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GLEICHHEIT/7035: Weltgesundheitsorganisation fordert 675 Millionen Dollar pro Monat im Kampf gegen das Coronavirus


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Weltgesundheitsorganisation fordert 675 Millionen Dollar pro Monat im Kampf gegen das Coronavirus

Von Bryan Dyne
16. März 2020


Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bat am Freitag um 675 Millionen Dollar monatlich für den Kampf gegen die globale Coronavirus-Pandemie. Am selben Tag wurde die neue Rekordzahl von über 145.000 COVID-19-Fällen bestätigt, darunter alleine in Italien, dem Iran, Spanien, Deutschland und Frankreich deutlich mehr als 7.700 neue Fälle. Die Zahl der gemeldeten Toten stieg bis Sonntagabend auf über 6.000, die bestätigten Infektionen auf über 162.000.

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus erklärte: "Wir befinden uns in der globalen Reaktion auf COVID-19 an einem kritischen Punkt. Alle müssen sich an diesen massiven Anstrengungen beteiligen, damit die Welt sicher bleibt." Zur bisherigen enormen Ausbreitung des Coronavirus sagte er: "Mittlerweile werden täglich mehr Fälle gemeldet als in China zum Höhepunkt der Epidemie."

Dr. Tedros lobte Südkorea, Singapur und Japan, welche die Sterblichkeitsraten durch "aggressives Testen und Kontaktverfolgung" relativ gering halten konnten, warnte aber vor Selbstzufriedenheit: "Jedes Land, das sich die Erfahrung anderer Länder mit großen Epidemien anschaut und denkt: 'Das wird uns nicht passieren', macht einen tödlichen Fehler. Es kann in jedem Land passieren."

Die Vertreter der WHO nannten zwar keine Namen, allerdings bezieht sich der letzte Kommentar offensichtlich auf die Reaktion des politischen Establishments der USA auf die Pandemie. Statt die notwendigen Mittel für den Kampf gegen die größte Krise des Gesundheitswesens seit Jahrzehnten zur Verfügung zu stellen, hat die US-Notenbank Federal Reserve am Freitag angekündigt, sie werde 1,5 Billionen Dollar in den Finanzsektor pumpen, um den Zusammenbruch des Aktienmarktes während der letzten Tage auszugleichen.

Hätte die Welt so viel Geld zur Verfügung gehabt, um das Coronavirus direkt nach seinem ersten Auftauchen zu bekämpfen, dann hätte sich seine Ausbreitung schnell aufhalten lassen. Man hätte den Infizierten die bestmögliche Behandlung finanzieren und möglicherweise Tausende Menschenleben retten können. Die wirtschaftliche Beeinträchtigung des Lebens der Arbeiter durch notwendige Quarantänen hätte abgemildert werden können. COVID-19 wäre ein zwar tödlicher, aber letztendlich kleiner Ausbruch geblieben.

Doch die Sorge gilt nicht den Menschen, die bereits am Virus gestorben sind und in den kommenden Wochen noch sterben werden, sondern der Frage, ob die Wall Street ein Rettungspaket braucht. Die US-Regierung schritt erst ein, als der Dow Jones mehr als zwei Billionen Dollar seines Börsenwerts verlor.

US-Präsident Donald Trump kündigte in seiner Pressekonferenz am Samstag aufgrund der Pandemie einen "nationalen Notstand" an, beharrte aber gleichzeitig auf der Lüge, das "Risiko für den durchschnittlichen Amerikaner ist noch immer sehr niedrig". In Wirklichkeit gibt es in den USA momentan 3.244 bestätigte Coronavirus-Fälle und 62 Tote (Stand: Sonntag, 15. März), und diese Zahl wird sich laut Prognosen alle sieben Tage verzehnfachen. Bei der aktuellen Ausbreitungsgeschwindigkeit wird es in den USA in zwei Wochen mehr COVID-19-Fälle geben als in China.

