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INTERNATIONAL/022: Mexiko - Journalisten widersetzen sich Gewalt und Zensur (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. Mai 2011

Mexiko:
Journalisten widersetzen sich Gewalt und Zensur - Kleine Initiativen geben Anlass zu Hoffnung

Von Daniela Pastrana


Mexiko-Stadt, 3. Mai 2011 (IPS) - Mexiko ist das für Journalisten gefährlichste Land auf dem amerikanischen Kontinent. Dort bieten verschiedene publizistische Initiativen dieser zerstörerischen Dynamik die Stirn, die in Richtung Selbstzensur führt.

Javier Valdez von der Wochenzeitung 'Río Doce' im westlich gelegenen Bundesstaat Sinaloa meint dazu: "Wir haben gelernt, dem Sturm zu trotzen, wenn die Kugeln auf uns niederprasseln. In Sinaloa zu leben ist schon gefährlich, aber als Journalist zu arbeiten, ist noch riskanter. Aber die Alternative wäre, gar nichts zu tun", sagt Valdez, der mehrere Bücher über den Drogenhandel geschrieben hat.

Das Projekt Río Doce wurde im Februar 1993 gegründet und hat sich schnell als investigatives Medium einen Namen in einem Bundesstaat gemacht, wo eines der mächtigsten Drogenkartelle von Mexiko seinen Sitz hat.


Redaktion mit Granaten beschossen

Im September 2009 wurde die Redaktion mit Granaten beschossen. Valdez erklärt dazu: "Ursprünglich hatten wir überhaupt nicht vor, über den Drogenhandel zu berichten. Wir wurden einfach in den Schlamassel hineingezogen."

Der 3. Mai ist der Welttag der Pressefreiheit, der unter dem Motto 'Die Medien des 21. Jahrhunderts - Neue Grenzen, neue Barrieren' steht. Zudem wird in diesem Jahr die 'Windhuk-Deklaration' zur Förderung einer unabhängigen, pluralistischen und freien Presse 20 Jahre alt. Aus ihr ging später der Welttag der Pressefreiheit hervor.

Im März veröffentlichte die 'Interamerikanische Menschenrechtskommission' (CIDH) der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) einen Bericht des UN-Sonderberichterstatters für den Schutz und die Förderung von Meinungsfreiheit. Darin wird Mexiko seit dem Jahr 2000 als gefährlichstes Pflaster für Journalisten ausgewiesen. Die Untersuchung hebt drei Probleme besonders hervor: die Straflosigkeit für Morde an Journalisten, die hohe Konzentration von Medieneigentum und die steigende Tendenz, den Zugang zu Informationen für die Öffentlichkeit zu beschränken.

Der Dachorganisation der freien Radios in aller Welt (AMARC) zufolge werden in Mexiko 72 Prozent der Radiostationen von nur zehn Konzernen kontrolliert. Doch mittlerweile beginnen auch die unabhängigen und lokalen Medien Stellung zu beziehen.

Im Oktober 2010 hat eine Gruppe junger Leute im südlichen Bundesstaat Morelos, wo die Drogenkriminalität immer mehr zunimmt, ein Festival für Gemeinderadios organisiert. Daraus ging das Projekt 'Radio Chinelo' hervor. Der Sender will verschiedenen Gesellschaftsgruppen eine Diskussionsplattform bieten.

'Chinelos' sind Tanztruppen, die ihren Ursprung in der prähispanischen Kultur haben. "Wir sind ein paar Mal aufgetreten und haben dann die Einnahmen verwendet, um Computer und eine Tonkabine zu kaufen", berichtet der Leiter von Radio Chinelo, Sergio Sánchez.

Der Kanal betreibt einen Online-Nachrichtendienst, der zweimal die Woche auf Sendung geht. Er spielte eine zentrale Rolle bei der Berichterstattung über die von dem mexikanischen Lyriker Javier Sicilia organisierten Proteste gegen die Militarisierung des nationalen Drogenkampfes. Sicilias Sohn war am 28. März zwischen die Fronten des blutigen Konfliktes zwischen Staat und Drogenmafia geraten und getötet worden.


Recht auf Information

Auch dem lokalen Projekt 'Transparencia para Todos' (Transparenz für alle) ist es gelungen, sich über Hindernisse hinweg zu setzen. Es entstand aus einem Universitätsprogramm in San Luis Potosí in Zentralmexiko und sollte den Zugang zu öffentlichen Informationen erleichtern. Es wurde inzwischen auf die Bundesstaaten Puebla in Zentralmexiko und Sonora im Nordwesten des Landes ausgedehnt.

Der Leiter des Projekts, Samuel Bonilla, erklärte gegenüber IPS: "Wir möchten den Menschen klarmachen, dass sie ein Recht auf Informationen haben, das ihnen im täglichen Leben von Nutzen sein kann." Seit 2007 hat er 18 Seminare gegeben, um die Menschen mit ihren Informationsrechten vertraut zu machen. Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Ausbildern, und ein Buch über die Seminarinhalte ist geplant. Bonilla ist außerdem Mitglied von 'México Infórmante', einem Netzwerk aus Journalisten und Akademikern zur Förderung des Rechts auf Information. (Ende/IPS/jb/2011)


Links:
http://www.riodoce.com.mx/
http://www.radiochinelo.org/chinelo2.0/
http://www.transparenciaparatodos.org.mx/
http://alc.amarc.org/index.php
http://www.cidh.oas.org/annualrep/2010sp/RELATORIA_2010_ESP.pdf
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=98096

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 3. Mai 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Mai 2011