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VORWÄRTS/1064: OSZE-Konferenz in Basel


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 43/43 vom 12. Dezember 2014

OSZE-Konferenz in Basel

von Jonas Komposch



Am 4. und 5. Dezember tagten 1.200 Delegierte aus 57 Staaten an der OSZE-Ministerkonferenz. Teile von Basel glichen einer hochgerüsteten Festung. Widerstand wird angesichts der Pläne Basels auch künftig nötig sein.

Bis zu 5.000 Armeeangehörige und 1.000 PolizistInnen beschützten die Konferenz in der Rheinstadt. Auf Dächern waren Scharfschützen postiert, Grenzwache und Militär waren mit Booten auf dem Rhein präsent, von Geheimdiensten aller Art und Herkunft war die Rede. Der Flugverkehr über Basel war während des Treffens eingeschränkt dafür kreisten Militärhelikopter über der Stadt. Das Messegelände, auf dem das Treffen stattfand, wurde bereits zwei Wochen davor grossräumig abgeriegelt. In der Stadt postierten sich Polizei und Militärpolizei vor den vornehmen Hotels und am Donnerstag auch vor der befestigten Safran-Zunft, wo die MinisterInnen zum Galadiner geladen waren. Die AnwohnerInnen rund um das Edelrestaurant wurden derweil mit einem Schreiben aufgefordert, nicht aus den Fenstern zu schauen, da die Sicherheitskräfte die Absichten von Neugierigen von aussen nicht abschätzen könnten. Die Fensterläden mussten von 19 bis 2 Uhr geschlossen werden. Zudem wurde den AnwohnerInnen empfohlen zu Hause zu bleiben und bei allfälliger Abwesenheit die Hausschlüssel bei der Polizei zu deponieren, da sich diese das Recht vorbehalte, in Häuser einzudringen.


Warmer Empfang und heisse Luft

Die internationalen Gäste hingegen wurden recht herzlich willkommen geheissen. An Werbeflächen, auf Fahnen oder im ÖV, sofern dieser noch fuhr, verkündete das Stadtmarketing "A Warm Welcome & All The Best". Drei Millionen steuerte alleine der Kanton Basel-Stadt für die Sicherheitskosten bei. Auf lange Sicht mache sich dies bezahlt, beschwichtigt die Stadt Basel, deren erklärtes Ziel es ist, sich neben Genf als zweite führende Kongressstadt der Schweiz zu positionieren. Alle fünf Jahre soll ein ähnliches Spektakel die Stadt heimsuchen.

Der Kongress selbst allerdings ist ohne wegweisende Resultate zu Ende gegangen. Nach den obligaten Freundschaftsbekundungen der sich um "Frieden" bemühenden AussenministerInnen und dem nachfolgenden Austausch von diplomatischen Banalitäten war das hauptsächliche Gesprächsthema der Ukraine-Konflikt. Hierbei sah sich der russische Aussenminister Lawrow in Opposition zu seinem ukrainischen Kollegen Klimkin sowie zur Mehrheit der übrigen KongressteilnehmerInnen, welche eine andere Interpretation des Konflikthergangs teilten. So kam es denn auch zu keiner gemeinsamen Kongresserklärung. Hingegen soll demnächst eine Kontaktgruppe bestehend aus der Ukraine, Russland, den SeparatistInnen und der OSZE zusammentreten.


Ein Instrument der Herrschenden

Die im Vorfeld geäusserte Kritik beschränkte sich zumeist nicht auf die OSZE als singuläre Organisation. Wie bei ähnlichen Mobilisierungen gegen NATO, G8 oder das WEF werden diese Organisationen und Konferenzen konsequent als funktionale Teile der kapitalistischen Herrschaft beschrieben. So spielte die OSZE bei der Förderung marktwirtschaftlicher Prinzipien in den Ländern des ehemaligen Ostblocks eine zentrale Rolle. Die nachfolgende radikale Privatisierungswelle rief unweigerlich soziale Spannungen hervor, welche die OSZE wiederum zu kontrollieren versuchte. Bereits im Kalten Krieg hatte die KSZE, das Vorgängerprojekt der OSZE, de facto das Ziel, im Rahmen der "Entspannungspolitik" die sozialistischen Staaten in einen kapitalistisch-demokratischen Rahmen zu überführen. Auch heute erweist sich die OSZE trotz ihrem beschränkten Einfluss als Forum für sich konkurrierende Nationalstaaten. Die VerwalterInnen und zugleich ProfiteurInnen der kapitalistischen Staaten diskutieren in der OSZE etwa über die Kontrolle des Waffenhandels und über Flüchtlingshilfe. Gleichzeitig werden von denselben Kreisen Waffen exportiert, Kriege geführt, Grenzen dichtgemacht. Aus einer internationalistischen Klassenperspektive von unten ist von Organisationen wie der OSZE also nichts zu erwarten. Sie sind geschaffen für die Stabilisierung und Optimierung von Ausbeutung und Herrschaft. Umso befremdlicher wirkte ein kürzlich in der WOZ abgedruckter Beitrag, der aus "linker" Perspektive von einer Notwendigkeit der OSZE fabulierte. In etatistischer Manier wünscht sich der Autor ein besseres Funktionieren der OSZE und verkennt dabei sowohl deren Ursprung als auch deren Zweck. Nichtsdestotrotz demonstrierten am 6. Dezember knapp 1000 Leute lautstark gegen die Scheinheiligkeit der OSZE, gegen die militarisierte Stadt und nicht zuletzt auch gegen die zunehmende Stadtaufwertung durch solche Grossanlässe.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 43/44 - 70. Jahrgang - 12. Dezember 2014, S. 3
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2014


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