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INTERNATIONAL/116: Myanmar - Internet überwindet Isolation, Netzwerk SQUAR erfolgreich gestartet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. August 2013

Myanmar: Internet überwindet Isolation - Soziales Netzwerk SQUAR erfolgreich gestartet

von Sudeshna Sarkar



Kalkutta, 16. August (IPS) - Was ist jünger als zwei Monate, weltweit in den Schlagzeilen und mehr als 79.000 mal 'geliked'? In diesem Fall sprechen mehr als 16.000 Menschen nicht etwa über den kürzlich geborenen britischen Prinzen George Alexander Louis, sondern über SQUAR, das neue soziale Internet-Netzwerk im lange isolierten Myanmar.

China hat bereits 'Weibo', seine eigene Version von 'Facebook'. In Indonesien gibt es 'Zuma', und nun ist auch Myanmar, das ehemalige Burma, auf den Zug aufgesprungen, um einen virtuellen Ort zum Chatten und Geschäftemachen zu schaffen. SQUAR ist deshalb so ungewöhnlich, weil es von zwei Außenseiterinnen erfunden wurde. Rita Nguyen und Quynh Anh Nguyen sind in Vietnam geborene und im Westen aufgewachsene Technikfreaks, die rasch das Geschäftspotenzial ihrer Idee erkannten.

Das südostasiatische Land hat sich seit Beginn des Reformprozesses 2010 rasant verändert. Nach Wahlen ersetzte eine zivile Regierung das langjährige Militärregime. Die prominenteste Gefangene des Landes, die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, wurde nach langem Hausarrest freigelassen. Daraufhin hob der Westen seine Sanktionen auf.


Anreize für ausländische Investoren

Die Regierung öffnet seither das Land für ausländische Investoren. Multinationale Konzerne wie 'General Electric' und 'Coca Cola' drängen ins Land. Damit war auch die Zeit für SQUAR reif. Die Kanadierin Rita hat 15 Jahre Erfahrung bei der Entwicklung von Online-Spielen und Social-Network-Apps. Ihr Projektpartnerin Anh besitzt einen Hochschulabschluss in Betriebswirtschaft und hat bisher vor allem in den USA gelebt.

Die Idee entstand, als die 37-Jährige, eine frühere Managerin bei dem US-Unternehmen 'Electronic Arts', vor drei Jahren nach Vietnam ging, um mit den Mitbegründern von VNG, der ersten digitalen Plattform ihres Landes, zu arbeiten. Außerdem kooperierte sie mit 'mig33', einem beliebten sozialen Netzwerk in Asien, das mehr als 70 Millionen Nutzer in Entwicklungsländern wie Nepal und Bangladesch hat.

Im Januar fand in Yangon, der Hauptstadt Myanmars, die internationale Internet-Konferenz 'BarCamp' statt, die 2005 in den USA gestartet wurde. Auch wenn das Land mit etwa 60 Millionen Einwohnern nur eine Internetverbreitung von einem Prozent hat, war das Treffen in Yangon mit mehr als 6.000 Teilnehmern vermutlich das bisher größte in der Region.

Rita kam zu dem Anlass das erste Mal nach Myanmar und fand perfekte Voraussetzungen für ihr Projekt vor. "Der Zeitpunkt war günstig, da ich bereits einige Jahre in Asien lebte und eine neue Herausforderung suchte", sagt sie. "Ich entwerfe seit fast zehn Jahren auf internationaler Ebene Internet-Communities. Myanmar reizte mich besonders, weil es darum ging, ein Netzwerk in einem geografisch wie technologisch isolierten Land aufzubauen. Ich überzeugte Anh, von Seattle nach Asien zurückzukommen - und dann haben wir losgelegt."

"In Myanmar leben viele junge Leute, und dort fand das größte BarCamp-Treffen in Asien statt", sagt die 28-jährige Anh. "Wir wollten etwas machen, das die Nutzer untereinander verbindet und ihnen die Möglichkeit gibt, mit anderen Informationen zu teilen. Myanmar ist momentan ziemlich cool." Nach einem Testlauf Ende Juni kam der Launch von SQUAR, das sogar bereits einen großen Firmensponsor gefunden hat.

Im Juli kehrte Coca Cola nach sechs Jahrzehnten Abwesenheit ins Land zurück und begann mit einer Blitz-Werbeoffensive. In die Kampagne für die 'Coca Cola Happiness Journey' war nicht nur Facebook, sondern auch SQUAR eingebunden. Informationsveranstaltungen fanden in Yangon und Mandalay statt. Vor dem offiziellen Launch war SQUAR nur in einer Version für Mobiltelefone verfügbar, inzwischen ist es von allen Computern aus zugänglich.

SQUAR zeichnet sich laut Rita nicht nur dadurch aus, dass es in der Sprache Myanmars programmiert ist, sondern auch durch seinen gezielten Marktzuschnitt. "Wir konzentrieren uns darauf, die Menschen dazu zu ermutigen, Informationen mit anderen zu teilen und darüber zu diskutieren", sagt sie. "Facebook ist eher eine Community für private Beziehungen. In einem Land, in dem noch nicht viele Menschen online sind, kann das aber eine ziemlich einsame Beschäftigung werden. SQUAR ist ein Ort, an dem man Freunde finden kann, die schon im Internet sind."


Potenzielle Plattform für Unternehmer

Einer der aktivsten Nutzer heißt Phyonaing. Als erstes erklärte er anderen Besuchern der Seite, wie sie auf der Tastatur ihres Computers in der Sprache ihres Landes schreiben können. Rita ist davon überzeugt, dass SQUAR auch von Geschäftsleuten mit Gewinn genutzt werden kann. "SQUAR bietet die einmalige Chance, direkt mit jungen Menschen in Myanmar in Verbindung zu treten. Deshalb ist unsere Partnerschaft mit Coca Cola so erfolgreich. "

Die Werbung in Echtzeit, die SQUAR für Coca Cola betreibt, hat dem Projekt immerhin eine Finanzierung in Höhe von 500.000 US-Dollar gebracht. "Wir brauchen Startkapital, weil es so teuer ist, in Myanmar zu arbeiten. Es war unglaublich einfach, das Geld über meine eigenen Netzwerke aufzubringen. "

Die größte Hürde für die jungen Unternehmerinnen sind der begrenzte Internetzugang und die geringe Übertragungsgeschwindigkeit. Auf Facebook gibt es daher bereits Seiten wie 'Ich hasse die Internetverbindung in Myanmar'. Da das Land 2014 aber den Gipfel des Verbands der Südostasiatischen Staaten (ASEAN) ausrichten soll, arbeitet die Regierung am Ausbau der Infrastruktur, der Konnektivität und der Telekommunikationsdienstleistungen.


Mobilfunknetz soll ausgebaut werden

Im Juni wurden zwei Lizenzen an das norwegische Unternehmen 'Telenor' und die Firma 'Ooredoo' in Katar vergeben, die neue Mobilfunkverbindungen anbieten sollen. Für SQUAR kann eine solche Entwicklung nur von Vorteil sein. Kein Wunder, dass die beiden Frauen inzwischen mit dem Facebook-Gründer verglichen werden. Ob sie sich jetzt als Mark Zuckerberg von Myanmar fühle? "Auf gar keinen Fall", lacht Rita. "Hier ist es viel zu heiß für Kapuzenpullis." (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.squar.asia/
http://www.ipsnews.net/2013/08/linking-fair-and-squar-in-myanmar/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 16. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. August 2013