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ROTER BRANDENBURGER/025: Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg 03/13


Roter Brandenburger - März 2013
Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg




In dieser Ausgabe:
- BRD - 30. Januar 2013
- Demo Liebknecht-Luxemburg -
  Mutationen der Märsche - II
- Brandstifter
- Friedensengelflüge
- 80 Jahre illegale Tagung Ziegenhals
- Antikommunismus in Potsdam
- Kommunismus (Teil XVIII)
- Der Leipziger Hochverratsprozeß im März 1872
- Brandenburger Nachrichten in Rot
- Interview
- Roter Bücherwurm
- Anzeigen / Impressum

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Wahlen verändern nix, gemeinsam kämpfen alles!

Die DKP Brandenburg plädiert für ein gemeinsames Eingreifen der DKP als Gesamtorganisation in einen eigenständigen Wahlantritt der DKP im ganzen Bundesgebiet.

In Wahlkampfzeiten ergeben sich andere Möglichkeiten, um die Menschen mit unseren politischen Aussagen bekannt zu machen, aber auch die Zusammenarbeit mit anderen fortschrittlichen und linken Kräften zu entwickeln.

In der Mark werden bereits außerhalb wie innerhalb der DKP Diskussionen und Gespräche mit Freunden und Bündnispartnern geführt, wie eine wahlpolitische Alternative mit der DKP zu organisieren ist.

Uns geht es nicht darum, den Menschen Flusen über einen erfolgreichen Einzug von Kommunisten in Parlamente zu setzen. Wir wollen unsere Positionen darlegen, was heute im Kapitalismus zu tun ist, auch wenn es nur Reformen sind. Dabei geht es auch um das Befördern von Zukunftsdiskussion. Wir müssen Ideen entwickeln, was zu tun ist um den Kapitalismus abzuschaffen und Wege zu einer sozialistischen Gesellschaft einzuschlagen. Wir müssen diskutieren was grundsätzlich im Land verändert werden, muss um sich diesem Ziel anzunähern.

Wir Kommunisten betonen den außerparlamentarischen Kampf, weil sich ohne diesen auch im Parlament nichts bewegen wird. Wir Kommunisten betonen aber auch die Notwendigkeit des Zusammenführens von linken und fortschrittlichen Kräften, um auch das Linke inner- und außerhalb von Parlamenten zu stärken und zum Wesensmerkmal gemeinsamer Anstrengungen zu machen.

Uns Kommunisten geht es darum, dass mehr Menschen aus der Resignation und Enttäuschung falscher Politiken wieder in die Aktivität kommen. Dass sie ihr Bewusstsein schärfen. Nicht nur für ihre Belange, sondern für das grundlegende Verständnis, dass nur mit Gegenwehr Widerstand zu organisieren ist.

Für unsere Partei ist die Wahlteilnahme vor allem ein Beitrag dazu, die DKP inhaltlich, personell und organisatorisch zu stärken. Dass die Partei der Kommunisten die Kontinuität wieder aufnimmt, flächendeckend als die Partei von Kommunisten wahrgenommen zu werden. Als die Partei, die im außerparlamentarischen Kampf steht und diesen in die Parlamente reinbringt.

Dafür wollen wir nicht nur dort auf dem Wahlzettel stehen, wo wir bereits eine gute und erfahrene Arbeit realisiert haben, sondern überall. Dies sichert nur die zusätzliche Teilnahme mit Landeslisten ab.

Der Parteitag als unser höchster Souverän hat nun die Möglichkeit ein gemeinsames Eingreifen der DKP als Gesamtorganisation zu befördern. Damit würde der Parteitag die Partei orientieren, ermutigen und unterstützen, um möglichst viele Bezirke und Landesverbände - vor allem dort, wo im nächsten Jahr auch noch weitere Wahlen stattfinden - zu einer Kandidatur zu befähigen.

Was die DKP nun braucht, ist die Wiedererlangung von Schlagkraft, um Kampfpartei der Klasse die Arbeiterklasse anführen zu wollen.

Mario Berríos Miranda
Landesvorsitzender der DKP Brandenburg

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BRD - 30. Januar 2013

Der 30. Januar 1933 war in der Bundesrepublik 2013 Anlass offizieller Veranstaltungen. Wer schämte sich selbst dort nicht, Hitlers Wortschöpfung "Nationalsozialismus" für dessen System zu verwenden, welches mörderische Aggressionskriege mit Massenmorden an "Untermenschen" und politischen Gegnern bezweckte? Warum störte die Verharmlosung, die von der Hitlervokabel ausgeht, die Veranstaltungsteilnehmer nicht? Äußert sich vielleicht bereits so eine bezeichnende Gemeinsamkeit heutiger mit damaliger Zeit: törichter Antikommunismus, der auch Antisozialismus ist? Dem Jahrestag voran ging ein unerträgliches Lamento über die Schwierigkeit, faschistoide oder gar unverhüllt faschistische Organisationen in der Bundesrepublik zu verbieten. Der Grund dieser "Schwierigkeit" liegt auf der Hand: das Gesetzeswerk dieses Staates gibt das Verbot faschistischer Umtriebe offensichtlich nicht her. Ist also dieser Rechtsstaat überhaupt kein antifaschistischer Staat? Bedenkt man angesichts solcher Frage auch das Langzeiterlebnis der Kabale von MAD, BND, Staatsschutz, Verfassungsschutz und deren angeblich vorgesetzten demokratischen Behörden im Hinblick auf die Mordserie der NSU (Nationalsozialistischer Untergrund!), so zeichnet sich eine todernste Lage ab.

Umso mehr, als die 64jährige Geschichte der Bundesrepublik unentwegt braun befleckt wurde, durch Aufmärsche von Wehrmachts- und SS-Vereinen, Ritterkreuzträgern, "Wehrsportgruppen", Anhängern von Hitlers Feldherren, von Heß oder Speer und dergleichen. Unvergessen sind hoffentlich die periodischen Massenveranstaltungen, welche die Revision der deutschen Ostgrenzen verlangten, die nach den faschistischen Aggressionen von den einst Alliierten geschaffen wurden. Dafür erleben wir bis auf den heutigen Tag, wie die deutschen Staatsorgane mit Antifaschisten umspringen, die selbstverständlich nicht begreifen können, warum in Deutschland Nazi-Aufmärsche unter staatlichem Schutz stehen. Das Schlimmste aber ist bei all dem, dass sich die Deutschen wieder an öffentlichen Faschismus gewöhnt haben. So sehr, dass so viele auf den Vorwurf gegen die DDR hereinfielen, diese habe einst den Antifaschismus "verordnet". Tatsächlich ist doch die arrogante Kritik an einem der wesentlichen Vorzüge der DDR eine ungewollte Selbstentlarvung der Kritiker. Die merkten das "Eigentor" nicht einmal mit faschistischen Vokabeln im Kopf wächst eben gleich auch ein Brett vorm Kopf.

