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INTERNATIONAL/143: Südsudan - Gegängelt und zensiert, staatliche Anweisungen für Journalisten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. April 2014

Südsudan: Gegängelt und zensiert - Staatliche Anweisungen für Journalisten

von Sadik Wani


Bild: © Charlton Doki/IPS

Traditionelle Tänzer anlässlich des ersten Jahrestages der südsudanesischen Unabhängigkeit am 9. Juli 2012 in Juba
Bild: © Charlton Doki/IPS

Juba, 22. April (IPS) - Im Südsudan mehrt sich die Kritik am autoritären Umgang der Regierung von Staatspräsident Salva Kiir mit den Medien. Vor allem seit der Rückeroberung der wichtigen Erdölstadt Bentiu durch die Rebellen wächst der Druck auf Journalisten, möglichst regierungskonform zu berichten.

Die Medienschaffenden des Landes berichten seit der Unabhängigkeit des Südsudans im Jahr 2011 über Zensurmaßnahmen. Diese haben aber seit dem Ausbruch der Kämpfe im Dezember in der Hauptstadt Juba zwischen Kiir-treuen Soldaten und den Sicherheitskräften, die dem ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar nahe stehen, eine neue Qualität.

Der Konflikt hat sich inzwischen auch auf andere Teile des Südsudans ausgedehnt und kostete tausenden Menschen das Leben. Weitere 863.000 wurden vertrieben.

"Uns liegen fünf Fälle von Journalisten vor, die in Juba zu Verhören vorgeladen oder festgenommen wurden. Hinzu kommen mindestens zehn weitere Vorfälle in anderen Landesteilen", berichtete Oliver Modi Philip, Vorsitzender des Südsudanesischen Journalistenverbands (UJOSS).

"Diese Leute (in der Regierung) verlangen von unseren Journalisten, sie in einem guten Licht darzustellen. Sie wollen nicht, dass ihre Gegner zu Wort kommen. Aber wir als Journalistenverband raten unseren Mitgliedern, sich an die ethischen Grundsätze des Journalismus im Sinne einer ausgewogenen Berichterstattung zu halten", sagte Philip gegenüber IPS.


Zeitungen beschlagnahmt

Am 10. April beschlagnahmte der Nationale Sicherheitsdienst (NSS) eine Ausgabe des 'Juba Monitor', weil das Blatt einen Meinungsbeitrag gebracht hatte, in dem der ehemalige Umweltminister Alfred Ladu Gore portraitiert wurde, der Machar nahe steht. Drei Wochen zuvor, am 18. März, hatten NSS-Agenten eine Ausgabe derselben Zeitung konfisziert, weil diese über mutmaßliche Pläne der Rebellen berichtet hatte, die Einnahme der Hauptstadt von Jonglei, Bor, voranzutreiben.

Am gleichen Tag kassierte der NSS die Zulassungsbescheinigung von 'Eye Media', dem Eigentümer von 'Eye Radio'. Die Radiostation ist zwar immer noch auf Sendung, doch wurde ihr Reporter Nichola Mandil nach seiner Rückkehr aus dem äthiopischen Addis Abeba vorgeladen, wo er über die dortigen Friedensverhandlungen berichtet hatte. Zusammen mit zwei Kollegen wurde er zwei Tage lang verhört, weil Eye Radio ein Interview mit Gore gebracht hatte, in dem dieser Kiir kritisierte und zum Rücktritt aufforderte.

Beatrice Murail, die französische Chefredakteurin von Eye Radio, die die Ausstrahlung des Interviews genehmigt hatte, sah sich zum Rücktritt und zur Heimkehr nach Frankreich gezwungen.

"Das mediale Umfeld hat sich verändert. Es ist schwierig, unter solchen Bedingungen eine faire und ausgewogene Berichterstattung zu gewährleisten", meinte der Geschäftsführer der Radiostation, Stephen Omiri, gegenüber IPS. "Wir werden zu einer regierungsfreundlichen Berichterstattung genötigt."

Die Behörden verlangen von einheimischen Journalisten, dass sie den Ausbruch der Gewalt im vergangenen Dezember als Putschversuch darstellen. Bis jetzt sprechen die meisten Journalisten privater Medien von einem "angeblichen Putschversuch", da Machar den Vorwurf weit von sich weist. Er war im Dezember geflohen und gab im Februar die Bildung einer Widerstandsbewegung gegen die Regierung bekannt.

