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VORWÄRTS/1442: "Nicht ein Gesicht, sondern viele"


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 05/06 vom 21. Februar 2019

Nicht ein Gesicht, sondern viele

Interview von Sabine Hunziker


Women's March hat viele Gesichter. Neben Women's March Zürich und Genève sind viele UnterstützerInnen vor Ort, die Teil der internationalen Welle sind. Im folgenden Interview beantwortet die Aktivistin Anja Lukicic (Women's-March-Mitglied) Fragen zum Marsch.


vorwärts: Der erste Women's March war am Tag - Women's Wave findet nachts statt. Mit Fackeln und Lampions sind AktivistInnen am 19. Januar 2019 durch die Gassen von Zürich gezogen. Was steckt hinter dieser neuen Idee, den Marsch auf diese Weise durchzuführen?

Anja Lukicic: Der 19. Januar ist ausschlaggebend. Die Women's-March-Gruppen rund um den Globus demonstrieren fast alle an diesem Tag. Diese "Women's Wave" geht somit bis in die Nacht hinein. Da die Stadtpolizei Zürich vor unserem Antrag schon eine andere Demo bewilligt hatte, bekamen wir als Gegenvorschlag die Option um 18 Uhr. Die Laternen waren ein spontaner Entscheid meinerseits, weil die Demo abends im kalten Januar stattfand. Wir wollen damit "Licht ins Dunkle bringen". Das Thema wurde so hell, schrill und laut sichtbar gemacht. Wir wollten ja auffallen.


vorwärts: Zur gleichen Zeit wie in der Schweiz fanden auch in Washington und anderswo wieder Strassendemos statt. Die Frauenbewegung umfasst 100 unabhängige Schwestervereine auf der ganzen Welt. Was macht die weltweite Frauenbewegung Women's Wave so erfolgreich und stark?

Anja Lukicic: Women's March ist ein Zeitgeist. Wir betreiben keine Parteipolitik und die Themen - für die wir uns einsetzen - sind nicht neu, sondern Jahrhunderte alt. Jetzt haben einfach immer mehr Menschen den Mut gefunden, die Themen anzusprechen und sie sichtbar zu machen. Das Bedürfnis, etwas dagegen zu tun, ist gross. Wir sehen uns eher als ein aktionistisches Gefäss, welches Sachen umsetzt. Wir arbeiten mit Freude für die Sache, kombiniert mit sehr viel freiwilligem Engagement.

Die einzelnen Schwestervereine (Chapters) sind unabhängig voneinander, müssen sich selbst finanzieren und gehen eigenen lokalen Themen nach. Es gibt jedoch regelmässige Onlinesitzungen, wobei man vom Knowhow der anderen Chapters profitieren kann. Wie der Women's March Zürich 2017 einst definierte: "Der Women's March hat nicht ein Gesicht, sondern viele."


vorwärts: Am Wave 2019 arbeiteten verschiedene Gruppen zusammen, um die Demo zu organisieren. Wie kann eine gute Zusammenarbeit und Solidarität entstehen?

Anja Lukicic: Der Women's March Zürich hat ihr Chapter aus der gleichnamigen Bündnisdemo von 2017 gebildet. Dabei war die Juso Schweiz das tragende Glied. Pascal Pajic ist seither bei uns im Organisationskomitee. Teilweise besteht dieses Netzwerk immer noch.

Wir sind ein kleines Team und arbeiten mit Genf, als Teil des Women's March Globals, zusammen für die Schweiz. Wir sprechen Themen an, welche uns alle auf irgendeiner Weise betreffen und bewegen. Durch Networking und Nutzung bestehender Netzwerke haben wir uns mit verschiedenen Organisationen zusammengetan. Je mehr mitmachen, desto besser. Ein Beispiel dafür: Im Januar 2018 organisierte die BFS eine Demonstration gegen Trump, bei welcher wir auch dabei waren, da es unter anderem auch unser Thema war. Wir suchen den Dialog und haben ein offenes und respektvolles Ohr für neue Wege.


vorwärts: Im Frauenstreikjahr gibt es in der Schweiz verschiedene Aktionen - was versprechen sie sich von dieser Vielfalt von politischen Kämpfen?

Anja Lukicic: Empowerment für alle. Es geht unter anderem auch darum, die Menschen, die sich noch nicht politisiert haben, wachzurütteln und sie zu ermutigen, sich für solche Themen einzusetzen. Wir wollen Gerechtigkeit. Dafür muss sich zuerst die Gesellschaft verändern. Es ist ein Fakt, dass kollektive Handlungen nötig sind für gesellschaftliche Veränderungen. Das heisst, wir müssen uns zusammentun, denn so sind wir stärker und können mehr Einfluss ausüben. Dabei kann jeder mitmachen.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 05/06 - 75. Jahrgang - 21. Februar 2019, S. 4
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. März 2019

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