Die dauerhaften und tiefgehenden faschistischen Tendenzen im heutigen Deutschland haben lange Wurzeln. Allein schon die Unkenntnis über die Ursachen der deutschen Spaltung 1948/49 kräftigt sie ständig. Die war nämlich weder eine Folge noch Strafe für deutsche Schuld und Verbrechen am und im II. Weltkrieg. Vielmehr resultierte sie aus der absoluten Forderung verbissener Antikommunisten, ein deutscher Staat müsse Teil eines westlichen Militärblocks sein. Die deutschen Antifaschisten hingegen wollten einen deutschen Staat, der dauerhaft zu international neutraler Politik verpflichtet sein würde. Sie fanden damals selbstverständlich die wirksame Unterstützung der Länder, die gerade einen mörderischen deutschen Drang gen Osten siegreich zurückgeschlagen hatten. Kurzerhand formierten die Antikommunisten einen deutschen Weststaat, der auch bald NATO-Staat war. Wer beachtete schon, dass damit ausgerechnet ein "politisches Vermächtnis" Görings und Himmlers realisiert wurde? Folgerichtig bildeten dann in der Westrepublik Wehrwirtschaftsführer, Nazibeamte und -Juristen, Nazilehrer und Professoren, Nazihörige Mitarbeiter aller Medien usw. den Kader in allen Bereichen - von Wirtschaft über Politik und Kultur bis zu Militär, Polizei und Geheimdiensten. Die sind zwar inzwischen aus biologischen Gründen nicht mehr auf ihren einflussreichen Posten. Aber sie marschieren im Geiste mit. Nicht zuletzt, weil doch auch die grundlegende Gesellschaftsstruktur bestehen blieb, nämlich die vom Großkapital bestimmte.

Der kategorische Imperativ des Hitlerfaschismus war der Drang zur Weltmacht. Die Kraft dafür wollte sich das III. Reich durch riesige Eroberungen im Osten Europas erkämpfen. Alles andere - mörderischer Antikommunismus und Rassismus, primitiver Nationalismus, Militarismus geradezu als Lebensweise - war Mittel zu diesem Zweck. Heute werden die brutalen Mittel kritisiert, manchmal heftig. Und das Ziel, der Zweck? Wie ist die NATO-Ostausdehnung zu verstehen? Wie konnte Krieg längst wieder zum gängigen Mittel der Politik gemacht werden? Was lehren uns die faschistischen und militaristischen Tendenzen in den Staaten der Friedensnobelpreisträgerin EU? Nicht die blökenden, schlagenden und auch mordenden Jungmannen und Maiden sind die Urheber und Träger dieser kotzreaktionären Entwicklung. Der Schoß, aus dem Weltmachtstreben ebenso wie Faschismus kriechen, blieb seit rund 120 Jahren fruchtbar. Die Verursacher dieser Tendenz - nicht etwa zur Wiederholung eines "Nationalsozialismus", sondern zu Hochrüstung, Krieg und Faschismus - gebärden sich aktuell als politische Mitte. Aber wer regierte, als sich die BRD erstmals nach 1945 offiziell an einem Krieg beteiligte - und passend dazu eine asoziale "Agenda" mit Hartz und "Rente mit 67" übers Volk stülpte? Es ist für alle Antifaschisten hohe Zeit, zu prüfen, ob die bisherigen Wege und Methoden des Kampfes gegen Faschismus und Militarismus zweckmäßig und Erfolg versprechend sind. Die Geschichte hat uns wohl grausam genug eingebläut: der Kampf gegen Militarismus, Krieg und Faschismus ist ein Kampf!

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Nach dem 2. Weltkrieg standen auch Bosse deutscher Monopolunternehmen vor dem Nürnberger Tribunal gegen Hauptkriegsverbrecher, so auch solche der "IG-Farben", in der sich die BASF, die Bayer AG, die AGFA. die Farbwerke Hoechst und weitere Kapitalunternehmen zusammengeschlossen hatten. Damals erklärte Hauptankläger Telford Taylor (USA !): "Diese Angeklagten und andere mit ihnen, nicht die halb unzurechnungsfähigen Nazifanatiker und schießwütigen Raufbolde der Straße, sind die Hauptkriegsverbrecher. Sollte die Schuld dieser Angeklagten nicht ans Tageslicht gezogen und bestraft werden, so werden sie für den künftigen Frieden der Welt eine viel größere Gefahr darstellen als Hitler, wenn der noch am Leben wäre."

Hans Stahl

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Demo Liebknecht Luxemburg - Mutationen der Märsche - II

Rosa&Karl - Wasser auf die Mühlen antikommunistischer Bezichtigung

(entnommen der elektronischen Zeitung www.schattenblick.de, gekürzt)

Wenn der Kapitalismus noch in der tiefsten Krise den Sieg proklamiert und seine Gesellschaftsordnung für unanfechtbar erklärt, so gewiß nicht deshalb, weil dies als historische Tatsache in Stein gemeißelt wäre. Um die Unumkehrbarkeit der Herrschaftsverhältnisse zu besiegeln und ihren Bestand zu sichern, bedarf es einer innovativen Fortschreibung wie auch unablässigen ideologischen Flankenschutzes. Wurde der Sozialismus in Zeiten konkurrierender Blöcke als Feind bekämpft, so ging man nach seiner Niederwerfung dazu über, seine Errungenschaften zu leugnen und ihn als verhängnisvollen Irrweg zu diskreditieren, um jede positive Bezugnahme auf ihn aus dem Feld zu schlagen. Seine Gleichsetzung mit Diktatur, die apodiktisch ein Monstrum postuliert, dem nur Autokraten und Verrückte nachtrauern könnten, fügt dem Gewaltmonopol des bundesrepublikanischen Staates als Sachwalter kapitalistischer Verwertung den Zugriff per Denkkontrolle hinzu. ...

Den Sozialismus in der Konkurrenz der Systeme zu besiegen, reicht aus Perspektive des Kapitalismus nicht aus, soll doch der Unterworfene nie wieder sein Haupt erheben. Die Linke muß nicht nur wissen, daß sie verloren, sondern auch erkennen, daß sie auf der falschen Seite gestanden hat: "Es werden Diktatoren und alte Dummheiten zur Schau getragen, weltanschauliche Marxisten und Untergangspropheten, Parteifreunde und Staatsliebhaber, Führungsphantasten, Klassenwohltäter und erfolglose Nationalisten tummeln sich gemeinsam mit verirrten Autonomen um ein realsozialistisches Denkmal und stellen sich vor, sie wären gesellschaftlich relevant. Mit diesem Karneval verpatzter Politik, gruseliger Ideologien und gescheiterter Identitäten wollen wir nichts zu tun haben."

