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VORWÄRTS/938: Türkei - Provokateure und Verhaftungen


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 23/24 vom 21. Juni 2013

Provokateure und Verhaftungen

von Siro Torresan



Das EU-Parlament verurteilt mit erstaunlich klaren Worten die Polizeigewalt in der Türkei. Ungeachtet dessen hat am 14. Juni die türkische Polizei die Parteizentrale der "Sozialistischen Demokratischen Partei" (SDP) gewaltsam gestürmt. Dabei wurden 59 GenossInnen der SDP verhaftet. Zuvor hatte die Polizei Provokateure, als SDP-AktivistInnen getarnt, in die Bewegung eingeschleust.


Am 13. Juni hat das Europäische Parlament einen Beschluss zur eskalierenden Situation in der Türkei gefasst. "Die Abgeordneten sind zutiefst besorgt über die unverhältnismässige und überzogene Anwendung von Gewalt durch die türkischen Polizeikräfte bei ihrer Reaktion auf die friedlichen und rechtmässigen Proteste im Istanbuler Gezi-Park, hält das EU-Parlament fest. Die Abgeordneten warnen vor "harten Massnahmen gegen die friedlichen Demonstranten und fordern den Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan nachdrücklich auf, eine vermittelnde und versöhnliche Position einzunehmen". Auch steht für die EU-ParlamentarierInnen fest, dass die Verantwortlichen für die Polizeigewalt "zur Rechenschaft gezogen und die Opfer unverzüglich befreit und entschädigt werden" müssen. Bedauert wird auch die "mangelnde Bereitschaft der türkischen Regierung und von Ministerpräsident Erdogan, versöhnliche Schritte zu ergreifen, sich zu entschuldigen und die Reaktionen eines Teils der türkischen Bevölkerung zu verstehen."


Vermummte Zivilpolizisten werfen Molotow-Cocktails

Seit Beginn der Proteste hat die türkische Regierung die Versammlungsfreiheit der friedlichen DemonstrantInnen verboten und Tausende von ihnen als "illegale Randständige" bezeichnet. Am 11. Juni 2013 startete die Regierung eine neue Operation: "Die Polizei hat mit unverhältnismässiger Gewalt und ohne Vorwarnung eingegriffen. Gleichzeitig versuchte Erdogan durch die Zensur der türkischen Medien das Volk in Unwissenheit zu lassen, wobei er die Kraft der sozialen Medien unterschätzte, schreibt die SDP in ihrer Stellungnahme, die dem vorwärts vorliegt. "Als die gewaltsamen Räumungsversuche scheiterten, versuchte die Regierung durch Infiltrierung von staatlichen Provokateuren die AktivistInnen im Gezi-Park von innen zu manipulieren", hält die SDP weiter fest.

"Offensichtlich versucht die Regierung die Verantwortung für die Gewalt in die Schuhe der SDP zu schieben. Nach einem gezielten Angriff auf die SDP-AktivistInnen auf dem Taksim Platz, folgte die Stürmung des Parteigebäudes mit Tränengas. Infolge dessen wurden die dort anwesenden 59 Parteimitglieder nach Anwendung von Gewalt abgeführt und verhaftet", informieren die GenossInnen der SDP weiter. Von diesen in U-Haft-Genommenen wurden am 14. Juni 2013, vier Personen der Staatsanwaltschaft überführt und 55 wurden freigelassen. Als Gründe wurden "Volksaufhetzung und regierungsfeindliche Aktivitäten" genannt. Um die SDP weiterhin zu schwächen und das Volk zu manipulieren wurden Zivilpolizisten als Provokateure eingesetzt. "Vermummt und mit Fahnen der SDP warfen diese Zivilpolizisten Molotow-Cocktail gegen die Polizei", hält die SDP weiter fest. Dieses heimtückische medial vermittelte Schauspiel wurde inszeniert, um den Anschein zu erregen, dass die DemonstrantInnen gewalttätige Parteimitglieder sind, die sich gegen die Polizisten auflehnen. In den Medien wurde dies völlig verdreht dargestellt. "Einer der Provokateure wurde jedoch mit seiner Polizistenpistole von Medienschaffenden fotografiert. Dieses Schauspiel wurde so inszeniert, dass der Provokateur grosse Ähnlichkeit mit Ulay Bayraktaroylu, Mitglied des SDP-Zentralkomitees, hatte, um medial und rechtlich Beweise für seine Verhaftung zu manipulieren", erklärt die SDP zum Schluss.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 23/24/2013 - 69. Jahrgang - 21. Juni 2013 , S. 6
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2013