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INTERNATIONAL/092: Sri Lanka - Auf dünnem Eis, Journalisten leben gefährlich (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. Februar 2013

Sri Lanka: Auf dünnem Eis - Journalisten leben gefährlich

von Amantha Perera


Bild: © Amantha Perera/IPS

Dilrukshi Handunnetti mit der Geldbörse und dem Presseausweis des ermordeten Journalisten Lasantha Wickrematunge
Bild: © Amantha Perera/IPS

Colombo, 18. Februar (IPS) - Für Journalisten ist Sri Lanka ein gefährliches Pflaster. Auf dem kürzlich kompilierten letzten Index für Pressefreiheit der in Paris angesiedelten Organisation 'Reporter ohne Grenzen' (RSF) steht das 20 Millionen Einwohner zählende südasiatische Land auf dem 162. Platz von 179 gelisteten Ländern.

Nach Angaben des Journalistenschutzkomitees CPJ mit Sitz in New York starben in den letzten zwei Jahrzehnten 19 Medienschaffende, neun von ihnen in den vergangenen acht Jahren. Kein Täter wurde bisher zur Rechenschaft gezogen.

Am 28. Januar fanden sich 100 Journalisten zum 'Schwarzen Januar' zusammen, um der Opfer von Gewalt aus ihren Reihen zu gedenken. Zwar lässt sich in jüngster Zeit ein Rückgang der Übergriffe beobachten. Doch die Journalisten erbost, dass Gewalttäter ungeschoren davonkommen. "Auch im nächsten Jahr wird es unerlässlich sein, den 'schwarzen Januar' zu begehen", meint dazu der CPJ-Asien-Koordinator Bob Dietz.

In dem Klima der Angst und Unterdrückung hätten es gerade Journalistinnen schwer, betont Mandana Ismail Abeywickrema von der Wochenendzeitschrift 'The Sunday Leader', die seit zwei Jahrzehnten als Korrespondentin in Sri Lanka arbeitet. Der Gefahr der Einschüchterung seien gerade die Frauen in diesem Beruf häufig ausgesetzt.


Selbstzensur

Ihre Kollegin bei der 'Ceylon Today', Dilrukshi Handunnetti, macht das allgemeine Klima der Angst vor Gewalt in den letzten Jahren für die zunehmende Selbstzensur in den Redaktionen verantwortlich.

Abeywickrema und Handunnetti hatten für The Sunday Leader gearbeitet, als der Chefredakteur des Blattes, Lasantha Wickrematunge, am 8. Januar 2009 getötet wurde. Kurz darauf wurden die Witwe des Opfers, die Journalistin Sonali Samarasinghe, und Wickrematunges Nachfolgerin, Frederica Jansz, mit Morddrohungen überzogen. Wie Jansz später im Exil erklärte, habe sie eine Verantwortung als Mutter wahrzunehmen und sei deshalb nicht bereit, den 'Heldentod' zu sterben.

Der derzeitige Chefredakteur, Sakunthala Perera, ist ebenfalls eine Frau. Auch wenn es in der Medienlandschaft Sri Lankas eher selten ist, dass Frauen in die Führungspositionen der Medien vorrücken, konnten sie in den letzten Jahren an Terrain gewinnen. Dies gilt besonders für die englischsprachigen und elektronischen Formate.

"Bei uns arbeiten inzwischen viele Sportjournalistinnen", meint Handunnetti. "Das war zu Beginn meiner Laufbahn völlig undenkbar gewesen." Obwohl weibliche Journalisten in Sri Lanka bekannt dafür seien, gut recherchierte Storys zu schreiben, könne von beruflicher Gleichberechtigung keine Rede sein. Außerdem würden Journalistinnen auf Einsätze in Konflikt- oder Katastrophenregionen nur selten vorbereitet.

Abeyawickrema kann sich noch gut daran erinnern, wie sie für einen Beitrag über den Tsunami 2004 in Sri Lankas Krisenregion geschickt wurde. Obwohl sie in einer Hochrisikozone unterwegs gewesen sei, habe sie keine Ahnung gehabt, wie sie in Gefahrenlagen reagieren sollte.


Unvorbereitet in Krisensituationen

Eine weitere Journalistin von The Sunday Leader hatte eine Nacht im Lager für Tsunami-Opfer zugebracht. Wie sie gegenüber IPS berichtete, strichen die ganze Nacht Männer um ihr Zelt. "Ich war völlig schutzlos." Doch bei ihren männlichen Kollegen sei die Angst jener Nacht auf wenig Verständnis gestoßen.

Eine Reporterin in Batticaloa erzählt, dass sie aus Angst vor Repressionen nur noch Frauen- und Entwicklungsthemen abdeckt. 2011 war sie von den Mitgliedern einer bewaffneten politischen Gruppe umzingelt worden, als sie über die Belästigung einer Frau durch ein Mitglied der Gruppe berichten wollte. "Die Männer kamen so dicht an mich ran, dass ich ihren Atem spüren konnte", erzählt sie. "Die Botschaft war klar: 'Du weißt, was passieren kann, klar?'" (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://en.rsf.org/press-freedom-index-2013,1054.html
http://www.ipsnews.net/2013/02/female-journalists-walk-on-eggshells-in-sri-lanka/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 18. Februar 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2013