Dieses Bekenntnis aus tiefster Brust, der Bodensatz überkommener Irrationalität und Absurdität müsse endlich entsorgt werden, stammt nicht etwa aus dem Munde eines glühenden Antikommunisten. Es war vielmehr die zentrale Aussage eines der beiden Redebeiträge zum Auftakt der Rosa&Karl-Demonstration, bei der wenige hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Emanzipation vom Sozialismus im Namen seines Neubeginns probten. ...

Der Stalinismus sei die schlimmste Diktatur des letzten Jahrhunderts gewesen, gab die Auftaktkundgebung unmißverständlich den Kurs vor, auf dem Fraktionen der Jusos, Teile der Linksjugend ['solid'], die sozialistische Jugend "Die Falken", die Basisgruppe Antifa Bremen, die Naturfreundejugend sowie die DGB- und ver.di-Jugend zumindest an diesem kalten Sonntag im Januar gemeinsam segelten. ...

Wenn man im Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht auf die Straße geht, fällt einem vieles ein, wogegen die beiden gekämpft haben. Damals wie heute schlägt der Kapitalismus seine Zähne und Klauen ins Fleisch der Unterworfenen, so daß kein Mangel an Leitmotiven herrscht, die man in aktuellen Bezügen einer solchen Demonstration voranstellen könnte. Das vereinzelte Mitführen von Abbildern Stalins und Maos auf der traditionellen LL-Demo, ja selbst die angeblich mangelnde Bereitschaft der Demonstrationsleitung, solches mit aller Macht zu verhindern, zum Vorwand der Spaltung zu nehmen, läßt indessen auf grundsätzlichere Kurskorrekturen seitens des Bündnisses Rosa&Karl schließen. ...

Den Vorwurf der Spaltung durch eine zweite Demonstration mit dem Verweis auf Teilnehmer zu kontern, die ohnehin nicht beim traditionellen Gedenkmarsch präsent gewesen wären, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen definiert sich das Bündnis Rosa&Karl aus der Ablehnung der LL-Demo und hält damit ausdrücklich eine andere Ausrichtung vor. Wenn diese veränderte Positionierung aber geeignet ist, Jusos, Naturfreunde- und selbst die Gewerkschaftsjugend mit ins Boot zu holen, stellt sich doch die Frage, um welches Boot es sich handelt. Kann man im Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, an deren Ermordung Sozialdemokraten maßgeblich beteiligt waren, Seite an Seite mit Sozialdemokraten marschieren? Diese Kontroverse war zwangsläufig im Vorfeld des Gedenktags aufgebrochen, und die Jusos blieben dazu eine schlüssige Antwort schuldig. Wenngleich man sie natürlich nicht an einer früheren Schuld ihrer Partei messen kann, sollte man um so eingehender prüfen, ob die SPD von heute mit Hartz IV, Kriegsbeteiligung und Antikommunismus nicht auf derselben Schiene fährt wie jene zu Beginn des letzten Jahrhunderts. ...

Wenn man "nein, nein, nein, das ist nicht der Kommunismus" rufe, so geschehe dies wegen der Gulags und Schauprozesse. Es gelte Kritik an Staat, Demokratie und Parteien zu üben, das Privateigentum an Produktionsmitteln, das Gewaltmonopol und die Klassengesellschaft aufs schärfste zu kritisieren. Kommunistische Kritik, die den herrschenden Verhältnissen gerecht werde, habe kategorial zu sein. Man müsse die Grundvoraussetzungen der Klassengesellschaft angreifen. Die massenhafte Selbstbefreiung der Proletarisierten könne nicht an eine Avantgarde delegiert werden, weshalb man die Diktatur des Proletariats im Leninschen Sinne als Diktatur der allmächtigen Partei über die Gesellschaft und die Menschen ablehne. Nur die massenhafte Selbstorganisierung und die bewußte Aneignung aller Bereiche in gemeinsamer Selbstverwaltung führe zum Kommunismus.

Wie dieses Bekenntnis zum Kommunismus und die durchaus zutreffende Kritik an den Bündnispartnern zeigt, war die Rosa&Karl-Demo nicht über einen Kamm zu scheren und per se als bürgerliche Veranstaltung zu identifizieren. ...

Rosa und Karl hätten gegen Militarismus gekämpft, überzeugte Militaristen ermordeten beide. Nationalismus, Autoritarismus, Kapitalismus und geschlechtliche Unterdrückung seien vom Militarismus nicht zu trennen. ... Warum man jedoch..., die traditionellen Wege der Friedensbewegung gegen vermeintliche Imperialisten verlassen müsse, um für antinationale Solidarität zu kämpfen, müßte alle jene erstaunen, die mit Rosa Luxemburgs Imperialismustheorie vertraut sind und die internationale Solidarität hochhalten. "Traditionsmarxismus" zu antikapitalistisch? ...

Nichts spricht gegen eine punktuelle Aktionseinheit auch mit bürgerlichen Fraktionen, sofern ein solcher Zusammenschluß ohne Preisgabe der eigenen Positionen in aktuellen Kämpfen möglich ist. Sich aber in der Auseinandersetzung mit grundlegenden Fragestellungen einer antikapitalistischen Linken mit Antikommunisten zu verbünden, die diese Kämpfe und Diskussionen weder teilen, noch führen, zeugt offenkundig von der Absicht, sich den herrschenden Verhältnissen anzudienen und darin eine Plattform zu verschaffen. Wenngleich etliche Partner im Bündnis Rosa&Karl gewiß keine Sozialisten, ja offenkundig nicht einmal dem linken Spektrum zuzuordnen sind und in ihren Positionen eher diffus anmuten, wird diese Sammelbewegung doch im Kern von erklärten Linken angeführt, die sich in Abgrenzung von einem verteufelten "Traditionsmarxismus" eine grundlegende Neuausrichtung auf die Fahnen geschrieben haben. ...

Wer für sich in Anspruch nimmt, die Geschichte der kommunistischen Bewegung als Geschichte des Scheiterns auszudeuten, um einen Schlußstrich zu ziehen und zur Außenbetrachtung überzugehen, muß sich die Frage gefallen lassen, wovon er sich damit verabschiedet. Die antikapitalistischen Kämpfe mit all ihren Irrtümern, Fehlern und Rückschlägen sind seine Sache nicht, delektiert er sich doch an der Selbstvergewisserung des Beobachters, der sich auf die richtige Seite schlägt, die nur die des Stärkeren sein kann. So unverzichtbar die schonungslose Auseinandersetzung mit Stalinismus, Staat, Nation, Partei und vielem mehr zu führen ist, macht dies nur unter jenen Sinn, die sich diesen Kämpfen in all ihren Windungen und Wendungen verpflichtet fühlen und sie gerade deswegen weiterführen. Wer hingegen meint, daß es besser sei, sich die Hände keinesfalls schmutzig zu machen, wird wohl seinen Platz auf der Seite der Sieger von heute finden.


