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ROTER BRANDENBURGER/014: Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg 3/12


Roter Brandenburger - März 2012
Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg


In dieser Ausgabe:
- Zum Internationalen Frauentag
- Preußen-Republik
- Auszug aus dem Referat
- Bildungsreihe 2012
- Gespalten statt versöhnt
- Kleingeister
- Dresden stellt sich quer
- Kommunismus (Teil VII)
- Aus dem Geschichtsbuch
- Brandenburger Nachrichten in Rot
- Interview
- Roter Bücherwurm
- Anzeigen / Impressum


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Stilbildend

"So eine schöne Übung hatten wir noch nie", sagte Oberst von Stünzner zum Hochwassereinsatz der Bundswehr 1997 an der Oder. Gedacht werden so jene Politiker haben, die Joachim Gauck schnell mal zum Bundespräsidenten machten - ganz "demokratisch" unter Ausschluss einer von fünf Millionen Menschen gewählten linken Partei. Macht nichts, Frau Künast fand das Gauck-Gehöker "stilbildend". Gauck wurde in einem Handstreich Präsident, Gegenkandidaten gab es nicht, die Monopolmedien feierten ihn sofort und einhellig als Präsidenten, ohne dass die Bundesversammlung ihn gewählt hatte.

Den Gauck also, der sich nach 1989 zum Bürgerrechtler ernannte und der als Pfarrer nicht mit "kleinen [MfS-]Leutnants", sondern mit höheren Chargen reden wollte. Dann kam der Titel "Herr der Stasi-Akten" über ihn und er lebte diesen Titel, indem er denunziatorisch bedienen ließ - vor allem die Medien, die ihn jetzt hofieren. Als er das Amt an seine Nachfolgerin übergeben hatte, wurde er Schwadroneur, nein, "freischaffender Politiklehrer", wie er sich selbst bezeichnete. Und er lehrte.

Ein grundsätzliches Nein zu Militärinterventionen könne Verrat an den Menschenrechten bedeuten, hieß er die Kriege gut, in denen Deutschland beweist, wieder wer zu sein. Anlässlich seines siebzigsten Geburtstages meinte er stolz darauf zu sein, ohne Leid und ohne Scham durch sein Leben gegangen sein zu dürfen. Schamlos, wahrlich, auch dies: "Ich finde es positiv, wenn die Menschen demonstrieren. Aber ich finde es töricht und geschichtsvergessen, wenn der Protest gegen Sozialreformen unter dem Titel Montagsdemonstration stattfindet." Da ihn fünf von den sechs im Bundestag vertretenen Parteien als "wahren Demokratielehrer" hochjubeln, sei daran erinnert, dass er die deutsche Beteiligung am verbrecherischen Afghanistan-Krieg als "erträglich und gerechtfertigt" betrachtet. Wer wie Gauck Thilo Sarrazin hofiert, nährt die von Otto Schily 2001 gemachte Bemerkung: "Es gibt in der Gesellschaft Tendenzen der Verblödung."

Er ist als Bundespräsident bestimmt, er wird es sein. Sonntagsreden wird er halten, das hat er gelernt. Dummes wird von ihm zu hören sein wie: "Honeckers Kindergärten werden gerühmt so wie Hitlers Autobahnen, die schlimmsten Sachen dagegen ausgeblendet."...

Die Ostseezeitung startete am 20. Februar 2012 eine Umfrage: Sollte Joachim Gauck Bundespräsident werden? 1.276 Leser antworteten: Nein: 64 Prozent, Ja: 33 Prozent, Ich weiß nicht: 3 Prozent.

Das Ergebnis spricht für empfundene Demokratie. Er selbst sei "überwältigt und auch ein bisschen verwirrt", sagte dieser "Herzenskandidat aller". Aller? Wie kann es sein, dass sich die erzkonservative Bundesrepublik zwei im "Unrechtsstaat" DDR ausgebildete, erprobte akademische Kader in den höchsten Regierungsämtern leistet? Darüber nachzudenken lohnt, meint    Till

Raute

Differenz

Die Frau
von nebenan
stand dann und wann
mal ihren Mann
doch dieser Mann
von nebnan
wurd alt und grau
und stand noch niemals
seine Frau

Ilse Kibgis


*


Zum Internationalen Frauentag

Es heißt, dass das Kulturniveau am besten durch die rechtliche Stellung der Frau charakterisiert wird. In dieser Behauptung steckt eine tiefe Wahrheit. Auch von diesem Standpunkt aus konnte nur die Diktatur des Proletariats, nur der sozialistische Staat ein höheres Kulturniveau erreichen und hat es auch erreicht... Die proletarische Frauenbewegung begnügt sich nicht mit dem Kampf für eine formale Gleichheit, sondern stellt sich als Hauptaufgabe den Kampf für die ökonomische und soziale Gleichheit der Frau. Die Frau in die gesellschaftliche Produktion einzubeziehen, sie der Haussklaverei zu entreißen, sie von der abstumpfenden und erniedrigenden, der ständigen und ausschließlichen Umgebung von Küche und Kinderstube zu befreien - das ist die Hauptaufgabe.

Das ist ein langwieriger Kampf, der eine grundlegende Umgestaltung sowohl der gesellschaftlichen Technik als auch der Sitten erfordert. Dieser Kampf aber wird mit dem vollen Sieg des Kommunismus enden.

W. I. Lenin, 4. März 1920
(Auszug)

Raute

Preußen - Republik

Soeben zieht die Bundesrepublik hundert Soldaten vom Kriegsschauplatz Afghanistan ab. Toll! Zugleich gebärdet sie sich, als solle Syrien das gleiche Schicksal bereitet werden, wie sie und ihre Kriegsgefährten es bereits Jugoslawien, dem Irak und Libyen in den jüngsten zwölf Jahren bereiteten. Auch das Embargo gegen den Iran heißt Öl in Kriegsglut zu schütten, zumal es einem souveränen Staat verbieten soll, was anderen Staaten, darunter Pakistan, Israel oder Indien, kritiklos "gestattet" ist! Nun bestimmen die USA auch noch das deutsche Rammstein zum Befehlsstandort des wundersamen Raketensystems, welches angeblich Europa gegen interkontinentale Kernwaffen Irans verteidigen müsse. Wäre ich ein Russe, so wäre ich absolut davon überzeugt, dieses Weltraum-Raketen-System der USA soll vielmehr die weitere Ostausdehnung der NATO abdecken. Mehr noch, ich würde mich zum wiederholten Male von Deutschland bedroht fühlen.

Konnte etwa der Kanzlerin Reise nach China im Februar Vertrauen zu deutschen Politikern wecken? Die fliegt in ein enorm aufstrebendes Land, um gegen unsere jämmerliche "EURO-Krise" Hilfe zu ersuchen - predigt im gleichen Atemzug jedoch den Chinesen gouvernantenhaft "Menschenrechte". Und zwingt zeitgleich Griechen, Rumänen, Portugiesen, Spanier und andere Europäer "zum Sparen", weil die "über ihre Verhältnisse leben" - diese faulen, weil nicht deutschen, Hungerleider! Beim Wort "Vertrauen" denkt im Moment allerdings jeder an den Bundespräsidenten, mancher mit Aufregung. Dabei hatte die Bundesrepublik schon einen, der noch lange nach deren Gründung mit dem vom "Führer" für Heldentaten im Aggressionskrieg verliehenen Ritterkreuz am Hals herumstolzierte. Dann war da auch noch dieser Lübke - alles schon vergessen? Was ist dagegen Wulffs eventuelle Kumpanei mit hilfreichen Kapitalisten? Auch der Wulff vorangegangene Präsident tauchte schon unter schwer begreiflichen Vorzeichen ab. Drei Millionen Arbeitslose und sieben Millionen "prekär Beschäftigte" lösen im Deutschland der Wohllebenden offenbar weniger Aufregung aus. Vertrauen?

