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ROTFUCHS/173: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 219 - April 2016


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

19. Jahrgang, Nr. 219, April 2016



Inhalt
  • Unser Willem war ein Präsident zum Anfassen
  • Elly Winter über ihren Vater Wilhelm Pieck
  • Hochachtung vor Horst Sindermann
  • "Hannoversche Allgemeine": Genosse Egons Welt
  • Zur bewegten Geschichte des Berliner Volksparks Friedrichshain
  • Aufbau und Abriß des Palasts der Republik
  • Irrsinn ist "in"
  • Erfahrungen mit dem "Rechtsstaat" BRD
  • Bildserie von H. Bidstrup: Vor und nach der Wahl
  • Unvergessener Fritz Schmenkel
  • Winston Churchill: "Wir haben das falsche Schwein geschlachtet"
  • Die Schulze-Boysens - Antifaschisten aus bürgerlich-adligem Hause
  • "Erfolgsrezepte" aus Jena und Amsterdam
  • Von der "Kirche im Sozialismus" zur Hofkirche des Kapitals
  • Gedanken beim Betrachten von DEFA-Wochenschauen
  • Große Zeiten in der Nalepastraße
  • Ist der "Plan B" auch etwas für Kommunisten?
  • DKP verließ Europa-Partei
  • Gysi und Schorlemmer: Fragen ohne Antworten
  • RF-Extra - Polen: Die rechte Flut steigt an
  • RF-Extra - G. Hernández: Zuversicht in der Zelle
  • Bernie Sanders: Ein Kandidat sorgt für Furore
  • Puerto Rico: Freiheit für Oscar Lopez Rivera!
  • Australiens KP-Generalsekretär Bob Briton: TTP heißt Konzernsklaverei
  • Symbol revolutionärer Integrität: Boliviens Präsident Evo Morales
  • Den Haag: Gesinnungsprozeß gegen den Staatschef der Elfenbeinküste, L. Gbagbo
  • Saakaschwili als "Antikorruptionskämpfer"
  • Zur Neuauflage von "Jud Süß"
  • Lutz Jahoda: Dillinger und Killinger
  • Vom schweren und gerechten Kampf der Sorben
  • P. Hacks: Ein Eduard Bernstein des Tingeltangel
  • Wie Gorki die Oktoberrevolution voraussah
  • Hand aufs Herz: Gisela Steineckert
  • "RotFuchs"-Veranstaltungen im Monat April
  • Leserbriefe

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Der historische Händedruck

Gestattet mir einen sehr persönlichen Einstieg in ein geschichtsträchtiges Thema. Als ich eines Abends in den 70er Jahren der freundlichen Dinner-Einladung von Hans und Madeleine Grotewohl in deren Wohnung an Berlins Frankfurter Tor folgte, lebte deren Vater und Schwiegervater Otto schon lange nicht mehr. Damals lag auch die schwere und bewegte Zeit, in der die jungen Grotewohls beim Neuaufbau der von den USA niedergewalzten nordkoreanischen Stadt Hamhung für ihre DDR Ehre eingelegt hatten, schon hinter den beiden Chefarchitekten. Doch während unseres stundenlangen Gesprächs war der bei Marx gebliebene Sozialdemokrat Otto Grotewohl, der erste Ministerpräsident der Deutschen Demokratischen Republik, imaginär zugegen. Sein Händedruck mit dem Kommunisten Wilhelm Pieck auf dem Vereinigungsparteitag der beiden Arbeiterparteien im April 1946 hatte der durch die Rote Armee befreiten Arbeiterklasse und deren sozialen Bündnispartnern in einem Drittel Deutschlands den Weg zur Errichtung ihrer politischen Herrschaft gebahnt.

Als ich Jahrzehnte später unserer inzwischen treuen "RotFuchs"-Leserin "Mädi" Grotewohl im Großen Saal des Dresdner Rathauses beim festlichen Begängnis des 80. Geburtstages von Prof. Horst Schneider erstmals wiederbegegnete, stand auch dort das historische Werk von Otto und Wilhelm allgegenwärtig im Raum. Sie und ihre oftmals aus den Zuchthäusern und Konzentrationslagern der Faschisten, aus illegalem Kampf und mutig ertragener Emigration zurückgekehrten Mitstreiter hatten im April 1946 das wohl wichtigste Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte geschrieben. Denn ohne die vereinte Kraft von Kommunisten und Sozialdemokraten, die angesichts eines 1934 in Prag gefaßten Beschlusses der SPD-Auslandsleitung, bei Marx zu bleiben, auf der Basis seines Werkes erfolgen konnte, wäre es wohl kaum am 7. Oktober 1949 zur Gründung der Deutschen Demokratischen Republik gekommen. Eine in ihrer politischen Führung weiterhin gespaltene Arbeiterbewegung hätte die größte Errungenschaft in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung und des schaffenden Volkes - die DDR - nicht zustande gebracht. Das Herkuleswerk der Formierung dieses Staates wurde von den damals lebenden und aktiven Generationen deutscher Kommunisten und Sozialdemokraten geschaffen. Sie waren es, welche die Spaltung der Klasse überwanden, dem Krieg den Krieg ansagten und den Weg in eine von der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen befreite Gesellschaft bahnten. Damit konnte der Teufelskreis der Herrschaft des Kapitals für vier schwere und schöne Jahrzehnte wenigstens unterbrochen werden. Diese Feststellungen haben wir bereits vor anderthalb Jahrzehnten im "RotFuchs" getroffen.

Im weiteren Verlauf der Geschichte verhinderten dann objektive und subjektive, innere und äußere Faktoren sowie taktische und strategische Fehler hierzulande wie anderswo, daß der so hingebungsvoll und erfolgreich beschrittene Weg von 1946 fortgesetzt werden konnte. Dabei war es sicher nicht günstig und klug, die Mitglieder der durch den historischen Händedruck der beiden Arbeiterführer zusammengeschweißten Vorhutpartei aus Kommunisten und Sozialdemokraten, die sich nicht zufällig den Namen Sozialistische Einheitspartei gegeben hatte, übereilt in ihrer Gesamtheit als Kommunisten zu bezeichnen. Gut Ding will Weile haben, heißt es nicht ohne Grund.

Übrigens hätte man die SED angesichts ihrer historischen Leistung, die neben der Herstellung der Einheit der Klasse vor allem auch in der Teilnahme an der vier Jahrzehnte währenden erfolgreichen Sicherung des höchsten Menschheitsgutes - zumindest in Europa - bestand, auch als Sozialistische Friedenspartei Deutschlands bezeichnen können.

Als verhängnisvoll erwies sich die in Berlin getroffene Entscheidung, unablässig neue Mitglieder für eine bereits sehr aufgeschwemmte Partei bei festen Kontingentvorgaben für alle Gliederungen zu rekrutieren, was sie de facto in eine Massenorganisation verwandelte. Warum bedurfte es einer 2,3-Millionen-Partei in einem Land mit 17 Millionen Einwohnern? Die Überfrachtung der SED mit Hunderttausenden Konjunkturrittern konnte auf Dauer nichts Gutes bewirken.

Überdies beherrschte die SED der letzten Jahre leider nicht mehr die Dialektik von Vormarsch und Rückzug. Hier hätte sie lange vor 1989 bei dem Portugiesen Álvaro Cunhal in die Schule gehen können, dessen PCP es verstand, in entscheidender Stunde diesen Übergang zu vollziehen. Er befähigte sie trotz des Sieges der Konterrevolution die im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mitgliederstärkste kommunistische Partei Europas zu bleiben. Die mit den Grünen in der gemeinsamen Wahlfront CDU zusammengeschlossene PCP errang bei den jüngsten Parlamentswahlen etwa 10 % der Wählerstimmen und führt weiterhin die nationale Gewerkschaftszentrale CGTP-Intersindical an.

Ich gehöre zu jener ersten Generation ehemaliger Mitglieder der heute durch den reformistischen Flügel der PDL um Gysi und andere mit einem Bannfluch belegten SED, die Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl, aber auch Genossen wie den sozialdemokratischen Widerstandshelden Otto Buchwitz noch persönlich kennengelernt und erlebt hat. Die Erinnerung an solche Menschen und politische Führer vermittelt Kraft und Gelassenheit auch in Zeiten der Niederlage, die zu einer Neugruppierung der politischen Kräfte zwingen.

Klaus Steiniger

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Unser Willem war ein Präsident zum Anfassen

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Am 20. Juni 1951 überzeugte sich DDR-Präsident Wilhelm Pieck in der Berliner Wuhlheide von Fortschritten bei der Einrichtung der ersten Pionierrepublik. Dort trat er den Arbeitern auf gleicher Augenhöhe gegenüber - und sie ihm.

Obwohl er nur in zufälliger Begleitung erschien, wurde den ihn umgebenden Arbeitern zugerufen: "Paßt ja auf den ollen Willem auf!"

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Elly Winter über ihren Vater Wilhelm Pieck

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Hochachtung vor Horst Sindermann

Als man noch - ein kleiner Gernegroß - durch die heile Welt stolperte, sich Pionier nannte, Altstoffe sammelte und für den Frieden in der Welt kämpfte, waren einem die Staatsmänner des eigenen Landes eigentlich weniger bekannt. Sie wurden zwar im Unterricht genannt, und man mußte sich wohl auch die wichtigsten Namen zumindest bis zur Leistungskontrolle merken, sah dann aber lieber zu den Lehrern auf, die einen die ganze Zeit mit ihrem Wissen erfreuten. Später, als Träger des blauen Hemdes, war man nicht sehr viel schlauer, schimpfte ab und an mal über diesen oder jenen "da oben", kannte aber kaum einen Namen, kümmerte sich lieber um Sport und Spiel, Musik und die Liebe.

Nun sind die Jugendzeit und der dazugehörige Staat Geschichte und die gerne als "Riege alter Männer" titulierte Führung der DDR ebenso. Da fällt einem plötzlich ein Buch von Horst Sindermann in die Hände. Man überlegt und kramt aus seinem Gedächtnis hervor, daß er zeitweilig Vorsitzender des Ministerrats war, später dann Präsident der Volkskammer. Vielleicht erinnert man sich auch noch daran, daß er die Bezeichnung "antifaschistischer Schutzwall" kreierte und im April 1990 nach einer ungerechtfertigten Haftstrafe verstorben ist, weil darüber in jener Zeit ja oft genug etwas in der Zeitung gestanden hatte.

Dem Leser wird überdies ins Gedächtnis gerufen, daß Horst Sindermann von 1954 bis 1963 Leiter der Abteilung Agitation des ZK der SED und etliche Jahre 1. Sekretär ihrer Bezirksleitung Halle war. Dort kam die Parole auf: "Sindermann macht's möglich." Man erfährt, daß er aufs Gymnasium ging, gerne Theater spielte und während antifaschistischer Aktionen seine spätere Frau kennenlernte.

Man liest einfach drauflos und kann bereits nach wenigen Seiten nicht mehr von der Autobiographie "Vor Tageslicht" lassen.

Da Horst Sindermann, der 1915 in Sachsen zur Welt kam, nie mit seiner Lebensgeschichte hausieren ging, wußten viele DDR-Bürger nicht, daß dieser profilierte Politiker für seine Ideale, Ideen und Vorstellungen lange Jahre ins Gefängnis und Konzentrationslager ging.

Im Buch, zu dessen Niederschrift man ihn erst überreden mußte und für das Egon Krenz ein interessantes und lesenswertes Vorwort schrieb, schildert er sein kämpferisches Leben, sein Schicksal in den Lagern und Kerkern der Faschisten und schließlich seine Befreiung am Ende des Krieges.

Dafür, daß Sindermann für ein fortschrittliches Deutschland eintrat, als junger Mensch immer wieder gegen den aufkommenden Faschismus stritt und schließlich am antifaschistischen Widerstand als illegaler Kämpfer teilnahm, müßten Männer wie Frauen ihn noch heute bewundern. Als Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes und dann der KPD versuchte er, seine Mitmenschen über die von den Nazis ausgehende Gefahr aufzuklären. Eindringlich schilderte er den Kampf seiner Partei, die Verlogenheit von SPD-Führern, welche nichts mit Klassenkämpfern zu tun haben wollten und lieber in den Untergang stolperten. Hier wird einem auch klar: Viele Sozialdemokraten unserer Tage haben seitdem leider nichts dazugelernt.

Gleich am Anfang des aufwühlenden Buches beschreibt Sindermann die Stunden, in denen er vom Tod seiner Mutter erfährt. Er durfte als Häftling nicht zur Beerdigung, sondern mußte weiter schuften und Demütigungen wie Quälereien der SS erdulden. Es war grausam und unmenschlich, eben typisch faschistisch, was er erlebte und für die Nachkommen aufschrieb. Oft stößt der Leser auf prägende Sätze, welche die Situation auch im heutigen Deutschland sehr eindringlich beschreiben: "Damals wurde in mir die Überzeugung geweckt, daß die herrschenden Kapitalisten brutal, verlogen und ohne Skrupel sind." Würde Horst Sindermann heute noch leben, hätte sich seine Weltanschauung gewiß noch mehr verdichtet.

Sindermann hat in den Jahren von 1936 bis 1945 alles Schreckliche erlebt: Hunger, Ausbeutung, Qualen im KZ, die Brutalität der Gestapo, der Wachposten und Gefängniswärter. Aber ihm, der sechs Gefängnisse und Zuchthäuser sowie drei Konzentrationslager durchlief, begegneten auch Hilfsbereitschaft, Freude und Zuversicht unter den Gefangenen. Er erlebte schließlich das große Glück, als der Faschismus besiegt war und sein letztes Lager, das KZ Ebensee, befreit wurde. So kann jeder Interessierte erfahren, daß der KZ-Häftling Horst Sindermann auch hinter Gittern und Stacheldraht immer für die gerechte Sache kämpfte. Schließlich flog die illegale Lagerleitung auf. 28 Mann wurden erschossen, und weitere 100 kamen nach Mauthausen, darunter auch Sindermann.

Von Seite zu Seite steigt die Hochachtung des Lesers vor einem Autor, der trotz aller Leiden und Qualen nicht gebrochen werden konnte, der an die kommunistischen Ideen glaubte und auch noch im Gefängnis für sie eintrat. Das Buch endet mit den ersten Schritten in Richtung neue Zeit, die Sindermann ab 1945 als Chefredakteur einer Regionalzeitung mitgestaltete.

Thomas Behlert, Gotha



Horst Sindermann: Vor Tageslicht. Autobiographie.
edition ost, Eulenspiegel-Verlagsgruppe, Berlin 2015,
224 Seiten, 17,99 €. ISBN 978-3360-01871-7

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"Hannoversche Allgemeine": Genosse Egons Welt

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Ein Ort der Erholung und des Gedenkens mitten in Berlin
Der Volkspark Friedrichshain

Die Geschichtskommission Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg der Partei Die Linke gab eine neue Broschüre heraus. Thema ist der Volkspark Friedrichshain, Autor der am 4. November 2015 verstorbene Heinz Warnecke.

1840 beschloß die Berliner Stadtverordnetenversammlung, im Osten der Stadt einen Volkspark als Pendant zum Tiergarten im Westen anzulegen. Seinen Namen hatte der Park nach dem preußischen König Friedrich II. erhalten. Anlaß dazu war der 100. Jahrestag der Thronbesteigung des Monarchen. Den Park gestaltete der Gartenbauarchitekt Gustav Meyer in den Jahren 1846 bis 1848.

Heinz Warnecke schildert anschaulich, daß der Park mit seinen Grünanlagen, Teichen und Restaurants nicht nur ein Ort der Erholung und Entspannung für viele Berliner und Touristen war und ist, sondern auch der politischen Auseinandersetzung in Vergangenheit und Gegenwart diente.

Ein Beispiel dafür ist der Friedhof der Märzgefallenen, die Begräbnisstätte der Opfer zweier Revolutionen. 1848 wurden hier 255 Tote der Berliner Märzkämpfe jenes Jahres beigesetzt, im November und Dezember 1918 kamen 29 in der Novemberrevolution Gefallene hinzu.

Heinz Warnecke schildert, wie die in Berlin und Preußen Herrschenden ab März 1849 versuchten, den Friedhof unzugänglich zu machen und das Anliegen der Märzkämpfer in Vergessenheit geraten zu lassen. Doch das gelang nicht. Der Friedhof blieb über die Jahrzehnte das Ziel von Kundgebungen und Demonstrationen.

Als Reaktion auf die geplanten Beisetzungen auf dem Friedhof der Märzgefallenen war bereits anläßlich der Einweihung des Volksparks im August 1848 eine Säule mit der Büste Friedrichs II. eingeweiht worden. Die Säule befand sich dort bis 1952, ehe sie spurlos verschwand. Reste der Stele wurden 1997 bei Sanierungsarbeiten in der Nähe des alten Standortes gefunden, restauriert und im Jahre 2000 wieder aufgestellt.

Erst 1948, nach 100 Jahren, wurde auf dem Friedhof der Märzgefallenen endlich der lange geplante Gedenkstein eingeweiht. Er trägt die Worte:

Den Toten 1848/1918
Das Denkmal habt ihr selber euch errichtet.
Nur ernste Mahnung spricht aus diesem Stein,
daß unser Volk niemals darauf verzichtet
wofür ihr starbt - einig und frei zu sein.

Den Text schrieb Prof. Dr. Peter Alfons Steiniger, der Vater Klaus Steinigers. Er zeichnete mit seinem literarischen Pseudonym aus den 30er Jahren: Peter A. Steinhoff. Als die Berliner Oberbürgermeisterin Louise Schroeder (SPD), die den Gedenkstein zur Chefsache erklärt hatte, erfuhr, daß es sich um den Spruch eines Kommunisten handelte, war es bereits zu spät.

In der Zeit von 1957 bis 1961 wurde auf einem Teil des Friedhofs eine Gedenkstätte für die ermordeten Kämpfer der Novemberevolution von 1918 gestaltet. Auf drei in der Form von Sarkophagen gehaltenen Gedenkplatten sind die Namen von Opfern eingraviert, auf der linken Grabplatte wird Karl Liebknecht mit den Worten zitiert: "Gründet fest die Herrschaft der Arbeiterklasse. Seid entschlossen gegen jeden, der sich widersetzt." Rechts findet man den Satz Walter Ulbrichts "Die Vorhut der Arbeiterklasse hat in der Novemberevolution heroisch gekämpft." Die Bronzefigur "Der Rote Matrose" von Hans Kies wurde am 25. Januar 1961 enthüllt. Dieses Denkmal und die Grabplatten mit den Inschriften mißfallen heute einigen, die bestrebt sind, alles verschwinden zu lassen, was irgendwie an die DDR erinnert.

Schauplatz politischer Auseinandersetzungen war auch der vielbesuchte, 1913 nach einem Entwurf Ludwig Hoffmanns im Volkspark entstandene Märchenbrunnen. Der Berliner Polizeipräsident verweigerte zunächst die Baugenehmigung, da Kaiser Wilhelm II. erklärt hatte. "Ein Wille sollte in der preußischen Residenz herrschen, einer ihr Stadtbild gestalten." Dabei ging Wilhelm II. die ganze Sache überhaupt nichts an, denn der Park befand sich auf städtischem Gebiet. Paul Singer, der Vorsitzende der Berliner SPD-Stadtverordnetenfraktion, bezeichnete die Einmischung als "Teil eines Systems, welches darauf ausgeht, hier in Berlin die städtische Verwaltung einflußlos zu machen ... Ich kann mir aber nicht denken, daß eine intelligente Bürgerschaft sich freiwillig in das Joch des Absolutismus beugt."

Heinz Warnecke erinnert auch an drei Denkmäler für die Opfer von Kriegen, die sich im Volkspark Friedrichshain befinden: an das von Fritz Cremer geschaffene Monument für deutsche Interbrigadisten, die in Spanien kämpften, an das Denkmal für die polnischen Soldaten, die an der Niederwerfung Hitlerdeutschlands teilnahmen, und an die Weltfriedensglocke.

Vorangestellt sind markante Daten aus der Zeit zwischen 1936 und 1945, von Francos faschistischem Militärputsch am 18. Juli 1936 bis zum USA-Atombombenabwurf auf Hiroshima.

Auch die Beschreibung der drei Denkmäler wird durch einen Kalender der Zweiten Spanischen Republik, eine kurze Chronik über Polen im Zweiten Weltkrieg und eine Übersicht der - allerdings bescheidenen - Ergebnisse der atomaren Rüstungsbeschränkung ergänzt.

Heinz Warnecke beschließt seine Betrachtungen mit dem Satz: "Man kann an den Denkmälern nicht vorübergehen, ohne sich seiner aktuellen Aufgaben in der Friedensbewegung unserer Tage zu erinnern."

Dr. Kurt Laser


Heinz Warnecke: Der Volkspark Friedrichshain gestern und heute.
Berlin 2015, 40 S., Abbildungen. Bezug über "Roter Laden",
Weidenweg 17, 10249 Berlin (Telefon 030-4262687).

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Vor 40 Jahren wurde der Palast der Republik eingeweiht

Der Palast der Republik befand sich am Berliner Marx-Engels-Platz und wäre am 23. April vierzig Jahre alt geworden. Symbol des "Unrechtsstaates DDR", wurde er unter dem Vorwand der Asbestverseuchung zunächst geschlossen und später abgerissen. Seine Beseitigung war eine rein politische Entscheidung, die 2003 im Bundestag fiel.

Der Aufbau des Palasts begann im Oktober 1973. Die Baupläne dafür entwarf ein Kollektiv der DDR-Bauakademie unter Leitung von Heinz Graffunder. Der Palast wurde dort errichtet, wo einst das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Berliner Stadtschloß gestanden hatte. Er sollte ein großes modernes Gebäude werden, das sich in das Ensemble der historischen Berliner Mitte einpaßte.

Das Vorhaben erwies sich als nicht einfach, weil eine Art schwimmendes Fundament im sumpfigen Boden neben der Spree gebaut werden mußte. Viele Pfähle waren in den Untergrund zu rammen.

Beim Aufbau des Palasts unterstützten Spezialkräfte der Nationalen Volksarmee die Bauarbeiter. Der Gebäudekomplex war planmäßig mit 250 Millionen DDR-Mark berechnet, kostete aber wahrscheinlich etwas mehr als das Doppelte. Im Unterschied zu heutigen Mega-Bauten der BRD, die oft die geplanten Kosten um ein Vielfaches überschreiten, wurde der Palast termingerecht eröffnet. Er hatte eine Länge von 180 und eine Breite von 86 Metern. Das Gesims war 25 und der Saalbau 32 Meter hoch. Die Foyers umfaßten mehr als 11.900 qm und dienten für Veranstaltungen. Im Großen Saal fanden bis zu 5000 Personen Platz. Im Palast konnte gegessen, getrunken, getanzt und Bowling gespielt werden. Es gab 13 gastronomische Einrichtungen, von denen das Palastrestaurant mit mehr als 300 Plätzen das größte war. Insgesamt hatte die Gastronomie des Palasts fast 1500 Plätze. Bekannt waren das Café Espresso, die Milchbar, die Bierstube, der Jugendtreff und das Spreerestaurant. Die Preise waren moderat, auch für kleine Einkommen erschwinglich. Etwa 1800 Angestellte sorgten für einen angenehmen Aufenthalt der Gäste.

Im westlichen Teil des Gebäudes befand sich die DDR-Volkskammer. Das DDR-Parlament, das auf der Grundlage einer vom Volk beschlossenen Verfassung gewählt wurde, bedurfte keiner Bannmeile.

Der Palast war ein Anziehungspunkt nicht nur für Hauptstadtbesucher, sondern auch für viele Berliner. Hier trafen sich Kinder und Familien. Entsprechend viele und sehr beliebte Veranstaltungen wurden durch die Mitarbeiter des Hauses organisiert.

Der Palast war das kulturelle Zentrum der Hauptstadt der DDR. Großer Beliebtheit erfreute sich das weithin bekannte Theater im Palast (TiP) mit seinen vielen erfolgreichen Inszenierungen, Erst- und Uraufführungen.

National und international bekannte Autoren stellten ihre Werke im Palast vor. Zu ihnen zählten Erwin Strittmatter, Christa Wolf, Heiner Müller, Günter Grass, Stanislaw Lem und Dschingis Aitmatow. Der Große Saal war immer gefüllt, gleich ob klassische oder Rockkonzerte oder Revuen auf dem Programm standen. Viele bekannte Musiker aus dem In- und Ausland traten im Palast auf, so die Puhdys, Silly, Ute Freudenberg, Harry Belafonte und James Last. Er beherbergte auch eine Reihe von Kunstwerken, die seit der "Wende" in irgendwelchen Depots verschwunden sind. Wahrzeichen des Hauses war die Gläserne Blume von Reginald Richter und Richard Wilhelm. Im Foyer konnte man 16 Großgemälde betrachten. Zu ihren Schöpfern gehörten Willi Sitte, Werner Tübke, Walter Womacka, Bernhard Heisig, Wolfram Schubert, René Graetz und Günter Brendel. Im Palast fanden zahlreiche nationale und internationale Kongresse und Tagungen statt.

2006 begann der endgültige Abriß dieses herrlichen Gebäudes, nachdem der Palast bereits zuvor entkernt worden war. Das Haus des Volkes wurde in 78.000 t Schutt verwandelt. Die Abrißkosten sollen rund 120 Millionen Euro betragen haben. Der schwedische Stahl der Grundkonstruktion wurde zum Teil eingeschmolzen und an Volkswagen oder nach Dubai verscherbelt.

