmarktes erstaunlich wenig berufliche Auslandserfahrung. 16% waren im Schnitt in zwei Ländern außerhalb Deutschlands tätig, was recht gering erscheint.

Der Wunsch der befragten Manager, in der Medienbranche zu arbeiten, scheint schon relativ früh festzustehen: 82,2% der Befragten stiegen gleich mit ihrem ersten Job dort ein, lediglich 17,8% wechselten von einem anderen Sektor dorthin. Von diesen nannte rund die Hälfte (50,4%) eine berufliche Herausforderung als Grund, knapp ein Viertel (23,7%) bekundete ein explizites Interesse an Medien.

Dabei hatte knapp die Hälfte der Medien- und Redaktionsmanager schon eine Managementaufgabe im Blick. 49,8% des Samples nannten als Motiv für ihre erste Führungsposition Aufgaben in diesem Feld: Entwicklungs-(14,2%) und Organisationsarbeiten (15,4%) waren die häufigsten Anreize. Journalistische Arbeiten standen für 38,2% im Fokus. Tatsächlich journalistisches Handwerk (19,5%) und künstlerische Aufgaben (16,5%) waren dabei die Hauptmotive.

Einen bewussten Karriereweg hin zum Chefsessel einzuschlagen war allerdings von den wenigsten Managern geplant (22%). 44% strebten erst im Verlauf ihrer Karriere eine Spitzenposition an und 32% planten das nicht bewusst.

Der Medien- bzw. Redaktionsmanager von heute ist also männlich, Mitte Vierzig, hatte bisher im Schnitt zwei leitende Positionen und arbeitet in einem mittelgroßen Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern. Doch welche Ausbildung hat ihm den Weg zu einer so verantwortlichen Stelle geebnet? 84,1% der Befragten haben das Abitur abgelegt, 72,2% haben einen Hochschulabschluss erworben. Davon haben die meisten (56,3%) einen der ehemaligen klassischen Abschlüsse, Diplom, Magister oder Staatsexamen an einer staatlichen Universität gemacht. 8,2% sind promoviert. Frauen und Männer unterscheiden sich dabei kaum, allerdings haben Männer weitaus häufiger einen Doktortitel. Eine Universitätsausbildung war auch schon bei den bekannten Verlegergrößen Springer, Augstein und Burda gang und gäbe, allerdings zeigen sich heute bei der Wahl der Studienfächer Unterschiede. Waren bei den Publizisten Geistesund Gesellschaftswissenschaften als Fach häufig zu finden, sind heute die meist genannten Hauptfächer Wirtschaftswissenschaften (26,6%; n=548). Fächer die im weitesten Sinne Medien und Kommunikation umfassen haben 18,4% gewählt. Dazu zählen beispielsweise Medien- und Kommunikationswissenschaft, Publizistik, Journalistik, Medienökonomie und Medienmanagement. Dann folgen Sprachwissenschaften/Literaturwissenschaft/Germanistik (10,8%), Sozial- und Politikwissenschaft (8,9%) und Jura/Rechtswissenschaften (7,8%).

Neben der Hochschulausbildung scheint aber die betriebliche Ausbildung auch immer noch eine Rolle zu spielen, wenn auch eine kleinere. 33,1% der Manager geben an, ein Volontariat absolviert zu haben, 22,4% haben eine kaufmännische Ausbildung durchlaufen. Betrachtet man das familiäre Umfeld der befragten Manager, dann fällt auf, dass sie neben ihren Karrierezielen auch auf ein stabiles Familienleben Wert legen. 90,8% sind verheiratet oder leben in einer festen Partnerschaft. Über zwei Drittel (67,3%) haben im Durchschnitt zwei Kinder.

Erstaunlich mutet die politische Orientierung der Befragten angesichts ihres recht traditionellen Lebensstils an. Gut 71% der Befragten geben Auskunft darüber, welcher Partei sie sich am ehesten verbunden fühlen. Davon sagt fast die Hälfte (45,8%), sie fühle sich keiner Partei verbunden. Für die Parteipräferenz der übrigen Befragten gilt: Bündnis 90/Die Grünen wurde am häufigsten als Antwort genannt (12,8%), was nicht unbedingt zu erwarten war. Gleich darauf folgen dann die Unionsparteien mit 12%, die SPD mit 7,8% und die FDP mit 5,0%.

Im Vergleich zur Verlegergeneration Springer, Burda & Co. sind die Medien- und Redaktionsmanager von heute mehr in der Welt der Zahlen beheimatet: Betriebswirtschaft und Medienökonomie scheinen ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung zu sein. In Zeiten von einerseits multimedial aufgestellten Konzernen, die international ihre Fäden spannen, und einem Aufbrechen der bisherigen Erlösstrukturen wird ein Blick für Verkäufe, Renditen und Bilanzen immer wichtiger. Ob die neue Managergeneration den neuen Aufgaben auch besser gewachsen ist, ist eine Frage, die es mit weiterer Forschung zu beantworten gilt.


Prof. Dr. Klaus-Dieter Altmeppen ist Inhaber des Lehrstuhls für Journalistik II. Zu seinen Schwerpunkten gehören Medienmanagement, -organisation und -ökonomie sowie Journalismusforschung

Annika Franzetti ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Studiengang Journalistik

Regina Greck ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Lehrstuhls für Journalistik II.

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Quelle:
Agora - Magazin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
Ausgabe 2/2013, Seite 22-23
Herausgeber: Der Präsident der Katholischen Universität, Prof. Dr.
Richard Schenk
Redaktion: Presse- und Öffentlichkeitsreferat der KU, 85071 Eichstätt
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2013