Deutschlands "Verfassungsschutz" beobachtet Abgeordnete seines obersten Kontrollorgans, des Bundestages. Die Kontrolle der Geheimdienste durch unsere ganz frei gewählten Parlamente hingegen läuft wohl nicht ebenso freiheitlich. So erleben wir nun auch noch diese zahme Debatte über zehn politische Morde in der Bundesrepublik, verübt von NAZI-Banden. Unklar bleibt, welche Rolle dabei "Verfassungsschützer" oder andere Geheimdienste spielen. Das BRD-Grundgesetz enthält eben leider keine Verordnung von Antifaschismus für ihre Staatsbürger. Also wissen die auch zumeist nicht, dass Hitler einst als V-Mann des entsprechenden Reichswehrkommandos in München in die Partei entsandt wurde, die der dann zur "NSDAP" machte. Vertrauen?

Es passt zum jetzigen Deutschland, wenn es 2012 zum Jahr Friedrichs des Großen erklärte. Die Hohenzollernschlösser in den Residenzstädten Berlin und Potsdam wurden während Deutschlands Aggressionskrieg ruiniert und werden heute - gleichzeitig mit angepasster Stadtgestaltung - auf peinliche Weise nachgebaut. Auch ansonsten wird die Trommel Preußens und seines bekanntesten Königs mit deutschem Eifer gerührt. Dabei sind die meisten guten und bösen Taten, die dem Monarchen zugeschrieben werden, weniger dessen Werk, als pure Geschichtspropaganda späterer Generationen. Besonders in Kriegs- und Krisenzeiten benutzten deutsche Nationalisten und Kriegstreiber skrupellos Friedrich II. und Preußen für ihre Zwecke. Gut passt es in die heutige Zeit, wenn ein Generalsekretär einer deutschen antikommunistischen Regierungspar tei fordert, aus dem Zentrum der deutschen Hauptstadt das bekannte Marx-Engels-Denkmal zu entfernen - es störe den Genuss der Schlossnachbauten. Realitätsferne ist typisch für Regierende Preußen-Deutschlands: Die heutigen haben nicht einmal wahr genommen, dass Marx und Engels mit ihrer revolutionären wissenschaftlichen Leistung erheblich stärkeren Einfluss auf den Geschichtsverlauf hatten und haben, als Friedrich II. mit all seinen blutigen Feldzügen und feinen Flötenkonzerten zusammengenommen.

Hans Stahl

Raute

Auszug aus dem Referat zur Weiterbildungsveranstaltung am 28. Januar in Berlin

In meinem Vortrag zum Thema "Aufgaben der DKP" will ich nicht wiederholen, was dazu im Programm und in den Beschlüssen des Parteivorstandes steht. Deshalb beschränke ich mich auf einige Aspekte, die aus meiner Sicht besonders berücksichtigt werden müssen.

Zunächst erinnere ich daran, wie Lenin die Aufgaben für eine Zeit definierte, in der keine revolutionäre Situation herrscht. Das sind folgende Punkte:

- eine richtige Einschätzung der politischen Lage zu treffen,
- die richtigen taktischen Losungen formulieren,
- die Unterstützung unserer Losungen durch die revolutionäre Kampfkraft der Arbeiterklasse erreichen,
- anhand der ökonomischen und politischen aktuellen Ereignisse das Klassenbewusstsein der Arbeiter zu entwickeln,
- unsere Verbindung mit den Volksmassen ausdehnen und festigen.

Für all das also ist die Propaganda-, Agitations- und Organisationsarbeit unserer Partei auszurichten. (Lenin, LAW, Dietz 1972, Vorwort, S. 20)

Im Unterschied zu Lenins Zeit haben wir die Erfahrung der gewaltigen Niederlage der kommunistischen Weltbewegung in Form des Niedergangs der sozialistischen Staaten und damit im Zusammenhang eine Aufl ösung und Zersplitterung der Kommunisten in viele Organisationen und Parteien.

Wodurch ist die heutige Lage gekennzeichnet?
Der Kapitalismus in seiner Spätphase des Imperialismus befindet sich in einer Dauerkrise. Euro-Unsicherheit, massenhafte Staatsverschuldung, wachsende Armut sowohl in der Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas als auch in den Industrieländern, ökologische Probleme durch die Orientierung auf ungehemmtes profigesteuertes Wachstum, Hochrüstung und Krieg sind bestimmende Erscheinungen des heutigen Imperialismus. Ausdruck der Krise sind weiterhin zunehmende Protestbewegungen in aller Welt.

Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, erlebt einen weltweit dramatisch sich zuspitzenden Gegensatz zwischen dem Agieren der Herrschenden und den Interessen der Menschen, die den gesellschaftlichen Reichtum schaffen. Wir Kommunisten gehen an die Analyse wissenschaftlich heran und sehen daher die Ursache für diese Entwicklung in den Gesetzmäßigkeiten, die für den Kapitalismus insgesamt gelten. Es herrscht das Prinzip des Profits als Triebkraft der gesellschaftlichen Entwicklung bzw. der Entwicklung zur Barbarei.

Deshalb beziehen wir 95 % unserer Bekleidung in Deutschland aus Asien und Lateinamerika. Deshalb werden Kriege geführt für den Zugang zu billigen Rohstoffen, wo die Arbeiter die Förderung für einen Hungerlohn sichern.

Deshalb werden die DDR und die anderen Staaten des Sozialismus mit Lügen, Unterstellungen und Halbwahrheiten "aufgearbeitet", damit ja niemand auf die Idee kommt, der Sozialismus könne eine realistische Alternative zum Kapitalismus mit seinen bedrohlichen Krisen sein.

Deshalb sind Justiz und Polizei auf dem rechten Auge blind und richten sich als Vollstrecker des Willens der Herrschenden in brutaler antikommunistischer Tradition gegen kommunistische und sozialistische Organisationen und Bewegungen.

Kommen wir zurück zu Lenin. Verschaffen wir uns Klarheit über die richtige Bestimmung unserer Taktik. In seinem Werk Zwei Taktiken (...) von 1905 heißt es u. a.: "Freilich, unser Einfl uss auf die Masse des Proletariats ist noch äußerst ungenügend; die revolutionäre Einwirkung auf die Masse der Bauern ist verschwindend gering; die Zersplitterung, die Rückständigkeit, die Unwissenheit des Proletariats und besonders der Bauernschaft sind noch furchtbar groß. Aber die Revolution schweißt rasch zusammen und klärt rasch auf. Jeder Schritt ihrer Entwicklung rüttelt die Massen auf und zieht sie mit unwiderstehlicher Kraft gerade auf die Seite des revolutionären Programms, das allein ihre wirklichen, ureigenen Interessen konsequent und vollständig zum Ausdruck bringt." (LAW, Dietz 1972, S. 64) Zwölf Jahre nach Lenins Worten konnte die Revolution von 1917 mit der Kraft des Proletariats und der Masse der Bauern siegen. Auch unser Einfl uss auf die Arbeiterklasse und die Masse des Volkes ist heutzutage äußerst gering. Der Blick auf die Geschichte zeigt, dass die Tatsache unseres geringen Einflusses heute noch lange nicht zu Apathie und Pessimismus führen muss. Niemand kann wissen, ob es bis zur nächsten Revolution noch zwölf oder sechs oder 24 Jahre dauert. Aber dass sie kommen muss, wenn die Menschheit nicht untergehen soll, ist eine unumstößliche Gewissheit. Bis dahin wirken wir für die Stärkung des Klassenbewusstseins, für die Verbreitung des Wissens um die Ursachen der sich zuspitzenden Probleme und für ein breites Bündnis aller antiimperialistischen Kräfte. Eine Voraussetzung dafür ist die Überwindung der Zersplitterung kommunistischer Gruppen und Grüppchen.

Ich möchte hier nicht wiederholen, was alles in den Beschlüssen unserer Partei und im Programm Richtiges zu den Aufgaben unserer Partei gesagt wurde. Ich möchte mich auf zwei Aspekte beschränken.

Das erste betrifft unseren Umgang mit der Geschichte der DDR.