Sicherlich werden Hunderttausende einstige DDR-Bürger noch gute Erinnerungen an den Palast der Republik bewahren und an Kinder wie Enkel weitergeben. Er war eine bauliche und technische Meisterleistung, die einer einmaligen inhaltlichen Konzeption entsprang.

Im Areal, auf dem der Palast stand, lassen die Bundesregierung, das Land Berlin und eine ihnen dienende Stiftung jetzt die Attrappe des Stadtschlosses als ein Memorial des Preußentums aus Beton errichten. Es zeichnet sich ab, daß dieser Bau ein neues Millionengrab wird.

Vorsichtshalber hat die Regierung der BRD die Kosten vorerst bei 590 Millionen Euro gedeckelt. Ein Haus des Volkes wird das umstrittene "Humboldt-Forum" keineswegs, eher eine Inszenierung reaktionärer deutscher Selbstverklärung.

Dr. Ulrich Sommerfeld, Berlin

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Irrsinn ist "in"

Irre - das ist ein Modewort aus der Jugendsprache, um Begeisterung auszudrücken.

Auch Medien und Politiker nutzen diesen Begriff gern, wenn sie ihre Freude über neue Kriege zum Ausdruck bringen. Da kämpfte man in der Vergangenheit gegen den Irren von Belgrad, den Irren von Bagdad, den Irren von Tripolis und später gegen den Irren von Damaskus. Man kämpft jetzt zwar noch nicht militärisch, aber in den Medien um so tapferer gegen den Irren von Moskau.

Irre müsse jene sein, welche nicht bereit sind, den selbsternannten Weltherrschern freiwillig Zugang zu den Reichtümern ihrer Völker zu gewähren - und das trotz des Wissens um die Schlagkraft der hochgerüsteten NATO.

Da die Dinge so liegen, muß man die Völker eben von den Irren befreien, die natürlich auch Diktatoren sind. Viele Menschen werden dabei von ihrem Leben befreit oder von ihren Häusern, Wohnungen und Heimatorten. Denn unzählige Tote und die Zerstörung der Lebensgrundlagen anderer sind bei den "humanistischen Befreiungsaktionen" der westlichen Welt nun einmal nicht zu vermeiden. Ein zynischer NATO-Sprecher bezeichnete das 1999 als "Kollateralschäden".

Nachteile, wenn auch gemessen daran geringe, müssen die "humanistischen" Wortschöpfer auch selbst in Kauf nehmen: Kriegstote oder Soldaten, die das ewige Töten moralisch und mental nicht durchstehen. Hinzu kommen Ströme von Flüchtlingen, die ihre zerstörte Heimat verlassen und bei anderen Völkern unterzukommen suchen.

Mit der Welt verändert sich auch der Weltsicherheitsrat. Er ist zwar noch nicht zu einem Weltunsicherheitsrat mutiert und hat bisher "nur" Kriege gegen Libyen und die Elfenbeinküste "bewilligt". Doch Kriege verhindern konnte und kann er bei all dem Irrsinn nicht mehr.

Horst Neumann

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Ein namhafter Mediziner der DDR wandte sich an den "RotFuchs"
Erfahrungen mit dem "Rechtsstaat" BRD

Angesichts einer Situation hierzulande, in der selbst prominente Verfassungsjuristen davon sprechen, daß es noch nie eine solche Kluft zwischen dem Buchstaben des Gesetzes und der Wirklichkeit gegeben habe, sehe ich mich veranlaßt, den "RotFuchs"-Lesern meine oftmals absurden Erfahrungen mit der Justiz mitzuteilen.

Das Leben als Neu-Bundesbürger begann bei mir - wie bei sehr vielen anderen auch - mit existenzbedrohenden Kündigungen. Dreimal hintereinander wurde ich als Direktor des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin "wegen Staatsnähe als ungeeignet" vom Gesundheitsminister der bereits in die Hände rechter Kräfte gefallenen letzten DDR-Regierung und von deren Arbeitsminister entlassen. Meine Klagen vor den Arbeitsgerichten wiesen in erster Instanz unerfahrene junge Absolventen, in zweiter Instanz dann regierungsnahe Juristen in "Kurzprozessen" ab. Die daraufhin notwendigen Verfahren wegen "Strafrente" endeten für mich als "Sammelkläger" nach drei Instanzen erfolgreich.

Das erste "wirre" Jahrzehnt nach dem Anschluß der DDR an die BRD brachte mich vor das Finanzgericht Cottbus, da mein zuständiges Finanzamt und das Landesministerium für Finanzen in einem "Musterverfahren" nicht anerkennen wollten, daß Lehrstunden auch bei Fortbildungsveranstaltungen wie überall in der Welt nur 45 Minuten dauern. Das Finanzamt mußte mir mehrere tausend Euro zurückzahlen, da es die steuerliche Absetzbarkeit von 60-Minuten-Schulstunden abhängig gemacht hatte.

Ein "Berufungsgericht" beim Verwaltungsgericht Potsdam verurteilte mich auf Antrag meiner eigenen Kassenärztlichen Vereinigung, weil ich im Ärztlichen Notdienst für zwei zeitlich weit auseinanderliegende Hausbesuche bei demselben Patienten in einer Nacht zweimal abgerechnet hatte.

In den 90er Jahren informierte ich den Landrat, daß ich ihn wegen Untätigkeit verklagen müßte, sollte er nicht umgehend über sein Amt zur Regelung offener Vermögensfragen den juristisch klaren Sachverhalt bestätigen, daß mein Grundstück mit Wohnung und Praxis im Haus nicht zur Rückgabe oder Entschädigung für zwei Erbengemeinschaften des ehemaligen Gutsbesitzers in Frankfurt/M. und Australien zur Verfügung steht. Diesmal hatte ich Erfolg.

Das dritte Jahrtausend brachte dann weitere ernsthafte juristische Auseinandersetzungen, in die ich involviert war. Diesmal trat ich wie Hunderttausende unmittelbar Betroffene als Sammelkläger und Gutachter gegen den BER-Flughafen und für das Nachtflugverbot auf. Ich klagte bis zum Bundesverwaltungsgericht in drei Instanzen. Wir stießen leider auf Richter, die sich dem Großkapital und von ihm abhängigen Bundes- und Landesregierungen, nicht aber der Bevölkerung verbunden fühlten. Sie beschieden unsere Klage ablehnend. Dieser Prozeß wird wie das skandalöse, mafiöse Gebaren um die Inbetriebnahme des Hauptstadt-Flughafens in die Geschichte der Region eingehen.

Eine schlimme Überraschung erlebten wir nach einer Schulungsveranstaltung am Nachmittag in Berlin: Unsere Wohnung und unsere Gemeinschaftspraxis waren vom Dach bis zum Keller ausgeraubt und verwüstet worden. Die polizeilichen Ermittlungen bestätigten, daß eine bereits bekannte rumänische Bande am Werk gewesen war. Ergebnis: Die Täter kamen nicht vor Gericht, da sie unbekannten Ortes verzogen waren. Als massiv Geschädigte mußten wir auf Verlangen der Versicherungen mehrere tausend Euro kostende mechanische und elektronische Sicherungen einbauen und uns von einem Sicherheitsdienst überwachen lassen.

Erneut trat meine Kassenärztliche Vereinigung, an die ich hohe Beiträge zu entrichten habe, juristisch gegen mich auf. Da ich im Notdienst Keltican gegen Schmerzen injiziert und abgerechnet hatte, wurde ich vor das Sozialgericht geladen, weil diese Ampullen nur Privat- und keinen Kassenpatienten zustehen. Ich wurde zur Rückzahlung von 7,15 Euro (!) verdonnert.

Im letzten Jahrzehnt setzten sich derart dubiose juristische Aktionen, die auch mich betrafen, fort: 2011 wurden Hunderttausende Grundstücksbesitzer zu Nachzahlungen für Anlagen verpflichtet, die teilweise bereits zu Kaisers Zeiten gebaut und beglichen worden waren. Das Geld sollte bundesdeutschen Unternehmen zugeführt werden.

Damit waren wir in Absurdistan angekommen. Drei Instanzen deckten diesen Unsinn. Erst das Bundesverfassungsgericht revidierte im Dezember 2015 die Fehlurteile.

Einen "Höhepunkt" meiner juristischen Auseinandersetzungen unter BRD-Bedingungen erreichte ich im letzten Jahr meiner Hausarzt-Tätigkeit, als das für mich zuständige Finanzamt ohne Vorwarnung bei mir und meinem Steuerberater eine Kontensperrung und Pfändung von 17.000 Euro vornahm. Ich konnte weder mein Auto betanken noch die Gehälter meiner Mitarbeiter auszahlen. Nach einer sofortigen und energischen Intervention durch den Steuerberater, den Rechtsanwalt und mich "entschuldigte" man sich mit der Begründung, es habe ein "Computerfehler" vorgelegen. Danach herrschte Ruhe.

Den Verdacht, es habe sich um eine gezielte Schikane gehandelt, brachte ich dem Finanzamt gegenüber zum Ausdruck, zumal dieses die einzige Behörde war, die Kenntnis von meinen Spenden für humanitäre Zwecke und linke Programme, Vereine, Zeitungen und Parteien hatte.

Solche Erlebnisse bestärkten meine stets vorhandenen Zweifel, in einem demokratischen Rechtsstaat zu leben.

Prof. Dr. sc. med. Herbert Kreibich, Schulzendorf

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Vor und nach der Wahl

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Die Bildserie von Herluf Bidstrup wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Ein deutscher Proletariersohn und Held der Sowjetunion
Fritz Schmenkel ist unvergessen

Am 14. Februar 1916 wurde der deutsche Antifaschist und weißrussische Partisan Fritz Schmenkel geboren. In bundesdeutschen Geschichtsbüchern unbeachtet, von Lexika hier und dort kurz erwähnt, ist Fritz Schmenkel in der Republik Belarus und bei deutschen Antifaschisten als ein mutiger Kämpfer in Erinnerung geblieben. 1964 wurde ihm postum der Titel "Held der Sowjetunion" verliehen.

Im schlesischen Warsow (heute polnisch Warszewo) geboren und von Genossen seines 1932 durch SA-Schläger ermordeten Vaters im kommunistischen Sinne erzogen, war er bereits als junger Mann ein entschiedener Gegner des aufkommenden deutschen Faschismus. Als 17jähriger trat er dem Kommunistischen Jugendverband bei und beteiligte sich aktiv an dessen Anti-Nazi-Aktionen in der Weimarer Republik.

Als Proletarierkind erlebte Fritz Schmenkel die ganze Palette sozialer, wirtschaftlicher und politischer Grausamkeiten des kapitalistischen Systems. Von diesem an höherer Schulbildung und abgeschlossener Berufsausbildung gehindert, kämpfte er sich als Landarbeiter, Kutscher und Tagelöhner durchs Leben.

Nach der Machtauslieferung an Hitler zunächst dem "Reichsarbeitsdienst" zugeordnet, wurde er Ende 1938 zur faschistischen Wehrmacht einberufen und als Kanonier ausgebildet. Sehr bald erkannte Fritz Schmenkel, daß er dem Hitlerstaat als Kanonenfutter dienen sollte.

So entzog er sich des öfteren Übungen an der Waffe und widersetzte sich Befehlen. Wegen "Disziplinlosigkeiten und unerlaubten Entfernens von der Truppe" verurteilte ihn 1940 ein faschistisches Kriegsgericht zu 18 Monaten Haft, die er im Wehrmachtsgefängnis Torgau und im Straflager Cobnik verbüßte. Dort erreichte ihn die Nachricht vom Überfall Nazideutschlands auf die Sowjetunion.

Der Gedanke, "da muß man etwas gegen tun", dürfte ihn dazu bewogen haben, seine Haftstrafe mit einer freiwilligen Meldung zum Fronteinsatz abzukürzen. Das Militärgericht gab seinem Antrag statt, so daß Fritz Schmenkel im Oktober 1941 an die "Ostfront" bei Smolensk abkommandiert wurde - in eine Region, die damals zur Belorussischen Sowjetrepublik gehörte. Hier gelang es ihm, in nahegelegene Wälder zu flüchten und in Kontakt mit einer weißrussischen Partisaneneinheit zu kommen. Deren Führung begegnete der Bereitschaft eines deutschen Wehrmachtsangehörigen, in ihren Reihen gegen sein eigenes Land zu kämpfen, zunächst mit Mißtrauen. Fritz Schmenkel legte daraufhin folgenden Schwur ab: "Ich, Bürger Deutschlands und Sohn eines Kommunisten, schwöre, daß ich die Waffe nicht eher aus der Hand legen werde, bis die russische Erde und mein Vaterland vom faschistischen Geschmeiß befreit sind."

Durch regelmäßige Übernahme besonders riskanter militärischer Aufträge der Partisaneneinheit bewährte sich Fritz Schmenkel vor allem als Aufklärer deutscher Stellungen sowie bei der strategischen Vorbereitung von Offensivmaßnahmen der Roten Armee als vertrauenswürdiger und zuverlässiger Partisan.

Ende Dezember 1943 geriet er im Hinterland der faschistischen Truppen in eine Falle und wurde von deren "Kettenhunden" festgenommen. Am 15. Februar 1944 verurteilte ihn ein Kriegsgericht der Okkupanten zum Tode. Am 22. Februar 1944 - acht Tage nach seinem 28. Geburtstag - wurde er durch ein faschistisches Erschießungskommando hingerichtet. Der Mord geschah im damals noch von Nazitruppen besetzten Minsk.

Fritz Schmenkel wurde bereits 1943, noch in den Wäldern Weißrußlands, vom Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR mit dem Rotbannerorden ausgezeichnet.

In der DDR trugen vielerorts Straßen und Schulen den Namen des späteren "Helden der Sowjetunion" - auch eine Straße in Berlin-Karlshorst. Mehrere Truppenteile der Nationalen Volksarmee der DDR, darunter das Jagdfliegergeschwader 1, erhielten den Namen Fritz Schmenkels. Der DEFA-Film "Ich will Euch sehen" (Regie: Janos Veiczi) aus dem Jahre 1977 würdigte sein Leben.

Während Fritz Schmenkels Verdienste in der Alt-BRD ohnehin totgeschwiegen worden waren, erfolgte nach der Annektion der DDR eine regelrechte "Namenshinrichtung". Demgegenüber ist die Ehrung von Fritz Schmenkel in Belarus uneingeschränkt aufrechterhalten worden. An jenem Gebäude in Minsk, auf dessen Hof der tapfere Antifaschist erschossen wurde, brachte man eine Gedenktafel an. Auch im neu eröffneten Museum des Großen Vaterländischen Krieges befindet sich ein ihm gewidmeter Ehrenplatz.

Wenn man beim Rundgang durch die Gedenkhalle unter Tausenden Namen gefallener Sowjetbürger plötzlich den eines Deutschen entdeckt, an den man sich aus DDR-Zeiten erinnert, dann ist das ein erregender Augenblick. Man bleibt vor der Tafel mit dem Bild Fritz Schmenkels wie angewurzelt stehen und denkt an die Zeit der Niederschlagung des deutschen Faschismus im Mai 1945 zurück, sofern man diesen Tag schon bewußt erlebt hat. Und es drängt sich die quälende Frage auf: Wieso war der Sieg der Roten Armee über den deutschen Faschismus nicht endgültig? Waren die Opfer Fritz Schmenkels und aller anderen Antifaschisten vergebens? Der Kampf in ihrem Geiste ist wieder hochaktuell und unerläßlich. Junge Antifaschisten sollten nicht so lange warten, bis sie erst wieder als Partisanen kämpfen müssen!

Manfred Wild, Berlin


Mehr über Fritz Schmenkel finden Interessierte u.a. in:
- Wolfgang Neuhaus: Kampf gegen Sternlauf. Der Weg des deutschen Partisanen Fritz Schmenkel.
Militärverlag der DDR, Berlin 1968, 492 S., und in
- Theodor Gladkow: In den Wäldern von Smolensk. Der Weg des deutschen Antifaschisten Fritz Schmenkel.
Verlag Neues Leben, Berlin 1983, Fotos, 212 S.

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Churchills Fulton-Rede war nach 1945 die erste offene Kampfansage an die UdSSR
"Wir haben das falsche Schwein geschlachtet"

Vermutlich kennt jeder Leser ein Foto, auf dem die "großen drei" abgebildet sind - J.W. Stalin, Winston Churchill und Franklin Delano Roosevelt - ob in Teheran, Jalta oder Potsdam. Die Eintracht zwischen den Hauptmächten der Antihitlerkoalition, welche diese Aufnahmen suggerieren, sollte auch nach dem Krieg fortbestehen. Sie wurde auf den genannten Konferenzen und bei der Gründung der Vereinten Nationen feierlich beschworen.

Die Sowjetunion brauchte und wollte nach den Opfern und Verwüstungen des Krieges nichts sehnlicher als einen dauerhaften Frieden. Stalins Grußbotschaft aus Anlaß der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik und die "Stalin-Note" von 1952, die einen Friedensvertrag mit einem neutralen Deutschland vorschlug, lieferten den Beweis dafür, wie ernst der Sowjetunion eine Vermeidung der Konfrontation war. Die imperialistischen Mächte - insbesondere die vom Krieg territorial nicht betroffenen Vereinigten Staaten - zogen andere Schlußfolgerungen aus dem großen Blutvergießen. Churchill soll sie auf den rüden Nenner gebracht haben: "Wir haben das falsche Schwein geschlachtet."

Er war es auch, der dann am 5. März 1946 in Fulton bei Anwesenheit des US-Präsidenten Harry Truman eine Rede hielt, welche die Weichen für die westliche Nachkriegsstrategie stellte. Deren Schatten werden bis heute auf die Geschichte geworfen.

Worin bestehen Bedeutung und Wirkung dieser Rede, die nur ein Jahr später - am 12. März 1947 - von Truman ergänzt und zur außenpolitischen Doktrin der USA erklärt wurde?

Erstens. Churchill kündigte vor aller Welt die feierliche Verpflichtung der Antihitlerkoalition, die Zusammenarbeit auch nach dem Krieg aufrechtzuerhalten. Er forderte feindselige Schritte gegen die UdSSR. Zwar äußerte der Ex-Premier noch seine "Achtung und Bewunderung für das tapfere russische Volk und meinen Kameraden aus der Kriegszeit Marschall Stalin", beschuldigte aber zugleich die Sowjetunion, ihre Macht und ihre "Doktrin" ausdehnen zu wollen. Das Gespenst von der "roten Gefahr", das schon Hitler beschworen hatte, wurde nun auch als Popanz und Eckstein "westlicher Politik" über Jahrzehnte hinaus festgeschrieben. Dieser Kurs, der als Begründung der NATO-Politik diente, wird sogar gegenüber Putin weiter ins Feld geführt.

Zweitens. Churchill bediente sich des Begriffs "Eiserner Vorhang", der zur Standard-Formel in der politischen Auseinandersetzung wurde. Er interpretierte die Verfaßtheit der Welt so, daß aus der Forderung nach Veränderung das Verlangen nach "Befreiung" abgeleitet werden konnte: "Von Stettin an der Ostsee bis hinunter nach Triest an der Adria ist ein 'Eiserner Vorhang' über den Kontinent gezogen.

Hinter jener Linie liegen alle Hauptstädte Zentral- und Osteuropas: Warschau, Berlin, Prag, Wien, Budapest, Belgrad, Bukarest und Sofia. Alle jene berühmten Städte liegen in der Sowjetsphäre, und alle sind in dieser und jener Form nicht nur sowjetrussischem Einfluß, sondern auch der Moskauer Kontrolle unterworfen."

In der Tat: Die Sowjetunion hatte einen hohen Blutzoll für deren Befreiung entrichtet. Auch im eigenen Interesse unterstützte sie jene Kräfte, welche eine Überwindung des Kapitalismus anstrebten. Es darf nicht unterschlagen werden, welche infame Rolle die Regierungen von Warschau über Prag bis Bukarest vor und während des Krieges gespielt haben. London war der Sitz einiger kompromittierter Exilregierungen dieser Staaten, als deren Schutzpatron sich Churchill aufspielte.

Drittens. "Um dem Übel der Tyrannei ein Ende zu setzen", plädierte der britische Premier für einen "spezifischen Bruderbund" mit den USA, indem er erklärte: "Es müssen besondere Beziehungen zwischen dem britischen Commonwealth und Empire einerseits und den Vereinigten Staaten andererseits hergestellt werden." Churchill wandte sich besonders der militärischen Kooperation zu, so der gemeinsamen Nutzung von Militärstützpunkten rund um den Erdball. Diese besteht bis heute fort. Die ideologische Saat zur Gründung der NATO war gelegt. Ihr erster Generalsekretär kam aus Großbritannien: Lord Ismay.

Viertens. Churchill fand: "Ein Schatten ist auf die Erde gefallen, die erst vor kurzem durch den Sieg der Alliierten hell erleuchtet worden ist." Der wichtigste Alliierte bei der Erringung des Sieges war ohne Zweifel die Sowjetunion. Nun zählte sie Churchill zu den "Schatten". Auch die damals eingeleiteten progressiven Entwicklungen in Griechenland (denen die britische Armee militärisch ein Ende setzte), Frankreich und Italien stellten aus Churchills Sicht eine wachsende Gefahr für die christliche Zivilisation dar. Ihre kommunistischen Parteien seien "fünfte Kolonnen der Sowjets", behauptete er. Der zeitgenössische Leser kennt diese ebenso infame wie lügenhafte These und weiß um deren Funktion, die ja auch heute noch eine Rolle spielt.

Fünftens. Die These von der "Bedrohung aus dem Osten" kam damals Deutschlands angeschlagener Bourgeoisie sehr gelegen. Sie rechtfertigte die sofortige "Westbindung" und bestimmte das Anliegen der Adenauer-Politik, die BRD als "Bollwerk gegen den Kommunismus" auf- und auszubauen. Die These des Bundeskanzlers lautete: "Lieber das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb." Sie wurde zum Credo derjenigen, die unser Vaterland gespalten haben.

Der Schaden ist noch nicht berechnet, und die "Wiedervereinigung", die in Wirklichkeit eine Annexion der DDR und deren Ausplünderung war, hat Deutschland keineswegs zum Hort des Friedens gemacht. Die vorsätzlich getrübten Beziehungen zu Rußland sind nur ein Indiz für den Rückfall der BRD in die Rolle einer aggressiven Großmacht, die wieder Kriege führt. Das allerdings dürfte Churchill in Fulton so noch nicht geahnt haben. Lady Thatcher und andere wollten es später verhindern.

Prof. Dr. Horst Schneider

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Die Schulze-Boysens - Antifaschisten aus bürgerlich-adligem Hause

Sie hatten ihre Spürhunde angesetzt. Die kreisten ihn ein, der sich noch sicher wähnte in ihrer Uniform, obwohl er nicht für ihre Ziele Dienst tat: Oberleutnant im faschistischen Luftfahrtministerium Harro Schulze-Boysen. Weder bürgerliche Erziehung noch berufliche Beschäftigung mit der Nazi-Ideologie hatten den geradlinigen Charakter zu einem Engagement mit einer Sache führen können, die er als menschheitsfeindlich erkannt hatte.

1909 als Sohn eines Fregattenkapitäns in Kiel geboren, suchte Harro Schulze-Boysen zunächst im Jungdeutschen Orden nach Gleichgesinnten. Er mußte jedoch bald feststellen, daß diese Organisation, die den Begriff "deutsch" in ihrem Firmenschild führte, durchaus nicht das beste für das deutsche Volk vorhatte. So kehrte der angehende Jurastudent dieser erznationalistischen Vereinigung den Rücken und publizierte seine politische Position in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift "Gegner". Doch selbst mit diesem unklaren demokratischen Drängen und Wollen provozierte er die eben zur Macht gekommenen Faschisten so, daß sie ihn verhafteten und schwer mißhandelten.

Durch diese harte Konfrontation mit der politischen Unterwelt Nazideutschlands reifte in ihm der Entschluß, von innen heraus Widerstand gegen das Hitlersystem zu leisten. Günstige Umstände ließen es zu, daß er sich auf einem Lehrgang in der Verkehrsfliegerschule Warnemünde auszuzeichnen vermochte und eine Anstellung in der Nachrichtenabteilung des Reichsluftfahrtministeriums erhielt. Die Einblicke, die er hier in die Kriegsabsichten und Welteroberungspläne des deutschen Faschismus erhielt, aktivierten seine Widerstandsidee und ließen ihn bald Anschluß an Kommunisten und andere Hitlergegner finden. Seine neuen marxistisch-leninistisch gebildeten Freunde halfen ihm, aus seiner spontanen, mehr emotionell begründeten Ablehnung des Nazismus zu soliden, wissenschaftlich fundierten Positionen zu finden. Der zunehmende Einblick in gesellschaftliche Zusammenhänge veranlaßten ihn bereits 1938, der sowjetischen Botschaft interne Informationen über die Absichten der Faschisten in Spanien zukommen zu lassen. Jahre später, als Hitler-Deutschland die Sowjetunion überfallen hatte, war Harro Schulze-Boysen als aktiver Kundschafter für das Land des Sozialismus tätig.