Copyright 2013 by MA-Verlag, Elektronische Zeitung Schattenblick, ISSN 2190-6963
Nachdruck mit Genehmigung des Verlages
Kompletter Bericht unter
http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prbe0140.html

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Friedensflüge

Der für Kriegseinsätze zuständige Bundesminister führt in seinem Titel den Begriff Verteidigung. Wie er im Bundestag die geplante Anschaffung von Kampfdrohnen schönredete, erwies er sich als zynischer Demagoge und als Verteidiger von Kriegs- und Rüstungsinteressen. Wer gegen die Anschaffung dieser Killer-Drohnen sei, setze das Leben von Piloten aufs Spiel, behauptete er. Dass der Pilot da, wo er Gefahr fliegt, vom Himmel geholt zu werden, nichts zu suchen haben könnte, kommt dem Minister und seinem militaristischen Klüngel nicht in den Sinn. Man könne nicht bei der Postkutsche bleiben, während andere die Eisenbahn entwickelten, belehrte er Kritiker. Dabei weiß er genau, dass, was mit diesen Waffen angerichtet wird, nämlich gezielt getötet, dem Völkerrecht zuwider läuft. Dass beim Einsatz der wegen ihrer Präzision hoch gelobten Waffen in der Vergangenheit massenhaft Unbeteiligte ums Leben kamen, ficht den Minister nicht an.

Aber: Mit derartigem Gepäck marschierte der Herr über Militär und todbringende Waffen zum Deutschen Gewerkschaftsbund. Dort sollten die künftige Zusammenarbeit und die Vertiefung gegenseitiger Beziehungen verhandelt werden. Dabei stellte er mit kaum zu überbietender Unverschämtheit fest, dass die Bundeswehr Teil der Friedensbewegung sei. Es hat den Anschein, als hätte der DGB-Vorstand gegen diese Schamlosigkeit keine Einwände gehabt. Vom DGB-Vorsitzenden war zu hören, dass das historisch belastete Verhältnis der Gewerkschaften zu den bewaffneten Streitkräften heute nicht mehr bestehe. Das klingt, als hätte sich der DGB mit einem bedeutenden Arbeitgeber arrangiert. Das jedoch dürfte die Gewerkschaftsbosse in Widerspruch zu den vielen engagierten Gewerkschaftern bringen. Sie werden das nicht einfach hinnehmen.

maggh

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Brandstifter

Ohne Einwand und sehr zügig beteiligte sich die Bundeswehr mit dem Einsatz von zwei deutschen "Patriot"-Flugabwehr-Staffeln an der möglichen Abwehr von Politikern erdachter Raketenangriffe von Syrien auf die Türkei. Die NATO-Führung entschied sich bereitwillig für die imaginäre Bedrohungskulisse und entwickelte eine NATO-Mission. Der syrische Gegner will sich aber offenbar nicht missionieren lassen. So stehen die deutschen Raketen nutzlos herum und das für schlichte 25 Millionen Euro. Die hatte die Mehrheit im Bundestag bewilligt. Inzwischen werden weitere rund fünf Millionen Euro gebraucht. Davon sind auch die von den deutschen Soldaten verursachten Hotelkosten zu bezahlen. Aufgemerkt! Soldaten wohnen nicht mehr, wie bei Brecht, auf den Kanonen, sondern in Hotels. Militärtouristik für 30 Millionen Euro und sonst nichts? Da hatte der US-Senator John McCain vor kurzem auf der Münchener so genannten Sicherheitskonferenz einen Vorschlag: Er forderte die Zerstörung der syrischen Luftwaffe. Benutzen möchte er dafür die besagten Raketen. "Tatsache ist, es gibt Optionen. Die NATO hat Patriot Raketen in der Türkei stationiert, die in der Lage sind, syrische Flugzeuge so weit südlich wie Aleppo abzuschießen." So klingt schießwütiges US-amerikanisches Spiel mit dem Feuer und deutsche Soldaten gammeln für 30 Millionen nicht etwa an den Feuerlöschern.

Was mit dem vielen Geld wirklich Gutes getan werden könnte..., denkt zornig

Till

"Denn sie wissen, was sie tun! Krieg ist gegen den Willen Gottes. Nun ja, das ist viel gesagt und gar nichts getan. Mord ist auch gegen den Willen Gottes. Aber damit, dass ich das feststelle und Morde nicht verhindere, habe ich eben noch gar nichts getan. Und damit ist heute die Ausbildung zum Soldaten die Hohe Schule für Berufsverbrecher. Mütter und Väter sollen wissen, was sie tun, wenn sie ihren Sohn Soldat werden lassen. Sie lassen ihn zum Verbrecher ausbilden,"

Martin Niemöller, Kassel, 25.1.1959

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80 Jahre illegale Tagung des ZK der KPD, 60 Jahre Ernst-Thälmann-Gedenkstätte

Impressionen eines erfolgreichen Wochenendes

Udo Helmbold, 2. Vorsitzender des Freundeskreises Ernst-Thälmann-Gedenkstätte, begrüßte um 10:30 Uhr die Anwesenden und führte durch den ersten Teil der Kundgebung. Dessen Höhepunkt war die Einweihung des Gedenksteins zur Erinnerung an die Letzte Tagung des ZK der KPD in Ziegenhals. Leo Kuntz, Sohn des Teilnehmers der "Ziegenhalser Tagung" Albert Kuntz, hielt die ergreifende Einweihungsrede. Sie wurde durch starken Applaus der Teilnehmer beantwortet. Während der "Kleine Trompeter" angestimmt wurde enthüllte dann die Enkelin Rosa und Ernst Thälmanns, Vera Dehle-Thälmann, den neuen Gedenkstein in Ziegenhals. Anschließend sprachen Michael Wippold (Die Linke Königs Wusterhausen) und der Abgeordnete des Europaparlaments der KS M, Jaromir Kohlicek. Den ersten Teil der Kundgebung schloss Nina Hager (Stellv. Parteivorsitzende der DKP) ab.

Dann begann der zweite Teil der Kundgebung, den Max Renkl (Vorsitzender des Freundeskreises) eröffnete und moderierte. Für die Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ) sprach Mathias aus Wien. Für den Kommunistischen Jugendverband der Tschechoslowakei sprach ihr Vorsitzender Lukas Kollarcik. Nach der Rede des Chefredakteurs der jungen Welt, Arnold Schölzel, sprach Wassilij N. Ikonnikow (Abgeordneter der russischen Duma für die Kommunistische Partei der Russischen Föderation, KPRF), der Grußworte seiner Vorsitzenden, G. Sjuganow, überbrachte und mit seiner vorwärtsweisenden Rede die Kundgebung am 10. Februar 2013 abschloss. Gemeinsam sangen wir "Die Internationale".