Lenin schrieb in den "Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution": "Je teurer uns (...) die Pariser Kommune von 1871 ist, umso weniger dürfen wir uns auf sie berufen, ohne ihre Fehler und ihre besonderen Bedingungen zu analysieren." (LAW, S. 90)

Das ist ein methodischer Hinweis Lenins, der für uns Bedeutung im Zusammenhang mit der Geschichte der DDR hat. Wir streben eine wissenschaftliche Durchdringung all der objektiven und subjektiven Ursachen der Niederlage der DDR und der anderen sozialistischen Staaten an. Insofern sind wir die schärfsten Kritiker der DDR und grenzen uns gerade dadurch ab von der bürgerlichen Pauschalverdammnis der DDR als "Unrechtsstaat" und bösartige Diktatur. Wir würdigen ihre weltgeschichtliche Rolle als größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Die Beschäftigung mit der DDR hat nichts mit Rückwärtsgewandtheit zu tun, sondern mit der Zukunftsgestaltung, weil eben viele Erfahrungen in der DDR Bedeutung behalten für eine sozialistische Zukunft Deutschlands.

Ein weiterer Aspekt, auf den ich eingehen möchte, betrifft unseren Umgang mit dem Marxismus/Leninismus bei der Bestimmung unserer aktuellen Aufgaben.

In der politischen Resolution, die auf dem 19. Parteitages der DKP am 10. Oktober 2010 beschlossen wurde, heißt es.

"Doch der Marxismus ist keine starre Doktrin. Er ist ebenso wenig ein Sammelsurium von Auffassungen, aus dem man sich bedienen kann, wie es gerade opportun erscheint. Er ist ein System von Theorien, das in sich schlüssig und wissenschaftlich begründet ist, das immer wieder an der Praxis überprüft und weiterentwickelt werden muss." Soweit das Zitat. Hier fehlt m. E. ein wichtiges Element des Marxismus, vielleicht das Wichtigste: Das ist die dialektische Denkmethode. Sie vor allem bewahrt uns vor dogmatischer Erstarrung, vor eklektizistischem Umgang mit den Aussagen der Klassiker und ermöglicht, den Dingen, Erscheinungen und Prozessen auf den Grund zu gehen. Die Dialektik ist die schärfste Waffe des Proletariats.

Mein Ausflug in die Philosophie erhellt hoffentlich, wie wichtig es bleibt, unsere marxistische Weltanschauung ständig zu vertiefen, damit sie uns Richtschnur für unser Handeln bleiben kann, damit unsere praktischen Aktionen erfolgreich sein können, damit wir durch Misserfolge nicht gelähmt werden.

Aus aktuellem Anlass will ich zum Schluss noch auf eine Passage der politischen Resolution unseres 19. Parteitages eingehen. Da heißt es:

"Erforderlich sind (...) Netzwerke, die eine andere Qualität der gleichberechtigten Zusammenarbeit in der kommunistischen Bewegung ermöglichen".

Ich finde in der UZ und auf Tagungen unserer Partei kaum Hinweise zur praktischen Verwirklichung dieser Aufgabe, obwohl sie in der heutigen Zeit an Schlüsselprobleme herangeht. Deshalb informiere ich kurz darüber, was wir in Cottbus dazu initiiert haben. Wir bildeten einen regionalen Arbeitskreis, in dem Vertreter der DKP, des RotFuchs-Fördervereins, der Kommunistischen Plattform der Partei der Linken, einer kommunistischen Gruppe innerhalb der Antifa und ein Unterstützer der Kommunistischen Initiative darüber beraten, wie wir unsere Kräfte in zweierlei Hinsicht bündeln können. Einmal wollen wir über theoretische Grundlagen unserer gemeinsamen politischen Arbeit diskutieren und zum anderen wollen wir unsere Aktivitäten koordinieren und zu gemeinsamen Aktionen finden. Jeder Genosse solle dabei innerhalb seiner Struktur, Organisation bzw. Partei aktiv bleiben. Wir führten bereits zwei Versammlungen durch und die dritte folgt in Kürze. Längerfristig wollen wir gemeinsam stärker in die kommunalpolitische Arbeit einsteigen und öffentlich unsere Positionen denen der bürgerlichen und inkonsequenten Haltung der Fraktion der Partei die Linke entgegensetzen. Wir wissen, dass es ähnliche Bestrebungen in anderen Orten gibt. Auf diese Weise glauben wir, der Forderung der politischen Resolution unseres Parteitages zu entsprechen, ein Netzwerk gleichberechtigter Zusammenarbeit der kommunistischen Bewegung in unserer Region zu installieren.

Sebastian Zachow-Vierrath

Raute

Bildungsveranstaltungsreihe für 2012 erfolgreich gestartet

Die Fortführung unserer Bildungsveranstaltungen zum Anlass nehmend, wollten wir die neue Veranstaltungsreihe unseres zentralen Bildungsangebotes mit unserer Vorsitzenden Bettina Jürgensen starten und wählten dafür die Rolle der Partei zum Thema. Dass es dabei nicht nur um die schnöde Existenz der Partei als solches geht, sondern viel mehr um die Rolle der kommunistischen Partei als Partei der Arbeiterklasse und ihrer zentralen Aufgabe; der Formierung der Klasse von einer Klasse an sich zu einer Klasse für sich. Natürlich geht es auch immer darum, sich über die Strategie und Taktik der Partei zu verständigen. Daher ist es wichtig, dass bei unseren Bildungsangeboten nicht nur Standpunkte zum Zustand unserer Partei zu äußern. Sondern um zur besseren Beurteilung auch immer wieder dialektisch festzustellen, wo Uneinigkeit herrscht. Schlussfolgerungen sind für die Praxis abzuleiten.

Der Landesvorstand bat um rege Teilnahme aller Genossen und Sympathisanten und es kamen viele der Aufforderung nach. Rund 50 Genossen aus fast allen Grundorganisationen trafen sich. Dem Ziel der Klärung ideologisch-theoretischen und politischen Fragen, die in der Partei und in der Gesellschaft gestellt werden und zugleich die Konsolidierung der Gruppen und ihrer Aktivitäten sowie die Erweiterung ihrer Mitgliederzahl konnten wir einen Schritt vorwärts kommen und drei frischgebackene Genossinnen und Genossen ihre Dokumente überreichen.

Mario Berríos Miranda
Landesvorsitzender der DKP Brandenburg


Nächstes Thema im März 2012: "Imperialismus heute. Das deutsche Großkapital und seine aktuelle Entwicklungsprobleme und politischen Optionen." Referent: Hans-Peter Brenner (angefragt)

Raute

Gespalten statt versöhnt

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Raute

Kleingeister

Um die Mittagszeit gibt es im Radio den "rbb-Hörerstreit". Ein Streit ist es eigentlich nicht. Anrufer sagen zu einem vorgegebenen Thema ihre Meinung. In der Sendung kommen nicht allzu viele zu Wort. Aber es wird der Eindruck vermittelt, man werde im Radio gehört und die eigene Meinung wabert durch den Äther. Das alles ist eher ein Gesellschaftsspiel für Wilmersdorfer Witwen, denn für dynamische und flexible Arbeitnehmer. Angeregt durch den Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (CSU), dem die Engelhardt-Plastiken von Karl Marx und Friedrich Engels in Berlins Mitte zu groß erscheinen, wurden neulich Hörerinnen und Hörer zum Streit aufgefordert, wie denn nun Berlins Mitte aussehen sollte. Als wenn ausgerechnet Marx und Engels Berlins Mitte darstellten und nicht völlig klar wäre, wie Berlins Mitte ohne Palast der Republik und mit einem Schlossnachneubau aussehen wird, sollten Vertreter des Hörervolks ihre Meinung sagen. Ziel - und Sinnlosigkeit des Schwatzens veranlassten eine andere Senderwahl. Dennoch bewegte die Frage, warum sich dieser Minister vor der Größe von Marx und Engels fürchtet. Er ist doch eigentlich der Minister des Gigantismus. Er mischt mit bei dem Unternehmen Die Bahn, das vorn nicht funktioniert und hinten gleich gar nicht mehr. Er bringt die Gigaliner auf die Pisten - was der Betonkrebs an neu gebauten Autobahnen nicht zerfrisst, das sollen die Riesen-LKW zerschreddern. Am Prestigebau Berliner Schloss werkelt er wahrscheinlich mit und am piefig miefigen Potsdamer vermutlich ebenfalls und vielleicht auch an der Garnisonkirche (obwohl, als bayerischer Patriot?). Auf jeden Fall ist sein Ministerium beim Großflugplatz Schönefeld involviert, einem ebenfalls gigantischen Bauwerk, wo um die Flugrouten gefeilscht wird, wo ungarische Bauarbeiter nicht bezahlt, wo Anwohner mit Lärmschutzmaßnahmen verulkt werden und der Knast für Asylbewerber gleich mit entsteht. Und dieser Bayer fürs Große empfindet die beiden sympathischen Plastiken zu groß? Nein! Verbannen will er sie. Dass ihnen die bessere Luft in Friedrichsfelde gut bekäme, steht außer Frage genau so, wie die christlich soziale Bilderstürmerei bar jeden Geschichtverständnisses. Woher soll Sinn für Geschichte kommen? Worum es eigentlich geht, sagte der "Experte" Dr. Hubertus Knabe: "Berlin-Besucher fragen sich zu recht, wieso Deutschland noch Urväter der SED-Diktatur ehrt." Was der Minister so unverschämt nicht sagte, plapperte der Hofnarr daher. Gegen Dummsinn gibt es kein Kraut, denkt sich    Till