Inzwischen hatte sich seine Widerstandsorganisation zu einer der größten des Zweiten Weltkrieges entwickelt. So hervorragende Köpfe des antifaschistischen Kampfes wie Dr. Arvid Harnack und John Sieg unterhielten ausgezeichnete Verbindungen zu Gruppen in Betrieben, aber auch bis hinein in das Oberkommando der Wehrmacht, das Propagandaministerium und andere Einrichtungen des faschistischen Staatsapparates. Auch zu ausländischen Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen gab es gut funktionierende Kontakte.

Ein Verbündeter von unschätzbarem moralischem Wert war für Harro Schulze-Boysen seine tapfere Frau Libertas. Die 1913 in Paris geborene Tochter aus adligem Hause war eine hochgebildete Frau, die für ihren Mann gefährliche Kurieraufträge übernahm und aus ihrer humanistischen Grundhaltung heraus dem faschistischen Regime Schaden zufügte, wo sie nur konnte. Als Harro Schulze-Boysen im August 1942, wenige Tage vor seinem 33. Geburtstag, festgenommen wurde, blieb es nicht aus, daß auch seine furchtlose Gefährtin in die Fänge der Faschisten geriet. Wie er wurde sie am 22. Dezember 1942 hingerichtet.

Der Gestapo war es gelungen, einen beträchtlichen Teil der Schulze-Boysen/Harnack-Gruppe aufzuspüren, der durch die Ermordung so hervorragender Antifaschisten wie Hans Coppi, Elisabeth und Kurt Schumacher, John Graudenz, Dr. Arvid Harnack, Ilse Stöbe und Adam Kuckhoff ein schwerer Schlag zugefügt wurde. Diese Patrioten, die für ihre Idee in den Tod gingen, gehörten zu den herausragendsten Vorkämpfern für einen friedliebenden deutschen Staat, der in der Deutschen Demokratischen Republik noch im selben Jahrzehnt Gestalt annahm.

Steffen Kastner, alias Helmuth Hellge


Die DEFA würdigte die Helden des antifaschistischen Kampfes 1971 mit dem Film "KLK an PTX - Die Rote Kapelle" (Regie: Horst-E. Brandt; Darsteller: Horst Drinda, Irma Münch, Horst Schulze, Klaus Piontek, Ursula Karusseit u. a.)

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"Erfolgsrezepte" aus Jena und Amsterdam

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena und die Universität Amsterdam haben jüngst gemeinsam zum Thema Arbeitslosigkeit geforscht und sind in ihrer Studie zu folgendem Ergebnis gekommen: Regelmäßige Kirchgänger leiden deutlich weniger unter Job-Verlusten als atheistisch Geprägte und gewöhnen sich auch schneller an ein Leben ohne Arbeit.

Der Analyse ist weiter zu entnehmen, daß die Betroffenen nach drei Jahren Arbeitslosigkeit fast genauso zufrieden mit ihrem Leben sind wie Arbeitende, wenn sie einmal wöchentlich eine Kirche, Moschee oder Synagoge aufsuchen. Der Glaube sei als Quelle für Trost und Zuversicht anzusehen.

Warum verbreitet man gerade jetzt diese Nachricht? Schließlich konnte die Bundesagentur für Arbeit Ende vergangenen Jahres eine offizielle Arbeitslosenquote von "nur" 6,1 % sowie einen Haushaltsüberschuß von 3,5 Milliarden Euro feiern. In den bürgerlichen Medien der BRD gab es indes auch Warnsignale: Die Integration der Flüchtlinge aus Syrien und anderen Nahoststaaten werde die Arbeitslosenquote 2016 ein ganzes Stück nach oben treiben, hieß es. Sicher waren sich die "Experten" aber noch nicht, ob das möglicherweise erst 2017 geschehen werde.

Plötzlich strömten - und übrigens nicht aus heiterem Himmel - mehr als eine Million Menschen durch die Tore der "Europäischen Union", wobei die meisten von ihnen ein klares Ziel hatten: die BRD oder "Germany". Sie kamen ausgerechnet in jenes Land, welches mit seinen immensen Rüstungsexporten ganz maßgeblich zur Destabilisierung des Nahen Ostens beigetragen hat. Und so griff wieder einmal das Verursacherprinzip!

Legt man bestimmte Kriterien zugrunde, dann scheint der BRD in absehbarer Zukunft die nächste große Krise ins Haus zu stehen. Führende Vertreter der deutschen Bourgeoisie dürften Bundeskanzlerin Merkel allerdings schon ihren Wunsch nach mehr "verwertbarem Humankapital" eingeflüstert haben. Nicht wenige von ihnen träumen dabei von der Untergrabung des Brutto-Mindestlohnes in der kärglichen Höhe von 8,50 Euro. Und ohnehin sollte aus deren Sicht endlich wieder mehr Druck auf Arbeiter und Angestellte ausgeübt werden können. Dazu aber bedarf es einer Überzahl vor den Firmentoren auf einen Job wartender Menschen.

So beißt sich die Katze in den Schwanz. Während sich die BRD-Kapitalisten an ihrer selbstgezüchteten Win-Win-Situation berauschen, stößt ihr Staat bei Wohnungsbeschaffung und Berufsausbildung für derzeit Asylsuchende an harte Grenzen, was dann endgültig einen kräftigen politischen Rechtsruck zur Folge haben wird. Dieser dürfte sich bereits bei den Landtagswahlen einstellen. Aktuelle Umfragen zur Stimmungslage auf Landes- und Bundesebene deuten bereits in diese Richtung.

Aber für all jene, welche in diesem Prozeß zusätzlich unter die Räder kommen sollten, halten die Universitäten Jena und Amsterdam ein wohl eher als Opium bekanntes Erfolgsrezept parat, womit die eigentliche Frage weiter ungelöst bleibt.

Rico Jalowietzki

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Von der "Kirche im Sozialismus" zur Hofkirche des Kapitals
Ein persönliches Bekenntnis

Immer wenn ich mir eine historische Kirche anschaue - und das tue ich sehr gern - ist das für mich eine Reise in die eigene Vergangenheit. Viele Jahre lang war ich kirchlich sehr engagiert. Heute mag es Menschen, die mich kennen, fast unglaublich erscheinen, daß es Zeiten gab, in denen ich sogar darüber nachdachte, Theologie zu studieren.

In meinem Elternhaus herrschte während meiner Kindheit und Jugend ein ziemlich kompliziertes Klima, und ich muß gestehen, daß mir auch die Atmosphäre in der Schule mit ihren zum Ritual gewordenen Lobgesängen auf den Sozialismus auf die Nerven ging. Wirklich offene und kritische Diskussionen gab es kaum, und wenn doch, wurden die Kritiker oder einfach auch nur jene, welche unwillkommene Fragen stellten, nicht selten gegängelt.

Da traf es sich gut, daß eines Tages der Sohn des neuen Pfarrers meiner Heimatstadt mein Mitschüler wurde. Zwischen uns entstand eine außergewöhnliche Freundschaft, die bis zu seinem viel zu frühen Tod vor wenigen Jahren anhielt.

Bald ging ich im Pfarrhaus aus und ein. Mich faszinierten die offene Atmosphäre, die vielen Bücher und die geistreichen Gespräche. Die Fragen und Probleme junger Menschen wurden ernst genommen.

Es gab keine vorgeschriebenen Treueschwüre, und ich hatte das Gefühl, daß ich hier mit Menschen zu tun hatte, die sich nicht einbildeten, die Wahrheit gepachtet zu haben. Es war ein tolerantes Haus. Die Pfarrersfamilie wie auch die evangelische Kirche in der DDR wurden für mich eine zweite Heimat.

Diese Kirche war nicht selten dem Staat gegenüber sehr kritisch eingestellt, doch hatte ich damals das Empfinden, daß sie im Grunde jene Kritik aussprach, welche nicht wenige Menschen bewegte. Warum werden Defizite nicht offen benannt? Wieso müssen sich unsere Medien in endloser Selbstbeweihräucherung üben? Warum werden Kritiker bedrängt, statt deren Kritik als helfend anzuerkennen? Warum wird der Umweltschutz so vernachlässigt? Diese und andere Fragen konnte man in der Kirche stellen. Hinzu kam die Angst vor einem großen Krieg.

Der Alltag in der DDR war oftmals stark von der Gegenwart des Militärs geprägt, was bei uns Angst auslöste. Schwerter zu Pflugscharen zu schmieden, erschien mir da vernünftig. Zur DDR selbst empfand ich nie Feindschaft. Ich wollte sie durchaus, nur offener, selbstkritischer, weniger verbohrt und nicht im Stechschritt. Auch meine Pfarrersfamilie, glaube ich, empfand so.

Als die DDR zusammenbrach, erlebte ich wie viele andere die Implosion ostdeutscher Hoffnungen und den Einmarsch eines arroganten westlichen Systems voller Defizite.

Zu den Enttäuschungen gesellte sich auch die, daß ich erleben mußte, wie die Kirche der DDR von der mächtigen Westkirche geschluckt wurde. Plötzlich war alles anders! Die arme, aber um einiges glaubwürdigere DDR-Kirche versank auf Nimmerwiedersehen mit all ihren Vorsätzen und Schwüren im Schoß der EKD. Ich aber, der ich damals sogar ihr Angestellter wurde, mußte erleben, wie viele ostdeutsche Würdenträger schlagartig die Kirche im Sozialismus beerdigten. Es winkten hohe Beamtengehälter und Privilegien. Endlich war man wieder ein hofierter Teil der Gesellschaft.

Ich spürte, daß so mancher Prediger nur darauf gewartet hatte, endlich wieder Hofprediger sein zu dürfen. Nun war man zu den Fleischtöpfen zurückgekehrt, wurde wieder als VIP (sehr wichtige Person) zu Großereignissen des sich christlich gebenden Staates gerufen, um diesen Segen zu spenden!

Ich wurde das Gefühl nicht los, daß es in der Kirche der DDR viele Amtsträger gab, denen es nie um Frieden, Bürgerrechte und die Umwelt gegangen ist. Für sie war das alles nur Vorwand, um in Wahrheit die privilegierte Staatskirche anzustreben. Die Bürgerrechtsheuchelei überdeckte den eigentlichen Antrieb, nämlich den Haß auf den Sozialismus. Hier wußte man sich mit den allermeisten der sogenannten Bürgerrechtler die Hände zu reichen.

Nach 1990 störte es die Kirche dann plötzlich nicht mehr, Teil eines Staates zu sein, der Kriege führt, und zu einem System zu gehören, das die Umwelt global zerstört.

War in der DDR jeder Bausoldat ein Politikum, so ist jetzt die Militärseelsorge eine Selbstverständlichkeit. Der verordnete Antikommunismus und der staatlich tolerierte Faschismus in unterschiedlichem Gewand scheinen kaum einem Würdenträger mehr den Schlaf zu rauben. Fühlt sich etwa jemand durch Rußlandhaß, Kriegspropaganda und Volksverdummung gestört? Wenn man finanziell zu fast 100 Prozent vom Staat alimentiert wird, ist Weggucken eben das 11. Gebot - oder sogar das Erste? Wo bleiben nun die Mahnwachen, die Friedensgebete und die Kanzelpredigten des Protests? Ist denn nirgends ein Dietrich Bonhoeffer in Sicht? Sind sie wieder da, die Deutschen Christen?

Ein in diese Richtung Tendierender sitzt im Schloß Bellevue. Vielleicht habe ich ihm sogar mal als Jugendlicher auf einem Kirchentag zugehört ... Heute wie damals beruft er sich auf jemanden, der Toleranz und Frieden predigte, während er selbst seinen eigenen Haß in die Welt trägt. Ich erinnere mich, daß mein Pfarrer die Bergpredigt als den vernünftigsten Friedensvertrag der Menschheit bezeichnete. Wenn sich aber ein Haßprediger auf deren Verkünder beruft, kommt mir das so vor, als würde sich ein Amokläufer auf die Unantastbarkeit des Lebens berufen.

Doch gerade solche Leute bringen es in diesem Staat mit ihren dem Zeitgeist angepaßten Biographien zu höchsten Weihen und Würden, nachdem sie die ehrlichen Biographien unendlich vieler aufrechter Menschen systematisch zerstört haben. Was ist das für ein Staat, wo falsch' Zeugnis reden zur Kardinaltugend wird?

Vielleicht, so dämmerte es mir später, war ja die Kirche im Sozialismus dem Ideal des christlichen Glaubens viel näher, als es die Kirchen im Kapitalismus je sein können. Und vielleicht hätte sich ein Jesus in ihr wohler gefühlt. Die Frage ist nur, ob die Kirchen in der DDR das überhaupt aufrichtig wollten ... Doch auch das sei gesagt: Keineswegs alle wurden zu Haßpredigern wie Gauck oder zu eitlen Opportunisten wie Eppelmann, dessen weiterer Lebensverlauf nach 1990 deutlich machte, daß ihn aus Schwertern geschmiedete Pflugscharen nie interessiert haben. Ich bin mir sogar sicher, daß es einigen kirchlichen Würdenträgern im nachhinein dämmerte, daß die Kirche im Sozialismus so falsch nicht gewesen sein kann. Laut zu sagen wagt es aber kaum jemand von jenen, welche 1989 die Bürgercourage anderer einforderten.

Mit der Kirche habe ich nach neun Jahren Dienst und noch länger währender ehrenamtlicher Arbeit gebrochen. Auch mein Glaube kam mir danach mehr und mehr abhanden. Dabei vermisse ich oftmals die Gemeinschaft, die ich zu DDR-Zeiten in der Kirche erlebt habe. Doch das ist Vergangenheit wie die DDR selbst.

Ulrich Guhl

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Als vier bewegte Jahrzehnte der DDR-Geschichte an meinen Augen vorüberzogen
Gedanken beim Betrachten von DEFA-Wochenschauen

Eigentlich wollte ich nur etwas mehr über das Jahr 1954 wissen, in dem ich geboren wurde. Damals sind wir nach Stalinstadt, wie Eisenhüttenstadt hieß, gezogen. Was sich im Land insgesamt zugetragen hat, wußte ich nicht und war deshalb neugierig. Irgendwo entdeckte ich den Jahrgang 1954 des DEFA-Augenzeugen und holte ihn mir in meinen Fernseher. Inzwischen besitze ich das Angebot dieser bisweilen atemberaubenden Filme von 1946 bis 1980. Tatsächlich kann ich keine Vokabel dafür finden, was sich mir da erschlossen hat. Das ist nicht nur ein reich bebilderter Geschichtsunterricht für später Geborene. Da sind auch meine Eltern mittendrin, und von den Schicksalen meiner Großeltern berichten mir fremde Menschen. So vermag ich zu erahnen, wie sich ein kaputtes Land 1945 angefühlt haben muß.

Mögen die ersten Streifen auch noch recht skizzenhaft erscheinen, so kommt die Frühzeit der DDR jedenfalls absolut ehrlich "rüber". Meinen Wilhelm Pieck habe ich als Lütte schon sehr gemocht. Otto Grotewohl erschien mir damals etwas reservierter, doch wenn ich mir jetzt Szenen mit ihm ansehe, muß ich mich revidieren und ihm nachträglich hohen Respekt erweisen.

Überhaupt: Wer kann sich heute noch vorstellen, daß sich ein Regierender an die Werkbank oder in den Kuhstall begibt, um Arbeiter oder Bauern danach zu fragen, wo sie der Schuh drückt! Der Enthusiasmus der Menschen, der mir da entgegenschlägt, kann nicht verordnet gewesen sein, waren es doch einfach zu viele. Natürlich bin ich von den Berichten aus meiner Heimatstadt begeistert und stolz auf deren Erbauer. Dort war ich ja eine Zeitlang mittendrin, wenn auch mein aktives Handeln erst später begann.

Was waren das für Sorgen der ersten Nachkriegsgeneration, und wie haben sie es angepackt, um aus dem Elend herauszukommen! Nun weiß ich auch, warum wir so um Frieden und Einheit gerungen haben. Allein das erhebt uns haushoch über die "Bauleute" des Staates der deutschen Kapitalisten. Und: Was wäre uns und der Welt erspart geblieben, wenn wir es geschafft hätten!

Im Osten wurden viele Betriebe zwar demontiert, aber man baute sofort etwas Neues auf: nicht um unliebsame Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen, sondern zum Nutzen der Menschen. Manchmal arbeiteten schon die Maschinen, obwohl die Werkhalle noch gar kein Dach besaß. Gebaut wurde in beiden Teilen Deutschlands. Doch Wohnungen für das arbeitende Volk waren "drüben" schon damals Mangelware. Bei uns wurden Menschen dafür prämiert, daß sie eine Arbeitsverbesserung oder Materialeinsparung ertüftelten, "drüben" ging es nur um Profit. Bei uns freute man sich über jeden neuen Kindergarten, weil dann die Muttis ihren verdienten Platz an der Seite der Männer einnehmen und arbeiten gehen konnten. Und man schickte Werktätige zur Kur oder für ganz wenig Geld in die Urlaubsheime der Gewerkschaften.

Da taucht meine Fibel plötzlich auf! Denn viel wird im "Augenzeugen" von den Schulen mit allem Drum und Dran gezeigt. Na, und wer über die ABF seinen Weg nahm, der weiß auch, unter wieviel besseren Bedingungen Arbeiter- und Bauernkinder nun ihr Wissen erlangen konnten.

Interessant waren für mich auch die recht zahlreichen Berichte über die Kirchen und deren Mittun in der Gesellschaft. Herrlich sind die Anfänge des Sports dokumentiert, als Fußballplätze noch Stoppelfeldern ähnelten und die Trainingshosen der Skispringer im Wind wedelten. Mit welcher Begeisterung feuerte das Publikum unsere Friedensfahrer oder Leichtathleten an, die in allmählich entstehenden neuen Sportstätten ihre Talente entwickeln konnten. Und was erfährt man alles über die Kultur, ob klassisch oder modern, über Maler, Schauspieler, Artisten und Volkskünstler aus dem eigenen Land oder von weither.

Wir lernten das Leben in den Sowjetrepubliken kennen und sahen, mit welcher Freude die Menschen dort damals ans Werk gingen, welche Achtung sie auf der ganzen Erde genossen und was wir ihnen zu verdanken hatten. Unsere volksdemokratischen Nachbarländer waren von der gleichen Aufbruchstimmung erfaßt. Wie erleichtert war man in Warschau, als der Vertrag über die Oder-Neiße-Friedensgrenze von Polen und der DDR unterzeichnet wurde.

Wie viele junge Nationalstaaten hatten damals den Mut, ihre Geschicke selbst zu bestimmen, wobei sie uns an ihrer Seite wußten. Im Irak bauten wir Teppichfabriken, unsere LKWs fuhren in zig ehemaligen Kolonien, Impfstoffe und Schulbücher gehörten zum Sortiment der Solidaritätsgüter. Alles, was wir taten, geschah ohne Fremdkredite und trotz des hohen Bedarfs in den eigenen Grenzen. Auch die "Augenzeugen"-Berichte über die Leipziger Messen und deren ständig wachsende Ausstrahlungskraft konnten sich sehen lassen.

Die DEFA sparte schließlich auch nicht mit Informationen über die Wühl- und Sabotagetätigkeit solcher Feinde des Neuen wie der "Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit", des "SPD-Ostbüros" und ähnlicher "Zentralen", was den Beweis dafür lieferte, daß die DDR ihrer Staatssicherheit dringend bedurfte.

Als ich dann den Augenzeugen 1/1975 über Portugals Nelkenrevolution - den einzigen Vorstoß von solcher Tiefe und Breite in Westeuropa - sah, freute ich mich, denn der Berichterstatter vor Ort war unser Klaus Steiniger, der heute noch so vielen die Augen für das Geschehen in der Welt öffnet.

Natürlich kann hier nicht auf alle Details eingegangen werden, handelte es sich doch um mehr als 40 Jahre Geschichte. Doch wir wußten, warum und wofür wir diesen Versuch wagten. Inzwischen liegen bereits wieder 25 harte Lehrjahre im zurückgekehrten Kapitalismus hinter uns. Vielleicht schämen sich so manche unterdessen ihrer damaligen Wegwerfmentalität und beklagen Verlorenes. Die Vereinigungsschreihälse von einst haben längst keine Konjunktur mehr.

Gut, daß ich mir die "Augenzeugen"-Serie gekauft habe, um mich noch einmal davon überzeugen zu können, daß die DDR mein Mutter- und mein Vaterland war. Ich habe meine Neugierde zu stillen vermocht. Den Sammlern jüngerer Generationen kann ich nur empfehlen, diese kostbare Edition zu erwerben. Möge ihnen dabei das Motto der DEFA-Wochenschau hilfreich sein: "Sehen Sie selbst, hören Sie selbst, urteilen Sie selbst!"

Cornelia Noack

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Große Zeiten in der Nalepastraße

Die Erinnerungen an die Anfänge des demokratischen Rundfunks im Nachkriegsberlin 1946 (RF 216, S. 16) berührten mich insofern, als sie ein für mich wesentliches Spotlight auf mein Geburtsjahr warfen und die Quelle freilegten, aus der ich zehn Jahre später meinen Berufswunsch schöpfte, den zu erfüllen ich ein weiteres Jahrzehnt danach im Funkhaus an der Nalepastraße von Berlin-Oberschöneweide im 130.000 qm großen Radio-Heiligtum begann. Wie ein Flaggschiff vor Anker ragt der fünf Etagen hohe und bestimmt 250 Meter lange Baukörper des Block A, dem Architekt Franz Ehrlich und sein Team einen Turm mit acht Stockwerken an die Spitze gesetzt hatten, aus dem Areal heraus. Seit 1952 bildete er mit dem für qualitativ hochwertige Musik- und Hörspielproduktionen gedachten Block B das Herz aller überregionalen Radioprogramme der DDR.

Bis dahin wurden unter sowjetischer Führung in der Vier-Sektoren-Stadt die Programme vom alten Funkhaus an der Masurenallee (einst: "Großdeutscher Rundfunk") ausgestrahlt. Das konnte über kurz oder lang aber nicht gutgehen. Britisches Militär riegelte das Funkhaus Masurenallee mit Drahtverhauen ab und postierte seine Kontrollen rundherum, so daß die Belegschaft quasi eingesperrt war. Die DDR-Sender sollten verstummen. Trotzdem machten sie unerschrocken weiter.

Als ich am 1. September 1965 erstmals den Block A in der Nalepastraße betrat, war all das bereits Legende. Zwei lebende Legenden erwarteten mich indes in der Chefredaktion des Deutschlandsenders an einem mächtigen Konferenztisch aus massiver Eiche. Das waren der damalige Chefredakteur Georg Grasnick (heute Prof. Dr. und ständiger "RotFuchs"-Autor), der damals erst seit kurzer Zeit wieder auf freiem Fuß leben durfte, nachdem man ihn in Westdeutschland unter fadenscheinigen Vorwänden wegen seiner journalistischen und politischen Tätigkeit für den Sender ins Gefängnis geworfen hatte. Zum anderen Kurt Goldstein, damals stellvertretender Chefredakteur, vormals Kämpfer der Internationalen Brigaden in Spanien.

Er hatte das KZ Auschwitz und den Todesmarsch nach Buchenwald überlebt und beschrieb sich selbst als kommunistischen Juden, jüdischen Deutschen und deutschen Kommunisten. So war er die leibhaftige Personifizierung des Leitbildes eines Patrioten und proletarischen Internationalisten. Kurt war vor allem auch eine Seele von Mensch.

Solange es ihn gab (er starb im September 2007) wurde er nicht müde, die aus eigenem Erleben gewonnenen Erfahrungen als Mahnung und Warnung unter das Volk zu bringen sowie als tief verinnerlichte Überzeugung auf seine Mitarbeiter zu übertragen: "Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!"

Die beiden Leiter blickten heiter auf mich, den Kandidaten. Sie freuten sich wohl einfach, endlich jemanden in ihrem Arbeitsbereich zu wissen, der weder durch Hunger, Fliegeralarm und Artilleriebeschuß für sein ganzes Leben geprägt noch aus den geistigen Ruinen überwundener Zeiten aufzuerstehen genötigt war. Eine ganze Menge Hoffnung lag in ihrem Blick, daß die "46er Nachkriegsproduktion" wertvolle "Friedensware" werden könne.

Haben wir diese Hoffnungen erfüllt?

Sendungen - hier eine willkürliche Auswahl - wie "Dem Frieden die Freiheit", "Alte Liebe rostet nicht", "Was ist denn heut' bei Findigs los?", Straßenbekanntschaften", "Unser Land - unser Leben", "Hey, hey, hey - Sport an der Spree", "Wir über 60" und "Hallo - das Jugendjournal" markieren ein Generationen-Radio, das es verdient, von der Quelle bis zur Mündung in Erinnerung gerufen zu werden.

Torsten Preußing, Berlin

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Ist der "Plan B" auch etwas für Kommunisten?

Im Januar und Februar trafen sich führende Politiker linker Parteien in Paris und Madrid, um über eine Strategie zur Bekämpfung der Austeritätspolitik in Europa zu beraten. Dabei stellten sie ihre neue Plattform und Aspekte des "Plans B" vor. Initiatoren waren Oskar Lafontaine (PDL), Jean-Luc Mélenchon (Frankreichs Parti de Gauche), Zoi Konstantopoulou (Syriza-Abspaltung Laiki Enotita) und Lola Sánchez (Podemos/Spanien). Thematisiert wurde die Erarbeitung von "realistischen Vorschlägen zur Wiederherstellung der Demokratie, der Menschenrechte und sozialer Gerechtigkeit in Europa". In Paris wurde angeschlagenen "Peripherieländern" der Austritt aus der Eurozone empfohlen, falls linke Regierungsmehrheiten dies zuließen. In den länderübergreifenden Widerstand gegen das "neoliberale System" sollten Sozialisten, Kommunisten und andere Linke ungeachtet bestehender Meinungsunterschiede einbezogen werden.