Der Freundeskreis zeigte auf der Kundgebung - erstmals seit 10 Jahren - Exponate und Ausstellungsstücke aus der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte, wie Tische und Stühle aus dem "Sporthaus Ziegenhals" und das Modell des Sporthauses Ziegenhals.

Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte e.V.

Weitere Informationen:
www.etg-ziegenhals.de
www.kommunisten.de

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Antikommunismus in Potsdam - die Dritte
Karl Liebknecht soll aus Babelsberg weichen

Die Attacken gegen alles was nach Kommunismus aussieht werden immer öfter geritten. So sollte die Wiederaufstellung des Lenindenkmals an dem ehemaligen Haus der Offiziere durch Beschluss der Stadtverordnetenversammlung verhindert werden. Als der 2006 verstorbene Schriftsteller, Antifaschist und ehemalige KZ-Häftling Otto Wiesner auf Vorschlag der Partei die Linke und der Fraktion Die Andere mit einer Straßenbenennung geehrt werden sollte, bescheinigte ihm flugs eine Kommission beinharter "Stalinist" gewesen zu sein. Also ehrunwürdig.

Aber auch einer anderen Tradition von Potsdam soll aus dem öffentlichen Bewusstsein getilgt werden. Karl Liebknecht - Kämpfer gegen Krieg und Militarismus, stimmte er doch als einziger Reichstagsabgeordnete gegen die Kriegskredite, die den ersten Weltkrieg vorbereiteten.

In der ehemaligen Weber- und Arbeitersiedlung Nowawes-Babelsberg gibt es ein Fußballstadion, das seinen Namen trägt und eine lange Tradition hat. Anfangs war es das Stadion des Fußballvereins Concordia Nowawes 06." Der Sportverein Concordia Nowawes 06 wurde im Jahr 1906 als reiner Fußballklub der Gemeinde Nowawes gegründet. Zu dieser Zeit gab es aber für den Arbeitersportverein noch keine richtigen Trainings- und Spielmöglichkeiten. Dies änderte sich erst im Jahr 1924. Die Mitglieder des Vereins bauten auf einer ehemaligen Baumschule und Jugendherberge ihren Sportplatz an der Priesterstraße (heute Karl-Liebknecht-Stadion in der Karl-Liebknecht-Straße). Als im Jahr 1928 alle Mitglieder der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) aus dem sozialdemokratisch geprägten Arbeiter-, Turn- und Sportbund (ATSB) ausgeschlossen wurden, gründeten die KPD-Mitglieder die Kampfgemeinschaft für rote Sporteinheit. Zu den Mitgliedern dieser Kampfgemeinschaft gehörte auch der SV Concordia. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurde der SV Concordia verboten." (www.potsdam-wiki.de)

Bereits Anfang 2012 gab es Bestrebungen den Namen des Stadions an eine Investor zu verkaufen. Damit wäre der Traditionsname weg. Die Ultras Babelsberg haben versucht durch Eintragung des Schriftzuges in die Denkmalsliste und durch Änderung der Vereinssatzung die Umbenennung zu verhindern. Leider ist dies nicht gelungen.

Damals wurde beschwichtigt, dass dies bisher nicht ernsthaft in Erwägung gezogenwürde. Nun ist am 18.12.12 in der MAZ zu lesen, dass die Sportbeigeordnete Iris Jana Magdowski (CDU) gefordert hat, "einen 'Namenssponsor' für das Karl-Liebknecht-Stadion zu suchen und so zum finanziellen Befreiungsschlag auszuholen." Schließlich gehört auch die Stadt zu den Geldgebern, die jährlich an den Verein einen Zuschuss in Höhe von 155.000 Euro zahlt, ab 2103 soll diese Summe verdoppelt werden.

Frank Novoce

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Kommunismus (Teil XVIII)

Den Kapitalismus kennen wir ja nun in recht verschiedenen Staatsformen: als Monarchie, als Militärdiktatur, als repräsentative Parteiendemokratie, als Faschismus, nun auch als Staatenbund (EU). Krisen, Kriege, Armut und Existenz bedrohende Ungerechtigkeit vermeiden sie alle nicht. Man begreift, trotz erheblicher Unterschiede wird das reale Leben weit weniger von den Staatsformen beeinflusst als von der Gesellschaftsstruktur. Grundlegende Änderung ist nur mit grundlegender Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse zu erreichen. Für Kommunisten heißt das Revolution. Und da fährt vielen Leuten der Schreck in die Glieder, jedenfalls in der Bundesrepublik. So sehr, dass sie eher jahrzehntelange Arbeitslosigkeit mit all ihren entwürdigenden Folgen ertragen oder gar ihr Leben in Kriegen einsetzen. Für sie ist Revolution ein blutrünstiger abschreckender Prozess. Tatsächlich bedeutet hingegen Revolution nichts anderes als grundlegende Veränderung, gesellschaftliche Umwälzung. Mit dem Begriff ist über die Wege und Mittel zur Verwirklichung dieser Umwälzung überhaupt nichts gesagt. Wo also eine Parteiendemokratie tatsächlich freiheitlich-demokratisch sein würde, in der eine Partei auch das Recht hat, sich für die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und Überwindung der sozialen Klassen einzusetzen, ist folgerichtig auch eine friedlich verlaufende Revolution denkbar. Doch die Diskriminierung der Kommunisten in der freiheitlich-demokratischen Bundesrepublik beginnt schon mit der allgegenwärtigen Unterstellung, sie seien Anbeter eines gewalttätigen Aufruhrs. Und mit dieser Unterstellung werden alle ihr folgenden geheimdienstlichen, polizeilichen, medialen, politischen und juristischen "Behandlungen" begründet. Die Tatsache, dass die kommunistische Überzeugung tiefer Humanität entspringt, versuchen ihre geifernden Feinde einfach auszulöschen.

Dem widerspricht die Tatsache nicht, dass bisherige Revolutionen zumeist mit großen Opfern verbunden waren. Selbst der zunächst erfolgreiche Versuch einer friedlichen sozialistischen Umgestaltung in Chile endete in Folter und Mord. Der Terror ging jedoch von den Generälen der alten Armee und ihren US-amerikanischen Unterstützern aus. Auch die russische Oktoberrevolution war in Wirklichkeit ein weitgehend unblutiger Vorgang. Erst die Konterrevolution der Generalität und ihrer Regimenter sowie die Aggression der Armeen kapitalistischer Staaten verbreiteten grenzenlosen Terror, sodass schließlich die Sowjets dem weißen Terror bewusst roten Terror entgegen setzten. Der DDR hängt man mangels kommunistischer Bluttaten die "Mauertoten" an. Diese absolute Einseitigkeit erledigt sich von selbst und fällt eines Tages auf ihre Urheber zurück. Denn objektiv war die "Mauer" nichts anderes als eine sehr verspätete und schwache Reaktion der DDR und ihrer Bündnispartner auf die Rolle der bereits 1948/49 gegründeten westdeutschen Teilrepublik im westlichen Militärblock und der damit heraufbeschworenen Konfrontation und Atomkriegsgefahr.