Raute

6.000 Blockierer machen Trauermarsch zur Lachnummer

Bündnis Nazifrei - Dresden stellt sich erfolgreich quer

Am späten Abend des 13. Februar versammelten sich die letzten Blockierer auf dem Postplatz um noch einmal den Erfolg des Tages zu feiern. Zuvor hatten tausende von ihnen an mindestens zwei dauerhaften Blockadepunkten dafür gesorgt, dass die Nazis nur eine Minirunde laufen konnten. Gegen 16 Uhr gelang es Menschen, die sich vom Mahngang "Täterspuren" gelöst hatten und Demonstranten, die sich am Schützenplatz vor dem Gewerkschaftshaus versammelt hatten, den Platz Freiberger Straße/Ammonstraße vor dem World Trade Center zu besetzen.

Gegen 17:30 Uhr gelang es anderen Blockierern auf den vorher von der Polizei abgeriegelten Sternplatz zu gelangen. Verstärkung erhielten sie von etwa 2.000 Demonstranten, die sich aus der Menschenkette lösten. Die Polizei verlagerte daher die Absperrungen und gestand den Nazis eine Route von 1.200 m zu, die in einer halben Stunde abgelaufen war.

Dass sich auch beim Gedenken der Stadt Dresden aus Anlass ihrer Bombardierung im 2. Weltkrieg etwas bewegt, demonstrierten gestern eindrucksvoll 2.500 Menschen, die am Mahngang "Täterspuren" teilnahmen und Orte nationalsozialistischer Verbrechen besuchten. Von ihnen ging ein eindeutiges Signal aus: Schuld an mehr als 80 Millionen Opfern im 2. Weltkrieg war das Naziregime und sein rassistisches, menschenverachtendes Weltbild. Dresden war dabei Teil des Systems und keine "unschuldige Kulturstadt".

Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass am 13. Februar die Verantwortlichkeit der Täter für Massenmord und Rassismus im Blick bleibt.

Bündnissprecherin Franziska Radtke dazu: "Wir freuen uns über die enorme Beteiligung. Der große Zulauf zeigt das Bedürfnis, die eigene Geschichte zu hinterfragen. Die ausschließliche Selbstwahrnehmung als Opfer der Bombardierung hat dazu beigetragen, dass der Naziaufmarsch hier so groß werden konnte. Der Mahngang hat einen Perspektivwechsel bewirkt, historische Verhältnisse gerade gerückt und eine nachhaltige Debatte angestoßen."

Der Mahngang führte unter Anderem zur früheren Villa des Gauleiters Martin Mutschmann, zur Dresdner Synagoge, zum Polizeipräsidium in der Schiessgasse und zur ehemaligen Gestapo-Zentrale Bayrische Straße.

Dort, wo vor drei Jahren noch 7.000 Nazis durch die Straßen marschierten, zogen am 18. Februar mehr als 10.000 Antifaschisten aller Spektren entlang. Mit ihrem Protestzug feierten sie nicht nur den Erfolg, der durch den antifaschistischen Konsens des Bündnisses möglich wurde, sondern kritisierten vor allem die "sächsischen Verhältnisse".

Ermittlungsbehörden und Regierung hatten 2010 und 2011 alles dafür gegeben, antifaschistischen Protest zu kriminalisieren. Sie stellten Blockaden als Straftaten dar, hoben Immunitäten auf, ließen das Büro des Bündnisses und angrenzende Räume, etwa den Roten Baum e.V. durch SEK-Einheiten stürmen, verfolgten Fahnenträger mithilfe des Vorwurfs des "Schweren Landfriedensbruchs" und mindestens vierzig Menschen mithilfe des Paragraphen 129 (Bildung einer kriminellen Vereinigung). In einer Funkzellenabfrage sammelten sie rechtswidrig mehr als eine Millionen Verbindungsdaten und 50.000 Bestandsdaten. Sie ernteten dafür nicht nur durch Politik und Experten in ganz Deutschland massive Kritik. Lautstark widersetzten sich die Teilnehmer der Demo heute gegen diese Art von Vorgehen gegen antifaschistischen Protest.

Wir bedanken uns bei allen, die in den letzten drei Jahren keine Mühen gescheut haben, sich auch von der Kriminalisierung nicht abschrecken ließen und mit uns gemeinsam die Nazis blockierten. Für sie alle war dieser Tag der Lohn aller Anstrengungen.

www.dresden-nazifrei.com

Raute

Kommunismus (Teil VII)

Die kommende, kommunistische, Gesellschaftsordnung muss erheblich leistungsfähiger sein als die heute noch vorherrschende, vom Monopol- und Finanzkapital strukturierte und geleitete. Die Notwendigkeit, die unentwegte Entwicklung der menschlichen Gesellschaft mit den realen Prozessen in Einklang zu bringen, die sich in der Natur, die sich im unendlichen All vollziehen, ist längst zwingend geworden. Der Kapitalismus hingegen hat "Leistungssteigerung" zu einem gefürchteten Wort gemacht, weil die für das als "Arbeitnehmer" diffamierte Volk zumeist mit härterer Arbeit und oft wachsender Armut verbunden war. So wurde Fleiß zur Untugend und heute fordern lebensferne Spießer und Gaukler gar lauthals ein Recht auf Faulheit. Die ganze Fehlentwicklung hat ihre wesentliche Ursache in der heutigen Hauptzielsetzung von Produktion und Leistung, die bekanntlich Gewinnmaximierung für die Kapitalbesitzer heißt.

Allein schon, wenn die kommende Gesellschaft den zig Millionen "Erwerbslosen", Hungernden und Verhungernden unserer Erde "Arbeit und Brot" geben wird, ist es möglich, heutige wirtschaftliche Leistung bei insgesamt deutlich verminderter Arbeitszeit zu bewältigen. Zudem hat sich der Kapitalismus einen Ruf als Wegwerfgesellschaft erworben, die auch auf überflüssiger und so wertlos gemachter Arbeit in unglaublichem Umfang beruht. Bedenken wir ferner das Ausmaß künstlich erzeugter Bedürfnisse, denen nicht die geringsten Lebenserfordernisse zu Grunde liegen und deren Befriedigung häufig geradezu schädlich ist - die aber immer Arbeitskraft und Ressourcen vergeuden. Vor allem jedoch die unermesslichen Verluste, die Kriegsvorbereitung und Kriege mit sich bringen, bleiben den Menschen in der kommunistischen Gesellschaft selbstverständlich erspart - über Krieg und Krieger wird man urteilen, wie heute ein menschlicher Mensch über Kannibalismus und Kannibalen urteilt.

Besonders denkfaule Leute mögen einwenden: Warum haben die Kommunisten all diese Möglichkeiten denn nicht in den Ländern voll erschlossen, in denen sie an der Regierung waren oder sind? Weil das Monopol- und Finanzkapital im 20. Jahrhundert wirtschaftlich, militärisch und ideologisch noch den stärkeren Einfluss auf unserer Erde hatte. Der Kampf zwischen den imperialistischen Staaten und den sozialistischen, nicht zuletzt der Kalte Krieg, erforderten Kräfte, die zur Gestaltung einer kommunistischen Gesellschaft fehlten. Auch heute versuchen die USA und die NATO-Staaten offensichtlich, China, Kuba, Venezuela und anderen Ländern keinen Frieden zu gewähren und so das Werden einer wirklich humanen Gesellschaft in frühem Stadium zu durchkreuzen. Wir leben aber nicht mehr im 20. Jahrhundert, wenn auch der Kampf zwischen Imperialismus und Sozialismus mit aller Schärfe andauert und um neue Formen der Auseinandersetzung erweitert wurde.