Der neue Diskussionsprozeß - Ausdruck weiterhin schwelender Differenzen innerhalb linker Parteien Europas über eine richtige Positionierung zu Euro und EU - kam auf Initiative des griechischen Ex-Finanzministers Yanis Varoufakis zustande.

Vor Illusionen sei indes gewarnt: Ein Austritt aus der Eurozone und die Rückkehr zu nationalen Währungen machen unter kapitalistischen Voraussetzungen wenig Sinn. Sollte dies überhaupt möglich sein, wäre die Macht des Kapitals damit nicht gebrochen. Auch eine "Rückkehr zu sozialer Gerechtigkeit und Demokratie" kann es in der EU schon deshalb nicht geben, weil solche Kategorien in deren Rahmen noch nie existiert haben. Die EU ist ein imperialistisches Konstrukt zur Festigung der Kapitalmacht in den Mitgliedsstaaten. Solange das privatkapitalistische Eigentum an den Produktionsmitteln nicht überwunden ist, bestehen die Fundamente kapitalistischer Macht weiter. Es bedarf einer sozialistischen Perspektive für Europa.

Florian Adler, Limburgerhof

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DKP beendete ihren Beobachterstatus in der ELP

Bei der zweiten Beratung ihres 21. Parteitags hat die DKP in Kassel eine weichenstellende Entscheidung getroffen. 99 Delegierte des marxistisch-leninistischen Flügels stimmten für die Aufhebung des 2005 durch den damaligen Parteivorstand beschlossenen Beobachterstatus in der Europäischen Linkspartei (ELP). Bei dieser Formation handelt es sich um eine von der EU in diesem Jahr mit fast 1,6 Mio. Euro subventionierte Partei, der überwiegend sozialistisch oder sozialdemokratisch orientierte Parteien angehören. Es wurden 52 Gegenstimmen abgegeben, 6 Delegierte enthielten sich. Der Parteitag beschloß darüber hinaus eine Prüfung der Frage, ob es sich bei den Aktivitäten der Minderheitsgruppierung Jürgensen/Mayer um organisierte Fraktionsarbeit handelt.

RF

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Gysi und Schorlemmer: Was bleibt von der DDR?
Fragen ohne Antworten

Vor einiger Zeit las ich Gregor Gysis und Friedrich Schorlemmers Buch "Was bleiben wird". So lautet der Titel der beiden sich philosophierend gegenseitig hochschaukelnden Herren, moderiert von H. D. Schütt. Für mich und meine Familie im weitesten Sinne sowie für Millionen ihrer ehemaligen Bürger ist das Erlebnis DDR mehr als das, was dieses Buch beherrscht. So kann ich wesentliche Aussagen nicht einfach wegstecken. Ich bin mir bewußt, dafür von einigen mit dem heute üblichen Klischee "Betonkopf" belegt zu werden.

Es verwundert schon, daß bei einer Bilanz der DDR deren weltweit anerkannter Friedenspolitik nicht der gebührende Platz eingeräumt wird. Selbst dem Moderator scheint das kaum aufgefallen zu sein, was mich in diesem Falle nicht verwundert. Die übliche Ausrede "staatlich verordnet" zieht hier nicht.

Auch das heutige Kriegsgeschrei ist staatlich verordnet und wurde dem Bundesbürger gleich nach dem "Beitritt" der DDR unter dem Deckmantel "gewachsener Verantwortung" eingetrichtert. Dabei stört es die Regierenden nicht, daß rund 80 % der Deutschen gegen Kriege sind. Wenn der Sozialismus nicht mehr als die 40 Jahre Frieden in Europa zustande gebracht hätte, wäre allein damit seine Existenz bereits voll gerechtfertigt.

Die DDR war noch kein Jahrzehnt Geschichte, da zerbombte die BRD "in Wahrnehmung ihrer gewachsenen Verantwortung" im Verbund mit der NATO Jugoslawien: Einige Jahre später verlor sie gemeinsam mit dieser in Afghanistan den ersten Krieg seit Staatsgründung. Weitere Bundeswehreinsätze in Afghanistan, Syrien und Mali lassen neue Niederlagen erahnen. Das US-Kommando Africom leitet von deutschem Boden aus seine Drohnenangriffe. Das "Weißbuch der Bundeswehr" für 2016 läßt neues Unheil erahnen.

Auch solche historischen Errungenschaften wie die Brechung des Bildungsprivilegs der Reichen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, gleicher Lohn für gleiche Arbeit durch Zerschlagung der Macht der Monopole stoßen in diesem Buch eher auf Spott und Häme.

Der Pastor beschreibt das Spannungsfeld, welches zwischen oben und unten, Glück oder Unglück in dieser Gesellschaft entscheidet. Schorlemmer meint: "Du bist ein armer Hund, aber die Krone der Schöpfung." Er glaubt, der Mensch müsse das aushalten und durchleben. Gerade er aber sollte wissen, daß eine Gesellschaft nicht nur aus Starken besteht. Auch Schwache haben ein Recht auf ein Leben in Würde und materieller Absicherung. "Zuckererbsen für jedermann", forderte Heinrich Heine.

An einer Stelle beschwert sich Schorlemmer darüber, daß ihm einst seine Mitschüler die Kreuzzüge und Hexenverbrennungen vorgehalten hätten. Und wie war das mit der Ausrottung ganzer Völker und den vielen im Namen Gottes geführten Kriegen? Oder den zwei zuvor priesterlich gesegneten und dann über Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben?

Schorlemmer meint, die Arbeiterbewegung habe strukturelle Fragen gestellt, das Christentum aber gehe von der Veränderungsbedürftigkeit des einzelnen aus. "Verändere dich und du veränderst die Welt!" Die Antwort auf die Frage nach der Struktur hat immerhin einen 40jährigen Friedensstaat auf deutschem Boden hervorgebracht. Kaum waren er und Staaten seinesgleichen Geschichte, gab es in Europa wieder Krieg, die politische und ökonomische Erpressung Schwächerer. Und der oberste Feldprediger ist sogar Bundespräsident.

Seit mehr als 2000 Jahren verändern sich die Menschen, wie sie glauben, zum Besseren. Hat sich dadurch die Welt verbessert? Viele wollten das tatsächlich erreichen. Ich kenne nur wenige, die sich so zum Negativen verändert haben wie der Moderator dieses Gesprächs.

Es liegt mir fern, die christliche Religion zu diffamieren. Sie hat der Menschheit Großes gegeben. Aber hat der christliche Glaube in der BRD tatsächlich etwas zum Guten gewendet? Als Kind des Kalten Krieges entstanden, spielt sie diese Rolle noch immer. Die DDR-Bürger kamen aus einem überwiegend von Atheisten geführten Staat in die angeblich von christlicher Verantwortung geleitete BRD. Heißt es nicht in der Präambel des Grundgesetzes: "Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott ...?"

Verantwortung aber wird nach dem "Beitritt" der DDR zunehmend militärisch definiert. Dafür hat Bundespräsident Gauck - ein Prediger Gottes - bei seinem Antrittsbesuch in der Hamburger Universität der Bundeswehr im Jahr 2012 und auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2014 maßgeblich die Weichen mit gestellt.

Wo die beiden Interviewten etwas Positives über die DDR aussagen, findet sich fast immer ein "Ja, aber". Gysi benennt deren aus Sicht der Autoren wenige positive Seiten, so die Stellung der Frauen und die Polikliniken.

In "Wendetagen" sprach er einmal von einer modernen Gesellschaft, in welche die DDR-Bürger mit dem "Beitritt" gelangten. Sicher kennt er die Worte eines unserer Klassiker, daß die Reife einer Gesellschaft an der Stellung der Frau in dieser zu messen sei. Trotz verordneter Quote in einigen Bereichen liegt man da in der BRD noch meilenweit zurück. "Ich kann nicht an die Wende denken, ohne das Heute mit in Betracht zu ziehen. ... Das Ergebnis ist deprimierend", sagte die populäre Schauspielerin Walfriede Schmidt.

Was habe ich mir eingetauscht? Die BRD ist ein schönes Land mit überquellendem Wohlstand für einen Teil der Gesellschaft. Sie führt entgegen ihrem Grundgesetz Angriffskriege. Sie ist keine Demokratie im Sinne von Volksherrschaft, sondern eine marktkonforme Diktatur der Bourgeoisie. In der Handhabung der Flüchtlingsfrage offenbart die CDU/CSU/SPD-Regierung ebenso ihre Unfähigkeit wie bei der Beherrschung von Rassismus und Neofaschismus. Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, stehen hierzulande vor brennenden Unterkünften. Wann werden es Synagogen und Moscheen sein?

In einigen Passagen des Buches wird sichtbar, daß es für Schorlemmer nichts gibt, was ihm "die DDR im nachhinein angenehmer machen könnte". Aber er besteht auf dem "Denken und Fühlen bestimmter Ideen, die mit der Existenz dieses Systems verbunden waren und mit dessen Verschwinden nicht aus der Welt sind".

Kann ein so gebildeter Mann derart naiv sein zu glauben, ausgerechnet die heutige Gesellschaft sei dazu imstande, diese Menschheitsideale einzulösen! Eine groteske Vorstellung!

Ich habe die BRD nie für besser gehalten, als sie heute ist. Daraus ergaben sich meine Ängste vor dem Verschwinden der DDR. Im Bewußtsein vieler Menschen wird mehr von ihr bleiben, als die beiden Autoren und ihr Moderator erkennen wollten.

Ich kann das Buch niemandem empfehlen, will er nicht sein Geld zum Fenster hinauswerfen.

Harry Pursche, Leipzig

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RF-Extra

Zur Lage nach den jüngsten Sejm- und Senatswahlen in Polen
Die rechte Flut steigt an

Mit den Wahlen zum Sejm und zum Senat, die am 25. Oktober 2015 stattfanden, endete in Polen ein Wahlmarathon ohnegleichen. Fünfmal nacheinander waren die Bürger zu den Urnen gerufen worden - Ergebnis: Die politische Bühne des Landes und seine Parteienszenerie haben sich drastisch verändert.

Im Mai 2014 war das Europaparlament gewählt worden. Unter den polnischen Abgeordneten erhielten zwei das System tragende Parteien - die neoliberale Bürgerplattform (PO) unter Führung ihres damaligen Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Donald Tusk (er leitet derzeit den Europarat) und die konservativ-katholische Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) von Jaroslaw Kaczynski - eine deutliche Mehrheit. Je vier Mandate gingen an die sozialdemokratische SLD und die faschistoide Partei der Neuen Rechten unter Korwin. Auf die negativ gewandelte polnische Bauernpartei entfielen drei Sitze.

Im November 2014 standen dann Kommunalwahlen an. Diese erbrachten annähernd ähnliche Resultate wie die Europawahlen. Gewinner waren PO und PiS. Beide Parteien waren ursprünglich aus der gegen Volkspolen in Stellung gebrachten reaktionären Gewerkschaft "Solidarnosc" hervorgegangen. Seit dem Sieg der Konterrevolution ringen sie hart miteinander um die Macht. Die Arbeiter und die Werktätigen, denen sie einst zu dienen vorgaben, haben sie längst vergessen. Sie erfreuen sich der Unterstützung des inneren wie des ausländischen Kapitals sowie der Hilfe seitens der Europäischen Union, der USA, der NATO und des katholischen Klerus.

Im Mai 2015 fanden dann Präsidentschaftswahlen statt. Mit einem Vorsprung von einer halben Million Stimmen gewann der PiS-Kandidat Dr. Andrzej Duda. Sein Sieg war ein Vorbote kommender Ereignisse, erlitt doch die PO wenig später eine schwere Niederlage. Damit hat die PiS die politische Initiative im Land übernommen.

Im September 2015 erfolgte in Polen eine Volksbefragung (Referendum). Der damalige Staatspräsident Bronislaw Komorowski sah darin ein politisches Mittel zur Stärkung seiner Position im bevorstehenden Wahlkampf. Die drei Fragen des Referendums waren politisch unwichtig. Die Folge: Nur 7,6% der Wahlberechtigten nahmen an der Abstimmung teil. In Polen spielt enorme Wählerabstinenz seit längerem eine große Rolle.

Nur eine Minderheit der Wähler - weniger als 50% - beteiligt sich an Abstimmungen. Die Präsidentenwahl bildete insofern eine Ausnahme: Hier gingen 60% der Aufgerufenen zu den Urnen, während bei Kommunalwahlen nur 30 bis 40% der Polen von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Bei der Europawahl 2014 lag deren Anteil sogar noch darunter und betrug lediglich 23 bis 24%.

Nach meiner Meinung verbirgt sich hinter dem Verzicht auf Ausübung des Wahlrechts die große Enttäuschung der werktätigen Mehrheit, insbesondere der Arbeiterklasse des Landes. Der Nebel scheinheiliger Versicherungen von "Solidarnosc" und der Volksverräter aus den Reihen der PVAP-Revisionisten/-Reformisten ist inzwischen der Erkenntnis gewichen, daß es sich bei dem derzeitigen System in Polen keineswegs um "demokratischen und menschlichen Kapitalismus" handelt. Der Lebensstandard des Proletariats, von Millionen Arbeitslosen, Emigranten und besonders jungen Leuten ist radikal abgesunken. Die Folge besteht in Wahlverweigerung.

Die letzte Etappe des Abstimmungsmarathons bildeten dann die Parlamentswahlen im Oktober 2015. Die politische Bühne wurde einmal mehr von den beiden großen Parteien PO und PiS beherrscht. Auch die unter polnischen Verhältnissen als links geltende SDL, die Bauernpartei PSL und neue politische Subjekte spielten eine Rolle.

Unter diesen befand sich die Bewegung "Kukiz-15", die den Namen ihres Führers Pawel Kukiz trägt. Hinzu kamen Die Moderne (M) und die neue Linksgruppierung Razem (Zusammen), die sich als linke Sozialdemokratie versteht. Übrigens ist Kukiz kein Neuling in der Politik und überdies ein alter Rocker. Er kam bei der Präsidentenwahl auf drei Millionen Stimmen und eroberte damit den dritten Platz. Kukiz fordert einen "radikalen Wechsel". Seinen Anhang trifft er auf Rock-Bühnen. Er gibt sich als scharfer Kritiker des Systems aus und fordert Veränderungen sowie eine neue Verfassung. Sein Motto lautet: "Mein Herz schlägt für die Linke, aber gegen die Kommunisten. Ehren wir alle, die bis 1989 in Polen gegen sie gekämpft haben."

Kukiz schätzt T-Shirts mit dem Symbol der polnischen Nazis (NSZ - Nationale Wehrmacht). Seine Hauptlosung war die Forderung nach einem "Wahlmehrheitssystem", das eine "echte nationale Führungskraft" schaffen sollte. Er erhielt starke Unterstützung von Jugendlichen und Arbeitslosen, die politisch unwissend sind und durch Nationalisten gesteuert werden. Dabei besitzt er gar kein echtes Partei- und Wahlprogramm. Sein Lieblingsslogan lautet: "Ich bin gegen Systeme. Das System muß verändert werden." In Wirklichkeit sind er und sein Führungskern aber scharf nationalistisch, autoritär und faschistoid. Bei der Sejmwahl kam Kukiz auf 43 Mandate. Seine Abgeordneten unterstützen die regierende Rechtspartei PiS.

Die unter dem Firmenzeichen "Die Moderne" agierende Partei von Ryszard Petru folgt den Orientierungen der liberalen Großbourgeoisie und des Monopolkapitals. Ihr geistiges Hinterland schuf Leszek Balcerowicz, ehemaliger Stellvertreter des Ministerpräsidenten und Finanzminister. Dabei handelte es sich um die erste nichtkommunistische Regierung unter Mazowiecki (1989-1993).

"M" wird durch Großbanken, Unternehmen des Auslandskapitals und wesentliche Teile der gehobenen Bourgeoisie Polens unterstützt. Ihre Gründung war deren Antwort auf die bereits erkennbare Schwächung der durch sie favorisierten PO. Sie wird durch die einflußreiche Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" gefördert.

"M" verkündet: "Wir sind ganz neu und haben nichts mit den Fehlern und politischen Krisen der Vorgänger zu tun." Ihre Führer sind politisch-ideologisch gut vorbereitet und verfügen über reichliche Mittel. Während zunächst nur eine Zentrale bestand, hat der Aufbau territorialer Strukturen begonnen.

Das Feld der polnischen Parteien wird - wie bereits erwähnt - durch die Gruppierung von Janusz Korwin ergänzt. Diese gibt sich "superliberal", tritt aber zugleich auch mit faschistoiden Losungen auf. Einer ihrer Slogans lautet: "Wir gehen nach Brüssel, um diesen Puff zu zerschlagen." Das hat ihr immerhin vier Mandate im Europaparlament eingebracht. Zuspruch erhält sie von ausländischen Euro-Gegnern und Euro-Skeptikern, die in Brüssel inzwischen 30% ausmachen. Bei den Parlamentswahlen konnte diese Partei die Fünfprozenthürde allerdings nicht überspringen.

Die KP Polens stellte keine eigene Liste auf. Ihre Mitglieder und Sympathisanten boykottierten die Wahlen oder unterstützten andere linke Kräfte. Die politisch-organisatorische Situation der Partei ist als kritisch zu beurteilen. Seit zwei Jahren läuft gegen sie ein Strafverfahren mit der Bezichtigung, sie propagiere den "Totalitarismus", was nach Artikel 256 des polnischen Strafgesetzbuches als Verbrechen gilt.

Die kleinbürgerliche Linke hat sich in Polen seit 27 Jahren durch Bündnisse mit linksdemokratischen Kräften, in letzter Zeit mit der neuen Partei Razem, herausgebildet.

All diese Parteien scheiterten an den Fünf- und Acht-Prozent-Hürden. Zum ersten Mal seit 27 Jahren verfügen sie über keine Sitze mehr im Parlament. Der Revisionismus, Opportunismus und der Verrat an den Interessen der Arbeiterklasse, die mit dem Entstehen und der Entwicklung der PVAP-Nachfolgepartei SDL verbunden waren, haben zu diesen bitteren Ergebnissen geführt. Die nacheinander von Ex-Präsident Alexander Kwasniewski, Ex-Ministerpräsident Leszek Miller und Ex-Parlamentspräsident Marek Borowski geführte SDL ging vom sozialdemokratischen Flügel der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei aus. Die beiden Erstgenannten waren Mitglieder des Politbüros der PVAP. Beim Untergang Volkspolens bezeichneten sie die Grundlagen der "Nachfolgepartei" als "demokratischen und menschlichen Kapitalismus". Die Mehrheit der einstigen Mitglieder und Sympathisanten dieser Partei erklärte dazu: "Nicht in unserem Namen! In Polen muß sich eine neue Linke formieren."

Die Parlamentswahl war Grundlage für eine genauere Bilanz: Seit Jahren ist in Polen eine Verringerung der Bevölkerungszahl festzustellen. Seit 1989 sank sie von 40 auf 37,5 Millionen. Diese Situation wurde vor allem durch eine starke Emigrationswelle verursacht. Millionen chronisch Arbeitslose, von Armut und Obdachlosigkeit Betroffene (im Winter erfroren Hunderte), haben Arbeit in England, Irland, Skandinavien, der BRD und anderswo gesucht. Weitere Nägel zum Sarg sind derzeit die Krise in den Beziehungen zu Rußland und der faschistische Putsch in der Ukraine sowie die von der EU über Moskau verhängten Sanktionen. Dadurch erlitt der polnische Außenhandel, besonders mit Agrarprodukten, Verluste in Milliardenhöhe. Die meisten Kleinproduzenten haben ihre alten Märkte verloren.

Zugleich erfolgte eine zahlenmäßige Dezimierung der Arbeiterklasse, vor allem im Maschinenbau sowie in der chemischen, der Bau- und der Textil-Industrie. Diese Zweige wurden faktisch liquidiert, die Mehrheit der Arbeiter wurde entlassen. Früher dort Beschäftigte vegetieren an der Grenze des biologischen und sozialen Existenzminimums. Mehr als 50% der polnischen Bevölkerung beziehen derzeit Niedriggehälter.

Ideologisch und teilweise auch politisch befinden sich große soziale Gruppen unter dem Einfluß des katholischen Klerus. Andere stehen unter dem Zepter der reaktionären Gewerkschaft "Solidarnosc" und der rechtssozialdemokratischen Gewerkschaftszentrale OPZZ. Der öffentlichen Meinung zufolge sind jedoch die bürgerlichen Parteien schuld an der Misere.

Derzeit ist Polen ein riesiger Markt mit billigen Arbeitskräften. Manche Betriebe wurden zu reinen Montagefirmen für große Konzerne wie Volkswagen, Bosch und Whirlpool umgestaltet. Der polnische Wirtschaftsraum ist unter Konzernen und Banken der BRD, der USA, Frankreichs, Italiens und anderer Länder aufgeteilt. Wirtschaftlich-politischer Nachfolger dieser neuen polnischen Teilung ist nur dem Namen nach die nationale Bourgeoisie.

Die führende Rolle spielen neue Kompradoren, Diener und Lakaien fremder Mächte. Wie in einstigen Kolonien werden sie gut finanziert und bezahlt.

International wurde Polen, das seit 1999 der NATO angehört, bisher von der Bürgerplattform (PO) repräsentiert. Sie unterhält enge Bindungen an die Europäische Union, den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank.

Im Ergebnis der PO-Wahlniederlage ist Kaczynskis PiS ans Staatsruder gekommen. Sie will den Spuren Viktor Orbans in Ungarn folgen, dessen Regime autoritär, faschistoid und teilweise sogar offen faschistisch ist. Die PiS verfügt im Sejm über eine absolute Mehrheit der Mandate (50% plus 5), was aber nicht für eine Verfassungsänderung ausreicht. Dazu bedarf es einer Zweidrittelmehrheit (67%). In beiden Kammern des Parlaments sind das 307 Sitze.

Die PiS verstärkt derzeit ihre Positionen in den örtlichen Organen, besonders den Wojewodschaften, wo noch die alten Koalitionen unter Einschluß der PO am Ruder sind. Es ist möglich, daß die PiS das Ergebnis der letzten Regionalwahlen vor zwei Jahren für ungültig erklärt und eine Verkürzung des Vierjahreszyklus durch Neuwahlen erzwingt.

Die politische Situation in Polen bleibt also weiterhin äußerst instabil. In den nächsten vier Jahren ist ein enormer Druck von rechts zu erwarten, der von Nationalisten, Kryptofaschisten und dem katholischen Klerus ausgeht. Natürlich ist auch Demagogie mit im Spiel. Die PiS-Regierung verspricht, sich für die Behebung der Nöte armer Leute und Kinderreicher einzusetzen. Jungen Familien stellt sie billigen Wohnraum in Aussicht. Das Rentenalter soll herabgesetzt, die Preise für Medikamente sollen subventioniert werden. Dazu brauchte man allerdings Hunderte Milliarden Zlotys, fast ein doppeltes Staatsbudget. Doch Polens Kassen sind leer.

Über unserem Land schwebt die Drohung einer massiven Einschränkung der Bürgerrechte und eine Serie von Strafprozessen wie im Nachbarland Ukraine. Doch die Gefahr geht weit darüber hinaus. In der BRD werden Faschisten immer dreister. In Frankreich sammeln sie sich keineswegs nur in dem weiter erstarkenden Front National. Rechte Kräfte marschieren massiv in Österreich auf. In der Ukraine haben Faschisten, Bandera-Leute und Kryptofaschisten vor zwei Jahren im Putsch gesiegt und das Land mit dem Feuer des Bürgerkrieges überzogen. Die KP ist verboten. Die rechten Herren in Kiew werden von angeblich demokratischen Instanzen der USA und der EU unterstützt, natürlich auch durch alle polnischen Rechtskräfte.

Der Klassenkampf verschärft sich enorm. Die KP Polens muß unter den geschilderten Bedingungen ihren Widerstand gegen den Kapitalismus organisieren. Standzuhalten ist derzeit ihre wichtigste Aufgabe.

Prof. Zbigniew Wiktor, Wroclaw

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Zuversicht in der Zelle

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Die Bildserie von Herluf Bidstrup wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Ende RF-Extra

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Bernie Sanders - die Sensation im USA-Wahlkampf 2016
Ein linker Kandidat sorgt für Furore

Weder Hillary Clinton, die von der Demokratischen Partei an der mehr oder weniger kurzen Leine des Kapitals ins Rennen geschickte Spitzenfrau, noch der durch die rechtesten unter den rechten Republikanern präsentierte großmäulige Milliardär Donald Trump sorgten bei den diesjährigen USA-Vorwahlen für eine Sensation. Bernie Sanders, der in Brooklyn eine Dreieinhalbzimmerwohnung für sich beanspruchende parteipolitisch unabhängig gebliebene linke Senator aus dem kleinen Ostküstenstaat Vermont, hat es hingegen weiter als von den meisten erwartet gebracht.