Seit anderthalb Jahrhunderten das gleiche Spiel: Jene gesellschaftlichen Kräfte, die einen Krieg nach dem anderen inszenieren und grausam führen, unterstellen Parteien chronische Gewalttätigkeit, die die Gesellschaft gerade wegen der Kriege und der damit einhergehenden sozialen Unterdrückung umgestalten wollen und zwar grundlegend. Die Fehldeutung des Begriffes Revolution ist ein Mittel zu diesem bösen Zweck. Mehr zum Thema Revolution im Teil 19.

H.St.

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- "Friedliche" Konterrevolution - Moneda September 1973
- "Friedliche" Konterrevolution - Stadion Santiago de Chile September 1973

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AUS DEM GESCHICHTSBUCH

Der Leipziger Hochverratsprozeß im März 1872

Als die Bonner Regierung nach unserer Niederlage einen Schauprozeß gegen die Mitglieder des Politbüros der SED inszenierte, erinnerte Erich Honecker in seiner Verteidigungsrede daran, daß der so genannte deutsche Rechtsstaat schon Karl Marx, August Bebel, Karl Liebknecht und viele andere Sozialisten vor die Schranken des Gerichts gezerrt, angeklagt und verurteilt habe: "Die Wahrheit ist, daß die Kommunisten, die DDR-Bürger, heute aus den gleichen Gründen verfolgt werden, aus denen sie in Deutschland immer verfolgt wurden."(1)

Und so ist es in der Tat. Ebenso wie 1852 der Kommunistenprozeß in Köln, so wurde 20 Jahre später auch der Leipziger Hochverratsprozeß zu einer historischen Bewährungsprobe im Kampf der revolutionären Arbeiterbewegung. Er steht in einer Reihe mit dem Reichstagsbrandprozeß der Nazis 1933 oder mit dem Karlsruher Prozeß 1954/56 gegen die KPD im Adenauer-Staat. All diese Prozesse hatten ihr Ziel, die revolutionäre Arbeiterbewegung zu vernichten, nicht erreicht.

Die Verhandlungen vor dem Leipziger Schwurgericht gegen die Führer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, August Bebel und Wilhelm Liebknecht, sowie gegen den Redakteur des Zentralorgans der Partei, Adolf Hepner, begannen am 11. März und endeten 26. März 1872. Der Staatsanwalt beschuldigte die Angeklagten der Vorbereitung des Hochverrats, weil sie während des Deutsch-Französischen Krieges für einen gerechten Frieden mit der französischen Republik eingetreten waren und weil sie die Annexion Elsaß-Lothringens verurteilt hatten. Nicht minder Aufsehen in der Öffentlichkeit erregte die Solidarität der Eisenacher Partei mit den Pariser Kommunarden, die im Frühjahr 1871 zum ersten Mal in der Geschichte den Versuch unternommen hatten, eine von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Gesellschaft zu errichten. Die Verurteilung der Angeklagten sollte die ganze deutsche Arbeiterbewegung treffen. Die 1869 in Eisenach gegründete Partei sollte zerschlagen und damit der von Marx und Engels geleiteten Internationalen Arbeiterassoziation ein schwerer Schlag versetzt werden.

Die Verhandlungen vor dem Leipziger Geschworenengericht verliefen jedoch anders, als es seine Initiatoren erwartet hatten. Die Angeklagten wurden zu Anklägern. Sie nutzten mit ihren Beweisanträgen den Saal des Leipziger Schwurgerichts als eine Tribüne zur Verbreitung ihrer revolutionären Weltanschauung. Tag für Tag berichteten in- und ausländische Zeitungen über den Inhalt der Reden und Broschüren von Bebel und Liebknecht, die auf Antrag der Angeklagten verlesen wurden. Mit der Verlesung von Parteitagsprotokollen und anderen programmatischen Schriften der Partei und der Internationale wurden die wahren Ziele der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in die Öffentlichkeit getragen. Zur öffentlichen Auseinandersetzung vor Gericht standen auch die Schriften von Marx und Engels wie zum Beispiel das "Manifest der Kommunistischen Partei" oder die Inauguraladresse der Internationalen Arbeiterassoziation.

"Der Kapitalist fragt nicht, ob die Arbeiter, die er ausbeutet, deutsch oder schwedisch, englisch oder französisch sprechen, weiße oder schwarze oder gelbe Hautfarbe besitzen. Gegen diese internationale Ausbeutung der Arbeiter gibt es nur ein Mittel: die internationale Verbrüderung der Ausgebeuteten", erklärte August Bebel vor den Schranken des Leipziger Schwurgerichts. Und Wilhelm Liebknecht bekräftigte diesen Standpunkt des proletarischen Internationalismus mit der Feststellung: "Das internationale Prinzip ist unsterblich wie die Menschheit und verleumdet, eingekerkert, gestandrechtelt wird es aus jeder Feuerprobe gestärkt hervorgehen und die Runde um die Welt machen."(2)

Gewiß wurden Bebel und Liebknecht am Ende doch zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt, während Hepner freigesprochen werden mußte, aber alles in allem erwies sich der Leipziger Hochverratsprozeß als ein Schlag ins Wasser. Die Geschichte hat nicht den Richtern, sondern den Angeklagten recht gegeben, die unmittelbar nach ihrer Verurteilung ihren Kampfgenossen zuriefen: "Uns persönlich ist das Resultat gleichgültig. Dieser Prozeß hat so unendlich viel für die Verbreitung unserer Prinzipien gewirkt, daß wir gerne ein paar Jahre Gefängnis hinnehmen .... Unsere Partei wird leben, wachsen und siegen."(3)

Prof. Dr. Erich Kundel


Anmerkungen

(1) Erklärung von Erich Honecker vor Gericht am 03. Dezember 1992
(2) Der Leipziger Hochverratsprozeß vom Jahre 1872, Berlin 1962, S. 118
(3) Ebenda S. 313

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Alles gleich

Wenn von einem Wirbelsturm in den USA die Rede ist, der den Namen "Irene" bekommen hat, heißt es in deutschen Medien, "Einen" suche unseren besten Verbündeten heim. Ist beim polnischen Nachbarn in Wroclaw die Straßenbahn entgleist, dann geschah das nach deutschem Verständnis in Breslau. Nordkorea, die Demokratische Volksrepublik Korea, so die offizielle Bezeichnung des Staates, startete eine Rakete. Der UN-Generalsekretär wettert und nennt das "provokativer Akt." In den USA ist das ein "hoch provokativer Akt". Die EU droht mit Sanktionen ... Der deutsche Außenminister weiß: "Mit dieser gezielten Provokation (verstößt) Nordkorea in unverantwortlicher Weise gegen seine internationalen Verpflichtungen." Fast zeitgleich startete in geheimer Mission eine US-Militärraumfähre vom Typ X 37 B ins All. Das unbemannte Raumschiff wird für neue Möglichkeiten der US-Militärspionage im All erprobt. Dem deutschen Außenminister verschlugs die Sprache, UN und EU fanden keine Worte, d.h. von allen wurden Äußerungen zu diesem Sachverhalt nicht bekannt.