Das wesentliche Leistungswachstum im Kommunismus wird jedoch aus der von Fron befreiten Arbeit des Volkes erwachsen, die dann den Menschen zur Befriedigung und zur heute so oft fehl interpretierten Selbstverwirklichung gereicht. Dazu im Teil 8.

H. St.

Raute

AUS DEM GESCHICHTSBUCH

Der Aufstand der Arbeiter in Mansfeld und Leuna im März 1921

Nachdem sich im Dezember 1920 in Berlin die Linken in der USPD mit der KPD zu einer Partei vereinigt hatten, vollzogen auch die Parteiorganisationen im preußischen Regierungsbezirk Halle-Merseburg diesen Schritt. Die VKPD erreichte in dieser bedeutenden Industrieregion etwa 30.000 Mitglieder. Bei den Wahlen zum preußischen Landtag im Februar 1921 erhielt sie 29,8 Prozent der Stimmen. Im Kreis Mansfeld bekam die Partei 33.374 Stimmen, die SPD 9.889 und im Kreis Merseburg 16.513, die SPD 5.088.

Dieser Linksentwicklung musste nach Ansicht des Oberpräsidenten der preußischen Provinz Sachsen, des Sozialdemokraten Otto Hörsing, ein Riegel vorgeschoben werden. In Abstimmung mit dem preußischen Innenminister Carl Severing (SPD) berief man eine Konferenz nach Merseburg ein, an der Landräte, Polizeioffiziere, Unternehmer und Gutsbesitzer teilnahmen. Sie beschlossen, im Regierungsbezirk eine Polizeiaktion durchzuführen, um "die Staatsautorität" wiederherzustellen. Mit anderen Worten: Die Kommunisten sollten zurückgedrängt, die Arbeiter eingeschüchtert und diszipliniert werden.

Am 19. März rückten drei schwer bewaffnete Polizeihundertschaften in Eisleben, zwei weitere in Hettstedt ein. Innenminister Severing hatte uneingeschränkten Schießbefehl erteilt. Offiziell gab man bekannt, es sollten Felddiebstähle und Sachbeschädigungen unterbunden werden. Die KPD-Bezirksleitung rief die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren und sich nicht provozieren zu lassen. Doch als am nächsten Tag weitere Polizeieinheiten in das Gebiet einrückten, kam es zu spontanen Demonstrationen und Streiks, an denen sich nicht nur Industriearbeiter, sondern auch Landarbeiter und Angestellte beteiligten. Mehr als 150.000 legten die Arbeit nieder. Die Situation eskalierte, als am 22. März Polizisten auf eine Versammlung im Volkshaus Eisleben einprügelten, einen Teilnehmer erschossen und viele andere verletzten.

Das ließen sich die Arbeiter nicht gefallen. In Wolfenroda und Wimmelburg bildeten sich erste bewaffnete Gruppen, die gegen Eisleben vorrückten, um die Polizei zu vertreiben. Dann weiteten sich die Kämpfe aus. In Hettstedt, Helfta, Teutschenthal und anderen Orten im Mansfeldischen, dann auch in Sangerhausen, Sandersdorf, Holzweißig und Bitterfeld formierten sich Arbeiterwehren. Den Polizeitruppen waren sie jedoch weit unterlegen, zumal diese ständig Verstärkung erhielten. Am 25. März gingen 39 Hundertschaften mit Feldhaubitzen und Minenwerfern der Reichswehr gegen die proletarischen Kämpfer vor. Der sozialdemokratische Reichspräsident Ebert verhängte den Ausnahmezustand über die Provinz Sachsen und sanktionierte damit staatlich angeordneten Mord und Folter.

Am 21. März erreichte die Nachricht von den Kämpfen im Mansfeld-Gebiet die Leuna-Werke südlich von Merseburg. Tausende Betriebsangehörige versammelten sich zu einer spontanen Protestkundgebung. Sie drohten mit Streik, falls die Polizeiaktion auf ihren Betrieb ausgeweitet würde und sie bildeten einen Aktionsausschuss zur Vorbereitung von Abwehrmaßnahmen. Nachdem die Lage im Gebiet Mansfeld-Eisleben eskalierte, legten zwei Tage später 20.000 Beschäftige der Chemiewerke die Arbeit nieder und formierten bewaffnete Abwehrgruppen. Inzwischen waren 21 Polizeihundertschaften herangerückt, die das Betriebsgelände einschlossen und Artillerie in Stellung brachten. Im Unterschied dazu verfügten die Leuna-Arbeiter nur über etwa 300 Gewehre und Pistolen, ein paar selbst gefertigte Handgranaten und vier auf einen Panzerzug montierte Maschinengewehre.

Angesichts dieses Kräfteverhältnisses wollten die Arbeiterfunktionäre auf Widerstand verzichten. Doch die SPD-Bezirksregierung, die Polizeiführung und die Werkdirektion lehnten eine friedliche Lösung ab. Sie gaben in den frühen Morgenstunden des 29. März den Befehl zum Sturmangriff mit Artillerieunterstützung. Die Arbeiter unterlagen trotz tapferer Gegenwehr der Übermacht. Inzwischen hatten auch die Kämpfe westlich von Halle ein Ende gefunden.

Die Rache der Sieger kannte weder Menschlichkeit noch Grenzen. Besonders in Leuna tobten sie ihre Mordlust aus. 145 Arbeiter fielen ihrem Wüten zum Opfer. Sie wurden erschlagen, hingerichtet oder "auf der Flucht" erschossen. Mit Sicherheit lag die Zahl der Ermordeten noch höher, denn viele erlagen erst später ihren Verletzungen. Sondergerichte verurteilten 3.352 Arbeiter. Davon fünf zu lebenslangem Zuchthaus, 451 zu mehrjährigen Zuchthausstrafen, 48 zu Festungshaft, 2.752 zu Gefängnis- und 96 zu hohen Geldstrafen.

Die SPD stellte sich uneingeschränkt hinter die Mordaktion im Regierungsbezirk Halle-Merseburg. Ihre Zeitung "Volksstimme" schrieb am 1. April 1721; "Die Maßnahmen des Genossen Hörsing waren unzweifelhaft richtig. Wenn also jetzt gesagt werden kann, die Kommunisten sind als Partei erledigt, so ist das in erster Linie der Haltung unserer Partei und dem Weitblick des Genossen Hörsing zu verdanken."


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Leuna-Kämpfer Albert Hermann Rahn, Bad Klosterlausnitz/Thür., 30. Januar 1898 - 27. Oktober 1978 Beruf: Schlosser erinnert sich:

"Am dritten Osterfeiertag, früh 7:00 Uhr, setzte ein regelrechtes Sperrfeuer durch Artillerie und Minenwerfer gegen uns ein. Wir lagen noch in den Matratzen, als es hieß, der Gegner ist in das Werk eingebrochen. Er kam mit einer Stärke und Bewaffnung, die unsere Verteidigung aussichtslos machte. Dass wir verraten worden sind, beweist die Tatsache, dass der Feind ganz genau wusste, wo die Kampfkompanie lag. So wurden wir überrumpelt und abgeführt. Eine gute halbe Stunde mussten wir mit erhobenen Händen gehen. Auf dem Weg mussten wir 'Deutschland, Deutschland über alles' und 'Oh, Deutschland hoch in Ehren' singen. Wehe, wer nicht laut genug sang, der bekam Kolbenstöße. Auf diesem Wege mussten wir mit ansehen, wie diese Vandalen Arbeiter, die sie mit der Waffe antrafen, erschossen. Zuerst wurden wir auf ein freies Feld gebracht und in zwei Gliedern mit zwei Meter Abstand nach Waffen untersucht. Zwei Mann hatten noch Patronen einstecken. Da nahm so ein vertierter Oberwachtmeister eine starke Lederpeitsche und schlug auf die Unglücklichen so lange ein, bis sie nicht mehr schnaufen konnten. Damit nicht genug. Diese zwei Genossen mussten sich auf Befehl dieser Bestie gegenseitig abwechselnd über das Gesicht schlagen. Wenn die Schläge nicht kräftig genug ausfi elen, dann machte er es vor, wie zugeschlagen wird. Als das vorbei war, ging es in das berüchtigte Silo, wo wir 14 Tage lang auf nacktem Betonboden liegen mussten. Ungefähr 1.000 gefangene revolutionäre Arbeiter wurden von den Hörsingbanden in dem großen Silo zusammengetrieben. Weitere 1.000 Arbeiter wurden aus der Umgebung herbeigeschleppt und in das Silo geworfen. 14 Tage lang war das Silo eine Schreckenskammer. Die 2.000 Gefangenen wurden die ersten Tage überhaupt nicht, später nur unzureichend verpfl egt. Es gab nur 160 Essgeschirre. Austreten war erst verboten, später mit Spießrutenlaufen zum Gaudium der Wachmannschaften verbunden. Die Gefangenen waren Freiwild. Sie standen außerhalb von Gesetz und Ordnung. Wer Sipo-Uniform trug, war Herr über Leben und Tod der gequälten Arbeiter."