Wer ist dieser Mann, der es als erster unabhängiger Kandidat auf die Liste der Democratic Party geschafft hat und sich als Sozialist bezeichnen darf, ohne seinen sofortigen Absturz befürchten zu müssen? (Bei dem Wort Sozialist handelt es sich um einen Terminus, der seit McCarthys antikommunistischen Hexenjagden in den 50er Jahren von keinem Kandidaten, sieht man von leider chancenlosen kommunistischen Bewerbern ab, jemals in den Mund genommen worden wäre.) So wälzten Millionen stimmberechtigte Amerikaner ihre Lexika, um in Erfahrung zu bringen, welche soziale Sprengkraft das von Sanders in die Schlacht geführte Wort eigentlich birgt.

Der seit Jahrzehnten dienstälteste unabhängige Amtsinhaber in einem der 50 USA-Bundesstaaten war bis vor kurzem für die bürgerliche Weltpresse ein unbeschriebenes Blatt. In den Medien der Vereinigten Staaten ist er seit Januar der fast am häufigsten erwähnte Bewerber um einen Einzug in das Weiße Haus.

Was hat dazu geführt? Im ersten Monat des Wahljahres 2016 gelang es Bernie, wie er inzwischen von seinen Anhängern genannt wird, bei den Vorwahlen in New Hampshire die hoch favorisierte Hillary Clinton um Haupteslängen zu schlagen. Obwohl seine Gesamtchancen in einem Land wie den USA recht gering sind, übernahm er auch in einer Reihe anderer Bundesstaaten - Meinungsumfragen zufolge - die Position des "Frontrunners".

Während sich auf Hillary Clintons Kampagnekonto den Wählern durch Monopole und Banken aus der Tasche gezogene Millionenbeträge häufen, kann Sanders - wie einst Barack Obama - mit der Unterstützung von über einer Million Kleinsparer aus seiner Anhängerschaft rechnen. Diese besteht vor allem aus Angehörigen der Mittelschichten, Akademikern und Studenten, aber auch zahlreichen Arbeitern.

Als sich herausstellte, daß Afroamerikaner derzeit noch mit deutlicher Mehrheit zum Clinton-Lager gerechnet werden müssen, ernannte Sanders flugs einen Schwarzen zum Stabschef seiner Kampagne. Er weiß indes um die Achillesferse seiner Unterstützerbasis.

Versuchen wir etwas mehr über jenen Mann in Erfahrung zu bringen, der von den Lesern des keineswegs linker Sympathien verdächtigen Nachrichtenmagazins "Time" zur eine Titelseite schmückenden "Person des Jahres 2015" auserkoren wurde.

Bernie Sanders sei kein Freund von "Bullshit" liest man in Belgiens linker Monatsschrift "Solidaire", sondern ein Mann klar umrissener Positionen. Dafür spricht auch die Tatsache, daß er seit Bekanntgabe seiner Kandidatur allen Verlockungen zum Trotz unbeirrbar ein Unabhängiger geblieben ist, wenn auch auf der Liste der Demokraten. Bernie neigt keineswegs zu Überschwenglichkeiten. "Die Revolution ist nicht möglich, selbst wenn man mich gewählt hat, solange nicht Millionen Menschen aktiv in den politischen Prozeß eingreifen", bewahrte er Nüchternheit.

Doch auch im Rahmen kapitalistischer Verhältnisse könnte in den USA einiges bewegt werden, wenn man die Dinge beim rechten Namen nennt. Sanders verkündete stets dieselbe Botschaft: Er stehe gegen die Herrschaft der Wallstreet-Bankiers und bekämpfe "schreiende soziale Ungleichheit". Das Establishment aus beiden großen Parteien, gleich ob Demokraten oder Republikaner, diene vor allem den Interessen der Reichen. Mehr als das: Seit den 80er Jahren habe in den USA eine weitere Umverteilung zugunsten der Superreichen auf Kosten der Mittelschichten wie der Armen stattgefunden.

In diesem Zusammenhang propagiert Sanders das "skandinavische Modell eines demokratischen Sozialismus". Dieser Begriff bedeutet in Europa für Linke sicher nicht viel, aber in einem Land, in dem es nicht einmal eine etablierte Sozialdemokratie gibt, doch allerhand. Bemerkenswert ist auch die Verwendung des Klassenbegriffs durch Sanders, der - Trump im Auge - oftmals von der "Klasse der Milliardäre" spricht.

Noch einiges zur Person dieses ehrenhaften Kandidaten: Der 74jährige "ging" schon als junger Mann "in die Politik", deren bürgerliche Interpretation er an der Chicagoer Universität studiert hatte. Die 60er Jahre sahen ihn als Teilnehmer am "Marsch auf Washington" in den Reihen der Anhänger Martin Luther Kings. Ein Jahrzehnt später bewarb er sich an Vermonts Verwaltungssitz Burlington - dem zeitweiligen Refugium einstiger Hippies - wiederholt um den Bürgermeisterposten, den er 1981 schließlich auch errang. Nach dreimaliger Wiederwahl nannte ihn die pentagonnahe Zeitschrift "U.S. News & World Report" ungeachtet seiner linken Sympathien, "eines der besten Stadtoberhäupter in den USA". Der vermeintliche Grund dafür: Um in Vermont Arbeitsplätze zu schaffen, hatte Sanders den Rüstungskonzern Lockheed mit seinem kontroversen F-35-Programm 1990 nach Burlington gelockt. Zunächst ins US-Repräsentantenhaus und dann in den Senat gewählt, blieb er auch als Kongreßmitglied für die Herrschenden unberechenbar.

Während keiner Partei angehörende "Independents" (Unabhängige) sonst von den USA-Medien grundsätzlich geschnitten werden, macht Bernie Sanders dabei eine Ausnahme. Monatelang stand er im Rampenlicht, obwohl er als erster USA-Präsidentschaftsbewerber der beiden großen Parteien die arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt stellt. Sein Motto lautet: "NOT FOR SALE" (Nicht käuflich).

Zu den Erfolgsrezepten von Sanders gehört übrigens auch, daß er sich der neuen Medien Twitter und Google ausgezeichnet zu bedienen weiß.

Nach ihren ersten Mißerfolgen verlegte sich Hillary Clinton aufs Relativieren. "Was sind schon Meinungsumfragen!" erklärte sie. "Mal siegt man, mal unterliegt man."

Ein nicht chancenloser linker Kandidat, der die Amerikaner zwar nicht zum Sozialismus zu führen verspricht, aber die durch McCarthy geschmähte und grimmig verfolgte Vokabel nicht als Übel betrachtet und dabei auch noch ein Bad in der Menge zu nehmen vermag - ist das etwa keine Sensation?

RF, gestützt auf "Solidaire", Brüssel


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Bernie Sanders fordert: Holt die Regierung von den Konzernen zurück!

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Freiheit für Puerto Ricos Vorkämpfer Oscar Lopez Rivera!

Obwohl kein Blut an seinen Händen klebt, befindet sich Puerto Ricos Freiheitsheld Oscar Rivera seit 35 Jahren in qualvoller Haft.

Der Führer der puertoricanischen Uabhängigkeitsbewegung wurde wegen "Teilnahme an einer Verschwörung" - darauf steht in den USA wie auf Mord und Menschenraub normalerweise die Todesstrafe - am 29. Mai 1981 zu 70 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Am 22. Februar 2011 schrieb er in einem Brief aus dem Gefängnis: "Ich habe niemanden umgebracht und stets nur um eine bessere und gerechtere Welt gerungen."

Heimatlicher Kampfplatz des Patrioten war und ist die von den USA skrupellos annektierte und wie deren 50 Bundesstaaten im Auftrag Washingtons durch einen Gouverneur verwaltete ehemals spanische Karibik-Kolonie Puerto Rico. Die von ihm geführte Bewegung fordert die staatliche Unabhängigkeit der historisch wie sprachlich zu Lateinamerika gehörenden Insel.

Übrigens wurde dem vor Gericht gezerrten Freiheitskämpfer kein Geschworenenprozeß zugebilligt, bei dem ein Freispruch - wie im Fall von Angela Davis - seine sofortige Haftentlassung zur Folge gehabt hätte. Nach einem jahrelangen Gerangel zwischen verschiedenen Instanzen der US-Justiz erhielt er die faktisch lebenslängliche Freiheitsstrafe.

Während seiner Amtszeit vertrat der frühere US-Präsident Bill Clinton übrigens den Standpunkt, der politische Gefangene Oscar Rivera habe eine völlig überzogene Strafe erhalten und solle im September 2009 entlassen werden. Obwohl einige seiner Mitangeklagten im Zuge einer 1999 verfügten Amnestie auf freien Fuß gelangten, blieb er allein in Haft, nachdem auch Carlos Alberto Torres, der ebenfalls zu den Führern der puertoricanischen Unabhängigkeitsbewegung zählte, im Juli 2010 das Gefängnis hatte verlassen können.

Inzwischen hat sich auf Puerto Rico wie in den USA eine ständig an Kraft gewinnende Bewegung formiert, die auch Oscar Rivera aus der Gefangenschaft befreien will. Hierbei stehen Latinos, Afroamerikaner und Weiße Seite an Seite. Den Zehntausenden, die sich für die Bürger- und Menschenrechte des Haftveteranen einsetzen, haben sich unterdessen nicht nur Mitglieder beider Häuser des USA-Kongresses, sondern auch die Gouverneure der dichtbesiedelten USA-Bundesstaaten New York, Illinois, Pensylvania und Ohio angeschlossen. Besonders spektakulär ist die Tatsache, daß sich ihnen auch der Gouverneur von Puerto Rico hinzugesellt hat. Die Freilassung Oscar Riveras verlangen unterdessen der Nationale Rechtsanwaltsverband, die Amerikanische Juristenvereinigung und kirchliche Zusammenschlüsse wie die Ökumenische Koalition, die alle in den USA bestehenden Religionsgemeinschaften umfaßt.

Seit kurzem sind sogar positive Signale aus dem Weißen Haus zu vernehmen. Dessen bald scheidender Verwalter Barack Obama schlug vor, "den Prozeß zur Klärung des Status von Puerto Rico" zum Abschluß zu bringen. Das hat der Kampagne zur Freilassung des Vorkämpfers Oscar Rivera zusätzlich Auftrieb verliehen.

RF, gestützt auf einen in "The Guardian", Sydney, nachgedruckten Beitrag des Gouverneurs von Puerto Rico, Alejandro Padilla, vom Oktober 2014

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Australiens KP-Generalsekretär: TTP heißt Konzernsklaverei

Nach acht Jahren streng geheim gehaltener Verhandlungen haben die Regierungen der USA, Australiens, Bruneis, Kanadas, Chiles, Japans, Malaysias, Mexikos, Neuseelands, Perus, Singapurs und Vietnams am 3. Februar in der neuseeländischen Hauptstadt Auckland ein als Transpacific Partnership Agreement (TTP) bezeichnetes Abkommen signiert. Es zeige "in seiner Endform, daß die Konzerne das bekommen haben, was sie sich wünschten: eine die Demokratie gefährdende Handelsvereinbarung", erklärte Australiens Vereinigte Gewerkschaft der Landarbeiter, Beschäftigten der Nahrungsgüterindustrie und des Hotelwesens. Damit ist der US-dominierte Pakt weite Teile des asiatisch-pazifischen Raumes beherrschender Handels- und Industriegiganten hinreichend charakterisiert.

Schon am 18. November 2015 hatte "The Guardian" einen Beitrag des Generalsekretärs der KP Australiens Bob Briton zum gerade publik gewordenen Text des Abkommens unter der Schlagzeile "TTP heißt Konzernsklaverei" veröffentlicht. Diese Formulierung stammt übrigens von dem US-Journalisten Chris Hedges.

"Die Transparenz des 16.147 Seiten umfassenden Geheimdokuments ist durch den Druck der Völker erzwungen worden", schreibt Bob Briton. Unter endlosen Bergen technischen Vokabulars verstecke sich die eigentliche Substanz des Paktes. Die zwölf Signatarstaaten stünden für etwa 40 % der Weltwirtschaft. Nähme man jedoch die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) hinzu, dann stünden derzeit etwa 85 % der globalen Ökonomie unter westlicher Konzerndiktatur. Auf der anderen Seite befände sich vor allem die Gruppe der BRICS-Staaten mit Brasilien, Rußland, Indien, China und dem weniger involvierten Südafrika. All das unlängst auf der Pariser Weltklimakonferenz zur vermeintlichen Emissionsverminderung Vereinbarte werde von den TTP-Staaten ebenso ausgehebelt wie der gewerkschaftliche Widerstand, konstatierte Bob Briton. Zusicherungen wie jene der Regierung Australiens, man werde dessenungeachtet eigenständige Regulationsrechte zu wahren wissen, seien da absolut irreführend. Ein kleiner Klub von Invest-Anwälten der Monopole werde fortan das Sagen haben. Diese düstere Aussicht signalisiere bereits jetzt der Prozeß des Bergbaugiganten Oceana Gold gegen den Staat El Salvador. Das Handels- und Invest-Regime begünstige vor allem US-Konzerne und deren Niedriglohnpolitik. Derzeit bezögen in den Vereinigten Staaten 40 % aller Arbeiter weniger als 20.000 Dollar im Jahr, wobei die US-Regierung die eigene Armutsgrenze auf 24.250 Dollar festgelegt habe.

Wenn die Parlamente der bei TTP beteiligten Staaten das dubiose Projekt ratifizieren sollten, habe eine globale Konzerngerichtsbarkeit in Gestalt sogenannter Handelstribunale die bisher bestehende Ordnung abgelöst, betonte Bob Briton. Unter diesen Umständen erlange der Kampf gegen TTIP und TTP oberste Priorität, konstatierte auch der namhafte US-Anwalt und TTP-Gegner Kevin Zeese.

RF, gestützt auf "The Guardian", Sydney

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Evo Morales ist seit über zehn Jahren als Boliviens Präsident im Amt
Symbol revolutionärer Integrität

Am 22. Januar waren zehn Jahre seit dem Einzug des erstmals aus der indigenen (indianischen) Bevölkerungsmehrheit hervorgegangenen bolivianischen Präsidenten Evo Morales in den Palacio Quemado der Hauptstadt La Paz verstrichen. Von allen Spitzenpolitikern in der bisherigen Geschichte des Andenstaates hat er damit seinem Land in dieser Position am längsten gedient. Die Ursache dafür, daß sich der einstige Coca-Bauer trotz des Hasses einheimischer Eliten vorwiegend spanischer Abkunft und einer Fülle von CIA-Komplotten so lange zu halten vermochte, ist in seiner volksnahen Integrität zu suchen. Als Staatschef Boliviens hat der einstige Gewerkschafter und Führer der Bewegung zum Sozialismus (MAS) das Land weit voranzubringen vermocht. Dadurch konnte er seine ursprüngliche Minderheitsposition in die eines von der Mehrzahl der Bolivianer akzeptierten Präsidenten verwandeln.

Am 18. Dezember 2005 erstmals von 54 % der Stimmberechtigten gewählt, vermochte er 2009 nach Erfüllung seiner wichtigsten Versprechen mit Unterstützung von nunmehr 64 % der Wähler eine zweite und fünf Jahre darauf seine dritte Amtszeit anzutreten. Alle bisherigen Putschpläne der USA-Botschaft in La Paz, wo man Evo Morales vor allem deshalb haßt, weil er deren Missionschef unter dem Protest des State Department zur Persona non grata erklären und des Landes verweisen ließ, schlugen fehl. Die an die Urnen tretenden Bolivianer hielten dem Sohn der Hoch-Anden, der sicher auch dank der verläßlichen Solidarität Kubas und Venezuelas bisher schon so manche Belastungsprobe durchzustehen vermochte, die Treue. Trotz des massiven Drucks seiner Gegner stimmten 2014 noch einmal 61 % der Landesbürger für Evo Morales. Übrigens wurde dieser im selben Jahr durch die UNO-Vollversammlung zum "Welthelden der Mutter Erde" erklärt.

Inzwischen haben innere und auswärtige reaktionäre Kräfte alles unternommen, um zu verhindern, daß die knapp 11 Millionen Bolivianer ihrem Präsidenten eine nur im Wege der Verfassungsänderung erreichbare vierte Amtszeit ermöglichen können.

Zurück zur Erfolgsbilanz Boliviens, dessen Vizepräsident Linares übrigens ein mit Morales ideologisch und politisch übereinstimmender Weißer ist. Sie kann sich als Kontrastprogramm zum anderswo auf dem Subkontinent verfolgten rabiaten Austeritätskurs durchaus sehen lassen. Unter Morales wurden das Rentenalter herabgesetzt, Löhne wie Gehälter erhöht und der Schwangerschaftsurlaub verlängert. Die Wirtschaft des Landes wuchs nach IWF-Angaben aus dem Jahre 2013 bis dahin um 6,8 %.

Was waren die Rezepte für einen solchen Erfolgskurs? Seit ihrem Machtantritt haben Morales und dessen Mitstreiter Bolivien aus der Schuldenspirale der vorangegangenen Ära blutiger Diktaturen und des Neoliberalismus herausgeführt. Inzwischen liegt der Budget-Überschuß bei 2,6 %, während die Devisen-Reserven 15 Milliarden Dollar betragen.

Eine maßgebliche Rolle spielte bei all dem die Nationalisierung so entscheidender Wirtschaftssektoren wie der Erdölindustrie und des Bergbaus. Sie erfaßte auch wichtige Bereiche des Transportwesens, wodurch sich die Staatseinnahmen rapide erhöhten. So konnten etliche Sozialprogramme aufgelegt und etwa 1 Million Bolivianer aus der Armutsfalle befreit werden. Das Mindesteinkommen wurde um 87 % erhöht. Erhebliche Mittel steckte die Morales-Regierung in die Volksbildung und das Gesundheitswesen.

Auch unter ethnischen Aspekten konnte die Entwicklung weit vorangetrieben werden, was sich nicht zuletzt in der wiederholten Stimmabgabe für einen indigenen Präsidentschaftskandidaten der Linken widerspiegelte, dessen tief verwurzelte Popularität mit der europäischer Politiker nicht im entferntesten zu vergleichen ist. Daß Evo Morales bei allen drei Entscheidungen über die Präsidentschaft bereits im ersten Wahlgang zu siegen vermochte, ist ein für Lateinamerika seltener Vorgang. 2014 entfielen auf seinen Hauptgegner, einen Großindustriellen, nur noch 24 % der Stimmen. Bei der Parlamentswahl errang die MAS von Morales mehr als zwei Drittel aller Mandate.

Natürlich ist hier nicht der Platz, um ein romantisches Bild von Bolivien zu malen. Noch immer handelt es sich um ein sehr armes Land, in dem 850.000 Kinder arbeiten müssen und wo gravierende Ungleichheit herrscht. Die Rechte der Frauen werden nicht respektiert. Die Wirtschaft ist wenig diversifiziert und hängt in erster Linie vom Rohstoffexport ab, wobei Maßnahmen für den Schutz der Umwelt kaum eine Rolle spielen.

Unlängst fanden erneut Konsultationen zwischen der Morales-Regierung und im Lande als Beobachter stationierten Vertretern des Internationalen Währungsfonds (IWF) statt. Die Beauftragten des Weltkapitalismus beschuldigten die in La Paz am Ruder Befindlichen, durch "neoliberale Sparsamkeitsmuster" vorgegebene Regeln nicht einzuhalten. Indes widerlegen der nach wie vor unbeeinträchtigte "Gesundheitstrend" der Wirtschaft des Andenstaates und die substantielle Erhöhung des Lebensstandards seiner Bürger solche Pseudoargumente der Feinde Boliviens.

Sie fallen bei der Morales-Regierung nicht auf fruchtbaren Boden.

"Es gibt für uns keine Alternative zu dem beschrittenen Weg", erfuhren die Vertreter des IWF und dessen neoliberale Schüler im Lande.

Bolivien beweist Tag für Tag die Richtigkeit des in La Paz verfolgten Kurses und ist somit in sozialer und politischer Hinsicht - neben Kuba und Venezuela - ein Vorbild für ganz Lateinamerika.

RF, gestützt auf "Solidaire", Brüssel, und "junge Welt", Berlin

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Westliche Abrechnung mit dem Ex-Präsidenten der Elfenbeinküste Laurent Gbagbo
Ein dubioser Prozeß in Den Haag

Im November 2015 begann vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) im niederländischen Den Haag der Prozeß gegen den 2011 endgültig zu Fall gebrachten Ex-Präsidenten der Elfenbeinküste (Côte d' Ivoire), Laurent Gbagbo. Der 70jährige wird wie sein Mitangeklagter Charles Blé Goudé (44) schwerer Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezichtigt.

Am ersten Verhandlungstag erklärte sich der wegen seiner antiimperialistischen Haltung, die sich gegen die Kapitalinteressen mächtiger Konzerne in der einstmals französischen Kolonie richtete, vor Gericht gezerrte einstige Spitzenpolitiker eines bedeutenden westafrikanischen Staates in allen Punkten der Anklage für nicht schuldig.

Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß seitens der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erhebliche Zweifel an der Objektivität der dem Prozeß in Den Haag vorausgegangenen mehrjährigen "Voruntersuchung" geäußert worden sind. Bei dem langjährigen ivorischen Konflikt hätten zumindest beide Seiten strafwürdige Handlungen begangen, erklärte die Organisation zum Prozeßauftakt. Der IStGH habe indes nur einer Seite seine Aufmerksamkeit und Sympathie zugewandt, wodurch dessen "Kapazität" vermindert worden sei, auch den auf das Konto der derzeit in Abidjan amtierenden Regierung Outtara zu buchenden Fällen nachzugehen. Mit dem so vorbelasteten Prozeß sei lediglich den Wünschen der heutigen Machthaber und ihrer Hintermänner entsprochen worden, Gbagbo, dem eine lebenslange Freiheitsstrafe drohe, für immer aus der politischen Szene seines Landes zu verdrängen.

Das aktuelle Geschehen hat eine lange Vorgeschichte, die hier nur kurz gestreift werden kann.

Laurent Gbagbo war von Dezember 2002 bis Dezember 2005 gewählter Präsident der Elfenbeinküste. Da sich die Wahl eines Nachfolgers aus verschiedenen Gründen wiederholt verzögerte, blieb er weitere fünf Jahre kommissarisch im Amt. Bereits im September 2002 war es an der Elfenbeinküste zu einem Bürgerkrieg gekommen, der zur faktischen Spaltung des Landes in einen von proimperialistischen "Rebellen" kontrollierten Norden und einen von Gbagbos Armee beherrschten Süden geführt hatte.

Die Côte de Ivoire galt zunächst als ein vergleichsweise stabiles und relativ wohlhabendes Land inmitten einer von Armut und Instabilität geprägten Region. Während ihr erster Präsident Félix Houphouët-Boigny eine den Interessen vor allem französischer Kolonialkonzerne Rechnung tragende Politik verfolgt hatte, orientierte sich Gbagbo vorrangig an den nationalen und sozialen Interessen der eigenen Bevölkerung. Doch das höhere Lebensniveau hatte zuvor zahlreiche Umweltflüchtlinge angezogen, die sich aufgrund der ständigen Hungersnöte in der Sahelzone im von verwandten Ethnien besiedelten Norden der Elfenbeinküste überwiegend bäuerliche Existenzen aufbauten.

Mit der Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage - vor allem aufgrund rapide sinkender Weltmarktpreise für Kakao und Kaffee - griff dort die Arbeitslosigkeit besonders um sich. Es brachen Konflikte aus, die vordergründig als Schlagabtausch zwischen Angehörigen verschiedener Völkerschaften und Religionsgemeinschaften bezeichnet wurden.

Am 19. September 2002 rebellierten im Norden stationierte Einheiten der ivorischen Armee und begannen bald darauf massive Angriffe auf Städte im Süden, darunter auch die Metropole Abidjan. Gbagbos Innenminister Emile Boga Doudou und Militärchef Moise Lida Kouassi wurden samt ihrer Leibwächter getötet. Mit Hilfe französischer Truppen konnten die Angreifer in dieser Runde aus Abidjan wieder vertrieben werden, behielten aber die Kontrolle über wichtige Regionen des Nordens und des Zentrums. Es folgten immer wieder heftige Kämpfe, wobei gezielt Gewerkschafter und linke Aktivisten ermordet wurden. Allein im Herbst 2002 kamen auf solche Weise etwa 3000 Menschen ums Leben.

Obwohl im Oktober dann ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet worden war, fand der bewaffnete Konflikt zwischen beiden Landeshälften kein Ende. Unter "Vermittlung" der alten Kolonialmacht wurde am 26. Januar 2003 im französischen Linas-Marcoussis ein Abkommen unterzeichnet, demzufolge Präsident Gbagbo bis zu Neuwahlen amtieren sollte, während den "Rebellen" die Schlüsselressorts Inneres und Verteidigung einer Übergangsregierung zufielen und französische Truppen als angebliche Friedensstreitmacht im Lande verblieben. Ministerpräsident wurde "Ex-Rebellenführer" Guillaume Soro.

Obwohl man eine "Vertrauenszone" zwischen Nord und Süd für kurze Zeit als eine Art Korridor eingerichtet hatte, setzten sich die Gewaltausbrüche fort. Nach den Präsidentschaftswahlen vom 31. Oktober und 28. November 2010 entbrannte der Bürgerkrieg erneut in aller Schärfe.