Das Massaker unter Schulkindern in Newtown in seiner furchtbaren Tragik ist mit nahezu allen denkbaren Details vermittelt worden. Ergriffen sahen alle die Träne des US-Präsidenten. Sie sahen sie nicht, als kurz darauf zehn Mädchen beim Holzsammeln von einer hochgehenden Landmine zerfetzt wurden. Das geschah in Afghanistan, in der Provinz Nangarhar an dem Tag, als der deutsche Bundespräsident dort landete, um mit seinen Soldaten zu parlieren. Er glaubt an dauerhaften Frieden dort, hieß es. Waren das etwa Worte der Trauer oder des Bedauerns? Und der nobelfriedenspreistragende US-Präsident ist nach wie vor nicht bereit, die Konvention zur Achtung von Landminen zu unterschreiben. In Newtown war das Massaker eine tragische Ausnahme. Todesopfer in Folge des Krieges in Afghanistan sind die Regel. Raketenstart in einer Volksrepublik ist eine Ausnahme. Starts von US-Drohnen, Raketen, Weltraumfähren eher nicht. Mit welcher Elle wird gemessen? Mit der Elle der herrschenden Klasse, weshalb weiter größtes Misstrauen angesagt bleiben muss, weiß

Till

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[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Die "Brandenburger Nachrichten in Rot" wurden nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Wo dein Platz, Genosse, ist!

Die bürgerliche Demokratie rüstet gegen den kommenden Aufstand Interview mit Gabriele Heinecke

(Entnommen der Elektronischen Zeitung www.schattenblick.de, gekürzt)

Die Hamburger Rechtsanwältin Gabriele Heinecke verfügt über langjährige Erfahrungen mit politischer Justiz. Sie war unter anderem Verteidigerin von Safwan Eid, der 1996 angeklagt war, seine eigene Flüchtlingsunterkunft in Lübeck angezündet zu haben, während die drei Neonazis am Tatort trotz Brandlegerspuren nichtverfolgtwurden. Sie war Verteidigerin von Willi Stoph, sie vertrat die Nebenklage im Prozeß um den Feuertod von Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle und setzte sich für die Entschädigung von griechischen und italienischen Opfern von Massakern von Wehrmacht und SS ein.

Im Rahmen der XVIII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz..., nahm Gabriele Heinecke an einer Podiumsdiskussion unter dem Titel "Der Feind steht links" zu den Verwicklungen von bundesdeutschen Geheimdiensten und Polizeikreisen mit neonazistischen Strukturen teil. ­...


Schattenblick: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, befürworten Sie ein NPD-Verbot.

Gabriele Heinecke: Nein, ich habe gesagt, es dürfte die NPD gar nicht geben. Im Potsdamer Abkommen und in den Polizeibriefen der Militärgouverneure haben die Alliierten der Bundesrepublik Deutschland eindeutig Vorgaben gemacht, denen zufolge es weder die NPD noch faschistische, militaristische Organisationen geben dürfte. Daß es die NPD gibt, ist bereits der Fehler. Daß nun ein Parteiverbotsverfahren durchgeführt wird, ist eigentlich mit den Vorgaben gar nicht vereinbar. Es gab eine Auseinandersetzung zwischen dem Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts und des Verfassungsgerichts in Nordrhein-Westfalen Michael Bertrams und dem ehemaligen Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem darüber, ob die Demonstrationsfreiheit auch für Neonazis gelte. Bertrams ist der Überzeugung, daß sie für die Nazis nicht gelte, weil sie genau das tun, was der Demokratie die Kehle zuschnürt und es anderen unmöglich macht, bürgerliche, demokratische Rechte wahrzunehmen. Das ist, wie ich finde, eine sehr ordentliche Haltung, die ich auch unterstütze. Ich glaube, daß man die Diskussion auf diese Art und Weise fördern sollte und daß man sich klar darüber sein muß, was Faschismus und Faschisten eigentlich wollen und was es bedeutet, Faschisten so viel Raum zu geben. ...

SB: Die NPD wirkte jahrelang relativ schwach und unbedeutend, aber auf einmal taucht eine Rechte auf die im Vergleich zur NPD sehr viel stärker und militanter auftritt. Wie würden Sie die Gefahr einschätzen, daß die Rechte möglicherweise als Notreserve für schwierige Zeiten des Kapitalismus wieder aufgebaut wird?

GH: Ich möchte dazu einmal Franz Josef Strauß aus dem Jahre 1970 zitieren: "Mit Hilfstruppen soll man nicht zimperlich sein." Ulla Jelpke hat in ihrem Artikel in der jungen Welt sinngemäß gesagt, die Rechte sei die Triebfeder für den Kapitalismus, die Forderungen stellt, die gestellt werden sollen, damit man eine rechte Politik machen kann. Darüber kann man sich sicherlich lang und breit auseinandersetzen, aber daß die Rechte in unserem Land eine Rolle spielt, scheint mir völlig klar zu sein. Es gibt einen Zusammenhang, wenn von seiten der Rechten "Ausländer raus" gefordert und Rassismus geschürt wird, und zugleich Menschen in Flüchtlingsheimen in einer Art und Weise gehalten werden, die menschenunwürdig ist. ...