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"In Eisleben fand gestern [25. März] ein Sturm auf das Rathaus statt. Der Angriff wurde zurückgeschlagen. Die Verluste der Aufständischen betragen über 20 Tote, viele Verwundete und viele Gefangene. Eigene Verluste: 2 Tote und 3 Verwundete. Erbeutet sind 6 schwere Maschinengewehre, 3 Kisten Dynamit und 30 Gewehre. Die Villa des Generaldirektors Heinhold von der Schieferbautreibenden Gewerkschaft wurde in die Luft gesprengt, ebenso wurde versucht, das Wohnhaus des dirigierenden Arztes des Krankenhauses anzuzünden. In Eisleben ist jeder Verkehr, auch der Radfahrerverkehr, nach 7 Uhr abends gesperrt. Eine Stadtverordnetenversammlung mit dem einzigen Punkt der Tagesordnung: "Zurückziehung der Polizeitruppen und Protest gegen die Belegung der Schulen mit Polizeitruppen" wurde verboten." (Bericht, Preußische Staatskommissar)

Günter Freyer

Raute

Brandenburger Nachrichten in Rot

Doppelübertragung nicht ausgeschlossen

(Potsdam) Auch die Stadt kann nicht ausschließen, dass im Jahr 2000 im Zuge des sogenannten GEWOBA-Modells der städtischen Immobilientochter Grundstücke verkauft wurden, die ihr schon gehörten. Einen entsprechenden Vorwurf hatte die Fraktion "Die Andere" kürzlich erhoben. Die genaue Beurteilung ist aber schwierig und ein Fall für Fachjuristen aus dem Grundstücks- und Einigungsrecht.

Klar ist bislang nur, dass 1990, als die GEWOBA gegründet wurde, ihr sämtliches Vermögen des damaligen "VEB Gebäudewirtschaft" übertragen wurde - in einer langen Anlage zum Gründungsvertrag, in der alle Häuser und Grundstücke aufgelistet waren. Mindestens 38 dieser Grundstücke tauchten auch im Anhang zu einem Kaufvertrag von 2000 auf, als die Stadt, um ihre klammen Kassen zu füllen, der Tochter insgesamt für 120 Millionen D-Mark Grundstücke verkaufte. Die "Andere" war auf das Thema aufmerksam geworden, weil sich unter den Grundstücken fünf alternative Wohnprojekte befi nden, die sich von einer Pachtzinserhöhung der städtischen Immobilientochter in Bedrängnis gebracht sehen.


Sachsenhausen-Gedenklauf: Die Stadt kürzt die Mittel

(Oranienburg) "Wir sind in der schwierigen Situation, dass wir nicht wissen, wie es weitergeht", beklagt sich Mitorganisator Peter Kallabis vom Team Oberhavel. Im September hatte die Stadt in schriftlicher Form angekündigt, ihr finanzielles Engagement zurückfahren zu wollen. Ob und in welcher Form sich die Verwaltung überhaupt noch einbringen will, ist aus Sicht des 76-Jährigen nicht zu erkennen. "Wenn die Stadt aussteigen sollte, fällt der Lauf aber nicht aus. Das ist klar."


Rechte Parolen an den Wänden

(Oranienburg) Rechte Parolen stellten Bürger am Montag an Graffiti-Flächen in der Albert-Buchmann-Straße in Oranienburg fest. An den für Sprayer aufgestellten Wänden hatten Unbekannte judenfeindliche Parolen gesprüht. Die informierte Polizei nahm eine Anzeige auf. Um die Beseitigung der Losungen kümmerte sich das Ordnungsamt.


Hausdurchsuchung in der linken Szene

(Oranienburg/Berlin) Zwei Stunden lang durchsuchten Polizeibeamte am Mittwochmorgen die Berliner Wohnung zweier Mitglieder der Oranienburger Antifagruppe. Die bewaffneten Einsatzkräfte kamen um 6.45 Uhr, beschlagnahmten mehrere Laptops, Handys, Speichermedien und einige Ausgaben der Broschüre "Blickpunkt".

In dieser Dokumentation hatte die Oranienburger Antifa-Gruppe vor fast einem Jahr Strukturen der Neonaziszene im Kreis Oberhavel aufgedeckt. Der Berliner Rechtsanwalt Volker Hellriegel wehrt sich dagegen, wie in der Broschüre geschehen, als "Neonazianwalt" betitelt zu werden. Vor dem Amtsgericht Neuruppin strengte er deshalb ein Verfahren wegen übler Nachrede und Verleumdung an. Zudem sieht er in der Wiedergabe seiner Internetseite einen Verstoß gegen das Urheberrecht. Offenkundig ist jedoch, dass Hellriegel die NPD Oberhavel und mehrere Neonazis vor Gericht vertrat. Bei der Hausdurchsuchung in Prenzlauer Berg sollen besonders die zur Amtshilfe hinzugezogenen Berliner Beamten durch ihr rigides Vorgehen unangenehm aufgefallen sein. Es scheint, als würden sie die Wohnungsdurchsuchung auch dazu nutzen, ein abschreckendes Beispiel zu statuieren.


20 Jahre und kein Ende

(Rheinsberg) 130 Menschen sind damit beschäftigt das Kernkraftwerk Rheinsberg zu demontieren. 25 Jahre, von 1966 bis 1990, hat der Reaktor Strom erzeugt, 70 Megawatt Leistung hatte er. Das ist nicht viel für ein Kernkraftwerk, denn normal sind 700 bis 1000. Seit 1995 sind Mitarbeiter damit beschäftigt, die Anlage zurückzubauen. "1990 haben die Leute mich bedauert und gesagt, ich müsse meinen eigenen Arbeitsplatz abreißen und werde dann arbeitslos", erinnert sich KKW-Sprecher Jörg Möller. Er ist noch da. Möller hätte nicht gedacht, dass er nach über 20 Jahren noch dort arbeitet. Selbst wenn 2019 die Arbeiten beendet sind, soll das Reaktorgebäude stehen bleiben. 50 Jahre lang soll es abklingen, dann hat die Radioaktivität durch den normalen Zerfall der Isotope einen Wert erreicht, bei dem das Haus einfach abgerissen werden kann.

Dies Beispiel zeigt, dass der alsbaldige Ausstieg aus der Atomenergie dringend notwendig ist. Wie lange werden sich Kinder und Enkelkinder damit rumschlagen müssen, die weitaus größeren Altlasten von Biblis und Co zu entsorgen.

Raute

Interview mit Gerda und Rudi Menzel-Bismark aus Neuruppin

RB: Ihr wurdet stark durch Euer Aufwachsen in der jungen DDR geprägt. Schildert bitte Euren Werdegang vor und nach 1989. Was waren politisch prägende Ereignisse?

Gerda: Ich wurde 1940 als viertes Kind im damaligen Pommern geboren. Meine Eltern waren arme Landarbeiter, die dem Gutsbesitzer ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen mussten. Mein Vater ist bereits im Dezember 1941 vor Moskau gefallen und unsere Mutter musste uns und die Großmutter allein durchbringen. Die Umsiedlung brachte uns in den Kreis Wittstock/Dosse, wo ich die 10. Klasse absolvierte.