Diesmal ging es den im Hintergrund wirkenden Imperialisten mit Frankreich an der Spitze um die endgültige Ausschaltung Gbagbos. Während er den ersten Wahlgang für sich entschieden hatte, wurde ihm der Sieg in der zweiten Runde entrissen und seinem proimperialistischen Herausforderer Alassane Ouattara zugesprochen.

UNO-Sicherheitsrat, EU und Afrikanische Union erkannten diesen als legitimes Staatsoberhaupt des seit 2002 geteilt gewesenen Landes an, obwohl der ivorische Verfassungsrat Gbagbos Sieg zuvor festgestellt hatte. In kurzer Folge wurden in Abidjan nacheinander zwei Präsidenten vereidigt.

Schon vom ersten Tag der Stichwahl an galt eine von Gbagbo ausgerufene Ausgangssperre. Doch auch sie vermochte dem Blutvergießen kein Ende zu setzen, wobei nun beide Seiten über als reguläre Streitkräfte bezeichnete eigene militärische Formationen verfügten.

Die in Abidjan stationierten französischen Elitekräfte der "Operation Licorne" spielten am Ende die Schlüsselrolle. Nachdem die prowestlichen Verbände Ouattaras Präsident Gbagbo und dessen Getreue in einem Bunker auf dem Palastgelände eingeschlossen hatten, nahmen ihn Angehörige der französischen Armee dort fest.

Damals gingen die Bilder der von ihren Feinden gejagten antiimperialistischen Politiker der Elfenbeinküste um die Welt. Jetzt stehen ihre Repräsentanten als Angeklagte vor dem IStGH in Den Haag, wo zum ersten Mal gegen einen Staatschef - überdies den Patrioten eines bedeutenden afrikanischen Landes - verhandelt wird.

Wer erinnert sich da nicht an das schreckliche Schicksal Patrice Lumumbas!

RF, gestützt auf "Solidaire", Brüssel, und andere internationale Quellen

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Wie das Bayerische Fernsehen einen zur Fahndung ausgeschriebenen Kriminellen abfeiert
Saakaschwili als "Antikorruptionskämpfer"

Im Bayerischen Fernsehen wurden in letzter Zeit mehrmals Reportagen über die Korruption in der Ukraine sowie den in Georgien zur Fahndung ausgeschriebenen Ex-Präsidenten Micheil Saakaschwili und dessen Tätigkeit als Gouverneur von Odessa gesendet. Darin wurde Saakaschwili, der in den USA seine Ausbildung erfuhr und erst am 30. Mai 2015 die ukrainische Staatsbürgerschaft erhielt, als ehrenwerter Mann gerühmt. So geschehen in der Sendung "Ukraine. Saakaschwili als Antikorruptionskämpfer" vom 29.1.2016 (euroblick) als auch in Übertragungen vom 24., 10., und 5. Januar. Das ist in dieser einseitig verkürzten Form skandalös und ein weiteres trauriges Beispiel für den Propaganda-Journalismus, der immer mehr um sich greift.

Da heißt es z. B. im Sendungsinfo: "Abgesehen vom Krieg in der Ostukraine ist die Bekämpfung der Korruption derzeit das große Thema im Land. Ganz besonders aktiv ist dieser Mann: Micheil Saakaschwili, letztes Jahr noch Präsident von Georgien, dort angeklagt wegen zu diktatorischem Gehabe und jetzt vom ukrainischen Präsidenten ernannt zum Gouverneur des Gebietes von Odessa. Er ist viel unterwegs, zeigt gern Journalisten, was er schon gegen Korruption geschafft hat. ... Ein Grund ihm zu glauben: die Straßenpolizisten. Saakaschwili hat sie fast ausnahmslos austauschen lassen: Neue Gesichter, neue Uniformen ­..."

Und weiter an anderer Stelle: "Ähnliches schuf Micheil Saakaschwili schon in Georgien. Die jahrzehntelange Erfahrung im Kampf gegen bestechliche Bürokratie kommt ihm jetzt zugute. Nun, nachdem er in Georgien vertrieben wurde und unter Anklage steht, versucht er es in der Ukraine." In einer Reportage wird Saakaschwili als "Retter der Ukraine" und deren möglicher nächster Ministerpräsident vorgestellt.

Obwohl mir schon seit längerem bekannt ist, daß derartige Zuschauer-Manipulationen an der Tagesordnung sind, besonders wenn es um die Ukraine und um Rußland geht, kann ich als ehemaliger Angehöriger des WDR-Rundfunkrates nur einmal mehr staunen, daß eine solche Sendung möglich ist und geduldet wird. Grund genug für eine Programmbeschwerde, die ich am 31. Januar 2016 beim Gremienbüro des Bayerischen Rundfunks eingereicht habe. Diese Reportage ist ein grob tendenziöser TV-Beitrag. Damit handelt es sich um einen eklatanten Verstoß gegen die Programmrichtlinien des Rundfunkstaatsvertrages, also gegen geltendes Recht.

Paragraph 11 Absatz 2 lautet: "Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen."

Saakaschwili, nach der sogenannten Rosenrevolution von 2004 bis 2013 Präsident Georgiens, ist ein durch und durch korrupter Günstling der US-Regierung ohne demokratische Legitimation. Im Mai 2015 gab es Meldungen, daß der nicht minder umstrittene ukrainische Staatspräsident Petro Poroschenko den georgischen Ex-Präsidenten, seinen ehemaligen Studienfreund, zum Gouverneur der Region Odessa ernannt hat, nachdem dieser kurz zuvor eingebürgert worden war. Gehälter einiger seiner Mitarbeiter werden von den USA bezahlt, wie deren Botschafter zugab (Nina Jeglinski, "Der Tagesspiegel", 19.7.2015). Gegen Saakaschwili, der seit 2013 in den USA lebte, gute Kontakte ins Weiße Haus pflegte und für eine "effektive Militärhilfe" zugunsten der Ukraine warb, liegt in Georgien ein Haftbefehl wegen Amtsmißbrauchs vor. Er stand auch auf der Fahndungsliste von Interpol.

Der neue Gouverneur ernannte dann nach einem Treffen mit US-Botschafter Geoffrey Pyatt, der sich seinerzeit mit der EU-Beauftragten des US-Außenministers, Victoria Nuland, über die Einsetzung des Oligarchen Arsenij Jazenjuk als Ministerpräsident abgesprochen hatte (Albrecht Müller, nachdenkseiten.de, 19.2.2014), die 25jährige Schauspielerin Julia Maruschewska zu seiner Stellvertreterin. Die Maidan-Aktivistin war durch ein angeblich von ihr selbst produziertes Video "Ich bin eine Ukrainerin" bekannt geworden. Der Clip, der es auf über 8,5 Millionen Klicks brachte, zeigt die junge Frau auf dem Maidan-Platz, wie sie sehr emotional zum Widerstand gegen die Regierung Janukowitsch aufruft und um Unterstützung der Demonstranten durch "den Westen" wirbt.

Allerdings wurde später berichtet, daß der Clip, der intensiv von CNN verbreitet wurde, unter maßgeblicher Beteiligung des Hollywood-Produzenten Ben Moses und der US-Stiftung National Endowment for Democracy zustande kam (Deborah Stambler, Huffingtonpost, 15.4.2014), also eine PR-Aktion war. Dies zur angeblichen Seriosität von Micheil Saakaschwili.

Zweifellos ist es dringend geboten, in der Ukraine die Korruption zu bekämpfen. Daß sich jedoch der schwer belastete georgische Ex-Präsident dafür stark machen will, ist ein Witz. Ohnehin dürfte es schwierig sein, unter den derzeit führenden Politikern der Ukraine auch nur eine integre Persönlichkeit zu finden.

Wie es in dieser Kaste zugeht, illustriert eine Auseinandersetzung, die sich Mitte Dezember 2015 während einer Sitzung des Nationalen Reformrates zutrug. Da nannte Innenminister Asen Awakow, der 2012 wegen Amtsmißbrauchs unter Anklage stand und ins Ausland flüchtete, den Neubürger Saakaschwili einen "korrupten Gouverneur", "Dieb", "Abschaum", "Bastard", "verfickten Zirkusartisten", "Hurensohn" und "Dummschwätzer" (Ralph Hartmann, "Ossietzky" Nr. 3/2016). Saakaschwili bezichtigte Awakow im Gegenzug des Diebstahls und der Korruption, worauf der Innenminister ein gefülltes Wasserglas auf seinen Kontrahenten warf und ihn aufforderte, das Land zu verlassen. Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk bezeichnete Saakaschwili in diesem Disput als "Gastartisten" und "Klatschmaul" (Gunnar Jeschke, "der Freitag" v. 20.12.2015).

Dieses Wortgefecht zwischen kriminellen Politikern wirft ein Schlaglicht auf die desolaten Zustände in der heutigen Ukraine, in der Bürgerkrieg herrscht, Faschisten im Parlament sitzen und Oppositionspolitiker ermordet werden. Eine Schande für den Bayerischen Rundfunk, einen Kriminellen wie Micheil Saakaschwili als Leuchte der Demokratie in der Ukraine dargestellt zu haben. Allerdings paßt das in die augenblickliche Medienlandschaft, in der nicht wenige Journalisten mit Unterstützung leitender Redakteure agieren, die entweder ferngesteuert oder ideologisch befangen sind.

Wolfgang Bittner, Göttingen

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Rassismus und Imperialismus erwachsen seit jeher aus einer Wurzel
Zur Neuauflage von "Jud Süß"

Eine Schlüsselszene in Veit Harlans faschistischem Machwerk "Jud Süß" ist der Einzug der Juden in die Stadt: "Schädlinge", die nur darauf aus sind, sich kriminell zu bereichern, "deutsche Werte" zu überfremden und durch die Schändung "deutscher Maiden" das "arische Erbgut" zu verderben. Bilder der Flüchtlingsflut verbinden heutige Faschisten mit ebensolchen Schreckensszenarien. Nur plakatieren sie das seit dem 11. September 2001, an dem die Doppeltürme in Manhattan zerstört wurden, als eine Art Weltverschwörung islamistischer Terroristen, die an die Stelle des "jüdischen Komplotts" getreten sei.

Das kommt der "Political Correctness" westlicher Allianzen entgegen, zu denen heute auch Israels rechtszionistische Regierung zählt. Sie hindert Rassisten wie den früheren SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin jedoch nicht daran, weiterhin von "Judengenen" zu sprechen. Zahlreich unter uns und in anderen europäischen Staaten lebende Muslime sind zur Zeit jedoch die geeignetere Zielgruppe zur Spaltung der Bevölkerung durch Rassenhaß und zur Durchsetzung innen- wie außenpolitischer Ziele des Imperialismus.

Für Leute wie Frankreichs Marie Le Pen, aber auch für AfD-Politiker hierzulande sind daher Flüchtlinge geradezu ein Geschenk des Himmels, um ihre sozialdarwinistischen und ultranationalistischen Parteiprogramme vor Wahlen besser verkaufen zu können. Das gelingt ihnen auch, wobei seit der mit etlichen Grenzschließungen verbundenen "Grenzöffnung" von 2015 fast alle Parteien europaweit solche Ängste zu schüren und für ihre Zwecke zu instrumentalisieren bestrebt sind.

Die Nazi-Hetzschrift "Der Stürmer" war einst mit ihrer Methode sehr erfolgreich, die auch heute von ähnlichen Medien skrupellos genutzt wird: Stigmatisierung durch ständig wiederholte Anprangerung des Fehlverhaltens einiger Mitglieder von Minderheiten. Man folgt der Methode "Jude überfährt Blindenhund", die - z. B. auf "Ostfriesen" angewandt - im bunten Mix aller möglichen Schandtaten immer aufs neue präsentiert, diese bald in den Ruch bringen würde, alle "Ostfriesen" seien derart rabiat. Jedes Attentat, jeder Fehltritt eines Muslims und jede Notstandsübung der Staatsmacht werden dazu genutzt, um Rassismus trotz abgrenzender Beteuerungen der Verantwortlichen wieder offen salonfähig zu machen.

Eine solche imperialistische "Gestaltungsmacht" über die Völker der Welt hat seinerzeit die Ideologie des Kolonialrassismus und den sozialdarwinistischen biologischen Rassismus hervorgebracht, den die deutschen Faschisten und nicht nur sie so erfolgreich für ihre Ziele zu nutzten wußten. Aus den überlegenen wirtschaftlich-technologischen "Werten" der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung ergab sich das angemaßte Recht, über die Völker der Welt zu herrschen, deren Lebensweise und Kultur zu bestimmen, vor allem aber ihre Märkte und Ressourcen auszubeuten.

So ist z. B. Pastor Gauck zu verstehen, der in Davos auf die Selektion und Eingrenzung von Flüchtlingsbewegungen aus Kriegsgebieten und Elendsregionen drang. Dabei ist das alles ja nichts Neues.

Kein anderer als der Earl of Carnavon, Großbritanniens seinerzeitiger Kolonialminister, formulierte die rassistisch unterlegte Rechtfertigungsideologie des Imperialismus so: "Wir sehen große Völkerschaften wie diejenigen Indiens, die wie Kinder im Schatten von Unwissenheit, Armut und Leiden sitzen und von uns Führung und Hilfe erwarten: Uns ist die Aufgabe zugefallen, ihnen weise Gesetze, gute Regierung und ein geordnetes Finanzwesen (!) zu geben, die erst das Fundament eines gedeihlichen menschlichen Zusammenlebens schaffen. Das ist die wahrhaftige Erfüllung unserer Pflichten; das ... ist die wahre Stärke und Bedeutung des Empire!"

So waren von Anbeginn imperialistische Kolonisation, Interventionen durch "Schutztruppen", Mandatspolitik und "Befriedungsmaßnahmen", Lenkung fremder Eingeborenen-Regierungen (Native Rule) durch "Beraterstäbe" sowie wirtschaftliche Sanktionsmaßnahmen und geheimdienstliche Subversion zum Austausch unliebsamer Regierungen "rein zivilisatorische und humane Maßnahmen". Sie rechtfertigten auch "hohe moralische Opfer und Härte". Und das erst recht bei Undank der damit Beglückten.

"Wenn Ihr dann dicht vor dem Ziele steht, das Ihr andern zuliebe erstrebt und fast erreicht habt, seht Ihr zu, wie Faulheit und heidnischer Irrwahn Eure ganzen Hoffnungen zerstören. Nehmt auf Euch des weißen Mannes Bürde, erntet, was von jeher sein Lohn war: den Tadel derer, denen er aufhilft, den Haß derer, die er behütet", schrieb Rudyard Kipling zur Unabhängigkeit Indiens.

Nachdem zwischen 1947 und 1991 Trumans Containment Policy (Eindämmung des Kommunismus) der Rechtfertigung imperialer Eingriffe und Kriege hatte dienen müssen, erfahren wir heute die nur schwach kaschierte Wiederbelebung rassistischer Kolonialideologien: "Die Zivilgesellschaft" tritt gegen die "Wilden im neuen Gewande" an. Die Pegida-Langfassung "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" heißt zugleich: Keine Zustände wie in Schwarzafrika!

Für wahre Linke gilt demgegenüber: Wir akzeptieren keine Ungleichbehandlung nach Hautfarbe, Rasse oder Volkszugehörigkeit. Für uns besteht der Hauptwiderspruch wie eh und je zwischen den Eignern der Produktionsmittel und den Ausgebeuteten dieser Welt. Der ist aber nur internationalistisch zu lösen. Rassismus aus imperialistischer Wurzel, wie er heute in Szene gesetzt wird, ist um keinen Deut besser als das Wüten der Djihadistenbanden.

Jobst-Heinrich Müller, Lüneburg

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Dillinger und Killinger

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Vom schweren und gerechten Kampf der Sorben

Unter dem Titel "Minderheitenrecht ist Menschenrecht - Sorbische Denkanstöße zur politischen Kultur in Deutschland und Europa" hat der auf diesem Gebiet seit langem erfolgreich forschende Kenner der Materie Dr. Peter Kroh jetzt ein Buch vorgelegt, das Gegnern großdeutscher Fremdenfeindlichkeit zu weiterer Klarheit verhilft. Es ist mindestens aus drei Gründen äußerst lesenswert.

Erstens: Der Autor erörtert eindrucksvoll ein bisher stiefmütterlich behandeltes Feld der Historiographie: den Kampf ethnischer Minderheiten um ihre Rechte in Deutschland zwischen 1925 und 1945. Dazu analysiert er die "Kulturwehr", Zeitschrift des Verbandes der nationalen Minderheiten - einer Allianz von Dänen, Friesen, Polen und Sorben. Anfangs informiert er über Leben und Tod des sorbischen Journalisten Jan Skala. Dessen Wirken als Chefredakteur von der Gründung der Zeitschrift im Jahre 1925 bis zum 1936 über ihn verhängten Berufsverbot wird ausführlich behandelt. Programmatisch schrieb Skala im Heft 1: "Die Vertreter des klassischen deutschen Humanismus Herder und Goethe sind auch uns, die wir Staatsbürger des Deutschen Reiches, aber keineswegs Deutsche im völkischen Sinne sind, Vertreter eines Ideals, von dem sich ihre Epigonen leider so weit entfernt haben, daß wir in der Minderheit Befindlichen heute unsere Ideen verteidigen müssen. Wahrer Humanimus ist frei von jedem Unterdrückungswillen."

Zuerst nahm die "Kulturwehr" die nationalistische und klerikale Minderheitenpolitik der Weimarer Republik ins Visier, weil diese kaiserliche Traditionen der Unterdrückung fortsetzte, die mit der Gründung der konspirativ arbeitenden "Wendenabteilung" im Januar 1920 (!) eine neue Stufe erreichten. Mit präzisen Analysen zum Alltag aller nach dem 1. Weltkrieg entstandenen Minderheiten ergriff die "Kulturwehr" Partei für deren friedliches Zusammenleben mit den jeweiligen Mehrheiten sowie für entsprechende Gesetze. Allein vom Recht Verbesserungen zu erwarten, hielt Skala allerdings für ebenso lebensfremd wie die völlige Ignorierung des Rechts. Er erfuhr Recht als Unterdrückungsinstrument für Machtsicherung.

Minderheitenrecht erklärte er in seinen Artikeln als Recht des einzelnen bzw. von Gruppen gegen Repression und Willkür. Dafür haßten ihn Nationalisten und Chauvinisten, die eine grenzrevisionistische "Minderheiten"-Politik betrieben. Der Autor zeigt, wie intensiv sie deshalb gegen die "Kulturwehr" und Skala hetzten, logen und Verleumdung betrieben.

In der ersten Hälfte der 30er Jahre spitzten sich die Konflikte weiter dramatisch zu. Die solide recherchierten Artikel der "Kulturwehr" entlarvten völkische Gesinnung und kritisierten den Nazi-Terror. Weil die Zeitschrift aber europaweit Beachtung fand, wollten sie Nazis mit und ohne Parteibuch durch einen Kurs des "Teile und herrsche!" unter Mithilfe sorbischer Renegaten zum Schweigen bringen. Endgültig gelang das jedoch erst mit dem Berufsverbot für Skala. Sehr informativ zu dessen minderheitspolitischen Grundsätzen und seiner aufrechten antifaschistischen Haltung ist die Analyse der ihn betreffenden Gestapo-Protokolle, die während seiner "Schutzhaft" zur Vorbereitung eines Hochverratsprozesses gefertigt wurden.

Zweitens: Der Autor wagte einen neuen Blick auf das komplizierte und umstrittene Thema "Menschenrechte". Neu ist nicht, daß er die inzwischen in der BRD übliche außenpolitische Instrumentalisierung kritisiert. Wirklich innovativ ist dabei aus meiner Sicht der Ansatz, die im Art. 1 der UN-Menschenrechtserklärung vom 10. Dezember 1948 festgeschriebene Ebenrangigkeit von Freiheit und Gleichheit aller Menschen konsequent zu beachten und die Zuständigkeit von Politik, Wirtschaft und Medien für eine auf Gerechtigkeit und Toleranz beruhende Gesellschaftsstruktur einzufordern.

Sofort könnte man einwenden, hierbei bliebe die Aktivität der von Diskriminierung Betroffenen unbeachtet. Aber: Der Autor formuliert Alternativfragen, die direkt auf deren Nachdenken und Antworten zielen, z. B.: Stärken die in Politik, Wirtschaft und Medien Verantwortlichen mit ihrem Tun Selbstbestimmung oder Ohnmacht der Menschen; Teilhabe am oder Ausgrenzung vom gesellschaftlichen Reichtum; Mündigkeit und Urteilsfähigkeit oder Gehorsam und Anpassung? Bewirken sie, daß individuelle Freiheitsrechte, politische Mitwirkungsrechte und wirtschaftlich-soziale Grundrechte realisiert oder im Kontrast dazu völlig oder zum Teil verhindert werden? Handeln sie so, daß die Wirtschaft als Mittel für Ziele, als gesellschaftspolitischer Zweck oder als Selbstzweck betrachtet wird; Gewaltenteilung im Alltag funktioniert oder eingeschränkt wird; Medien die politische Macht demokratisch kontrollieren oder kritiklos verherrlichen?

Je nach Antwort sind Menschenrechte für den Autor entweder Norm, zumindest akzeptierter Anspruch oder Illusion zur eigenen Irreführung und der Täuschung anderer.

Dieser Ansatz wird praktisch-politisch, wenn er sodann verpaßte Chancen einer minderheitenfreundlichen politischen Kultur in Deutschland (vor und nach dem Anschluß der DDR) ebenso erörtert wie aktuelle Aspekte einer Neuausrichtung bundesdeutscher Politik gegenüber den Sorben. Dabei geht es um das Grundgesetz, den Einigungsvertrag, die Staatsbürgerschaft, um "Leitkultur", um Schaffung eines sorbischen Parlaments sowie um Folgen des Abbaggerns sorbischen Heimatbodens.

Drittens halte ich das Buch deshalb für sehr lesenswert, weil jeder Abschnitt umfangreiche Anmerkungen, Quellen und Angaben zu Personen enthält. Sie ergänzen die Inhalte eindrucksvoll, verweisen auf zahlreiche, oft unbekannte Querverbindungen zur deutschen Geschichte und charakterisieren insbesondere Freunde, Widersacher und Feinde der "Kulturwehr" wie ihres Chefredakteurs.

Kurt Peukert, Bautzen

Peter Kroh: Minderheitenrecht ist Menschenrecht.
Beggerow-Verlag, Berlin 2015, 486 S., 16,90 €.
ISBN 978-3-936103-42-7

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Ein Eduard Bernstein des Tingeltangel

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Wie Maxim Gorkis bereits um 1900 die Oktoberrevolution voraussah
Stolzer Vogel Sturmverkünder

Beim Aufsuchen der Ursprünge einer proletarisch-sozialistischen Literatur erscheint stets der Name des Dichters Maxim Gorki als einer der ersten. Zwar haben viele bürgerliche Autoren im 19. Jahrhundert - ob Charles Dickens, Émile Zola oder Wilhelm Raabe - in ihren Schriften scharfe Sozialkritik geübt. Sozialistischen Literaten bleibt es jedoch vorbehalten, eine Perspektive der Selbstbefreiung aus Unterdrückung und geistiger Knechtschaft zu entwickeln. Der 1868 im russischen Nishni Nowgorod geborene Alexej Maximowitsch Peschkow erfuhr in seinen Kindheits- und Jugendjahren Not und Gewalt. Sein mit dem ausgeplünderten russischen Volk geteiltes Los prägte das Leben und Schaffen des Dichters, der unter dem Namen Gorki (russ. der Bittere) Weltgeltung erlangte. Eine Schlüsselstellung nimmt sein Poem "Lied vom Sturmvogel" ein - sowohl im Gesamtwerk Gorkis als auch in der proletarisch-sozialistischen Literatur.

Als das "Lied vom Sturmvogel" um 1900 entstand, war sein Verfasser bereits ein inintellektuellen Kreisen anerkannter Schriftsteller. Doch anders als Gorkis spätere, realistische Werke, zum Beispiel der Roman "Die Mutter" (1906) oder Dramen wie "Nachtasyl" (1902) und "Wassa Shelesnowa" (1910), spricht das "Lied vom Sturmvogel" in bildhaften Gleichnissen. Bertolt Brecht hat es werkgetreu und kongenial ins Deutsche übertragen: "Ob der grauen Meeresebene / Treibt der Wind Gewölk zusammen. / Zwischen Wolkenzug und Wasser / Schießt der Vogel Sturmverkünder / Einem schwarzen Blitz vergleichbar." In freier, doch gestalterisch prägnant komponierter Sprachrhythmik folgen Verse, die fabelähnlich den Vorabend der Revolution besingen. Dunkle Wolken bedeuten die Düsternis und Bedrohlichkeit vor dem Losbrechen des revolutionären Sturmes. Tauchervogel, Möwe und Pinguin in den unterschiedlichen Charakterrollen der Kleinbürger, sie erschrecken, ängstigen und verbergen sich. Doch vergebens, denn "Finsterer und niedrer / Senken sich aufs Meer die Wolken / Und die Wasser steigen singend / Um dem Donner zu begegnen." Das aufgepeitschte Meer, das die revolutionäre Situation versinnbildlicht, ist das Lebenselement des Sturmvogels. "Denn er hörte in des Donners Grollen / Lange schon mit scharfem Ohr Erschöpfung. / Denn er weiß, es kann die Wolke niemals / Niemals, niemals eine Sonne decken." Für Sturmvögel (auch Albatrosse) ist ein Orkan auf hoher See der ihnen gemäße Lebensraum. Sie fliegen um so kraftvoller und sicherer, je heftiger und widriger die Windböen ihnen entgegenschlagen. Furchtlos und sieghaft scheint der Sturmvogel der entfesselten Elemente zu spotten. Seit Jahrhunderten haben diese Hochseevögel mit dem beeindruckenden Flugverhalten nicht allein für Seefahrer eine mythische Bedeutung.