Wenn also von rechter Seite Stimmung gemacht wird, muß man sich im klaren darüber sein, daß es nicht allein die faschistische Rechte ist, die diese Hetze betreibt, sondern daß dort vieles angefangen wird, was dann mit verschiedensten Begründungen auf die konservative rechte Politik übergreift, weil man meint, damit seine eigene Politik besser voranbringen zu können. Ein verhängnisvoller Irrtum, wenn man in die Geschichte schaut. Denn wenn sich ein Staat faschistischer Methoden bedient, sind auch diejenigen davon betroffen, die durchaus konservative Haltungen haben und nicht unbedingt mit der Art und Weise einverstanden sind, wie Herrschaft dort ausgeübt wird. ... Deutschland ist reich. Wir sind die Reichsten Europas und einer der reichsten Staaten der Welt. In Deutschland gibt es im Moment jedenfalls keinen Grund, zum Machtmittel des Faschismus zu greifen, aber ich glaube, das Potential und die Möglichkeit, zu einer solchen Regierungsform zurückzukehren, ist selbstverständlich eine Option derjenigen, die heute die Herrschaft ausüben. Wenn ich mir anschaue, was in Europa zur Zeit geschieht, daß soziale Auseinandersetzungen nicht nur in den Peripherstaaten - das halte ich für eine falsche Sicht -, sondern in allen europäischen Staaten aufkeimen, daß in Spanien 50 Prozent der jungen Leute keine Arbeit und keine Ausbildung haben, daß in Griechenland keine lebensnotwendigen medizinischen Behandlungen mehr vorgenommen werden können und die grundlegenden Versorgungen für Menschen nicht mehr gewährleistet sind, dann ist klar, daß es Aufstände geben wird. Und diese Aufstände werden sicherlich auch Deutschland erreichen. Es ist völlig klar, daß die Herrschaft bereits gegen diese Aufstände vorgeht. 2006 hat man die sogenannte Föderalismusreform beschlossen, in der, wie man sagen muß, Folterwerkzeuge gegen die Demokratie geschaffen wurden. Man ist vorbereitet auf solche Aufstände und auch darauf, daß nicht immer Sonnenschein ist, sondern ein Gewitter in die bürgerliche Demokratie hereinbrechen wird. Ich glaube, daß wir nicht vorbereitet sind, um dem Gewitter, das da kommt, zu widerstehen und uns wirklich in solidarischer Form dagegen zu wehren, was uns an politischen als auch sozialen Rechten weggenommen werden soll.

SB: Heute abend wurde auch die Bündnisfrage thematisiert. Wo sehen Sie die Gründe für die nichtvorhandenen Bündnisse oder die Schwäche der Linken überhaupt?

GH: Ich glaube, man muß erst einmal ein Ziel definieren, ehe man nach dem Bündnis fragt. Ist unser Ziel, keinen Faschismus mehr zuzulassen? Okay, da kann man ein breites Bündnis auch mit bürgerlichen Personen schließen, die den Faschismus nicht wollen. Wenn man weitergehen will, weil man nämlich erkannt hat, daß unsere ökonomische Entwicklung etwas mit dem Aufkommen rechter militanter Organisationen und deren Gedankengut zu tun hat, dann muß man wahrscheinlich ein anderes Bündnis schließen. Wer Bündnisse schließen will, muß sich fragen: Wohin wollen wir? Wollen wir diesen Kapitalismus begleiten oder wollen wir ihn, insbesondere so, wie er jetzt ist, bekämpfen? Die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelte im letzten Jahr: "Das System ist am Ende, das Leben geht weiter." Das ist doch völlig irre. Es wird erklärt, daß die Produktionskrisen der letzten Jahre durch Geldanleihen entstanden seien, aber es sind und bleiben auch im Kern immer Überproduktionskrisen. Sie werden schärfer und werden schärfere Auswirkungen haben. Uns in einem antifaschistischen Bündnis darüber klar zu werden, daß der Kapitalismus nicht oder immer weniger funktioniert, fände ich wichtig und gut. Wenn wir nur reden und nicht handeln und nicht gemeinsam Ziele setzen, dann werden wir verlieren.

SB: Frau Heinecke, vielen Dank für dieses Gespräch.


Copyright 2013 by MA-Verlag, Elektronische Zeitung Schattenblick, ISSN 2190-6963
Nachdruck mit Genehmigung des Verlages
Kompletter Bericht unter
http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0158.html

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Der rote Bücherwurm empfiehlt

"Geboren in Shanghai als Kind von Emigranten"

von Sonja Mühlberger

(Leben und Überleben im Ghetto von Hongkew 1939-1947)

Sonja Mühlberger wurde 1939 als "Shanghai Baby" in der Chinesischen Hafenstadt geboren. Ihre jüdischen Eltern waren vor den Nazis in das "Reich der Mitte" geflohen.

Als Sonjas Eltern, Hermann Krips und Ilse Herzfeld, sich verlobten, waren die "Nürnberger Rassengesetze" schon in Kraft. Eine Woche nach dem Novemberprogrom 1938 wurde ihr Vater verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau überführt. Ihre Mutter konnte mit Hilfe von Freunden und Verwandten die Ausreise organisieren, und so gelangte die Familie auf Umwegen, immer in Angst, doch noch entdeckt zu werden, nach Shanghai. Dort wurde Sonja 1939 geboren. Alle jüdischen Emigranten aus verschiedenen Ländern lebten in Shanghai in einem abgetrennten Gebiet (Ghetto), aus dem sie nicht ohne Erlaubnis hinaus durften.

Warum gingen die Eltern nach Shanghai? Diese Metropole war eine internationale Stadt, anders als die meisten anderen Fluchtziele auf der Welt, brauchte man für Shanghai kein Visum, kein Geld, und keine Beziehungen. Deshalb nutzten viele Emigranten aus Deutschland und ganz Europa die Chance, einfach ausreisen zu können. Ihr Leben konnten sie so retten. Aber das Exil war alles andere als ein Zuckerschlecken. Sie kämpften täglich ums Überleben. Sonjas Eltern gehörten schon kurz nach ihrer Ankunft im April 1939 der kleinen Gruppe illegal arbeitender deutscher Antifaschisten in Shanghai an, die Schulungen abhielt und die Bildung eines Initiativkomitees "Gemeinschaft der demokratischen Deutschen in Shanghai" vorantrieb. Solidarität entwickelte sich unter den Emigranten, Handwerksberufe wurden von ihnen ausgeführt, um das Überleben zu sichern. Sonja besuchte den Kindergarten und dann die Schule.

Wie lebte die Familie in der Emigration in Shanghai, wie erlebt Sonja Krips mit ihrem Bruder, Peter, geb. 1945, die ersten Jahre ihrer frühen Kindheit? Wie gelangten 500 "Shanghaier" 1947 nach Deutschland und so auch nach Ostdeutschland?

Wir erlebten Sonja Mühlberger als Zeitzeugin hautnah bei einer Lesung am 28.01.2013 im Jugendwohnprojekt "Mittendrin" in Neuruppin. Sonja Mühlberger erzählt diese spannende Geschichte ihres Lebens in einer kleinen gelben Broschüre.

Diese ist auch im Buchkonsum Neuruppin erhältlich. "Geboren in Shanghai" ISBN 3-938485-44-2

Gerda Menzel-Bismarck

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IMPRESSUM

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Redaktionsschluss für Nr. 04/2013: 15. April 2013

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Quelle:
Roter Brandenburger 03/2013, 18. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2013