Rudi: Ich wurde 1943 in Hirschberg (Schlesien) auch als viertes Kind einer Landarbeiterfamilie geboren. Meine Familie wurde 1945 in das Sudetenland umgesiedelt und wir kamen erst 1947 in das Land Brandenburg.

Gerda & Rudi: Unsere Familien bekamen beide durch die Bodenreform Land. Unsere Mütter erzählten uns viel über das karge, frühere Leben und sagten immer: "Lernen, Lernen, das ist wichtig, ihr sollt es mal besser haben als wir".

Unser politischer Werdegang verlief ganz selbstverständlich. Die Schule und das Leben haben uns geprägt. Wir waren beide arme "Flüchtlingskinder" und hatten die Möglichkeit, in der DDR durch Arbeit und Bildung gesellschaftspolitische Zusammenhänge zu begreifen und aktiv das Leben zu gestalten. In unseren Kinder- und Jugendjahren lasen wir viel antifaschistische Literatur sahen Filme und besuchten Gedenkstätten des faschistischen Terrors. Das hat uns auch sehr geprägt.

Gerda: Ich war schon in der Schule in verschiedenen Organisationen aktiv, da war es für mich folgerichtig, dass ich 1961 Mitglied der SED wurde. Ich übernahm 1969 einen Betriebskindergarten der Deutschen Reichsbahn. Da in vielen Neuruppiner Kindergärten Genossen waren, gründete ich eine GO der Kindergärten in Neuruppin. Die Leitung des Kindergartens und der Parteigruppe war meine politisch-pädagogische Arbeit bis 1989.

Rudi: Ich begann mit 14 Jahren eine Lehre als Walzwerker. Nach meinem freiwilligen Dienst in der NVA 1962 ging ich, dem Ruf der Partei folgend, als Traktorist in die Landwirtschaft. Immer wieder suchte ich den Kontakt zu älteren Genossen, um zu erfahren, wie das Leben besser gestaltet werden könnte. Ich wurde Mitglied der SED und es folgten mehrere fachliche und politische Schulen bis zum Hochschulstudium in Berlin.

Bis 1989 war ich in der Bezirksleitung Potsdam politischer Mitarbeiter auf dem Gebiet der Landwirtschaft tätig. Als mich die Partei 1989 nach Neuruppin schickte, kamen mir die Einwohner Neuruppins mit brennenden Kerzen entgegen. Die Konterrevolution war schon voll im Gange. Bald liefen alle auseinander und jeder kümmerte sich um sich selbst. Das war eine Zeit des Suchens und ein tiefer Einschnitt nicht nur im persönlichen Leben. Ich fand in Westberlin mit Gleichgesinnten Arbeit bei einer Gerüstbaufirma. Hier bestätigte sich hautnah was ich in der politischen Ökonomie des Kapitalismus gelernt habe. Das war für mich ein einschneidendes Erlebnis - das marxistisch-leninistische Wissen auf der einen Seite - und nun die Praxis gleich dazu.

Gerda: Während ich um die Erhaltung meines Kindergartens mit ca. 160 Kindern rang, wurde die Betriebsberufschule des Fleischkombinates abgewickelt in der mein Ehemann Direktor war. Wir fielen beide in ein tiefes Loch. Mein Mann verkraftete die Konterrevolution nicht, er erkranke und verstarb 1995. Durch vielfältige politische Initiativen lernte ich Rudi vor 10 Jahren kennen, und nun sind wir bereits 6 Jahre verheiratet.

RB: Was war der auslösende Faktor für Euren Eintritt in die DKP im Januar?

Gerda & Rudi: Wir versuchen, politische Ereignisse dialektisch zu betrachten. Die seltenen Basisgruppentreffen der PDS genügten uns nicht mehr, da oft nur die Kommunalpolitik im Vordergrund der Diskussion stand und oft nicht über den Tellerrand geschaut wurde. Und so suchten wir die Begegnungen mit Kommunisten bei Demonstrationen in Berlin, in Ziegenhals oder gegen den Neofaschismus. Diese Erlebnisse mit vielen Gleichgesinnten im Kampf vereint zu sein, brachten uns zu der Erkenntnis, dass wir hier richtig sind.

Ersten Kontakt mit DKP-Mitgliedern aus den alten Bundesländern hatten wir zweimal in Cuba. Es waren aufgeschlossene und wissende Genossen, mit denen wir uns gut austauschen konnten. 2009 lernten wir Brigitte Müller bei einer Veranstaltung der DKP in Neuruppin kennen. Dass die DKP-Fahne mit anwesend war, gefiel uns. Der Eintritt in die DKP war eigentlich schon längst überfällig. Wir haben uns immer als Kommunisten gefühlt und auch so gelebt. Angesichts des wachsenden Antikommunismus, der Geschichtsfälschung und des aufkommenden Neofaschismus ist es uns sehr wichtig, dem eine Kraft entgegenzusetzen, die den Kommunismus als Fernziel der gesellschaftlichen. Entwicklung nicht aus dem Blickfeld des Kampfes verliert. Daran wollen wir teilnehmen.

RB: Wollt ihr in Neuruppin eine GO gründen? Welches sind Eure Pläne für die politische Arbeit?

Gerda & Rudi: Wir sind der Meinung, dass nicht unbedingt eine GO gegründet werden muss, um politisch wirksam zu werden. Da, wo ein Genosse ist, ist auch die Partei. Vielmehr sollten wir in Einrichtungen gehen oder an Veranstaltungen teilnehmen, wo junge Menschen nach politischen Lösungen suchen, und hier politisch wirksam werden. Für unsere jungen Mitglieder ist sicherlich wirksamer, wenn sie in der bestehenden GO Erfahrungen sammeln können.

Jana Berg

Raute

Der rote Bücherwurm empfiehlt

Woran bemesse ich eine menschliche Gesellschaft?

Gedanken zu dem Buch "Lebendige DDR"

Mit "Lebendige DDR" hat Horst Jäkel einen weiteren Band aus der Reihe "Spuren der Wahrheit" herausgegeben: "Die rund siebzig Autoren dieses Buches haben in der Deutschen Demokratischen Republik gelebt, für sie gearbeitet, sie weltweit vertreten. Sie wissen von den Schwierigkeiten des sozialistischen Aufbaus, freuten sich über die Erfolge und haben Fehler und Schwächen schmerzlich empfunden. Ihnen geht es weder um Verherrlichung noch um Verdammung, sondern um die geschichtliche Wahrheit.'" - die von den Aufarbeitern des so genannten SED-Unrechtsstaates verschwiegen wird. Geschichtliche Wahrheit, was ist das? Ist sie nicht das Substrat aus den vielen von Menschen erlebten Erfahrungen und umgesetzten Vorstellungen, das Wesentliche einer Epoche?

Die Beiträge, ob als Erlebnisschilderung, Betrachtung oder Dokumentation niedergeschrieben, vermitteln das umfassende Bild einer Gesellschaft, deren Entwicklung zu immer mehr Fortschritt führte und beweisen, dass in der Deutschen Demokratischen Republik an einer gerechten und menschlichen Gesellschaft gearbeitet wurde. Dazu gehörte, die "Forderungen der Arbeiterbewegung einzulösen" und die allgemeinen Menschenrechte zu verwirklichen und vieles mehr. Dieser Prozess verlief natürlich nicht ohne Widersprüche und Fehler.

Das Buch ist nach Themen geordnet und beginnt mit geschichtlichen Reflexionen. Am Beispiel der "zwei Diktaturen" zeigen Autoren wieder einmal mehr, dass der "Umgang mit Geschichte" von Interessen gelenkt wird. Dreist wird die DDR mit der Nazidiktatur verglichen, obwohl es viele Tatsachen gibt, die für einen nahtlosen Übergang des deutschen Faschismus zur bürgerlich parlamentarischen Demokratie in der Bundesrepublik sprechen.