Maxim Gorki (1868-1936) hat als Dreißigjähriger die Zeichen der herannahenden stürmischen Umwälzung mit genialer Weitsicht erkannt. Das Gedicht vom Sturmvogel verfaßte er, nachdem zaristische Truppen eine Protestdemonstration blutig niedergeschlagen hatten. Ob Gorki die obrigkeitliche Zensur zu überlisten trachtete und deshalb in seinen Versen die allegorische Umschreibung von Revolution und Sieg gewählt hat, wissen wir nicht. Sicher überliefert ist jedoch, daß sein Poem in den Versammlungen der russischen Revolutionäre vielfach vorgetragen wurde, die Zuhörer beflügelt und begeistert hat und daß "Sturmvogel der Revolution" zum Ehrennamen für Maxim Gorki wurde. Seine Dichtung steht nicht allein ebenbürtig an Meisterschaft mit den besten Schöpfungen der Belletristik, Dramatik und Lyrik jener Zeit. Sie weist weit über jene Dekadenz- und Weltschmerzstimmung hinaus, die einer ganzen künstlerischen Strömung den Namen gab: Fin de siècle (Jahrhundert-Ende). Krisensymptome, die großen gesellschaftlichen Umwälzungen vorangehen, nahmen damals sehr wohl auch ein Rainer Maria Rilke, ein Romain Rolland oder ein Thomas Mann auf, und sie fanden ihren jeweils eigenen sprachlichen Ausdruck - von Zweifel und nostalgischem Rückzug über Niedergang und Verlorenheit bis Zorn und Empörung. Wohl verlautbart am Jahrhundertende viel romantische Regression und Naturverehrung. Ein "Vogel Sturmverkünder" jedoch ist mit Maxim Gorki einzigartig: "Hoch hinschwebend zwischen Blitzen / Hoch hinschwebend über dem Gebrüll der Wasser / Schreit er, der Prophet des Sieges: / Tobe, Sturmwind! Tobe stärker!"

Nach dem Sieg der Revolution hat sich Gorki mitgestaltend und kritisch eingemischt. Er wirkte vor allem für die neue, sozialistisch-realistische Literatur. Zahlreiche Ehrungen wurden ihm zuteil. Neben vielen Namenspatronaten für Schulen, Straßen, Kulturinstitutionen ist die Benennung seiner Geburtsstadt Nishni Nowgorod in Gorki (zwischen 1932 und 1990) vielleicht die bedeutendste. Gorki förderte nicht nur zahlreiche sowjetrussische Autoren, sondern regte auch westliche fortschrittliche Literaten maßgeblich an, zum Beispiel Jack London, Anatole France oder Stefan Zweig. Eine der führenden Spielstätten der Berliner und der deutschsprachigen Theaterlandschaft trägt bis heute seinen Namen.

Meine persönliche Beziehung zu Gorkis Werk wurde lebensgeschichtlich früh zugrunde gelegt. Auf meiner Jugendweihefeier, die ins Jahr der 50. Wiederkehr der Oktoberrevolution fiel, sprachen Könner der Rezitation den "Sturmvogel" - im Original und in Brechts Übertragung. Dichterische Meisterwerke haben die Kraft, einen Menschen lebenslang zu begleiten.

Marianne Walz

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Hand aufs Herz: Gisela Steineckert

Begreifen entspringt nicht immer den edlen Quellen unseres Gehirns. Manchmal reicht es schon, sich einfach dem auszusetzen, was man "das Leben" nennt. Es brandet, stößt mit Füßen, drängelt sich dazwischen und vor, mahnt zu Unzeiten und mit unfairen Mitteln und gewährt nur selten das Gefühl, man könne sich doch mal auf die Gartenbank setzen.

War das Leben im Biedermeier schöner? Haben die Leute da sonntags am Nachmittag selig lächelnd auf den köstlichen Napfkuchen geguckt, aus ihren schönen Täßchen seltenen Kaffee getrunken, danach Hausmusik gemacht, oder Verwandten zugehört, die ihr vielleicht geringes Wissen über die Welt zum x-ten Male ausbreiteten und meist Urteile abgaben, die auf Vorurteilen beruhten?

So schöne Möbel, ich habe sie vor Jahrzehnten gesammelt und mich von den schönsten Stücken bis heute nicht getrennt. Galt dunnemals jemand, der täglich die Zeitung las, schon als ein weltbefahrener Mensch? Vermutlich ein Mann, aber es kann ja auch die treue Leserin der "Gartenlaube" gewesen sein, die etwas beizutragen wußte. Ach, manchmal möchte ich mich in die zu Unrecht als allzu gemütlich geltende Zeitschrift vertiefen, und mich vom Fortsetzungsroman in Spannung versetzen lassen.

Dienstmädchen oder Klavierlehrerin, Gattin oder sparsame Hausfrau - welch ein langweiliges Dasein. Na ja, das sehen wir heute so. Wir aufmüpfigen Weiber, die ihre Überforderung, ihre überschätzte Kompetenz und die Verantwortung für das eigene Leben zu tragen haben und darüber genug zu jammern wissen. Da muß Freude her! Überwältigt werden für einen Lebensmoment und für etwas, was man selber nicht mühselig backen, kochen, schreiben, organisieren und verantworten muß.

Manchmal habe ich Sehnsucht nach wenigstens einem glücklichen Gesicht. Ich hab sie gesehn, viele!, beim Abschiedskonzert der Puhdys. Die Gesichter der fast zwölftausend jungen und älteren Leute im Publikum waren ganz offen, ganz im Spiel, in den unterschiedlichen Gefühlen, zu denen die Lieder sie anzustiften wußten. Diese Gesichter waren ebenso wie die der Künstler von einer wunderbaren, herübergreifenden Entspanntheit, bei gleichzeitiger völliger Konzentration. Ich sah einige Menschen, die glaubte ich zu erkennen aus früherer gemeinsamer Arbeit. Bei denen hat es mich nicht so gewundert, daß sie jeden Text kannten und mitsangen. Das haben sie vielleicht früher als FDJ-Mitglied bei feierlichen Anlässen auch gemacht. Aber so haben die damals nicht ausgesehen. Noch erstaunlicher waren für mich die ganz jungen Leute. Ich hätte nie gedacht, daß auch die alle Texte kennen, mitsingen, und sich zu ihnen bewegen könnten. Sie waren von einer so schönen Entspanntheit geprägt, daß es mir schien, mit ihnen zu tanzen, sei über die Generationen hinweg ganz einfach.

Von der Bühne kam Liebe, und die kriegten die Puhdys zurück. Bis zum letzten Ton schlug die Stimmung aus Abschiedstrauer, Zweifel daran und ganzem Vergnügen nicht einen Augenblick in Länglichkeit oder Müdesein um. Es ging mir ja genauso, leider nur vor dem Fernseher. - Es war schon der gemeinsame Anfang, der anders klang, als hätten die Künstler allein gesungen: "Was bleibt, was uns bleibt, sind Freunde im Leben ­..."

Und dann blieb es schön im Hals stecken, als fast zwölftausend Menschen ganz offen, ganz heiter singend meinten, nicht nur sangen: Weil ich hier geboren bin, gehöre ich hierher.

Außerhalb einer rein politischen Veranstaltung habe ich lange nicht so überzeugend gesehen, daß es dieses Lebensgefühl, diese Kraft für das Vergnügen und den unvermittelt wieder eintretenden Ernst als pure Lebendigkeit eben gibt. Ich kann mich auch für die Jetztzeit nicht erinnern, eine solche Übereinstimmung zwischen denen auf der Bühne und dem Publikum erlebt zu haben. Die waren alle freiwillig erschienen und haben diesen Riesenraum mit Nähe und Intelligenz gefüllt.

Hab ich das nie erlebt? Na ja, als Harry Belafonte auf die Bühne kam. Da hab ich auch geweint, damals ... Ich betone das "damals"! Und dann, als wir mit Miriam Makeba gesungen haben. Wenn ich ehrlich bin, hat sie für meine Ohren gar nicht so besonders schön gesungen, aber es gab ja ihre Geschichte, und wir wußten, daß Harry Belafonte sie aus Südafrika und ihren damaligen Gefährdungen gerettet hat.

Es war auch schön, als Gilbert Becaud, als Herman van Veen und als Süverkrüp für uns gesungen haben, im Palast der Republik, von dem "Maschine" gesagt hat, daß es ihn nicht mehr gibt: aber das Lied, das dort Premiere hatte, singen sie immer noch.

Es tut den Erinnerungen von damals nichts, und es bleibt schön, daß Süverkrüp an jenem Abend zu mir sagte, er singe hier bei uns seine Lieder fast doppelt so schnell wie zu Hause, weil das Publikum hier alle Anspielungen doppelt so schnell versteht. Er meinte, zu Hause müsse er zu jedem Namen eines Politikers etwas Erklärendes sagen, hier kennen die Leute nationale und internationale Politiker genau und wissen sie zu unterscheiden.

Und es war für mich interessant, mit Herman van Veen an einem Abend bei Gisela May eine Live-Chansonsendung zu machen. Herman war sehr vergnügt, küßte uns alle, schenkte jeder von uns seine letzte Platte und lud uns für hinterher in ein Restaurant ein. Aber kaum erloschen die Scheinwerfer, erfuhren wir, daß vor Stunden ein Flugzeug mit Schülern über Schönefeld abgestürzt war. Herman van Veen sah, daß wir eng beieinanderstanden, redeten und weinten. Er fragte bestürzt, ob in diesem Flugzeug Angehörige gewesen wären. Wir verneinten das und wollten trotzdem nicht mehr mit ihm essen gehen. Das hat er nicht verstanden. Und ich wußte so ein weiteres Mal, warum wir uns umarmen und gegenseitig bewundern können und trotzdem eine Distanz bleibt. Ist die inzwischen verschwunden? Ich weiß es nicht. Aber ich werde den Teufel tun, mich über einen solchen Abend wie den mit den Puhdys nicht von ganzem Herzen zu freuen. Und mich einmal mehr zu wundern, daß sogenannte Unterhaltung und eigentlich zu große Ansammlung von Menschen für eine intime Atmosphäre wohl doch geeignet sein können.

Und gelacht hab ich auch. Ich wollte auch die Eisbärn sehn. Und ließ mich sogar dazu hinreißen, es nicht ganz falsch zu finden, daß alles eine Sache der Ansicht ist. Und wieder habe ich mich gefragt, durch die Lieder aus dem Film wurde das geweckt: Wieso haben wir eigentlich den Paul akzeptiert? Er war doch ein eher humorloser Spießer, ein verheirateter Mann im Ehebruch, einer mit Aktentasche. Ich habe ihn ernst genommen, weil er etwas Wunderbares gemacht hat und dazu fähig war: Er hat seine Paula geliebt. Und er war nicht zu feige, diese Liebe anzunehmen und zu leben. Daß dieser wunderbare Kerl in ihm steckte und daß die Liebe diese Seite aus ihm holen konnte, das war ein Wunder, wie es manchmal im Leben ja auch vorkommt. Die Lieder aus jenem unvergessenen Film sind inzwischen in den großen Liederschatz eingegangen, den es in jedem Volk gibt. Kann man sagen, daß diese Rockballaden Kunst sind? Ja, sie haben sich, dem "nachtragenden" Publikum sei Dank, dort hinbewegt. "Wenn ein Mensch lange Zeit lebt ­..." ja, ich weiß! Aber den Text von Tausenden auf einmal wie lange geübt zu hören und dann die Hymne der DDR und die der BRD sinnfähig aneinandergereiht, das leuchtete ein, das konnte ich mittragen. Der Abend war für mich nicht nur ergreifend, er hat mich auch belehrt, daß es kein Gesamturteil über eine Generation gibt.

Ich habe zu danken und Grund, mich zu freuen. Gruß an die Puhdys und bitte, recht bald, bis zum nächsten Mal!

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Leserbriefe an RotFuchs

Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht vor Tod, Zerstörung, Hunger und Elend. Dem Kampf gegen Krieg und Untergang hat Erika Mertke (Schirmer) vor über 60 Jahren ihr durch sie formuliertes und vertontes Lied "Kleine weiße Friedenstaube" gewidmet. Es lag dem März-"RotFuchs" bei, ist heute aktueller denn je und darf auf keinen Fall aus dem Gedächtnis der Menschen verschwinden. Wir hoffen, daß sich viele "RotFüchse" finden, die seine vier Strophen auch weiterhin singen und über Ländergrenzen hinweg verbreiten.

Gerda und Rolf Greifzu, Berlin


Als langjähriger "RotFuchs"-Leser entdeckte ich die Beiträge von Lutz Jahoda, die mir deutlich machten, daß er politisch voll hinter seiner lesenswerten Roman-Trilogie "Der Irrtum" steht und eine erstaunliche Entwicklung vom "Kniggebein Shake"-Interpreten zu einem humanistisch-demokratischen Autor gemacht hat.
Vor ein paar Jahren entdeckte meine Frau, einst Deutschlehrerin, eine Trilogie unter dem Titel "Der Irrtum", herausgegeben vom Berliner Verlag "edition lithaus". Ihr waren diese Bücher aufgefallen, weil ihr Autor ein oft gefeierter Unterhaltungskünstler in der DDR gewesen ist. Lutz Jahoda als Verfasser eines so umfassenden Romans?
Sie verschlang die drei Bände, anschließend tat es mein Sohn. Als schließlich eine meiner Töchter von dieser Trilogie begeistert war, wurde ich neugierig.
Mir ging es wie meiner Familie: Ich konnte einfach mit dem Lesen nicht mehr aufhören. Lutz Jahoda hat es in diesem Roman fertiggebracht, ein überzeugend differenziertes Bild vom oft spannungsgeladenen Zusammenleben von Deutschen und Tschechen im Sudetengebiet bis zum bitteren Ende 1945 zu zeichnen. Sein oft auch humorvolles Herangehen an diese schwierige Materie als einst selbst Betroffener zeichnet ihn aus und hebt sich wohltuend von dem revanchistischen Geschrei sogenannter Heimatverbände ab. Ich habe mich daher sehr gefreut, ihn nun auch als Autor im März-"RotFuchs" wiederzufinden, mit seiner Analyse und Wertung von Reichstagsbrand und Kennedy-Ermordung.

Joachim Kirmis, Magdeburg


Ein übler "Pogida"-Chef hielt seit Januar Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam in Atem. Sechsmal nacheinander schützten rund 1000 Polizisten die Aufmärsche von etwa 100 herangekarrten "Pogidas", von denen nach Einschätzungen der Polizei etwa die Hälfte aus der "rechten Szene" stammte. Anders ausgedrückt: Rund 50 Neonazis sorgen in Potsdam für Straßenblockaden, Unterbrechung des öffentlichen Nahverkehrs und andere Erschwernisse. Versammlungsrecht für Faschisten wird als Priorität betrachtet und weiterhin geschützt. Sitze ich im falschen Film? Faschismus ist doch keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Will man nicht endlich aufwachen?
Beim 15. Potsdamer Ostermarsch am 20. März demonstrierten wir gegen Waffenexporte und Aggressionskriege als Verursacher von Flüchtlingsströmen.

Horst Jäkel, Potsdam


Am 23. Februar wurde unser Täve - ein großer Mann, den alle mochten - 85 Jahre alt. Inzwischen selbst 75, erinnere ich mich an die vielen schönen Stunden, die wir durch ihn erlebten. Auf dem einstigen Areal des Walter-Ulbricht-Stadions, später Stadion der Weltjugend, wurde inzwischen die gigantische Schnüffelzentrale des BND errichtet. Einst begrüßten wir dort die Friedensfahrer. 60.000 Zuschauer jubelten ihnen zu. Manchmal hatten wir sogar schulfrei. Viele Etappen- und Gesamtsiege sind für mich unvergessen. Auch große Fußballspiele erlebten wir hier: ASK Vorwärts gegen Wolverhampton Wanderers (England), Ländervergleiche gegen Ungarn, später den BFC Dynamo im Europacup und guten DDR-Oberliga-Fußball. All das haben sie uns genommen - unser Land und auch unsere Lebensfreude.

Wolfgang Schröder, Schöneiche


Zu Weihnachten gab ich einem Genossen, der mir schon einiges über die Sowjetunion erzählt hatte, die DDR-Edition "Zweimal geboren - Buch der Freundschaft" (Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1959). Im Februar erhielt ich von ihm eine Mail. "Dein Buch habe ich hier in der Türkei gelesen. Möchtest Du es zurückhaben oder kann ich es im Hotel auslegen?"
Mich freuten diese Zeilen sehr, ermöglicht doch mein Weihnachtspräsent auch anderen Hotelgästen, sich über die UdSSR zu informieren. Am meisten freute es mich, daß der von mir Beschenkte ein DDR-Buch gelesen hat, höre ich sonst doch sehr oft Bemerkungen wie: "Ach, ein Buch aus der DDR, da steht doch sowieso nur Propaganda drin."
Wenn ich dann meinen Gesprächspartnern sage, daß andere BRD-Bürger für den Vertrieb solcher Bücher zu Zeiten der Adenauer-Regierung in den Knast gegangen wären, kommt stets die Frage: "Warum?" Meine knappe Antwort lautet: "Nur deshalb, weil es DDR-Bücher waren."

Johann Weber, Ruhstorf (Niederbayern)


Das ND hat im Januar vom Don-Bosco-Orden berichtet. Das war vor 23 Jahren noch anders, da wurde ich beim ND mit meiner Info über den katholischen Salesianer-Orden abgewiesen, der in der dritten Welt Straßenkindern seit über hundert Jahren Berufsausbildung bietet.
Doch was war vor 23 Jahren? Ein Bildungsverein, ansässig im Rheinland, traf sich zur Jahrestagung im Bonner Haus der Salesianer. Der oberste Salesianer begrüßte uns und stellte seinen Orden vor. Darauf erhob sich ein Mitglied unseres Vereins, Mitbegründer des Club of Rome, Professor für Ökonomie, dem preußischen Hochadel entstammend.
Er meinte, in der Sowjetunion wären Straßenkinder kurzerhand getötet worden. Daraufhin stand ich auf und sprach vom Sowjetbürger Anton Semjonowitsch Makarenko, dessen Bücher in der DDR weit verbreitet waren: Die junge Sowjetrepublik hatte sich Dutzender ausländischer Überfälle zu erwehren, aus Deutschland, England, Frankreich, Japan und zehn anderen Staaten. Dabei fanden unzählige Sowjetbürger den Tod. Ihren Kindern war nur die Straße geblieben. Da gründete Makarenko Heime und Werkstätten für Straßenkinder. Die Jugendlichen wuchsen heran zu Facharbeitern. Ihre Produkte wurden immer qualifizierter.
Das berühmteste Buch von Makarenko heißt "Der Weg ins Leben". In Bonn am Rhein, anno 1993, sagte der oberste Chef des Salesianer-Ordens, nicht ohne Stolz: "Wir kennen alle Bücher von Makarenko. Er wird von uns hoch verehrt."
P. S. Es ist gut und richtig, was der RF schreibt oder auch in Bildern und Karikaturen wiedergibt. Jeder von uns sollte einiges davon an seine Freunde und Verwandten weiterleiten. Doch das Allerwichtigste vermisse ich noch: Wie bewegen wir Millionen Mitbürger, gegen die Verbrechen des Imperialismus auf die Straße zu gehen?

Dr. habil. Rainer Thiel, Storkow


Nun bin ich schon 92 Jahre alt geworden und habe viele Erfahrungen mit Regierungen und deren Tun machen können oder müssen. Die Kanzlerin hat Sorgen mit der unendlichen Zahl von Flüchtlingen, tut aber so, als ob sie eigentlich gar nicht wüßte, warum die Menschen überhaupt aufgebrochen sind. Dabei hält sie sich eine "Verteidigungsministerin", die am liebsten alle Kriegsschauplätze der Welt mit ihren Soldaten und deren Bewaffnung bestücken möchte. Und ein Wirtschaftsminister aus der SPD steht auf dem Posten des größten Waffenhändlers Deutschlands. Er wird von der Rüstungsindustrie flankiert und bedrängt, die weiterhin ungebremst ihre Mordinstrumente produzieren darf.
Da sich im kapitalistischen System alles rechnen muß, überschwemmt es die Welt mit seinen Kriegen. Für Menschlichkeit, Frieden und Völkerfreundschaft zu sorgen, ist Sache der einfachen Menschen. Dabei wird uns nichts geschenkt.

Elisabeth Monsig, Gartz


Mein hier dargelegter Standpunkt, wird vom Ortsverband Geithain der Partei Die Linke geteilt: Im Zusammenhang mit den endlosen Flüchtlingsströmen in der Welt fordern wir die UNO auf, die USA für die Folgen haftbar zu machen, die ihr aggressiver Kurs verursacht hat. Die Vereinigten Staaten besitzen nicht das Recht, den Weltpolizisten zu spielen. Sie sind zwar mächtiger als andere Länder, haben sich aber dem Völkerrecht unterzuordnen. Sie dürfen weder Aggressionskriege führen, noch sich an ihnen beteiligen. Dazu gehört auch, daß der Einsatz von Drohnen zur willkürlichen Tötung von Menschen sofort eingestellt wird.
Die USA haben als bisher erster und einzige Staat Atomwaffen zur massenhaften Vernichtung von Zivilisten eingesetzt und zugleich auch beim verbrecherischen Krieg gegen Vietnam den chemischen Kampfstoff Agent Orange gnadenlos angewandt. Noch heute leiden Hunderttausende an den Folgen.
Wir fordern die BRD-Regierung auf sicherzustellen, daß sich die Bundeswehr in keiner Weise an Kriegen beteiligt, was eine aktive Friedenspolitik ebenso voraussetzt wie umfassende Abrüstung und die Beendigung jeglicher Waffenexporte. Laufende Auslandseinsätze sind sofort zu beenden.

Bernd Gnant, Geithain


Ein paar Gedanken zum Leitartikel der Februar-Ausgabe des RF. Es ist dem Autor einmal mehr gelungen, die komplizierten Ereignisse der Gegenwart mit theoretischen Erkenntnissen zu verknüpfen. Mit solchen Einstiegsbeiträgen widerlegt der 83jährige Klaus Steiniger alle grauen Theorien über altersbedingtes Nachlassen geistiger Kräfte.
Mit der Warnung vor Eiligen, die "den Kapitalismus ... in kürzester Frist und möglichst gleich weltweit aus den Angeln heben wollen" verbindet er den Begriff "historischer Glanzzeiten" - eine sehr treffende Bezeichnung für die einen neuen Aufbruch ermöglichende Situation nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Immerhin bot sie trotz schwerer Zeit die Chance zum gesellschaftlichen Wandel: Nazideutschland war geschlagen und ein Wiederaufleben seiner Strukturen zumindest durch Kontrollratsgesetze und die Festlegungen des Potsdamer Abkommens in der SBZ nicht möglich. Hier und später in der frühen DDR wurde diese historische Möglichkeit jahrzehntelang genutzt und am Ende dennoch tragisch verspielt.
Leider werden wir Heutigen die Zeit nicht mehr erleben, in der die geheimen Dienste des Westens nach der festgelegten Schamfrist eines Tages - vielleicht - ihre Schubladen öffnen und ihren Anteil beim Sturz der verhaßten sozialistischen Ordnung in der osteuropäischen neuen Welt oder bei schändlichen Aufständen, Umstürzen und Konterrevolutionen erkennen lassen. Die heimtückische Rolle dieser Dienste gehört zu den objektiven Ursachen unseres Debakels.
Ich möchte die besondere Qualität der gesamten Februar-Nummer hervorheben. Artikel wie "Die Wahrheiten des Hauptmanns Tregubow" sind für junge Menschen besonders wertvoll. Solange noch Leben in uns ist, müssen wir uns ihrer Vermittlung verpflichtet fühlen.

Rudolf Krause, Berlin


Danke für die ausgezeichnete Februarausgabe - angefangen mit dem Leitartikel, der die Situation der fortschrittlichen Kräfte exakt beschreibt. Dabei halte ich den Hinweis auf die Notwendigkeit tiefergehender theoretischer Bildung für besonders hervorhebenswert. Ich habe mich darüber gefreut, daß bei der Jugendveranstaltung der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz der Wunsch nach marxistischem Wissen auch von jungen Leuten erhoben wurde. Besonders zustimmen möchte ich den Feststellungen Klaus Steinigers, daß es gilt, die Existenzdauer der letzten Ausbeuterformation maximal zu verkürzen, um das Risiko eines Infernos zu verringern.
Mich berührten darüber hinaus die Beiträge Hauptmann Tregubows, der Artikel Prof. Dr. Herbert Meißners sowie die Materialien zu Hô Chi Minh und Julius Fucik.