Vertreter der WHO erklärten außerdem, dass Einreiseverbote, wie Trump sie am Mittwoch gegen die europäischen Staaten verhängt hat, im Allgemeinen wirkungslos sind. Am 29. Februar, bevor Trumps Verbot in Kraft trat, schrieb sie: "Die WHO rät weiterhin vom Einsatz von Reise- oder Handelseinschränkungen mit Ländern ab, in denen es zu Ausbrüchen von COVID-19 gekommen ist."

Weiter hieß es: "Generell ist nachgewiesen, dass Einschränkungen der Freizügigkeit von Menschen und Gütern während öffentlicher Gesundheitsnotstände in den meisten Situationen ineffektiv sind und dazu führen können, dass für andere Interventionen keine Ressourcen zur Verfügung stehen. Zudem könnten Einschränkungen notwendige Hilfe und technische Unterstützung verhindern, die Wirtschaft beeinträchtigen und negative soziale und wirtschaftliche Folgen für die betroffenen Länder haben."

Auch dies trifft besonders drastisch auf die US-Regierung zu, die Coronavirus-Testkits von der WHO und aus China abgelehnt hat, obwohl sie erwiesenermaßen funktionieren, und stattdessen auf dem Einsatz der Testkits besteht, die von den US-Gesundheitsbehörden Centers for Disease Control and Prevention (CDC) entwickelt wurden. Die Einführung und Nutzung dieser Kits wurde in jeder Hinsicht verpfuscht und falsch gehandhabt. Sie waren erst Mitte Februar verfügbar und wurden erst im März an alle Bundesstaaten verteilt. Patienten, die nur einige, aber nicht alle Symptome aufwiesen, wurden von Ärzten, Kliniken und Krankenhäusern abgewiesen, obwohl bekannt ist, dass das Virus weiterverbreitet wird, auch wenn die Opfer keine Symptome zeigen.

Am Mittwoch gab Dr. Anthony Fauci, Direktor des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten, während einer Anhörung im Repräsentantenhaus offen zu, dass der Testbetrieb in den USA zusammengebrochen ist. "Das System ist nicht wirklich auf das ausgerichtet, was wir jetzt brauchen", so Fauci, der auch Mitglied der Projektgruppe ist, die vorgeblich zusammengestellt wurde, um das Coronavirus in den USA zu bekämpfen.

Während Trumps Pressekonferenz versuchte Fauci, sich von dieser Äußerung zu distanzieren, und stimmte der Erklärung des Präsidenten zu, die CDC würden bis Ende des Monats fünf Millionen Tests durchführen können. Allerdings berichten nahezu alle Menschen, die versuchen, sich testen zu lassen, in den sozialen Medien oder den Mainstreammedien das Gleiche: In den USA ist es weiterhin nahezu unmöglich, sich testen zu lassen.

Zudem sind die Tests der CDC zwar kostenlos, doch ein Großteil der Tests wurde an die Privatwirtschaft ausgelagert, u.a. an Konzerne wie DiaSorin Molecular und Qiagen. Für Versicherte kann alleine ein Test auf das Coronavirus bis zu 500 Dollar kosten. Für die 27 Millionen Amerikaner ohne Krankenversicherung sind die Kosten oft dreimal so hoch, was sich die Mehrheit der Bevölkerung einfach nicht leisten kann. Arbeiter werden gezwungen, sich zu entscheiden, ob sie bankrottgehen oder das Leben ihrer Freunde, Kollegen, Nachbarn und Familien aufs Spiel setzen.

Die Situation wird sich noch verschärfen, weil sich die Pandemie ungehindert ausbreitet. Genau wie in Europa ist auch das Gesundheitssystem der USA am Limit, und die Zahl der Fälle wird weiter steigen. Die Gleichgültigkeit und Kriminalität von Trump und seinen Oligarchen-Freunden gegenüber der Arbeiterklasse bedeutet, dass die Zahl der Toten in den USA in die Millionen gehen könnte.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 16.03.2020
Weltgesundheitsorganisation fordert 675 Millionen Dollar pro Monat im Kampf gegen das Coronavirus
https://www.wsws.org/de/articles/2020/03/16/covi-m16.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2020

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