Der Bruch mit dem Faschismus geschah in der Deutschen Demokratischen Republik. Das beweisen die Berichte: Ob beim Aufbau der sozialistischen Industrie oder beim "antifaschistisch demokratischen Wandel auf dem Lande". Ob in Bildung oder Kunst, im Film, überall war die DDR innovativ, stand im Vordergrund der Mensch und nicht die "kapitalistische Forderung nach Maximalprofit". Sei es im Gesundheitswesen, in der gewerkschaftlichen Sozialpolitik oder in der zunehmenden Gleichberechtigung der Frau. Die DDR wagte das Neue. Auch in der Außenpolitik. Helga Hörz berichtet selbstbewusst über ihre Arbeit bei der UNO. Sie weiß, welch' großen Anteil der kleine Staat DDR an der Formulierung der Menschenrechtskonventionen in der UNO hatte.

Hugo Gräf, einer der frühen Gesundheitspolitiker schreibt, wie hier die "grundsätzliche Neugestaltung" aussah. Dazu gehörte die kostenlose und qualifizierte Behandlung, die allen Bürgern in gleicher Weise zukam. Das ist nur möglich durch die "Befreiung der Heilberufe von Bürokratie und Kommerz". Die heute viel diskutierte und als fortschrittlich dargestellte Bürgerversicherung gab es bereits in der DDR, was selbstredend verschwiegen wird.

Der Zugang zu möglichst viel Bildung wurde in der DDR groß geschrieben, beginnend mit frühkindlicher Förderung. Eine besondere Bedeutung galt dem Kinderfi lm, an den höchste Ansprüche gestellt wurden. Die DEFA produzierte 153 Filme für Kinder, Märchenfi lme und Spielfilme, die ästhetisch und anspruchsvoll "die Probleme der Kinder in der Erwachsenenwelt" zur Darstellung brachten. Der Mehrwert, den die DDR-Industrie hervorbrachte, wurde in den Menschen investiert, in seine Gesundheit, Lebensqualität und in die Förderung von Kultur und Allgemeinbildung.

Der ausgewählte Autorenkreis spricht für Qualität. Doch der geringe Anteil an Beiträgen von Frauen spiegelt meiner Meinung nach nicht die DDR-Realität wider. Die abwechslungsreiche Gestaltung durch viel Bildmaterial, Photos und Kunstdrucke verstärken die Aussagekraft von Texten und steigern den Genuss, auch beim nur gelegentlichen Durchblättern. Inhalt und Ästhetik bedingen einander. Es ist ein schönes Lesebuch, das nicht zum gradlinigen Durcharbeiten zwingt, sondern den Leser einlädt, mit dem zu beginnen, was ihm gerade ins Auge fällt.

Ulla Ermen

Lebendige DDR
Herausgegeben von Horst Jäkel
GNN Verlag Schkeuditz 2011
430 Seiten - 19,50 Euro


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Der rote Bücherwurm empfiehlt

Arbeiterwiderstand

Im Vorwort zu dem im Karl Dietz Verlag erschienenen bemerkenswerten Buch mit dem Titel "Der vergessene Widerstand der Arbeiter" stellt Hans Coppi, Herausgeber mit Stefan Heinz, fest, dass sich "anlässlich der Gedenkfeiern zum 20. Juli [...] Politiker auf den deutschen Widerstand gegen das Naziregime als integralen Bestandteil der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland [berufen] und [...] die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 [würdigen]. Der Widerstand aus der Arbeiterbewegung wird nur sehr selten erwähnt." Die staatlich betriebene so genannte Erinnerungskultur von Bund und Ländern hat besonders in den letzten Jahren bewirkt, dass der Arbeiterwiderstand vernachlässigt wird und in Vergessenheit gerät. Für das Land Brandenburg sei angemerkt, dass zum Beispiel das von der Brandenburger Landesregierung 2008 verabschiedete Dokument "Erinnerungskultur im Land Brandenburg für die Zeit 1933 bis 1990" Möglichkeiten der Erforschung und Vermittlung des antifaschistischen Widerstands aus der Arbeiterbewegung nicht mal erwähnt. Auch deshalb sind die von siebzehn Autoren in diesem Sammelband veröffentlichten Beiträge von erheblicher Bedeutung. Sie erbringen den Nachweis, dass "die Ablehnung und die Bekämpfung der Hitlerdiktatur durch Zehntausende aus der Arbeiterbewegung [...] weit mehr [war] als 'unangepasstes Verhalten', punktuelle Unzufriedenheit, Distanz, kultureller Eigensinn, loyale Widerwilligkeit oder auch widerwillige Loyalität als defensive, renitente Milieuwahrung." So wird im Beitrag von Marion Goers dargelegt, dass der gewerkschaftliche Widerstand gegen die Nazis aus den Reihen des Deutschen Metallarbeiter Verbandes über die ganze Zeit der Naziherrschaft Bestand hatte. Wenngleich eine Minderheit handelte, gelang es, bis 1945 wirksam Widerstand zu leisten. Faktenreich schreibt Stefan Heinz über den kommunistischen Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins. Deutlich wird der Wille zum Widerstand und zur Tat, während Parteikalkül die Kräfte des Widerstands zersetzte. Über die Wuppertaler Gewerkschaftsprozesseschreibt Stephan Stracke. Im Großraum Wuppertal war im Sommer 1934 eine größere Zahl betrieblicher Widerstandsgruppen entstanden, in denen wahre Einheitsfront gegen die Faschisten praktiziert wurde. Widerstand und internationale Solidarität und die Internationale Transportarbeiter-Föderation untersucht Dieter Nelles. Dem Roten Stoßtrupp, der Sozialistischen Front, den Freidenkerinnen und Freidenker sind aufschlussreiche Beiträge gewidmet. Anette Neumann und Bärbel Schindler-Saefkow legen Forschungsergebnisse über die Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation 1942 bis 1945 vor. Über den Widerstand der Berliner Sozialdemokraten, über Aktivitäten von Trotzkisten und Anarchisten - in diesem Falle über die Blindenwerkstatt Otto Weidt in Berlin werden Fakten vermittelt. Der Widerstand oppositioneller Kommunisten und deren Verfolgung erfährt Würdigung. Ausländische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter leisteten organisierten Widerstand. Bereichert werden diese Beiträge, die vielfältige neue Informationen enthalten, durch die sachkundige Analyse von Werner Bramke über "die öffentliche Erinnerung an die Verfolgung und den Widerstand aus der Arbeiterbewegung. Defi zite und Perspektiven." Abschließend stellt Heinrich-Wilhelm Wörmann die Schriftenreihe der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin 1933 bis 1945 vor. Das akribisch recherchierte Personenverzeichnis ist ein außerordentlich reicher Fundus du bereichert das sehr wichtige Buch für alle, die sich für Auseinandersetzungen mit der oft geschichtsverzerrenden Gedenkkultur der Gegenwart wappnen wollen.

Gerhard Hoffmann

H. Coppi/St. Heinz (Hrsg.):
Der vergessene Widerstand der Arbeiter.
Karl Dietz Verlag, ISBN 978-3-320-02264-8,
383 Seiten, 29,90 Euro


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Wegen starker Nachfrage bringt der Verlag Wiljo Heinen folgendes Buch von Erich Buchholz in zweiter Auflage heraus: "Rechtsgewinne? - Welche Rechte gewannen die DDR-Bürger durch den Beitritt? Haben sie Rechte verloren?"

In diesem Buch weist der Autor anhand der in beiden deutschen Staaten geltend gewesenen Gesetze unbestechlich und unwiderlegbar nach, in welch gewaltigem Umfang die DDR-Bürger infolge des "Beitritts zum Geltungsbereich des Grundgesetzes" Rechte verloren, die ihnen die Rechtsordnung der DDR gewährte.

Dieser enorme Rechtsverlust wirkt sich nicht nur gegen die DDR-Bürger, die den Beitritt erlebten, sondern auch auf die Kinder und Kindeskinder der DDR-Bürger aus.

Rechtsverluste sind stets erhebliche finanzielle Einbußen. Die durch den Beitritt ausgelösten Rechtsverluste dürften sich insgesamt auf Millionen- oder gar Milliardenbeträge belaufen.

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IMPRESSUM

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Redaktionsschluss für Nr. 4/2012: 10. März 2012


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Quelle:
Roter Brandenburger 3/2012, 17. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2012