"Sie sollten klar und deutlich herausstellen, dass Riek Machar einen Putsch geplant hatte", erklärte Informationsminister Michael Makuei Lueth gegenüber lokalen und internationalen Journalisten im vergangenen Monat auf einer Pressekonferenz in Juba. Lueth, der zugleich als Regierungssprecher fungiert, drohte einheimischen Reportern mit Gefängnisstrafen, sollten sie es wagen, Rebellen zu interviewen. "Wenn Sie Rebellen interviewen und die Interviews hier im Südsudan verbreiten, ist das Agitation. In einem solchen Fall werden wir Sie dorthin verfrachten, wo sich Leute aufhalten, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind."

Im vergangenen November hatte Lueth alle Journalisten angewiesen, sich von der Regierung registrieren zu lassen. Doch sind die meisten Medienunternehmen dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Die Frist ist im Dezember abgelaufen.

In Wau, der Hauptstadt des Bundesstaates Western Bahr al Ghazal, wiesen Sicherheitskräfte Reporter an, vor der Erstellung von Beiträgen eine Genehmigung einzuholen - eine Aufforderung, die auch an Michael Atit, Journalist beim Radiosender 'Voice of Hope', erging. "Und sie erklärten ferner, dass sie sich die von mir gesammelten O-Töne anhören wollten, um zu entscheiden, ob ich diese dann verwenden darf." Atit weigerte sich, der Weisung Folge zu leisten.

Die Einschüchterungsversuche gegenüber Journalisten stehen im Widerspruch zur Zustimmung der Regierung vom Februar 2013, sich als erstes Land der von den UN unterstützten Initiative anzuschließen, die darauf abzielt, Journalisten und Medienschaffenden ein sicheres Arbeitsumfeld zu gewährleisten.


Recht auf Information

Edmond Yakani von der zivilgesellschaftlichen 'Community Empowerment for Progress Organisation', verurteilte die Gängelung der Journalisten und sprach von einer Gefahr für den Demokratisierungsprozess des Landes. "Die Menschen brauchen eine ausgewogene Medienberichterstattung, damit sie sich selbst ein Urteil bilden können. Aber die Vorgehensweise der Regierung torpediert die freie Meinungsäußerung, Rede- und Pressefreiheit", erklärte er gegenüber IPS.

"In dieser schwierigen Zeit täte unsere Regierung gut daran, die Freiheit der Medien zu respektieren, damit die Menschen über die Fragen, die unser Land betreffen, diskutieren können. Die Demokratie kann nur dann gedeihen, wenn das Recht auf Redefreiheit respektiert wird", fügte er hinzu.

Doch die Übergriffe in den letzten Monaten sprechen eine andere Sprache. Am 7. Dezember 2013 beschlagnahmten Mitglieder des Nationalen Sicherheitsdienstes Ausgaben der arabischen Zeitung 'Al Masir' und des englischen Blattes Juba Monitor, weil beide Berichte veröffentlicht hatten, in denen führende Mitglieder der Regierungspartei einschließlich Machar Kritik am Führungsstil Kiirs übten und diesem diktatorische Tendenzen vorwarfen.

Vier Tage später drangen NSS-Agenten in die Druckerei der privaten englischen Zeitung 'The Citizen' ein und beschlagnahmten die gesamte Auflage. In der betroffenen Ausgabe wurde beschrieben, wie die Sicherheitskräfte wenige Tage zuvor den Chefredakteur der Zeitung, Nhial Bol, verhaftet hatten.


"Für Öffentlichkeit nicht geeignet"

Am 16. Januar 2014 konfiszierte der NSS erneut eine Ausgabe des Juba Monitor mit der Begründung, zwei Beiträge seien für die Veröffentlichung ungeeignet. In einem Fall handelte es sich um einen Kommentar des Journalisten und Chefredakteurs Alfred Taban, in dem dieser die Bildung einer Übergangsregierung bis zu den Wahlen 2015 vorschlug. Im anderen Fall ging es um einen Meinungsbeitrag, in dem ein historischer Überblick über die ethnischen Spannungen innerhalb der südsudanesischen Armee gegeben wurde.

Am 13. März 2014 berichtete die Südsudan-Redaktion von 'Voice of America', dass ein Mitarbeiter aus dem Büro in Juba von den Sicherheitskräften zu einem Verhör abgeholt worden war. Am 31. des gleichen Monats verhafteten diese Moses Legge, einen Reporter von Eye-Radio, und verhörten ihn über mehrere Stunden. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/04/south-sudan-dictates-media-coverage-conflict/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. April 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. April 2014