Horst Neumann, Bad Kleinen


Was auf dem Gebiet der "Leichenfledderei" von der Gauck-Birthler-Jahn-Behörde da in teils mühseliger Kleinarbeit aus Papierschnitzeln zusammengesucht wird, grenzt wirklich an Sisyphus-Arbeit. Und wie bei diesem Griechen rollt ihr Stein, den sie mühevoll bis auf den Gipfel der Verteufelung der DDR hinaufgerollt haben, immer wieder zurück. Und das Ganze muß von vorne beginnen. Dieses lächerliche Schmierentheater beruht auf den Vorgaben eines Ministers, der nach der Einverleibung der DDR durch die BRD erklärte, dieser "Unrechtsstaat" sei zu "delegitimieren".
Der Artikel Ulrich Guhls im Januar-"RotFuchs" schildert akzentuiert die Anstrengungen gewisser "Brüder und Schwestern", aus dem "Ableben" eines nicht nur ungeliebten, sondern sogar intensiv gehaßten Blutsverwandten auch nach 25 Jahren noch ideologisches Kapital zu schlagen.

Dr. Günther Freudenberg, Bernburg


Der Leitartikel im Januar-RF hat mir besondere Freude bereitet - vor allem mit der Erinnerung an Lenins Worte zur Europa-Thematik, von denen man in der "linken Öffentlichkeit" bis dato nichts gehört hatte. Wer die Probleme der EU zu Ende denkt, gelangt logischerweise zu jenen Auffassungen, welche Lenin vor über 100 Jahren vertrat.
Als Genosse der "Linken" hatte ich am 21. Januar 2008 den Europa-Abgeordneten Lothar Bisky nach seinem Vortrag im Rathaus von Berlin-Treptow mit eben jenen Lenin-Zitaten zu den "Vereinigten Staaten von Europa" konfrontiert. Zu meinem Erstaunen antwortete er nur ausweichend: "Lenin hat zu vielen Dingen sehr viel gesagt; heute hätte er sicher eine andere Meinung."

Harry Schröder, Berlin


Zum Januar-Leitartikel "Es kracht im Gebälk der EU": Selbst linke und sogar kommunistische Parteien behandeln die Flüchtlingsproblematik nur unzureichend. Merkel wiederum möchte alle Geflohenen in die BRD integrieren und stößt dabei auf Widerstand im eigenen Lager. Im Ergebnis dieser Assimilierungspolitik wird es in absehbarer Zukunft zwangsläufig zu einem Massenelend und noch brutaleren Verteilungskämpfen kommen.
Der verfolgte Kurs fügt Syrien, Irak und anderen betroffenen Ländern enormen wirtschaftlichen und sozialen Schaden zu. Derzeit haben bereits etwa 25.000 im medizinischen Bereich Tätige Syrien verlassen!
Die DDR hatte bekanntlich vor dem Bau des antifaschistischen Schutzwalls ähnliches deutlich zu spüren bekommen. Daher plädiere ich für ein zeitlich begrenztes Aufenthaltsrecht zugunsten von Kriegsflüchtlingen, bis in den betreffenden Ländern wieder Frieden herrscht und sie dorthin ungefährdet zurückkehren können. Dafür muß auch in der Zusammenarbeit mit der gewählten syrischen Regierung alles getan werden. Alleingänge der NATO-Staaten gegen Syrien verstoßen gegen das Völkerrecht und sind zu ächten. Nur die russische Regierung solidarisiert sich wirklich mit dem gepeinigten Land und besitzt dessen Zustimmung als Voraussetzung für den militärischen Kampf gegen den IS und andere Aggressoren auf seinem Territorium.
Natürlich müssen alle Kriegsflüchtlinge vor Rassisten und Faschisten in der BRD geschützt werden, obwohl es mir schwerfällt, mich mit syrischen Deserteuren zu solidarisieren, die sich unter der Jacke von Frau Merkel verstecken.

Bernd Niereisel, Frankfurt (Oder)


In ihrer Neujahrsansprache erklärte die Bundeskanzlerin, von gelungener Einwanderung habe ein Land stets profitiert. Dachte sie etwa an die zweieinhalb Millionen DDR-Bürger, die vor dem Mauerbau in den "goldenen Westen" mehrheitlich abgeworben wurden? 1958 lag ich in Dresdens Friedrichstädter Krankenhaus, als eines Morgens die Oberschwester mit der Nachricht ins Zimmer kam: "Heute findet keine Visite statt. Die Ärzte sind über Nacht alle nach dem Westen abgehauen."
Ein Jahr später sagte mir ein Freund wie selbstverständlich: "Gut, daß ich Dich noch treffe, morgen bin ich nämlich weg. Ich habe ein Angebot in meinem Beruf als Ingenieur bei doppeltem Lohn in Frankfurt am Main bekommen und darf nach vier Wochen auch meine Familie nachkommen lassen."
Frage an Frau Merkel: Welches Land hat da wohl nicht profitiert?

Gerhard Kmoch, Aachen


Ich möchte an Genossen Dr. Martin Dressel erinnern, der unlängst einem langen schweren Leiden erlag. Ich kannte ihn noch aus seinem Wirken als Vorsitzender der damaligen PDS-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Weißensee.
Hervorzuheben ist besonders sein und seiner Frau Brigitte aktives Friedensengagement nach dem völkerrechtswidrigen Überfall von NATO-Truppen unter erstmalig bundesdeutscher Beteiligung zur Zerschlagung Restjugoslawiens. Brigitte war vor Ort aufopferungsvoll tätig. Später setzten sich die Dressels für den nach Den Haag verschleppten serbischen Kommunisten Slobodan Milosevic ein, der in der Haft elend zugrunde ging.

E. Rasmus, Berlin


Danke, lieber Johann Weber, für die aussagekräftige Gegenüberstellung der statistischen Zahlen. Sie sprechen eigentlich für sich. Es gibt Berufsprofiteure, die für entsprechende Tantiemen bereit sind, jede Lüge und Gemeinheit, sei sie auch noch so absurd, mit Raffinesse unter das Volk zu bringen. Diese Typen werden gebraucht, weil man die auch auf deutschem Boden untergegangene Gesellschaftsordnung trotz ihrer Niederlage wie der Teufel das Weihwasser fürchtet. Das "Verbrechen" der "SED-Diktatur" besteht aus deren Sicht darin, die Spekulanten und Abkassierer 40 Jahre lang daran gehindert zu haben, ihre üblen Machenschaften in ganz Deutschland zu betreiben. So reichen 25 Jahre "Aufklärung der SED-Verbrechen" und mehr als zwei Milliarden geraubtes Steuergeld immer noch nicht aus, um ein Unrechtsmonster aufzubauen, wobei Leute solchen Schlages von den Realitäten ständig eingeholt werden.

Bernd Schrumpf, Erfurt


Bundeskanzlerin Merkel ließ die Ergebnisse der Münchner Sicherheitskonferenz in bezug auf Syrien verblassen, um Moskau zu reizen, als sie den Vorschlag bejahte, sogenannte Schutzzonen in einem arabischen Land einzuführen, um die russische Luftwaffenunterstützung für die vorrückende syrische Armee zu unterbinden. Dabei benutzte sie den Vorwand, auf diese Weise den Zustrom von Flüchtlingen verringern zu können.
So wollte Frau Merkel den Eindruck vermeintlicher Ausländerfreundlichkeit auf Kosten Rußlands erwecken, dessen Gastfreundschaft sie ja zu sowjetischen und DDR-Zeiten nur allzu gerne genoß. Tatsächlich leitet sie damit aber nur Wasser auf die Mühlen der rechten und faschistoiden Parteien und Kräfte in der BRD.

Hans-Georg Vogl, Zwickau


Seit vielen Jahren haben wir den "RotFuchs" abonniert und verfolgen die Artikel mit großem Interesse. Oft findet man sich bestätigt, weil man ähnliche Erfahrungen gesammelt hat oder spricht über Dinge, bei denen man anderer Meinung ist.
Im Februar-RF fand ich meinen eigenen Lebenslauf gleich an zwei Stellen sehr intensiv dargestellt. Im Artikel "Von den Anfängen des demokratischen Rundfunks" wird über Radiosendungen zu den Taten Adolf Henneckes und Frieda Hockaufs berichtet. Sie lösten bei uns Schülern, die wir noch den Krieg miterlebt hatten und jetzt beim Enttrümmern halfen, lebhafte Diskussionen aus. Zum Programm gehörten stets auch die neuen Arbeiter- und Jugendlieder. In mein Berliner Gymnasium kam wöchentlich Hans Naumilkat mit seinem Akkordeon zum gemeinsamen Einstudieren von Titeln, gehörten wir doch zum Kinderchor des Berliner Rundfunks. Besonders liebten wir seine Komposition "Unsere Heimat, das sind nicht nur die Städte und Dörfer ...".
Auch bei der Lektüre des Beitrags "DDR-Pflanzenschutz ohne chemische Keule" wurden Erinnerungen in mir wachgerufen. Thomas Behlerts sehr informativer Bericht über die längst vergessene und doch so einmalige Fachschule für Pflanzenschutz in Halle veranlaßt mich, dem Autor sehr zu danken, habe ich doch nach meiner Berufsausbildung als Gärtnerin dort drei Jahre studiert. Anschließend arbeitete ich als Pflanzenschutzagronomin im Kreis Fürstenwalde.

Christel Liebram, Berlin


Mich würde einmal interessieren, warum Klaus Steiniger bei der Illustrierung seines Leitartikels zur EU-Problematik im RF 216 zwar den EU-Politiker Dijsselbloem und dessen lettischen Kumpan zeigt, nicht aber den Hauptverantwortlichen für die Verbrechen am hellenischen Volk. Auf dem Originalfoto ist nämlich Wolfgang Schäuble mit abgebildet. Er hat Athen einen Kredit über 10 Mrd. Euro bei 5 % Zinsen gewährt, den es für 2 % Zinsen bei der Weltbank bekommen hätte. Die drei Prozent Reingewinn konnte er dann fest im Bundeshaushalt einplanen, so daß die schwarze Null zustande kam.

Benno Wagner, E-Mail


Der Thüringen betreffende Artikel Konstantin Brandts im Februar-RF erscheint mit ungerecht zu sein. Die heutigen Bedingungen in einem Bundesland sind in keiner Weise mit der Zeit von 1929 zu vergleichen. Wer hätte es 1990 überhaupt für möglich gehalten, das 25 Jahre später eine derartige Koalitionsregierung gebildet wird, wie sie jetzt Bodo Ramelow führt. Karl Marx konnte uns zu seiner Zeit nicht voraussagen, wie wir unter heutigen Bedingungen zu einer sozialistischen Gesellschaft gelangen könnten.
Konstantin Brandt sagt, es gäbe in Thüringen nur noch wenige Marxisten. Wer hat denn trotzdem ein solches Wahlergebnis zustande zu bringen vermocht? In einem Teilstaat der BRD zusammen mit anderen Parteien sozialistische Verhältnisse einzuführen, erscheint mir unmöglich.
Ich glaube, wir sollten uns generell mehr Gedanken darüber machen, wie und wo wir unter völlig veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen handeln müssen, um wieder voranzukommen.

Dr. agr. Martin Röseler, Neumark


Im Februar-RF habe ich mit Freude gelesen, daß sich die Partei der Arbeit Belgiens nun stärker der Ökologie zuwenden möchte. Grüner Marxismus ist in der Tat keine Verwässerung, sondern ein zukunftsweisendes Programm für alle Menschen dieser schon so arg geschädigten Erde. Es gibt immer noch zu viele Linke, die in der industriellen Ausbeutung der Natur den Ausweg aus der Armut sehen. Doch wenn Sozialisten dereinst nach Überwindung der kapitalistischen Herrschaft Landwirtschaft und Industrie nicht radikal auf nachhaltigere Produktionsmethoden umstellen, gibt es in spätestens 100 Jahren keine materielle Grundlage für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft mehr. So wünsche ich mir, daß alle marxistischen Kräfte eine ökologische Orientierung entwickeln und daß im RF mehr über die negativen Folgen des barbarischen Kapitalismus für die Umwelt berichtet wird.

Stefan Dahn, Halle


Vor einiger Zeit hielt der Info-Bus des Bundestages auch bei uns in Zeitz. Ein "dynamischer Öffentlichkeitsarbeiter" versuchte mir umständlich die BRD-Politik zur Unterstützung sogenannter Entwicklungsländer zu erklären. Dabei wissen wir um die Minimalwirkung solcher Almosen.
Wirkliche Förderung und Hilfe wird nur in den Ländern vor Ort wirksam. Auch in dieser Hinsicht handelte die DDR vorbildlich: Angola, Kuba, Vietnam, Nikaragua und viele andere Staaten erfuhren Hilfe durch Selbsthilfe, indem Ausbildungs- und Produktionsstätten sowie Gesundheitszentren gemeinsam aufgebaut wurden. Das täte auch heute bitter nötig. Die globalisierenden Mega-Konzerne und deren Mutterländer, welche die Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas seit über 100 Jahren gnadenlos ausbeuten, müßten zur Kasse gebeten werden. Dazu bedürfte es entsprechender Gesetze, um zugleich den Rüstungsexport auf Null zu senken. Doch das Töten von Menschen und die Zerstörung ihrer Infrastrukturen halten die Kapitalisten für weitaus lohnender: Daueraufträge zum Wiederaufbau sichern schon seit dem Ersten Weltkrieg die Maximalprofite einschlägiger Firmen.

Thomas Kuhlbrodt, Zeitz


Noch etwas Ergänzendes zu meinem Artikel über den "Außerordentlichen Parteitag" im Dezember 1989: Mittlerweile bin ich der Ansicht, daß es sich seit seinem Beginn und dem Wirken eines ominösen Arbeitsausschusses um einen staatsstreichartigen Putsch gehandelt hat. Inzwischen habe ich etliche damals Beteiligte schriftlich um ihre Meinung gebeten, bekomme jedoch auf präzise Fragen meist keine schlüssigen Antworten.
Man kann nur den Kopf schütteln, wenn man davon ausgeht, daß die damaligen Regisseure ja eigentlich ein gewisses Verantwortungsgefühl für das gehabt haben müßten, was dann eingetreten ist. Erstmals hat Gysi im ND-Interview vom Oktober 2015 die Katze aus dem Sack gelassen. Das 1999 in Buchform herausgegebene "Protokoll" des Parteitags strotzt nur so von Falschdarstellungen.
Jetzt habe ich begonnen, ein erstes Fazit meiner Eindrücke niederzuschreiben, wobei ich nicht weiß, was damit werden soll. Übrigens liefert die Lesermeinung des Berliner Parlamentsstenografen Rudolf Krause im Februar-RF eine Reihe sehr guter Hinweise.

Klaus Glaser, Schwarzenberg


Während der "Bankenkrise" wurden in der BRD sämtliche demokratischen Spielregeln ausgehebelt. Mit außergesetzlichen Methoden "rettete" Frau Merkel damals innerhalb von 14 Tagen die aus unersättlicher Gier, Fehlspekulationen und Manager-Unvermögen in eine "Schieflage" geratenen Kreditinstitute. Auf meine Frage an einen höheren Beamten, ob da alles rechtmäßig vonstatten gegangen sei, erhielt ich lediglich zur Antwort: "Es bestand dringender Handlungsbedarf." Die Banken hätten gerettet werden müssen, seien sie doch "systemisch" - ohne sie gäbe es keine "freiheitlich-demokratische Grundordnung".

Bernd Freygang, Berlin


Über den Geist in einem Staate sagen besonders auch Bücher etwas aus. Nein, nicht etwa nur politische Werke. Diesmal fiel mir das bei Fachbüchern über ein eigentlich ganz unpolitisches Thema auf: Fernschreibvermittlungstechnik ist international und zur Völkerverständigung immanent wichtig.
Ich las zwei Bücher zu diesem Thema aus den späten 70er und frühen 80er Jahren. Das eine stammte aus der BRD, das andere aus der DDR. Inhaltlich befanden sich beide auf hohem Niveau, wobei allerdings schon allein der Umschlag sofort den wahren Geist des Staates verriet, der jeweils dahintersteckte. Beide Titel waren für die Mitarbeiter der Fernmeldeverwaltungen bestimmt.

Dipl.-Ing. Stefan Scholz, Schönberg


Der im Januar-RF erschienene Beitrag von Andreas Bendel beschreibt keine "noch nicht sozialistische" Situation. Ein solches Modell wurde bereits 1848 als reaktionärer oder konservativer Sozialismus beschrieben, d. h. als Wunsch nach einem Kapitalismus ohne die ihm innewohnenden Defizite. Was bleibt ist u. a. die - wenn auch eingeschränkte - kapitalistische Ausbeutung, eine Zwei-Klassen-Gesellschaft durch private Zuzahlungsmöglichkeiten im Versicherungssystem und eine Arbeiterklasse ohne Macht, weil sie lediglich "beratende Gremien" wählen darf, die allerdings "angehört werden müssen". Der Autor geht sogar hinter 1871 zurück, weil er die Frage der politischen Macht offen läßt. Es handelt sich aus meiner Sicht um den zum Scheitern verurteilten dritten Weg!

Stephan Lippels, Ingolfstadt


Der pauschale Gebrauch solcher Begriffe wie "Wolkenkuckucksheim", "flotte Sprücheklopfer" oder "vom Leben abgeschottete Buchstabengelehrte" - ich las sie im Februar-Leitartikel des RF - spielt Dogmatikern ein gewichtiges Argument zur Unterdrückung jeglicher Diskussion in die Hand. Alternative Meinungen werden im Keim erstickt und verhindern so jeden realisierbaren Kompromiß. Wie soll man sich eine Meinung bilden können und wie soll überhaupt ein Kompromiß zustande kommen, wenn stets nur eine Ansicht als "einzig machbare" gilt?
Sicherlich ist generell nichts gegen den Gebrauch solcher Begriffe einzuwenden, wenn sie mit konkreten Beispielen verbunden sind, aber ohne diese können sie beliebig gegen jedermann verwendet werden. Ich würde einen etwas bedachtsameren Umgang mit solcher "Kampfrhetorik" begrüßen, zielt doch das gesamte Konzept des RF auf die Einigung linker Kräfte, nicht aber auf Ausgrenzung oder Vernichtung scheinbarer ideologischer Gegner ab.

Jürgen Sorge, Schöngleina


Durch eine frühere Vorgesetzte habe ich den "RotFuchs" kennengelernt. Die Zeitschrift ist sehr interessant und aufschlußreich - vor allem deshalb, weil die Dinge aus einer Sicht betrachtet werden, die man woanders nicht findet. Mich veranlaßt die Lektüre zu einer Anregung: Könnte nicht ein dem RF verbundener erfahrener Finanzsachverständiger Gedanken zu Schäubles Äußerungen über die Verwendung der Spareinlagen durch die Banken im Interesse ihrer eigenen Absicherung machen?
Ich fand die Schäuble-Äußerungen im Buch des DWN-Herausgebers Michael Mayer "Das Ende der Behaglichkeit. Wie die modernen Kriege Deutschland und Europa verändern". Es ist im Münchener FinanzBuchVerlag herausgekommen.
Übrigens: Ich war einmal Verbandstrainer Sportschwimmen mit Verantwortlichkeit für den DDR-Nachwuchs.

Manfred Jüling, E-Mail


Als Betriebswirtschaftler war ich in verschiedenen leitenden Positionen tätig, habe hautnah auch die jährliche Plandiskussion in der DDR erlebt. Überdies erteilte ich Unterricht in Betriebswirtschaftslehre für Meister- und Ingenieur-Anwärter. Die Auswirkungen von Akkumulation und Konsumtion in der Volkswirtschaft waren dabei ein wichtiges Thema. Seit dem VIII. Parteitag der SED wurden diese Kennziffern nicht mehr veröffentlicht. In den Thesen zum X. Parteitag war von einer "schwerwiegenden Fehlentwicklung der Akkumulation in unserem Lande" die Rede. Diese ging zwischen 1970 und 1989 von 29 % auf 21 % zurück. Der Anteil der produktiven Bereiche betrug statt 16,1 % nur noch 9,9 %. Dabei wurde keine Verschiebung von der Akkumulation zur Konsumtion beschlossen.
1989 war das Politbüro sprachlos über die sich in der DDR vollziehende Entwicklung. Günter Mittag sah sich als amtierender Generalsekretär außerstande, den Lauf der Dinge mit dem Politbüro richtig zu analysieren und entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen. Für mich steht fest, daß seit dem VIII. Parteitag 1970 in der DDR nichts mehr rund lief. Die Sprachlosigkeit der Partei im Herbst 1989 war hausgemacht.

Gerhard Kasten, Bad Suderode


Was sind die Presse in diesem Land und das Daherreden der Regierenden wirklich wert? Kürzlich las ich in einem ihrer Blätter, was die DDR mit der Braunkohlelandschaft nur für ein schreckliches Erbe hinterlassen habe. Ich fand aber nichts davon, daß die seit 26 Jahren noch immer diskriminierten Ostdeutschen nach wie vor schwerste Lasten aus der Alt-BRD mit abzutragen haben. Allein für das Wassermanagement der Gruben an Ruhr und Saar zahlen auch wir Jahr für Jahr Milliarden Euro, damit die Menschen dort nicht absaufen. Dabei habe ich noch gar nicht berücksichtigt, was uns aus den Renten für Nazis im In- und Ausland an Kosten erwächst. Darüber sollten öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Fernsehen und neue Medien einmal berichten.
Wo bleiben hier die Stimmen des ostdeutschen Bundespräsidenten und der ostdeutschen Kanzlerin?

Manfred Kleinpeter, Berlin


Nein, Genosse Naumann, ich war nicht - wie Du in Deiner Zuschrift vermutest - Politoffizier, sondern Truppenoffizier. Und zwar vom Zugführer bis zum Regimentskommandeur und Stabsoffizier. In den 70er Jahren befand ich mich mit meiner Kompanie tagelang im Ernteeinsatz, in den 80ern dann mit Bataillonen meines Regiments in Buna, Leuna und Bitterfeld sowie in der Braunkohle.
Wen sollte ich 1989/90 zu den Ursachen unseres Zusammenbruchs fragen? Bei den "Siegern" im Westen brauchte man es nicht zu tun. Oder bei "unserer Opposition", wo bald keiner mehr wissen wollte, daß man ursprünglich eine bessere DDR proklamiert hatte, aber keinen Kapitalismus?
Es blieben nur die Architekten des Systems Sozialismus: Marx, Engels, Lenin, Luxemburg u. a. War es ein Konstruktionsfehler, war die Statik falsch berechnet, oder war Pfusch am Bau mit im Spiel?
Wir in der SED waren alle die Partei, haben die DDR gemeinsam geschaffen und waren stolz auf sie. Frankreich hatte unter Napoleon I. fast ganz Europa erobert, bis er bei Waterloo unterging und keiner mehr die Frage stellte: "Wegen oder trotz Napoleons?"
"Die sozialistische Revolution ist keine einzelne Schlacht an einer Front, sondern eine lange Reihe von Schlachten an allen Fronten, d. h. in allen Fragen der Ökonomie sowie der Politik ...", schrieb Lenin (LW, Bd. 22, S. 145).
Parolen wie "Den Sozialismus in seinem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf", lassen nicht erkennen, daß der Weg zum Sozialismus als eine Schlacht begriffen wurde.
Unser Gegner hatte als Antwort auf die Schaffung der DDR den "Ausnahmezustand" ausgerufen, während von Marx die Lernfähigkeit des Kapitalismus unterschätzt worden war. Denn ohne die DDR hätte es im Westen weder "soziale Marktwirtschaft" noch "Mitbestimmung" gegeben. Dieser Ausnahmezustand wurde zum "Wirtschaftswunder" verklärt und diente als Köder für viele DDR-Bürger.
Der Westen präsentierte sich als "freie Welt" und begann sich seit 1990 nach und nach aus seinem Ausnahmezustand wieder in den Urzustand zu versetzen. Der gemeinsame Feind, der die westliche Welt vereinte, war besiegt, und die Akteure des Kapitals ordneten das angeblich gemeinsame Haus Europa allein ihren Profitinteressen unter. Die von ihnen vorgespiegelten Werte der westlichen Welt dienen nur der Verschleierung ihrer Macht.

Oberst a. D. Horst Nörenberg, Strausberg


Was Wahrheit befördert, ist oft das Einfache, das schwer zu machen ist. So teilten uns vor geraumer Zeit die bürgerlichen Medien mit, daß Roger Willemsen verstorben sei. Was sie uns allerdings vorenthielten, war seine Tiefsinnigkeit. Als ihn vor Jahren eine Tageszeitung fragte, welche Strategie er vorschlage, um der Wahrheit in den Medien mehr Gehör zu verschaffen, antwortete er: "Wie schon Karl Marx gesagt hat - bringt Euch in den Besitz der Produktionsmittel!" Mir fielen dabei die Worte des jungen Großgeistes in seiner "Rheinischen Zeitung" ein: "Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein."

Karl Scheffsky, Schwerin


Warnung und Empfehlung

Frau Petry von der AfD,
die Petrischale der Nation,
bereitet auf warmem Agar-Gelee
den Nährboden brauner Rezeption.

Sie tut dies unverborgen,
öffentlich frech, vergangenheitsschwer.
Darum empfehle ich: Bleichmittel her
und Braunes schnell entsorgen!

Lutz Jahoda, Ebensee

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Ulrich Guhl
Bernd Gutte
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RotFuchs Nr. 219, 19. Jahrgang, April 2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2016

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